TE OGH 1985/11/21 7Ob644/85

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Veröffentlicht am 21.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerald A,

Frühpensionist, Gratwein, Bahnhofstraße 40, vertreten durch Dr. Manfred Rath, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Gertrud B, Kaffeehausbesitzerin, Gratwein, Rainerstraße 35, vertreten durch Dr. Fritz König, Rechtsanwalt in Graz, wegen 28.000 S s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes vom 3. Juni 1985, GZ 4 R 142/85-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 6. Februar 1985, GZ 28 C 999/84-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Urteils die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 4.915,70 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 200 S Barauslagen und 428,70 S Umsatzsteuer) sowie die mit 3.069,75 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 240 S Barauslagen und 257,25 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Kaffeehaus der Beklagten sind Geldspielautomaten aufgestellt, an deren Gewinn die Beklagte mit 45 % beteiligt ist. Erzielt ein Spieler Gewinne, so ist er nach den Spielregeln berechtigt, um den gewonnenen Betrag, der durch den Automaten ausgewiesen wird, im Lokal der Beklagten zu konsumieren. Die Zeche zahlt in diesem Fall der Automatenaufsteller. In Bargeld wird der Spielgewinn nicht ausbezahlt.

Am 21. 10. 1983 erzielte der Kläger innerhalb von 12 Stunden unter Einsatz eines Geldbetrages von insgesamt ca. 100 S einen Spielgewinn von 29.000 S. Davon konsumierte er um einen Betrag von 1.000 S, für den Rest stellte ihm die Beklagte eine Bestätigung über den Gewinn von 28.000 S aus. Diesen Betrag begehrt der Kläger mit der vorliegenden Klage aus dem Titel des Schadenersatzes mit der Begründung, die Beklagte weigere sich, die Gewinngutschrift anzuerkennen und die Konsumation in dieser Höhe zu gewähren. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es in tatsächlicher Hinsicht ausführte, es sei nicht erwiesen, daß der Kläger die Bestätigung über die 28.000 S nur durch Drohung erreicht habe.

Rechtlich qualifizierte das Erstgericht den aus dem Spiel des Klägers entstandenen Anspruch als Spielgewinn, der gemäß § 1271 ABGB nicht eingeklagt werden könne, und zwar auch dann nicht, wenn darüber ein Schuldschein ausgestellt worden sei.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt und erklärte die Revision für zulässig. Es vertrat die Rechtsansicht, die Ausstellung einer Gutschrift müsse der wirklichen Zahlung gleichgesetzt werden. Im Falle der tatsächlichen Entrichtung des Spielgewinnes bestehe aber ein klagbarer Anspruch nach § 1271 ABGB. Da die Beklagte die ursprünglich geschuldete Leistung verweigert habe, sei der Kläger berechtigt, gemäß § 368 EO das Interesse im Wert der geschuldeten Leistung zu verlangen.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist gerechtfertigt.

Die Ausführungen der Revision zu der angeblichen Unerlaubtheit des Betriebes von Spielautomaten der vorliegenden Art entbehren ein entsprechendes Sachvorbringen im Verfahren erster Instanz. Im übrigen kommt es, wie noch auszuführen sein wird, hier nicht darauf an, ob es sich bei dem Spielautomaten, an dem der Kläger gewonnen hat, um einen erlaubten oder unerlaubten handelte.

Nach § 1272 ABGB ist jedes Spiel eine Art von Wette. Redliche und sonst erlaubte Wetten sind gemäß § 1271 ABGB insoweit verbindlich, als der bedungene Preis nicht bloß versprochen, sondern wirklich entrichtet oder hinterlegt worden ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden. Die Spielschuld begründet also eine bloße Naturalobligation. Lediglich Ansprüche aus staatlich genehmigten Glücksspielveranstaltungen sind einklagbar (Krejci in Rummel, Rdz 69 zu den §§ 1267, 1274, Koziol-Welser 7 I 357, Wolff in Klang V, 1005). Dies ergibt sich aus § 1274 ABGB, demzufolge Staatslotterien nicht nach der Eigenschaft der Wette und des Spieles, sondern nach den jeweils darüber kundgemachten Plänen zu beurteilen sind. Demnach fallen unter diese Ausnahmen nur entweder vom Staat selber oder von ihm ausdrücklich genehmigte Veranstaltungen bezüglich derer entsprechende Pläne vorliegen. Die bloße Aufstellung eines nach den Gesetzen nicht verbotenen Spielautomaten kann nicht als eine staatlich genehmigte Glücksspielveranstaltung im Sinn dieser Betimmung angesehen werden. Daß es sich bei der ursprünglichen Schuld der Beklagten um eine Spielschuld gehandelt hat, bestreitet auch der Kläger nicht. Demnach wäre er gemäß § 1271 ABGB zur Einklagung einer dieser Schuld entsprechenden Forderung nicht berechtigt gewesen. Es kann daher nur fraglich sein, ob durch die Ausstellung der Bestätigung, Beilage ./A, derzufolge der Kläger 28.000 S gewonnen hat, die Klagbarkeit bewirkt worden ist. Dies könnte nach dem Gesetzeswortlaut nur dann der Fall sein, wenn durch diese Bestätigung der Gewinn nicht bloß versprochen, sondern wirklich entrichtet worden wäre. Dies ist aber deshalb nicht der Fall, weil derartige Schuldscheine nur die Zusage einer Leistung, nicht aber die Leistung selbst beinhalten. Demnach ist die Ausstellung eines Schuldscheines nicht als tatsächliche Entrichtung der Spielschuld zu werten, weshalb sie, ebensowenig wie ein Anerkenntnis, zur Klagbarkeit der Spielschuld führt (Krejci in Rummel, Rdz 71 zu §§ 1267 bis 1274, Wolff in Klang 2 V, 992). Die gegenteilige Rechtsansicht des Berufungsgerichtes würde die Umkehr des im § 1271 ABGB aufgestellten Grundsatzes, daß ausschließlich die tatsächliche Entrichtung der Spielschuld, nicht aber die bloße Zusage ihrer Entrichtung zur Klagbarkeit der Verbindlichkeit führt, zur Folge haben. Vom Spielpartner kann die Spielschuld daher mangels erfolgter Hinterlegung bei einem Dritten nur durch tatsächliche Zahlung erlangt werden. Dieser Grundsatz kann auch nicht dadurch umgangen werden, daß der Spielpartner seine Schuld nicht bloß mündlich, sondern auch schriftlich in Form eines Schuldscheines anerkennt. Bei der gegebenen Sachlage bedurfte es demnach nicht mehr einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob bereits die bloße Verweigerung der geschuldeten Leistung eine Interessenklage im Sinn des § 368 EO rechtfertigen würde.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E07075

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00644.85.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19851121_OGH0002_0070OB00644_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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