TE OGH 1985/11/21 8Ob603/85

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Veröffentlicht am 21.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josefine A*****, vertreten durch Dr. Franz Withoff, Rechtsanwalt in Zwettl, wider die beklagte Partei Dr. Ferdinand Weber, Rechtsanwalt, Ringstraße 50, 3910 Zwettl, als Masseverwalter im Konkurs der R***** KG, ***** des Kreisgerichtes Krems a. d. Donau, wegen 87.007,43 S s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. April 1985, GZ 14 R 55/85-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems a. d. Donau vom 19. November 1984, GZ 6 Cg 14/84-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 385,80 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die R***** KG war Mieterin eines im Hause der Klägerin in K*****, U*****straße *****, gelegenen Geschäftslokales. Im September 1983 brachte die Klägerin gegen die R***** KG eine Mietzinsklage ein. Am 1. 12. 1983 wurde über das Vermögen der Mieterin das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. In dem nach Prozessunterbrechung fortgesetzten Verfahren über die Mietzinsklage trat Ruhen des Verfahrens ein. Der Rückstand an Mietzins für das Jahr 1983 beträgt 87.007,43 S. Der Masseverwalter entschloß sich, den Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin im Geschäftslokal in der U*****straße ***** und in einem weiteren Lokal in der D*****straße in K***** bis Ende Dezember 1983 weiterzuführen, um das Weihnachtsgeschäft auszunützen und zumindest einen Teil der Ware ohne die im Konkurs zwangsläufig bei kridamäßiger Verwertung verbundenen Abstriche veräußern zu können. Zu diesem Zweck wurde in beiden Geschäftslokalen laufend Ware verkauft; Einkäufe wurden nur auf Bestellung von Kunden getätigt. Außer den Verkaufserlösen aus Warengeschäften erzielte der Masseverwalter auch Erlöse aus Servicearbeiten. Kurz nach der Konkurseröffnung erfuhr die Klägerin vom Konkurs ihrer Mieterin; spätestens Mitte Dezember 1983 hatte sie Kenntnis von der Weiterführung des Geschäfts durch den Masseverwalter. Mit dem am 4. 1. 1984 beim Kreisgericht Krems an der Donau eingelangten Schriftsatz vom 2. 1. 1984 meldete die Klägerin im Konkurs der R***** KG eine Forderung von 101.887,91 S an rückständigen Mietzinsen an. Dabei führte sie aus, daß sie ein gesetzliches Pfandrecht an den vom Gemeinschuldner eingebrachten Fahrnissen und Einrichtungsgegenständen erworben habe und dasselbe im Sinne des § 1101 ABGB in der Form geltend mache, daß aus den bisher vom Masseverwalter verkauften Fahrnissen vorerst der gesamte auf das letzte Jahr vor der Konkurseröffnung entfallende Zinsrückstand bis zur Höhe des Verkaufserlöses an sie ausbezahlt werde. In ihrem am 2. 1. 1984 beim Bezirksgericht Krems an der Donau eingelangten Schriftsatz vom 29. 12. 1983, dessen Postaufgabetag nicht feststellbar ist, beantragte die Klägerin die pfandweise Beschreibung der im Geschäftslokal U*****straße ***** befindlichen Fahrnisse und Einrichtungsgegenstände (2 Nc 1/84 des BG Krems an der Donau). Die pfandweise Beschreibung wurde bewilligt und am 2. 2. 1984 durchgeführt. In den ersten Tagen des Dezember 1983 rief der nunmehrige Klagevertreter den Masseverwalter an und erkundigte sich wegen der Räumung des Geschäftslokales, das die Klägerin bereits am 14. 11. 1983 der R***** KG aufgekündigt hatte. Der Klagevertreter berief sich dabei auch auf den Mietzinsprozeß; von der Geltendmachung des gesetzlichen Pfandrechtes der Klägerin als Vermieterin war bei diesem Telefongespräch jedoch nicht die Rede; der Masseverwalter teilte dem Vertreter der Klägerin seine Absicht mit, das Geschäft noch bis Ende Dezember 1983 offenzuhalten. Von der Geltendmachung des Vermieterpfandrechtes der Klägerin erfuhr der Masseverwalter erstmals durch die Anmeldung der Klägerin im Konkurs. Am 12. 12. 1983 teilte der Masseverwalter dem Klagevertreter diese Absicht auch schriftlich u.a. mit dem Beifügen mit, daß es sein Bestreben sein werde, die Miete für Dezember 1983 aus der Masse zu erwirtschaften und als Masseforderung zu berücksichtigen und möglichst um den Jahreswechsel die Geschäftslokalitäten zu räumen. Im Kündigungsverfahren kam es schließlich am 6. 3. 1984 zu einem Räumungsvergleich. Aus den Erlösen, die nach der Konkurseröffnung in den beiden Geschäftslokalen erzielt wurden, bildete der Masseverwalter keine Sondermassen; er vereinnahmte vielmehr diese Gelder, soweit sie nicht bereits vom Komplementär der Gemeinschuldnerin wieder verausgabt wurden, einheitlich in einer Masse. Vom 28. 12. 1983 bis 31. 12. 1983 wurden aus Verkäufen der im Geschäftslokal K*****, U*****straße *****, noch vorhandenen Waren Verkaufserlöse von 13.758,20 S erzielt. Im Hinblick auf die im Jänner 1984 beantragte und im Februar 1984 durchgeführte pfandweise Beschreibung einigten sich die Streitteile dahin, daß der Masseverwalter der Klägerin zur Abgeltung ihrer Rechte aus dieser pfandweisen Beschreibung den Betrag von 10.000 S bezahlt, was sodann auch tatsächlich geschehen ist.

Mit der am 10. 5. 1984 beim Erstgericht erhobenen Klage begehrte Josefine A***** den Zuspruch von 97.007,43 S s.A. für restliche Mietzinse samt Betriebskosten aus der Zeit vor der Konkurseröffnung, welches Begehren sie infolge der vom Masseverwalter vorgenommenen Zahlung von 10.000 S auf 87.007,83 S (richtig 87.007,43 S) s.A. einschränkte. Sie habe an den von der Gemeinschuldnerin eingebrachten Einrichtungsgegenständen und Waren das gesetzliche Pfandrecht als Vermieterin gehabt; dieses Pfandrecht sei auf den Verkaufserlös übergegangen, aus dem die Mietzinsforderung berichtigt werden müsse.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil hinsichtlich der vor der pfandweisen Beschreibung verkauften und aus den vermieteten Räumlichkeiten entfernten Fahrnisse das Pfandrecht der Klägerin gemäß § 1101 ABGB erloschen sei.

Das Erstgericht sprach der Klägerin den Betrag von 13.758,20 S s.A. bei Exekution in die Konkursmasse zu und wies das Klagebegehren von 73.249,83 S s.A. ab.

Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß die Gegenstände vor ihrer pfandweisen Beschreibung aus dem Mietobjekt entfernt worden seien, daher geprüft werden müßte, ob diese Entfernung infolge einer gerichtlichen Verfügung geschehen sei. Die Eröffnung des Konkurses und die Bestellung Dris. W***** zum Masseverwalter sei eine gerichtliche Anordnung und diese sei daher unter „gerichtliche Verfügung“ im Sinne des § 1101 ABGB zu subsumieren. Gemäß § 81 Abs. 1 KO habe der Masseverwalter das Unternehmen des Gemeinschuldners fortzuführen gehabt. Im Hinblick auf diese gesetzliche Bestimmung sei daher in der Bestellung des Masseverwalters durch das Gericht auch der Auftrag an den Masseverwalter gelegen gewesen, durch Fortführung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin die in den Bestandräumlichkeiten vorhandenen Waren im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebes zu veräußern. Insoweit könne daher gesagt werden, daß die Entfernung der Pfandstücke vor ihrer pfandweisen Beschreibung (indirekt) infolge einer gerichtlichen Verfügung durchgeführt worden seien. Der von der Klägerin am 2. 1. 1984 beim Bezirksgericht Krems eingebrachte Antrag auf pfandweise Beschreibung sei als Anmeldung im Sinne des § 1101 ABGB anzusehen. Daraus ergebe sich, daß die Warenverkäufe aus dem gegenständlichen Mietobjekt, die vom 28. 12. 1983 bis 31. 12. 1983 durchgeführt worden seien, solche seien, bei denen das Pfandrecht der Vermieterin nicht erloschen sei, das Pfandrecht vielmehr auf den Erlös der Gegenstände übergegangen sei; denn für die am 28. 12. 1983 verkauften Waren habe die dreitägige Frist des § 1101 ABGB an diesem Tag zu laufen begonnen. Am 31. 12. 1983 habe die Frist nicht ablaufen können, weil es sich um einen Samstag gehandelt habe; die Frist habe daher erst am folgenden Montag, dem 2. 1. 1984 ablaufen können. An diesem Tag sei aber der Antrag auf pfandweise Beschreibung eingelangt. Der Klägerin sei daher der Erlös der Warenverkäufe vom 28. 12. 1983 bis 31. 12. 1983 zuzusprechen, weil dieser Betrag geringer sei als der unbestrittene Mietzinsrückstand aus dem letzten Jahr vor der Konkurseröffnung (§ 48 KO). Aus weiter zurückliegenden Warenverkäufen könne die Klägerin jedoch keine Absonderungsansprüche ableiten, weil diese im Hinblick auf § 1101 ABGB erloschen seien. Daß der Masseverwalter aus den Verkäufen keine Sondermasse gebildet habe, könne der Absonderungsberechtigten nicht zum Nachteil gereichen. Durch die Berechnung der Verkäufe in den genannten Tagen sei jedoch rechnerisch eine Sondermasse im Sinne des § 48 Abs. 1 KO geschaffen worden. Mangels tatsächlicher Bildung einer Sondermasse sei jedoch die Exekution in die Konkursmasse zulässig, weil der Masseverwalter die Gelder der Sondermasse mit jenen der Konkursmasse vermengt habe.

Das Gericht zweiter Instanz gab der von der Klägerin gegen den abweisenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung erhobenen Berufung nicht Folge; der in Ansehung der Klagsstattgebung erhobenen Berufung des Beklagten gab es hingegen dahin Folge, daß es das Klagebegehren zur Gänze abwies, wobei es die Revision für zulässig erklärte.

In rechtlicher Hinsicht führte es im wesentlichen folgendes aus:

Durch die Ausführungen bei Heller-Berger-Stix 1885 und Klang2 V, 73, werde der Eindruck erweckt, daß im Fall der Verbringung der Pfandgegenstände durch gerichtliche Verfügung die Anmeldung der Rechte genüge und es keiner pfandweisen Beschreibung bedürfe. Dies treffe aber nur für den Normalfall zu, daß die gerichtlich weggeschafften Gegenstände versilbert würden, in welchem Fall das Pfandrecht des Bestandgebers auf den Erlös übergehe. Nur in diesem Fall treffe auch das im Judikat verwendete Argument zu, daß die bezüglichen Exekutionsprotokolle dann die gleiche Beweiskraft und Feststellungswirkung hätten wie die sonst erforderliche pfandweise Beschreibung (unveröffentlichte Entscheidung vom 25. 1. 1984, 3 Ob 149/83). Dementsprechend gestatte die Judikatur (vgl. EvBl. 1980/76) auch nach der Konkurseröffnung die pfandweise Beschreibung der Pfandgegenstände. Daß das Pfandrecht des Vermieters von den eingebrachten Sachen auf den Erlös im Sinn des Judikates 156 alt übergehe, habe zur Voraussetzung, daß die mit dem Pfandrecht des Vermieters belasteten Sachen gerichtlich veräußert worden seien. Der Erlös müsse zwar nicht aus einer Zwangsversteigerung stammen; auch der bei einer anderweitigen Verwertung (Verkauf aus freier Hand; § 280 EO) erzielte und eingegangene Preis bleibe mit dem gesetzlichen Pfandrecht belastet. Es müsse sich aber immer um einen gerichtlichen Verkauf handeln. Diese Auffassung sei im Judikat 156 alt damit begründet worden, daß dann, wenn ein anderer Gläubiger, der an derselben Sache ein Pfandrecht erworben hat, zur Realisierung seines Pfandrechtes die Zwangsversteigerung beantragt, durch den Versteigerungsakt auch alle anderen an der der Versteigerung unterzogenen Sache begründeten Pfandrechte, mithin auch das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters, realisiert würden; die pfandweise Beschreibung werde durch das Exekutionsprotokoll ersetzt. Die Verwertung der zur Masse gehörigen Fahrnisse durch den Masseverwalter geschehe in zwei rechtlich verschiedenen Formen. Sie könne durch gerichtliche Veräußerung nach den Bestimmungen der §§ 119 f KO erfolgen. Es handle sich dabei um einen öffentlich-rechtlichen Übertragungsakt nach Maßgabe der modifizierten Vorschriften der Exekutionsordnung. Es sei aber auch nach § 114 KO die freie Verwertung des zur Konkursmasse gehörigen Vermögens möglich. Nur im ersten Fall liege, wie schon die Überschrift des § 119 KO zeige, eine gerichtliche Veräußerung zur Realisierung von Pfandrechten vor, die eine Berücksichtigung des gesetzlichen Pfandrechtes des Bestandgebers ermögliche und eine Modifizierung des Pfandrechtes zur Folge habe. Bei freier Verwertung durch den Masseverwalter werde dieser hingegen nicht anders tätig, als ein anderer Verfügungsberechtigter, der zur Abdeckung von Passiven Gegenstände verkaufe, um aus dem Verkaufserlös Gläubiger zu befriedigen. Würden daher bei freiem Verkauf durch den Masseverwalter Gegenstände, auf denen ein Bestandgeberpfandrecht laste, verkauft und vor der pfandweisen Beschreibung aus den Bestandräumlichkeiten verbracht, so sei damit das Bestandgeberpfandrecht erloschen. Es solle dabei nicht übersehen werden, daß nach herrschender Auffassung der Konkurskommissär auch bei der Verteilung des Erlöses der außergerichtlichen Verwertung einer mit Absonderungsrechten belasteten Sondermasse die Verteilungsvorschriften der Exekutionsordnung zu beachten habe (EvBl. 1974/44; SZ 40/152; EvBl. 1968/199), also der Art der Verwertung kein besonderes Gewicht beigemessen werde. Es sei auch ein Fortbestand des gesetzlichen Pfandrechtes des Vermieters durch Übergang auf den Erlös ohne pfandweise Beschreibung in einem Fall angenommen worden, in dem Fahrnisse aus den in Bestand genommen gewesenen Räumen eines Verstorbenen aufgrund eines verlassenschaftsgerichtlich bewilligten Übereinkommens zwischen dem Verlassenschaftskurator und dem Vermieter zwecks teilweiser Befriedigung der Pfandforderung des Vermieters weggebracht worden waren (MietSlg. 23.157). Wenn aber die in den in Bestand genommenen Räumen befindlichen Fahrnisse vom Masseverwalter nicht zur Realisierug oder Mitrealisierung von Pfandrechten, sondern als Teil der Masse verkauft und weggebracht würden, dann sei in einem solchen Fall, in dem der Bestandgeber nach Konkurseröffnung längere Zeit untätig geblieben sei, die Stellung des Bestandgebers keine andere als dann, wenn ein Mieter selbst - oder im Fall des Konkurses der Masseverwalter - die eingebrachten Fahrnisse einfach aus dem Bestandgegenstand weggebracht habe; es gehe das Pfandrecht des Bestandgebers, wenn dieser die Sache nicht zurückbehielte (§ 1101 Abs. 2 ABGB), unter (1 Ob 604/83). Eine Anmeldung des Vermieters könne also, wenn gar keine Exekutionsprotokolle geführt würden, nicht die Beweiskraft und Feststellungswirkung der pfandweisen Beschreibung haben. In einem derartigen Fall könne der Vermieter sein Pfandrecht nur dadurch wahren, daß er durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung die Verbringung der Pfandsachen aus den gemieteten Räumlichkeiten verhindere (Perklusionsrecht) oder für eine rasche pfandweise Beschreibung sorge. Daß im vorliegenden Fall nicht der ursprüngliche Bestandnehmer, sondern der an seine Stelle getretene Masseverwalter die Sachen durch Verkauf aus dem Bestandgegenstand habe wegschaffen lassen, ändere nichts daran, daß die Entfernung nicht infolge einer gerichtlichen Verfügung geschehen sei. Für die vom Masseverwalter getroffenen Veranlassungen, Fahrnisse des Gemeinschuldners aus dem Bestandgegenstand durch Verkauf an Kunden wegzubringen, komme voll der Grundgedanke des § 1101 Abs. 1 ABGB zum Tragen, daß das gesetzliche Illatenpfandrecht ohne pfandweise Beschreibung nur an den vom Mieter eingebrachten, noch innerhalb der in Bestand genommenen Räume befindlichen beweglichen Sachen bestehe (RdW 1984, 339). Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht komme es also nicht darauf an, welche Umsätze der Masseverwalter durch Abverkauf von Ware im Rahmen der Fortführung der Geschäfte in der Zeit von der Konkurseröffnung bis 31. 12. 1983 erzielt habe. Mangels Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die dem Masseverwalter die Entfernung der eingelagerten Waren verboten hätte, und mangels einer rechtzeitigen pfandweisen Beschreibung durch die Vermieterin sei ihr Pfandrecht vor Klagseinbringung untergegangen. Das erstgerichtliche Urteil habe daher im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abgeändert werden müssen.

Die Zulassung der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß für die vorliegende Frage noch keine völlig gesicherte Rechtsprechung vorliege und mit Rücksicht auf die Entscheidungen EvBl. 1974/44; SZ 40/152; EvBl. 1968/199 auch die Ansicht vertreten werden könnte, daß der Anspruch des Klägers bei der Verteilung des Erlöses der außergerichtlichen Verwertung einer mit Absonderungsrechten belasteten Sondermasse zu berücksichtigen sei.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne der vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens (87.007,83 S s.A.) abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig.

Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß es im vorliegenden Fall nur um die Frage geht, ob die Entfernung von Waren aus den Bestandräumlichkeiten vor ihrer pfandweisen Beschreibung durch den Masseverwalter im Rahmen einer gemäß § 114 KO vorzunehmenden freien Verwertung der zur Masse gehörigen Sachen (vgl. Bartsch-Heil, Grundriß4, Rdz 304; Bartsch-Pollak3 I 538; Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 503) als „infolge einer gerichtlichen Verfügung geschehen“ im Sinne des § 1101 Abs. 1 Satz 2 ABGB anzusehen ist; wären solchen Maßnahmen des Masseverwalters einer gerichtlichen Verfügung im Sinne der genannten Bestimmung gleichzuhalten, so hätte dies - unter der weiteren Voraussetzung der rechtzeitigen Anmeldung der Rechte des Vermieters bei Gericht - zur Folge, daß das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters zur Sicherstellung des Bestandzinses trotz Entfernung der Gegenstände aus den Bestandräumlichkeiten nicht erloschen, vielmehr eine Modifikation (Wandlung) des Pfandrechtes eingetreten wäre; anstelle des Pfandrechtes an den Waren wäre ein solches an der Forderung gegen den Käufer entstanden; soweit der Erlös aber dem Gericht bereits übergeben worden wäre, würde sich das Pfandrecht auf die erlegten Geldsummen beziehen.

Das Berufungsgericht folgte in dieser Frage der in SZ 56/112 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. 6. 1983, 1 Ob 604/83, erachtete jedoch die Zulässigkeit der Revision deshalb als gegeben, weil für die vorliegende Frage noch keine völlig gesicherte Rechtsprechung vorliege und auch die Ansicht vertreten werden könnte, daß der Anspruch der Klägerin bei der Verteilung des Erlöses der außergerichtlichen Verwertung einer mit Absonderungsrechten belasteten Sondermasse zu berücksichtigen sei. Dem kann nicht gefolgt werden.

Der erste Senat des Obersten Gerichtshofes hat in der genannten Entscheidung ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen dem Bestandnehmer im Falle der Veräußerung und Verbringung von in die Bestandräumlichkeiten eingebrachten Einrichtungsgegenständen und anderen Sachen des Mieters im Rahmen einer freien Verwertung der Masse durch den Masseverwalter gemäß § 114 KO (§ 115 KO alt) vor deren pfandweisen Beschreibung kein Absonderungsrecht am Erlös zusteht und daß der Masseverwalter bei der freien Verwertung der Masse nicht anders tätig wird, als ein anderer Verfügungsberechtigter, der zur Abdeckung von Passiven Gegenstände verkauft, um aus dem Verkaufserlös Gläubiger zu befriedigen. Die dafür maßgeblichen Überlegungen wurden vom Berufungsgericht nahezu wörtlich wiedergegeben. Der Oberste Gerichtshof hat sich auch ein zweites Mal mit der Frage des Erlöschens des gesetzlichen Pfandrechtes des Vermieters nach § 1101 ABGB im Falle der Wegschaffung von Sachen aus dem Bestandgegenstand durch den Masseverwalter vor deren pfandweisen Beschreibung und deren Verkauf durch den Masseverwalter befaßt und ist auch dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß für die vom Masseverwalter getroffenen Veranlassungen, Fahrnisse des Gemeinschuldners aus dem Bestandgegenstand wegzubringen, der Grundgedanke des § 1101 Abs. 1 ABGB voll zum Tragen kommt und es auch nicht bedeutsam ist, welche Stellung der Masseverwalter im Rahmen der Besorgung der ihm obliegenden Aufgaben einnimmt, weil es sich bei der von ihm veranlaßten Verlagerung der Fahrnisse nicht um eine gerichtliche Verfügung im Rahmen eines auf die Sachen geführten Exekutionsverfahrens handelt und nur eine solche das Erlöschen des Pfandrechtes des Bestandgebers bei rechtzeitiger Anmeldung des Rechtes ausschließt (Entscheidung vom 4. 7. 1984, 3 Ob 67/84, veröffentlicht in EvBl. 1985/12 = RdW 1984, 339). Da in beiden Entscheidungen die für die Frage einer Gleichstellung von Verfügungen des Masseverwalters, die nicht im Rahmen einer gerichtlichen Veräußerung im Sinne des § 119 KO, auf die die Vorschriften der Exekutionsordnung mit bestimmten Abweichungen sinngemäß anzuwenden ist, maßgeblichen Gründe eingehend Stellung genommen ist und der Oberste Gerichtshof nicht die Absicht hat, von dieser Rechtsansicht abzugehen, besteht keine Notwendigkeit nach einer neuerlichen Befassung mit dieser Frage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E131426

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00603.850.1121.000

Im RIS seit

05.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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