TE OGH 1985/12/3 5Ob605/85

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Veröffentlicht am 03.12.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei REPUBLIK ÖSTERREICH (A VÖCKLABRUCK), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die beklagten Parteien 1.) Rainer B, Musiker, Innsbruck, Gerhart Hauptmann-Straße 30,

2.) Anna B, Pensionistin, dzt.unbekannten Aufenthaltes, beide vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen 173.318,40 S samt Anhang infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 25.Februar 1985, GZ. 6 R 15/85-43, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 8.Oktober 1984, GZ. 16 Cg 338/82-38a, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 6.175,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte mit der am 4.10.1978 beim Erstgericht eingebrachten Klage von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung eines Betrages von 173.318,40 S samt Anhang. Sie brachte vor: Christian C, ein Tischlermeister in Rutzenmoos (Oberösterreich), habe von den Beklagten für auftragsgemäß durchgeführte Arbeiten laut Rechnung vom 12.4.1978 noch einen Restbetrag von 173.318,40 S zu fordern, für den die Beklagten zur ungeteilten Hand hafteten. Die Beklagten hätten sich durch Unterfertigung eines von Christian C ausgestellten Wechsels verpflichtet, den erwähnten Betrag am 16.6.1978 zu bezahlen. Dieser Wechsel, der am 30.5.1978 vom Finanzamt Vöcklabruck gepfändet und gemäß § 71 Abs 3 Abgabenexekutionsordnung der REPUBLIK ÖSTERREICH übertragen worden sei, sei jedoch in Verlust geraten. Am 10.8.1978 habe Christian C seine erwähnte Forderung gegenüber den Beklagten zur Tilgung seiner Abgabenverbindlichkeiten der REPUBLIK ÖSTERREICH abgetreten. Das Finanzamt Vöcklabruck habe die Abtretungserklärung namens der REPUBLIK ÖSTERREICH angenommen. Die Abgabenforderung der REPUBLIK ÖSTERREICH bestehe nach wie vor in Höhe einer den Klagebetrag übersteigenden Summe zu Recht.

Die Beklagten beantragten Klageabweisung und wendeten ein: Da über die Klageforderung ein Wechsel ausgestellt worden sei, könne die Klägerin ihre Forderung erst nach Kraftloserklärung desselben geltend machen. Im übrigen weise das von C erstellte Werk diverse Mängel auf, die eine Preisminderung von 100.000 S rechtfertigten. Eine Reihe von behebbaren Mängeln sei noch nicht behoben worden, weshalb die Forderung zum Teil noch nicht fällig sei. Die Beklagten hätten indessen ihr Unternehmen veräußert. Infolge der mangelhaften Arbeiten des Christian C sei dabei ein Mindererlös von mindestens 200.000 S erzielt worden. Dieser Betrag werde aufrechnungsweise bis zur Höhe der Klageforderung geltend gemacht.

Im zweiten Rechtsgang brachte die Klägerin ergänzend vor, daß eine allfällige Mängelrüge jedenfalls verspätet gewesen sei. Demgegenüber stellten die Beklagten die weitere Prozeßbehauptung auf, sie hätten die Mängel unverzüglich nach Erkennbarkeit derselben gerügt. Im übrigen sei der Erstbeklagte Nichtkaufmann im Sinne des Handelsgesetzes, die Zweitbeklagte nicht Vollkaufmann. Weiters präzisierten die Beklagten ihre Prozeßbehauptungen dahin, daß sie ausdrücklich Preisminderung geltend machten.

Das Erstgericht stellte im zweiten Rechtsgang neuerlich fest, daß die Klageforderung mit dem Betrag von 173.318,40 S samt 5 % Zinsen seit 17.6.1978 zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht bestehe, und erkannte die Beklagten abermals zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin den genannten Betrag samt Zinsen zu bezahlen. Diese Entscheidung gründete das Erstgericht auf folgende Tatsachenfeststellungen:

Christian C lieferte und montierte über Auftrag der Beklagten, welche zu jenem Zeitpunkt Miteigentümer der Tiroler Weinstube "TANTE ANNA" in Kirchberg i.T. waren, eine Gastzimmereinrichtung zu einem Gesamtpreis von 1,492.819,18 S. Die Arbeiten waren zum Großteil im Dezember 1977, endgültig Anfang Mai 1978 abgeschlossen. Das Lokal wurde zu Weihnachten 1977 eröffnet. Die Rechnungslegung über die genannte Fakturensumme erfolgte mit 12.4.1978. Es war dies die Schlußrechnung, Teilrechnungen waren schon vorher gelegt worden. Ende 1977 und Anfang 1978 leisteten die Beklagten eine Reihe von Teilzahlungen und Akontozahlungen. Über den restlich aushaftenden Werklohn in Höhe von 173.318,40 S akzeptierten die Beklagten Anfang 1978 einen Wechsel mit Fälligkeit 16.6.1978. Bis zu diesem Zeitpunkt wie überhaupt während eines ganzen Jahres ab Eröffnung des Lokales im Dezember 1977 wurden die Arbeiten des Christian C diesem gegenüber nicht gerügt und es wurde auch keine Verbesserung begehrt, obwohl den Beklagten Mängel aufgefallen waren. Derartige Mängel wurden erst im Zuge des gegenständlichen Rechtsstreites behauptet.

Mit Kaufvertrag vom 20.12.1978 wurde die Liegenschaft mit dem Gastbetrieb "TANTE ANNA" samt Zubehör um 5,5 Mill.S an die D E Gesellschaft mbH & Co KG Kirchberg verkauft. Die Käuferin, vertreten durch Anton E, wurde beim Kaufgeschäft seitens der Beklagten nicht auf Mängel der von Christian C

durchgeführten Tischlerarbeiten hingewiesen und es waren der Käuferin derartige Mängel zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages auch nicht bewußt. Bei der Vereinbarung des Kaufpreises zwischen den Beklagten und der Käuferin wurden etwa vorhandene Mangelhaftigkeiten der Tischlerarbeiten nicht berücksichtigt. Der schriftliche Kaufvertrag, abgeschlossen zwischen der Toni E Gesellschaft mbH & Co KG und den Beklagten, beinhaltet keinerlei Hinweis auf eine Minderung des Kaufpreises wegen mangelhafter Arbeiten des Christian C. Erstmals im Zuge dieses Rechtsstreites forderte E von C

Mängelbehebung; tatsächlich waren die Arbeiten teilweise mangelhaft durchgeführt worden, was die Käuferin jedoch erst einige Zeit nach Abschluß des Kaufvertrages mit den Beklagten bemerkte. Wegen Abgabenverbindlichkeiten des Christian C wurde vom Finanzamt Vöcklabruck der von den Beklagten akzeptierte Wechsel gepfändet. Aus Anlaß der Übersendung dieses Wechsels an das Finanzamt Kitzbühel zwecks Präsentation am 16.6.1980 (offenbar richtig: 1978) ging dieser Wechsel auf nicht feststellbare Art und Weise verloren. Ein Verfahren zur Kraftloserklärung des Wechsels wurde nicht eingeleitet. Daraufhin zedierte Christian C zur Tilgung seiner Abgabenschulden seine Restforderung gegenüber den Beklagten an die Klägerin, wovon die Beklagten mit Schreiben vom 17.8.1978 verständigt wurden. Zu diesem Zeitpunkt wußten die Beklagten bereits vom Verlust des Wechsels, weil sie den Ersuchen des Finanzamtes wie auch des Christian C, einen neuen Wechsel auszustellen, nicht nachkamen. Sie erklärten diesbezüglich lediglich, daß sie nur einen Wechsel mit einer Laufzeit bis 19.9.1978 unterschreiben würden, welche Bedingung seitens des Finanzamtes Vöcklabruck jedoch abgelehnt wurde.

Anläßlich des etwa in diese Zeit fallenden Besuches des Christian C bei den Beklagten, um diese zur Ausstellung eines Ersatzwechsels zu veranlassen, wiesen die Beklagten C nicht darauf hin, daß seine Arbeiten mangelhaft durchgeführt seien. Die Beklagten führten bis zum Verkauf des Lokals im Dezember 1978 keinerlei Verbesserungsarbeiten durch. Die mangelhafte Durchführung der Tischlerarbeiten war den Beklagten nach deren zum großen Teil erfolgter Fertigstellung im Dezember 1977, also schon zu Beginn des Jahres 1978, bekannt.

Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:

Gastwirte und Tischler seien Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches. Der zwischen den Beklagten und Christian C geschlossene Werkvertrag über die Anfertigung und Lieferung der Gastzimmereinrichtung sei daher als Handelsgeschäft zu qualifizieren. Es seien deshalb in der Frage der Gewährleistung die Bestimmungen der §§ 377 ff.HGB anzuwenden. Danach habe der Käufer die Ware unverzüglich nach Ablieferung durch den Verkäufer zu untersuchen; wenn sich ein Mangel zeige, sei dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Unterlasse der Käufer die Anzeige, so gelte die Ware als genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handle, der bei der Untersuchung nicht erkennbar gewesen sei. Da die Beklagten schon zu Beginn des Jahres 1978 von den bestehenden Mängeln Kenntnis gehabt, es jedoch unterlassen hätten, diese Mängel zu rügen, sei dies einem Verzicht auf Gewährleistung gleichzusetzen. Die Beklagten könnten demnach eine Mängelrüge gegenüber der Klägerin nicht mehr geltend machen. Der Umstand, daß über die Klagssumme ein Wechsel ausgestellt worden sei, der nicht mehr auffindbar sei, stehe der vorliegenden Klageführung nicht entgegen. Durch die Ausstellung des Wechsels sei nämlich das Grundgeschäft nicht vernichtet worden. Die Klageforderung bestehe daher zu Recht. Hingegen bestehe die Gegenforderung nicht zu Recht, weil nicht erwiesen sei, daß mangelhafte Tischlerarbeiten zu einem Mindererlös aus dem Verkauf der Liegenschaft geführt hätten. Vielmehr sei der Käuferin die Mangelhaftigkeit der Tischlerarbeiten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages gar nicht bekannt gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und erklärte die Revision für unzulässig. Es führte - zum Teil unter Hinweis auf seinen Aufhebungsbeschluß im ersten Rechtsgang - aus:

Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, derzufolge die Tatsache des Ausstellens eines Wechsels über die eingeklagte Summe, der von den Beklagten akzeptiert worden sei, der klageweisen Geltendmachung der Wechselsumme nicht entgegenstehe, sei nicht zu beanstanden. Die Beklagten übersähen bei ihrer Argumentation, zur Erlangung der Klagelegitimation hätte zunächst, da Verlust des Wechsels behauptet werde, gemäß Art.90 WG ein Kraftloserklärungsverfahren nach dem Kraftloserklärungsgesetz 1951 eingeleitet werden müssen, daß einerseits durch das Ausstellen eines Wechsels das Grundgeschäft nicht vernichtet werde, und daß andererseits die Klägerin mit der vorliegenden Klage nicht einen wechselmäßigen Anspruch geltend mache, zu dessen Durchsetzung der Besitz des Wechsels geboten wäre (Art.16 WG); die Klägerin stütze ihren Anspruch vielmehr ausdrücklich und von den Beklagten auch nicht in Frage gestellt auf die Zession der Forderung durch Christian C.

Dem Erstgericht sei auch darin beizupflichten, daß Christian C und die Beklagten Kaufleute seien und der gegenständliche Vertrag als zum Betrieb ihres Handelsgewerbes gehörend zu beurteilen sei. Die rechtliche Beurteilung dieses Vertrages als Werkvertrag sowie die Unterstellung des festgestellten Sachverhaltes in der entscheidenden Rechtsfrage der Gewährleistung unter die Bestimmungen der §§ 377, 381 Abs 2 HGB seien gleichfalls nicht zu beanstanden. Die gelieferte Einrichtung sei zumindest im wesentlichen als bewegliche Sache zu werten. Hinsichtlich der Tische und Stühle könne daran von vornherein kein Zweifel bestehen; jedoch auch andere Teile, wie z.B. die Decke, könnten ohne Verletzung ihrer Substanz wieder entfernt werden. Der gegenständliche Fall sei also anders zu beurteilen als z.B. die Verfliesung oder Einrichtung eines Bades, die Verlegung eines Fußbodenbelages, die Installierung einer Heizung und dgl., in welchen Fällen eine Absonderung nicht mehr ohne Zerstörung der gelieferten Sachen möglich sei. Besondere Umstände, die auf das Vorliegen einer unbeweglichen Sache hinweisen würden, seien im übrigen gar nicht behauptet worden. Es habe somit für die Beklagten die Rügepflicht nach § 377 HGB bestanden, die auch in den Fällen des § 381 Abs 2 HGB zum Tragen komme (vgl.HS 6397; SZ 41/133 uva.).

Die Beklagten machten des weiteren sowohl im Rahmen ihrer Rechtsrüge als auch im Rahmen ihrer Beweisrüge geltend, daß entgegen der Ansicht des Erstgerichtes die vorhandenen Mängel gar nicht verspätet gerügt worden seien. In diesem Zusammenhange rügten die Beklagten die Unterlassung von Feststellungen durch das Erstgericht darüber, wann die Arbeiten fertiggestellt worden seien, welche Mängel im einzelnen vorhanden und wann sie wahrnehmbar gewesen seien und zu welchen Zeitpunkten sie im einzelnen tatsächlich gerügt worden seien. Diesen Ausführungen sei zu erwidern, daß - abgesehen davon, daß die Beklagten die behaupteten Mängel im gegenständlichen Verfahren nie konkretisiert hätten - auf Grund der Parteiaussage des Erstbeklagten feststehe, daß die Beklagten die von ihnen behaupteten Mängel zwar wahrgenommen, eine diesbezügliche Rüge gegenüber C jedoch überhaupt nicht erhoben hätten. Da sie zur sofortigen Rüge verpflichtet gewesen wären, habe das Erstgericht völlig zu Recht ihre Verpflichtung zur Zahlung des restlichen Entgelts bejaht.

Das Erstgericht habe auch völlig zu Recht den aufrechten Bestand einer Gegenforderung der Beklagten verneint. Es ergebe sich diesbezüglich tatsächlich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, daß Mängel an den Tischlerarbeiten zu einem Mindererlös beim Verkauf der Liegenschaft geführt hätten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision sei nicht zuzulassen gewesen, weil die hier zu erörternden Probleme - soweit es sich überhaupt um Rechtsprobleme handle - andere Personen bzw. vergleichbare Fälle nicht berührten. Das Berufungsgericht habe sich im Rahmen seiner Entscheidung nicht mit bedeutsamen Rechtsfragen befassen müssen, die für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam sein könnten. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 und Abs 2 ZPO gestützte außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klageabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben. Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Beklagten vertreten den Standpunkt, das Urteil des Berufungsgerichtes beruhe auf der unrichtigen Lösung nachstehender, im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erheblicher Rechtsfragen des materiellen Rechts:

1.) Zunächst sei die Frage nicht erörtert worden, inwieweit eine Zession der Forderung des Christian C an die Klägerin überhaupt möglich gewesen sei. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich, daß die Beklagten bereits vor dem am 16.6.1978 fälligen Wechsel über die Schuldsumme andere Wechsel ausgestellt hätten, sodaß dieser Vorgang (offenbar gemeint: die Annahme des Wechsels über die Klagesumme mit Fälligkeit 16.6.1978) zweifelsfrei eine Prolongation gewesen sei. Durch eine Prolongation trete aber dann eine das Zurückgreifen auf die ursprüngliche Schuld ausschließende Novation der Forderung ein, wenn der alte Wechsel zurückgegeben worden sei. Es hätten daher Feststellungen darüber getroffen werden müssen, inwieweit die Beklagten die alten Wechsel im Zuge der Prolongation zurückerhalten hätten.

2.) Die Klage hätte schon deshalb abgewiesen werden müssen, weil nicht festgestellt habe werden können, daß sich der abhanden gekommene Wechsel in Händen der Beklagten befinde, und die Kraftloserklärung dieses Wechsels nicht eingeleitet worden sei. Gehe man davon aus, daß die Hingabe des Wechsels zahlungshalber erfolgt sei - diesbezügliche Feststellungen fehlten -, dann sei die Wechselforderung der Forderung aus dem Grundgeschäft derart beigetreten, daß mit der Zahlung der einen Forderung auch die andere erlösche. Dieser Umstand könne aber einem gutgläubigen dritten Wechselerwerber nicht entgegengehalten werden, sodaß grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, daß der Schuldner zweimal zur Zahlung herangezogen werde und ihm allenfalls nur Bereicherungsansprüche verbleiben würden. Der Schuldner würde in diesem Fall einer unzulässigen Belastung ausgesetzt werden, weil die Gefahr einer Insolvenz des Bereicherten bestehe. Um diese für den Schuldner unerträgliche Unsicherheit aus dem Weg zu räumen, sei es notwendig, den abhanden gekommenen Wechsel gemäß Art.90 WG kraftlos zu erklären.

3.) Die Anwendung der §§ 377 ff.HGB auf den gegenständlichen Fall sei deswegen ausgeschlossen, weil bei der von den Beklagten bestellten Gastzimmereinrichtung die unbeweglichen Teile (Holzdecken, Verkleidungen, Türen, Einbaubänke usw.) überwiegen und das Überwiegende entscheidend sei; im übrigen seien Tische und Stühle zwar als Einzelstücke bewegliche Sachen, nicht aber als Einrichtung eines Gasthauses.

Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Die Ausführungen zu 1.) und 3.) sind nicht geeignet, die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision darzutun. Der zu 1.) gerügte Feststellungsmangel liegt schon deshalb nicht vor, weil die Behauptung, bei dem von den Beklagten akzeptierten Wechsel mit Fälligkeit 16.6.1978 habe es sich um einen Prolongationswechsel gehandelt, eine unbeachtliche Neuerung ist. Auch die Darlegungen zu 3.), die von den Beklagten bestellte Gastzimmereinrichtung bestehe zumindest überwiegend aus unbeweglichen Sachen, verstoßen gegen das Neuerungsverbot; sie scheinen erstmals in der Berufung der Beklagten im zweiten Rechtsgang auf. Im übrigen hat der Oberste Gerichtshof in SZ 46/127 eine vergleichbare Kaffeehauseinrichtung dem § 381 Abs 2 HGB unterstellt.

Hingegen werfen die Beklagten unter 2.) sehr wohl eine im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage des materiellen Rechtes auf; diese Rechtsfrage wurde von den Vorinstanzen allerdings im Ergebnis richtig gelöst. Nach dem Parteiwillen soll die Schuld aus dem Grundverhältnis nur ausnahmsweise endgültig derart durch die Wechselverbindlichkeit ersetzt werden, daß bei Nichterfüllung der Wechselverbindlichkeit ein Zurückgreifen auf das Grundgeschäft ausgeschlossen ist; im Zweifel wird der Wechsel zahlungshalber hingegeben (Kapfer, Handkommentar zum Wechselgesetz 13 f. mwN; MGA ABGB 32 Entscheidungen unter Nr.7 zu § 1414). Mangels anderer Vereinbarung ist anzunehmen, daß die Hingabe und Hinnahme eines Wechsels für eine Verbindlichkeit nur zahlungshalber erfolgt und keine Novation der Schuld bewirkt (Kapfer aaO 96). Da im gegenständlichen Fall ein Vorbringen in der Richtung, daß der Wechsel mit Fälligkeit 16.6.1978 an Zahlungsstatt hingegeben und hingenommen worden wäre, fehlt, war mithin - ohne daß es einer diesbezüglichen Feststellung bedurft hätte - davon auszugehen, daß der genannte Wechsel zahlungshalber hingegeben und hingenommen wurde. Die Klägerin konnte daher auf das Grundgeschäft zurückgreifen. Der Geltendmachung der Klageforderung aus dem Grundgeschäft steht aber im vorliegenden Fall auch nicht entgegen, daß die Klägerin den Wechsel weder den Beklagten zurückstellen kann noch für kraftlos erklären ließ, weil die Beklagten im Falle der Leistung an die Klägerin aus dem Grundgeschäft einem gutgläubigen Inhaber des verjährten Wechsels (Art.70 Abs 1 WG: Verfalltag 16.6.1978, Schluß der Verhandlung erster Instanz 6.6.1983) gegenüber, der sie nach Art.89 WG belangen sollte, einwenden könnten, nicht bereichert zu sein (vgl.Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht 937; siehe auch Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1428 mit Hinweis auf GlU 14.197).

Es war daher der außerordentlichen Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41,50 ZPO.

Anmerkung

E07056

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00605.85.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19851203_OGH0002_0050OB00605_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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