TE OGH 1985/11/28 7Ob45/85

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Veröffentlicht am 28.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Horst A, Internationale Möbelspedition Gesellschaft mbH & Co KG in Wien 1., Dominikanerbastei 20, vertreten durch Dr. Armin Paulitsch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei BUNDESLÄNDER Versicherungs-Aktiengesellschaft in Wien 2., Praterstraße 1-7, vertreten durch Dr. Otto Hellwich, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Deckungspflicht (Streitwert 105.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28.März 1985, GZ 3 R 237/84-10, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21. Oktober 1985, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 16.August 1984, GZ 28 Cg 4/84-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.617,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 960 S Barauslagen und 514,35 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt vom beklagten Haftpflichtversicherer die Deckung eines von der B Gesellschaft mbH gegen sie geltend gemachten Anspruches auf Ersatz von Mietzinsen für eine Ersatzmaschine jener Abkantpresse, die am 14.12.1981 beim Transport durch die klagende Partei infolge Einbruches des Bodens im 1.Stock des Betriebsgebäudes Wien 23., Liesinger Flurgasse 4 erheblich beschädigt wurde. Die beklagte Partei wendete Leistungsfreiheit ua gemäß Art.7 Z 9.2 AHVB 1978 ein. Diese Bestimmung lautet:

"Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen, die bei oder infolge ihrer Benützung, Beförderung, Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit ihnen entstehen."

Die klagende Partei replizierte, daß dieser Ausschluß nur den unmittelbaren Schaden an den beförderten Sachen betreffe, nicht aber Vermögensschäden, die infolge der notwendigen Anmietung einer Ersatzmaschine entstünden.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, erklärte die Revision für zulässig und sprach in einem Berichtigungsbeschluß aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanzen unterscheidet die angeführte Ausschlußklausel bei der Beschädigung von beweglichen Sachen infolge ihrer...Beförderung.... nicht danach, welcher Art die Schäden "an" solchen beförderten Sachen sind, aus denen Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers entstanden sind. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung sind vielmehr alle Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen unter den dort genannten Voraussetzungen von der Deckung ausgenommen. Mietkosten für eine Ersatzmaschine beruhen aber stets kausal auf der Beschädigung der Sache selbst. Dazu kommt nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes, daß schon nach der grundsätzlichen Bestimmung des Art.1 Z 2.1.1 AHVB 1978 der Versicherungsschutz nur für Schadenersatzverpflichtungen wegen (eines Personenschadens), eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen v e r s i c h e r t e n (Personen- oder) Sachschaden zurückzuführen ist, gewährt wird, sodaß auch die nach Art.7 Z 9.2 AHVB ausgeschlossenen "Schäden" neben den unmittelbaren Sachschäden nur jene Vermögensschäden betreffen können, die auf einen versicherten Sachschaden zurückzuführen sind. Der Sinn der letztgenannten Bestimmung liegt offenkundig darin, nur jene Schäden zu decken, die a n d e r e als die benützten beförderten oder bearbeiteten Sachen betroffen haben. Ein Größenschluß ergibt, daß umso weniger Vermögensschäden zu decken sind, die aus einem nicht versicherten Sachschaden entstanden sind. Die Argumente der Revision vermögen dem gegenüber nicht zu überzeugen. Die Definition des "Versicherungsfalles" in Art 1 Z 1 AHVB 1978 als Schadensereignis ändert schon infolge der gleichzeitigen Verneinung auf den Punkt 2 desselben Art. nichts daran, daß der Versicherungsschutz nur nach dessen Maßgabe gewährt wird. Gerade der vorliegende Fall zeigt deutlich, daß der Drittschaden etwa des Hauseigentümers gedeckt sein kann, während selbst nach der Ansicht der Revisionswerberin zumindest der Sachschaden an dem beförderten Gegenstand unter die Ausschlußklausel fällt. Nach der genannten Bestimmung sind also wohl grundsätzlich Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers zu decken, die auf einem versicherten Sachschaden oder auf einem darauf zurückzuführenden Vermögensschaden beruhen. Die Ausschlüsse vom Versicherungsschutz im Art. 7 AHVB stellen aber klar, daß gewisse Sachschäden und demnach auch gewisse, auf diesen Sachschäden beruhende Vermögensschäden vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Schon der Erstrichter hat zutreffend darauf verwiesen, daß die Abgrenzung danach vorgenommen werden kann, ob das Interesse des Eigentümers über die Unterlassung der Beschädigung an der Sache selbst hinausgeht (Wussow, C 7 367). Die Revisionswerberin behauptet auch zu Unrecht, daß unter einem "Schaden an der Sache selbst" schon dem Wortsinne nach nur der objektive Wertverlust verstanden werden könne. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der AHVB 1978 verwenden nicht einen so engen Schadensbegriff, sondern sprechen allgemein einerseits vom Sachschaden und einem darauf zurückzuführenden Vermögensschaden (Art.1 Z 2.1.1) und andererseits von den Schadenersatzansprüchen wegen Schäden an den beförderten beweglichen Sachen (Art.7 Z 9.2).

Allerdings hat kürzlich der Bundesgerichtshof - der noch in der Entscheidung BGHZ 23, 349 den Standpunkt vertrat, daß der Versicherer für alle Schäden, die nicht über das bloße Interesse am Gegenstand der Werkleistung hinausgehen, leistungsfrei sei - den Wortlaut der Ausschlußklausel des vergleichbaren § 4 Nr.I 6 b der deutschen C als nicht eindeutig erachtet, weil diese nur von Schäden an fremden Sachen spreche, Folgeschäden, die in irgendeinem Zusammenhang damit stehen, aber nicht erwähne. Da Ausschlußklauseln der vorliegenden Art eng auszulegen seien, sei der Auslegungsmöglichkeit, daß sich die Ausschlußklausel auf den unmittelbaren Sachschaden beschränke, der Vorzug zu geben. Mit dieser Begründung wurde dem dortigen Versicherungsnehmer die Deckung der Kosten für die Miete und den An- und Abtransport eines Ersatzgerätes für einen beschädigten Gabelstapler zuerkannt (VersR 1983, 1169).

Auch diese Ansicht schlägt nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes hier nicht durch. Die oben angeführten österreichischen AHVB setzen die Schadenersatzverpflichtungen wegen eines Sachschadens und eines auf einen v e r s i c h e r t e n Sachschaden zurückzuführenden Vermögensschadens grundsätzlich gleich, sodaß die hier strittige Ausschlußklausel keiner nochmaligen Präzisierung bedurfte. Darüber hinaus entspricht es einem Grundgedanken der Haftpflichtversicherung, das Unternehmerrisiko im allgemeinen nicht auf den Versicherer zu übertragen (Wussow aaO 390). Die besondere Ausschlußklausel hat auch den Grund, das hohe objektive und im Falle der Gewährung von Versicherungsschutz auch subjektive Risiko auszuschließen (Prölss-Martin, VVG 23 972). Im gleichen Sinne hat Honsell (in VersR 1985, 3) die genannte BGH-Entscheidung dahin kritisiert, daß die Ausschlußklausel nach ihrer ratio die Haftpflichtansprüche wegen Schäden an Sachen in vollem Umfang umfasse, sodaß nur solche Ansprüche von der Ausschlußklausel ausgenommen, also deckungspflichtig blieben, die wegen Schäden an anderen als den näher bezeichneten Sachen entstehen. Einen gleichartigen Standpunkt hat auch Johannsen in Bruck-Möller, VVG 8 IV 462 f vertreten. Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Ansicht für den österreichischen Rechtsbereich aus den oben genannten Gründen an.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E07089

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00045.85.1128.000

Dokumentnummer

JJT_19851128_OGH0002_0070OB00045_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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