TE OGH 1985/12/17 5Ob609/85

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Veröffentlicht am 17.12.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elmar A, Gutsbesitzer, Gut Lind ob Karnburg 2, 9063 Maria Saal, vertreten durch Dr.Christian Dorda, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***-T***-Gesellschaft mit beschränkter

Haftung, Börsegasse 12, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, und des auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Herwig B, Student, Töschling, 9210 Pörtschach, vertreten durch Dr.Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufhebung einer bestrittenen Eigentumseinverleibung (Streitwert S 235.322,24) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2.Juli 1984, GZ.14 R 108/84-91, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 20.Jänner 1984, GZ.3 Cg 46/83-85, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung lautet:

Die unter C 108 in der Grundbuchseinlage EZ 563 des Grundbuches über die Katastralgemeinde Kurort Semmering vom Bezirksgericht Gloggnitz im Range der Anmerkung C 95 vorgenommene Einverleibung des Eigentumsrechtes für die beklagte Partei mit 200/10.000 Miteigentumsanteilen ob den je 200/20.000 Anteilen des Elmar A und des Siegfried D ist unwirksam und zu

löschen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 213.555,16 (darin S 14.151,26 Umsatzsteuer und S 27.436,- Barauslagen) bestimmten Kosten dieses Rechtsstreits binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Hotelier Siegfried D aus Pörtschach und der Kläger, ein Gutsbesitzer aus Maria Saal in Kärnten, erwarben gemeinsam im Jahr 1971 von der E Eisenbahngesellschaft durch Kauf Liegenschaften in Semmering mit dem Südbahnhotel samt Nebengebäuden. Die Käufer wurden je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 563 der KG Kurort Semmering mit dem Nebengebäude "Waldhof Semmering I" und verkauften in den Jahren 1973 bis 1976 durch ihren Rechtsvertreter Dr.Max B, einen Rechtsanwalt aus Klagenfurt, an Interessenten, die an im "Waldhof Semmering I" gelegenen Wohnungen Wohnungseigentum erwerben wollten, aus ihren Anteilen gleichteilig Liegenschaftsanteile. Sie hatten zur Abwicklung des Projekts und zur Vornahme aller von den Miteigentümern zu setzenden Handlungen dem Rechtsanwalt Dr.Max B Vollmacht erteilt. Diese Vollmacht sollte bis zur Beendigung der Projektsabwicklung unwiderruflich sein, weil der Machthaber mit Wissen der Machtgeber die Treuhandschaft für die lastenfreie Einverleibung des Eigentums auf die an Interessenten abverkauften Anteile übernehmen sollte und dem F

Kärnten, der die Finanzierung trug, insoweit treuhandschaftlich verbunden war, als alle Zahlungen für die verkauften Appartements das auf "Waldhof Semmering" lautende Konto beim F

Kärnten zu leisten waren und dieser je m 2 verkaufter Nutzfläche S 4.000,-- zu erhalten hatte.

Dr.Max B nahm am 6.6.1975 das Anbot des Zoran G

vom 10.2.1975 an, die nach dem Ergebnis der gerichtlichen Nutzwertfeststellung zu bestimmenden Anteile an der Liegenschaft EZ 563 KG Kurort Semmering, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung 2 im Erdgeschoß verbunden werden sollte, um S 250.000,-- zu kaufen. Er teilte dem Käufer mit, daß er nun den Kaufvertrag errichten und diesen, weil der Käufer Ausländer war, der Grundverkehrskommission und der Nationalbank zur Genehmigung vorlegen werde. Der Käufer hatte schon bei Stellung seines Anbots an Siegfried D S 50.000,-- und am 14.5.1975 an Dr.Max B S 200.000,-- bezahlt. Er zahlte noch auf Verlangen des Siegfried S 213.555,16 (darin S 14.151,26 Umsatzsteuer und S 27.436,- Barauslagen) S 30.000,-- "Mehrwertsteuer" und S 31.000,-- für gebrauchte Möbel.

Siegfried D und seine Frau verkauften dem Zoran G

die Einrichtung für das Appartement, die die Frau aus Beständen des Südbahnhotels und aus Graz beschaffte.

Dr.Max B schrieb am 30.9.1975 an Siegfried D, er

halte fest, daß sämtliche Kaufpreise auf das beim F eingerichtete Konto zu überweisen seien. In einem einzigen Fall habe Siegfried D, soweit er Dr.Max B unterrichtet habe, selbst eine Barzahlung entgegengenommen. Diesen Fall hätten sie als Ausnahme behandelt und seien dahin verblieben, daß Dr.Max B dieses Inkasso offiziell nicht zur Kenntnis nehme.

Dem von Dr.Max B errichteten Kaufvertragsentwurf für Zoran G wurde die Genehmigung der Grundverkehrskommission rechtskräftig am 31.3.1976 versagt. Es wurde zwar Mitte 1976 erwogen, Zoran G durch einen langfristigen Mietvertrag sicherzustellen, weil er schon alles bezahlt habe, doch kam es dazu nicht. Der Käufer war 1977 nicht mehr bereit, die Anteile mit Wohnungseigentum zu erwerben.

Am 3.12.1976 verkaufte Siegfried D dem Kläger unter anderem 701/20.000 Anteile an der Liegenschaft EZ 563 der KG Kurort Semmering. Die Übergabe und Übernahme erfolgte mit 1.12.1976. Kaufgegenstand bildeten auch die 200/20.000 Anteile die zusammen mit den 200/20.000 Anteilen des Klägers als Mindestanteil vorgesehen waren, mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung 2 im Erdgeschoß verbunden werden sollte. Auf Grund dieses Kaufvertrages wurde ob den 200/20.000 Anteilen des Siegfried D in C 106 mit 30.11.1979 das Eigentumsrecht für den Kläger einverleibt, so daß er unter Zusammenziehung mit seinen 200/20.000 Anteilen Eigentümer von 200/10.000 Anteilen der Liegenschaft wurde.

Anfang 1978 übernahm Ing.Erich H die Vermögensverwaltung des Klägers. Der Kläger schrieb am 12.5.1978 an Dr.Max B, er entbinde ihn von allen wirtschaftlichen Dispositionen. Er möge sein Hauptaugenmerk auf die Herstellung der Grundbuchsordnung, die Durchsetzung der Nutzwertfeststellung des Appartementbereiches, den Abschluß des ÖMV-Vertrages und auf die "Entfernung der Rechte des Siegfried D" legen. In einem weiteren Schreiben vom 21.5.1978 teilte der Kläger Dr.Max B mit, Verwandte verlangten dringend, um die Lösung des Vollmachtsverhältnisses zu bitten. Er ersuche daher, der Vollmachtsauflösung kooperativ gegenüberzustehen und die organisatorische Abwicklung so zu gestalten, daß dem Kläger keine Nachteile erwachsen. Es sei vielleicht sinnvoll, einzelne Fälle, in denen ein plötzlicher Vollmachtswechsel von Nachteil wäre, gleitend in stetem Einvernehmen mit dem neuen Vermögensverwalter abzugeben oder auch einzelne Fälle selbst zu Ende zu führen.

Dr.Max B antwortete am 29.5.1978, es seien einige Prozesse nicht abgeschlossen. Er ersuche, weil die Vollmachtskündigung sein weiteres Einschreiten nicht mehr zulasse, raschest einen Besprechungstermin zu vereinbaren. Der Kläger antwortete am 6.6.1978, er habe vernommen, daß Dr.Max B damit einverstanden sei, wenn der Rechtsanwalt Dr.Anton I die dringendsten Fälle rasch übernehme.

Zoran G, der das als Zweitwohnung gedachte

Appartement 2 im Waldhof I schon kurz nach der Anbotstellung vom 10.2.1975 bezogen hatte, gab nach der Versagung der Genehmigung des beabsichtigten Kaufes der Liegenschaftsanteile dem Dr.Max B und seinem Mitarbeiter Dr.J wiederholt zu verstehen, daß er an einem Ankauf nicht mehr interessiert sei und sein Geld zurück haben wolle. Im Jänner 1978 wurde Zoran G durch Verleihung österreichischer Staatsbürger. Im Jahr 1978 ließ er wissen, er wolle das Appartement doch kaufen und allenfalls wieder verkaufen. Dr.Max B erwirkte durch Vorlage der Vollmachten des Klägers vom 28.1.1977 und des Siegfried D vom 18.2.1977, daß mit Beschluß des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom 26.1.1979 die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung unter anderem der je 701/20.000 Anteile des Klägers und des Siegfried D der Liegenschaft angemerkt wurde.

Am 22.4.1979 schrieb der Kläger an Dr.Max B, er möge dem Zoran G keine Hoffnungen machen, ihm einen seine Rechte sichernden Vertrag zu verschaffen und ihm mitteilen, daß er zur Vertretung des Klägers und zu einer Verfügung über sein Vermögen nicht mehr berechtigt sei. Er dürfe daher Zoran G keine Hoffnungen machen, daß er berechtigt sei, Verträge zu schließen. Der Vertreter des Klägers Ing.Erich H sagte dem Zoran G im April 1979, Dr.Max B sei nicht mehr berechtigt, für den Kläger Erklärungen abzugeben oder Verträge zu schließen. Ing.Erich H klärte Zoran G auch darüber auf, daß dem Kläger

nun die gesamten Liegenschaftsanteile gehörten, also auch die Anteile des Siegfried D, weil der Kläger im Dezember 1976 dessen Anteile angekauft habe. Zoran G erwiderte, Dr.Max B sei Rechtsanwalt und müsse wissen, was er mache, er verlasse sich auf den Rechtsanwalt.

Am 18.7.1979 erhielt Ing.Erich H von Dr.Max B die Korrespondenz mit Zoran G und dessen Anbot vom 10.2.1975

sowie die im Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden ergangenen

Bescheide.

Zoran G rief im Sommer 1979 den Ing.Erich H an.

Er meinte, er habe Anspruch auf Rückstellung seiner Zahlungen und eine Ablöse für die Wohnungseinrichtung. Ing.Erich H wies ihn nochmals darauf hin, daß der Kläger mit Dr.Max B nichts mehr zu tun habe und dessen Zusagen nicht akzeptiere.

Um zu seinem Geld zu kommen, entschied sich Zoran G dafür die Anteile mit dem Appartement zu kaufen und abzugeben. Auf Anraten des Rechtsanwaltes Dr.Max B, der Zoran

G unter Vorweis einer Ausfertigung der Entscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28.5.1979, GZ. 22 Cg 135/79-8, die Zoran G nicht verstand, bedeutete, er sei noch zur Vertretung der Verkäufer berechtigt, wurde am 10.9.1979 und 11.9.1979 ein Kaufvertrag errichtet, wonach der Kläger und Siegfried

D dem Zoran G 200/10.000 Anteile der Liegenschaft,

mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung 2 im Erdgeschoß verbunden werden sollte, um den bereits entrichteten Kaufpreis von S 62.500,-- kaufen. Der Käufer war überzeugt, daß Dr.Max B, wie er bedeutet hatte, zur Vertretung der Verkäufer berechtigt sei, und verkaufte am 4.10.1979 die erworbenen Liegenschaftsanteile um S 235.322,24 der Beklagten. An sie war Dr.Max B mit dem Ersuchen herangetreten, die Anteile zu verkaufen, weil er der Meinung war, daß Zoran G wegen der Verunsicherung durch den Kläger aufgeben wolle. Er wollte einen Erwerber finden, mit dem er den Wohnungseigentumsvertrag errichten konnte, weil er sich gegenüber den Miteigentümern dazu verpflichtet fühlte. Die Beklagte war bereit, die Liegenschaftsanteile zu erwerben. Sie verpflichtete sich, die Anteile über Aufforderung jederzeit zum gleichen Preis wieder zu veräußern. Dr.Max B übernahm das Inventar des Appartements 2 um S 150.000,-- von Zoran G und bezahlte diesem die Kaufpreise von S 150.000,-- und S 235.322,24 (ursprünglich von Zoran G bezahlte S 200.000,-- mit angewachsenen Zinsen).

Als der Kläger Kenntnis erlangte, daß die beiden Kaufverträge errichtet waren, ließ er der Beklagten mitteilen, daß kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sei. Die Genehmigung nach den Ausländergrundverkehrsbestimmungen sei seinerzeit versagt worden, zum Abschluß eines neuen Vertrages sei Dr.Max B nicht berechtigt gewesen, der Kläger (und Eigentümer) des Kaufgegenstandes habe mit Zoran G keinen Vertrag geschlossen.

Im Range C 108 vom 11.12.1979 wurde auf Grund des Kaufvertrages (Kläger/Siegfried D und Zoran G) vom 10.9.1979 und 11.9.1979, der Vollmachten vom 28.1.1977 und 18.2.1977, und des Kaufvertrages (Zoran G und Beklagte) vom 4.10.1979 auf den 200/10.000 Anteilen des Klägers an der Liegenschaft das Eigentumsrecht für die Beklagte im Range der von Dr.Max B erwirkten Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung C 95 einverleibt. Auf Antrag der Beklagten erfolgte die Löschung der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers auf den 200/20.000 Anteilen des Siegfried D C 106.

Der Kläger erhob am 10.1.1980 gegen die Beklagte die Löschungsklage. Dr.Max B sei seit der berechtigten Auflösung des Bevollmächtigungsvertrages im Jahre 1978 nicht mehr zur Vertretung des Klägers berechtigt gewesen. Die von ihm als Machthaber des Klägers vorgenommene Veräußerung der Liegenschaftsanteile des Klägers sei unwirksam. Der Beklagten sei bekannt gewesen, daß Siegfried D seine Anteile in das Eigentum des Klägers übertragen habe. Zoran G habe Kenntnis gehabt, daß das Vollmachtsverhältnis des Klägers zu Dr.Max B aufgelöst war, als er mit diesem als Vertreter des Klägers abschloß. Er habe darum gewußt, daß der Vertrag unwirksam sei und deshalb an die Beklagte weiter veräußert.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Zoran G habe nach Versagung des Erwerbes der Anteile durch die Grundverkehrskommission die Zusage gehabt, es werde eine Rechtsform gefunden, daß er die Wohnung gleich einem Wohnungseigentümer benütze, bis sein Eigentum einverleibt werden könne. Dr.Max B habe sich auf Grund der ihm vom Kläger und Siegfried D unwiderruflich erteilten Vollmacht verpflichtet, mit Zoran G einen neuen Kaufvertrag abzuschließen. Dies sei am 10.9.1979 und 11.9.1979 geschehen. Die Beklagte, die dann die Anteile von Zoran G gekauft und am 10.12.1979 um die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes angesucht habe, sei nicht unterrichtet gewesen, daß mittlerweile das Eigentum des Klägers auch auf den Anteilen des Siegfried D einverleibt worden war. Der Kläger habe nur die Prozeßvollmachten an Dr.Max B widerrufen. Die Vollmacht, das Wohnungseigentumsprojekt abzuwickeln, habe der Kläger wegen der vereinbarten Unwiderruflichkeit gar nicht aufheben können. Weder die Beklagte noch Zoran G hätte Grund zu der Annahme gehabt, daß Dr.Max B nicht mehr der Machthaber des Klägers sei. Die Wohnung sei Zoran G schon 1975 zur Benützung überlassen worden. Da Zoran G S 250.000,-- für den Erwerb der Anteile bezahlte, könne dem Begehren nur Zug um Zug gegen Zahlung von S 235.322,24 stattgegeben werden. Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Begehren der Löschungsklage statt, weil das Vollmachtsverhältnis zwischen dem Kläger und Dr.Max B im Jahr 1978 einvernehmlich beendet worden und dem Zoran G die Aufhebung der Vollmacht bekannt war, als er mit dem Machthaber des Klägers den Kaufvertrag vom 10.9.1979 und 11.9.1979 abschloß. Er habe daher keinen Titel zum Erwerb des Eigentums erlangt und der Beklagten keinen Titel weitergeben können. Soweit Gegenstand des Kaufvertrages die bereits auf den Kläger übergegangenen 200/20.000 Anteile des Siegfried D waren, liege eine Doppelveräußerung vor. Der Zweitkäufer habe gewußt, daß die Verwaltung der Anteile des Siegfried D durch Übergabe der Schlüssel des Gesamtobjektes auf den Kläger übertragen war, dessen Vermögensverwalter auch ihm gegenüber in Verhandlungen trat. Es habe daher dabei zu bleiben, daß die frühere bücherliche Einverleibung gegenüber dem späteren Erwerber Bestand habe. Eine Trennung der Anteile sei auch gar nicht möglich, weil sie später zur Begründung von Wohnungseigentum erforderlich wären. Die bekämpfte Einverleibung des Eigentumsrechtes der Beklagten habe den Kläger in seinem bücherlichen Recht verletzt. Zwischen den Prozeßparteien fehle jedes Vertragsverhältnis. Es komme daher auch ein Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des § 1052 ABGB nicht in Betracht (Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 27. Oktober 1982, GZ.1 Cg 513/80-48).

Infolge der Berufung der Beklagten hob das Berufungsgericht dieses Urteil ohne Setzung des Rechtskraftvorbehaltes auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstrichters nicht, aus den Tatsachenfeststellungen lasse sich die einvernehmliche Beendigung des Vollmachtsverhältnisses ableiten. Sollte in der dem Dr.Max B erteilten Vollmacht zum Abschluß der Verkaufsgeschäfte auf Widerruf bis zur Abwicklung verzichtet worden sein und dies durch einen über die Geschäftsbesorgung hinausgehenden Zweck gerechtfertigt gewesen sein, so könnten Vollmacht oder Auftrag dennoch widerrufen werden, wenn wichtige Gründe vorlägen, etwa der Machthaber sich einer Handlung schuldig mache, die das weitere Vertrauen des Machtgebers erschüttert. Ein Doppelverkauf liege nicht vor, wenn Dr.Max B in dem Kaufvertrag vom 10.9.1979 und 11.9.1979 nur dem Grundbuchsstand Rechnung tragend den mittlerweiligen Eigentumsübergang an den Kläger vernachlässigte. Letztlich müsse der Kläger beweisen, daß es dem Zoran G bei gehöriger Aufmerksamkeit auffallen mußte, daß Dr.Max B zum Abschluß des Kaufvertrages namens des Klägers nicht berechtigt sei (Aufhebungsbeschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 28.Feber 1983, GZ.14 R 14/83-57).

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es traf die bereits wiedergegebenen Feststellungen und meinte bei der durch die überbundene Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes bestimmten rechtlichen Beurteilung im wesentlichen: Der ursprünglich durch die Erklärung der Annahme des Kaufanbots des Zoran G geschlossene Vertrag sei wegen der Versagung der Genehmigung nach den Bestimmungen über den Ausländergrunderwerb aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Der Kläger und Siegfried D hätten zwar dem Rechtsanwalt Dr.Max B die unwiderrufliche Vollmacht zur Abwicklung des Verkaufes von Liegenschaftsanteilen an Wohnungseigentumsbewerber erteilt, der zeitlich beschränkte Widerrufsverzicht sei auch wirksam gewesen, weil in den Treuhandbeziehungen des Machthabers gegenüber den Wohnungseigentumsbewerbern und dem Kreditinstitut dafür ein Grund zu sehen ist, der die Bindung rechtfertigte. Aus wichtigen Gründen könne aber die Vollmacht selbst bei Widerrufsverzicht entzogen werden. Selbst wenn man nicht davon ausgehe, daß die Vollmacht zum Abschluß eines neuen Kaufvertrages jedenfalls widerrufen werden konnte, weil hier der mit der Unwiderruflichkeit verbundene Zweck den Bestand der Vollmacht im Interesse des Dritten zu sichern, weggefallen war, sei jedenfalls am 22.4.1979 die Vollmacht wirksam widerrufen worden. Dr.Max B habe davon Kenntnis gehabt, daß Siegfried D zumindest in einem Fall selbst Beträge entgegengenommen hat, obwohl alle Zahlungen ausschließlich auf das Konto beim F Kärnten eingehen sollten. Er habe

dennoch weder den Kläger unterrichtet, noch sonst Schritte gegen Siegfried D unternommen. Dies habe der Machthaber in seinem Brief an Siegfried D vom 30.9.1975 zugestanden. Darin liege ein wichtiger Grund für den Widerruf der Vollmacht, weil dieses Verhalten die Vertrauensbeziehung zwischen dem Machtgeber und dem Machthaber beeinträchtige. Zoran G habe sich zwar nach der Mitteilung des Vermögensverwalters des Klägers nicht bei diesem erkundigt, ob das Vollmachtsverhältnis aufrecht sei, doch bleibe nach § 1026 ABGB ein mit einem Dritten, dem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt war, geschlossener Vertrag verbindlich. Dem Zoran G könne nicht der gute Glaube abgesprochen werden, wenn er sich auf die Beteuerung des Rechtsanwaltes Dr.Max B und den Vorweis einer Gerichtsentscheidung zur Annahme bestimmt sah, daß eine Aufhebung der Vollmacht nicht wirksam erfolgt sei. Der zwischen dem Vertreter des Klägers und Zoran G über die 200/10.000 Anteile des Klägers an der Liegenschaft EZ 563 der KG Kurort Semmering geschlossene Kaufvertrag sei wirksam. Der Kläger könne daher, weil auch kein Scheingeschäft vorliege, die Einverleibung des Eigentums der Beklagten, die die Anteile wirksam erworben habe, nicht anfechten.

Das Berufungsgericht bestätigte. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht legte seiner Entscheidung nach Ausscheidung einzelner bekämpfter Tatsachenfeststellungen den eingangs dargestellten Sachverhalt zugrunde und erachtete insoweit die erstrichterlichen Feststellungen als unbedenklich. Auf der Grundlage der im Aufhebungsbeschluß geäußerten Rechtsmeinungen, an die auch das Berufungsgericht gebunden war, führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, es ergebe sich zwar nun, daß eine einvernehmliche Aufhebung der Vollmacht zur Abwicklung des Projektes des Abverkaufes von Liegenschaftsanteilen zur Begründung von Wohnungseigentum an dem im Nebengebäude des Südbahn-Hotels Waldhof Semmering I gelegenen Appartements nicht stattgefunden habe, doch habe der Kläger ungeachtet des Widerrufsverzichtes das Vollmachtsverhältnis wegen des vorliegenden wichtigen Grundes wirksam lösen können. Denn es genüge, daß der Machthaber Kenntnis hatte, daß Siegfried D in einem, wenn auch nicht mit dem Kaufgeschäft mit Zoran G zusammenhängenden Falle einen Geldbetrag entgegennahm, obwohl alle Eingänge nur auf das Konto erfolgen sollten. Daß der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich damit begnügte, Siegfried D vor weiterem solchen Vorgehen zu warnen, begründet seine Vertrauensunwürdigkeit. Der Kläger habe den Grund für den jedenfalls am 22.4.1979 erklärten Widerruf der Vollmacht nicht angeben müssen. Schon vorher hätten sich Dr.Max B und Zoran G dahin geeinigt, daß ein

neuer Kaufvertrag über die Anteile geschlossen werde. Auch der Abschluß des Vertrages am 10.9.1979 und 11.9.1979 binde den Kläger, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Vollmachtsverhältnis wirksam aufgehoben war. Es handelte sich um das Ausführungsgeschäft der schon mündlich zustande gekommenen Vereinbarung. Der Käufer könne die Bestimmung des § 1026 ABGB für sich in Anspruch nehmen. Der vollmachtslose Geschäftsabschluß müsse nicht unmittelbar im Anschluß an die Vollmachtsaufhebung erfolgt sein. Da die Frage der Vollmachtsaufhebung strittig war, besonders weil der Widerruf nur aus einem wichtigen Grund stattfinden konnte, genüge es, wenn der vom Vermögensverwalter des Klägers auf die Auflösung der Vollmacht hingewiesene Dritte von Dr.Max B die Versicherung erhielt, der Rechtsanwalt sei weiter zur Vertretung der Verkäufer berechtigt. Dem Käufer sei die Aufhebung der Vollmacht daher nicht bekannt gewesen. Er habe seine Unkenntnis auch nicht verschuldet, weil er auf die Richtigkeit der Versicherung durch einen Rechtsanwalt, der auch einen Gerichtsbeschluß vorweisen konnte, vertrauen durfte. Eine Doppelveräußerung liege nicht vor. Die in dem Kaufvertrag verwendete Konstruktion der Übertragung der Anteile durch den Kläger und Siegfried D auf den Käufer Zoran G sollte nur dem Grundbuchsstand entsprechen, weil Siegfried D nach der Veräußerung seiner Liegenschaftsanteile an den Kläger noch bücherlicher Eigentümer der Anteile gewesen sei. Die Abweisung des Löschungsbegehrens sei daher ohne Rechtsirrtum erfolgt. Zu den behandelten Rechtsfragen liege im allgemeinen eine gesicherte Rechtsprechung vor, das sich hier ergebende Einzelproblem sei so spezifisch, daß ein allgemeines Interesse an der Lösung der Rechtsfragen in Hinblick auf die Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung nicht bestehe (§ 502 Abs.4 Z 1 ZPO). Das Urteil des Berufungsgerichtes bekämpft der Kläger mit seiner außerordentlichen Revision. Er meint, die sich aus der Vorschrift des § 1026 ABGB ergebende Rechtsfrage sei unrichtig beantwortet und es fehle zur Anwendung dieser Vorschrift, wenn der Machtgeber den Dritten vom Widerruf verständige, der Dritte sich aber durch Versprechen des Machthabers bewegen lasse, auf den Fortbestand der Vollmacht zu vertrauen, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Auch die Frage der Doppelveräußerung der Liegenschaftsanteile des Siegfried D habe das Berufungsgericht unrichtig und abweichend von der herrschenden Rechtsprechung gelöst. Der Kläger beantragt, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne der Stattgebung des Begehrens abzuändern. Hilfsweise fügt er einen Aufhebungsantrag bei.

Der Oberste Gerichtshof hat den Parteien mitgeteilt, daß dem Revisionsgegner die Beantwortung der Revision freigestellt werde. Die Beklagte und der Nebenintervenient haben beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen, sonst aber ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

In dem Streit, ob der mit Zoran G am 10.9.1979 und 11.9.1979 geschlossene schriftliche Kaufvertrag über die 200/10.000 Anteile an der Liegenschaft EZ 563 der KG Kurort Semmering für den Kläger wirksam durch seinen Vertreter geschlossen wurde oder ob der Rechtsanwalt Dr.Max B bei dieser Vertretungshandlung ohne Vollmacht auftrat, weil die Bevollmächtigung bereits aufgehoben war, sind Rechtsfragen zu lösen, denen die im § 502 Abs.4 Z 1 ZPO umschriebene Bedeutung zukommt. Die Rechtsprechung zu den Grenzen der Zulässigkeit der vertraglichen Einschränkung des im § 1020 ABGB grundsätzlich dem Machtgeber zustehenden Rechtes, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen, sieht zwar die Vereinbarung des Widerrufsverzichtes als gültig an, wenn die Geschäftsbesorgung auch im Interesse eines Dritten erfolgt (Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu §§ 1020-1026; SZ 27/211; SZ 43/37; GesRZ 1980,94 ua.), hat jedoch noch nicht dazu Stellung genommen, ob in diesem Falle dem Geschäftsherrn jeder Einfluß auf die Geschäftsausführung entzogen ist. Auch hat das Berufungsgericht entscheidende Rechtsfragen, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht, nicht richtig beurteilt. Entgegen der Ansicht der Beklagten und des Nebenintervenienten sind daher die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben. Die Ausführungen beider Teile zur Bewertung des Streitgegenstandes durch das Berufungsgericht verkennen, daß dieser Ausspruch, wenn er nicht gegen zwingende Bewertungsrichtlinien der sinngemäß anzuwendenden §§ 54 bis 60 JN verstößt, keiner Überprüfung zugänglich ist (Fasching Zivilprozeßrecht Rz 1830). Trotz Nichtzulassung der Revision ist das vom Kläger erhobene Rechtsmittel jedoch sachlich zu erledigen, weil der Oberste Gerichtshof die Zulassungsvoraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO bejaht. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, daß beide Miteigentümer zur Abwicklung des Projektes der Veräußerung von später mit Wohnungseigentum an den zu schaffenden Wohnungen in dem Hotelnebengebäude Waldhof Semmering I zu verbindenden Liegenschaftsanteilen und zur Vornahme aller den Eigentümern obliegenden Handlungen dem Rechtsanwalt Dr.Max B Vollmacht erteilt hatten, die bis zur Beendigung der Projektabwicklung wegen der vom Machthaber zu übernehmenden Treuhandschaften unwiderruflich sein sollte. Nun trifft es zu, daß der dem Wesen des Bevollmächtigungsvertrages entsprechende Grundsatz, daß es dem Machtgeber freistehe, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen (§ 1020 Satz 1 ABGB), dispositiv ist, doch wäre die Vereinbarung eines Widerrufsverzichtes wegen der damit verbundenen unzumutbaren Einschränkung oder Entziehung der wirtschaftlichen Freiheit des Geschäftsherrn als Verstoß gegen die guten Sitten wirkungslos (SZ 43/37). Selbst in den Fällen, in welchen eine Sittenwidrigkeit der Selbstbindung des Machtgebers wegen der damit verbundenen Wahrung der Interessen Dritter ausscheidet, bleibt dem Geschäftsherrn das Recht des außerordentlichen Widerrufs aus wichtigem Grund gewahrt (Stanzl in Klang 2 IV/1, 868; Koziol-Welser 7 I 321; SZ 27/211; SZ 43/37; JBl.1970,618), der allerdings unter Wahrung einer angemessenen Überlegungsfrist bei sonstiger Verwirkung unverzüglich geltend gemacht werden muß. Das Mißtrauen gegen das durch den Verzicht auf Widerruf der Vollmacht bewirkte Ausliefern der eigenen Disposition des Geschäftsherrn an den Machthaber, den sonst eine Pflicht zum Gehorsam und zur Befolgung der Weisungen des Machtgebers trifft (Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 14 zu § 1009), ist berechtigt. Der Geschäftsherr soll sich, soweit nicht die Natur des abzuwicklenden Geschäftes dies erfordert, selbst bei vereinbarter Unwiderruflichkeit der Vollmacht zur Abwicklung einer Geschäftsbesorgung bis zur Beendigung des Gesamtgeschäftes nicht jeder Einflußnahme begeben müssen und zumindest in dem Bereich, in welchem die Interessen Dritter nicht beeinträchtigt werden, seine Verfügungsmacht behalten. Das Maß der Zulässigkeit der Bindung des Geschäftsherrn ist an ihrem Zweck auszurichten und auf den zu seiner Erreichung notwendigen Gehalt zu reduzieren. Beachtlich ist, daß zunächst zwei Personen das Eigentum an der Liegenschaft erlangten und darüber einig waren, daß nach und nach Anteile gleichteilig abverkauft werden, um später Wohnungseigentum zu begründen, daß diese Abverkäufe auch sicherstellten, daß die Pfandgläubigerin anteilig Befriedigung erlange und daher einer lastenfreien Eigentumsübereignung an die Wohnungseigentumsbewerber zustimme und diese Sicherheit bekamen, lastenfreie Eigentümer von Liegenschaftsanteilen zu werden, an denen Wohnungseigentum an dem jeweils zugesagten Appartement verbunden werden konnte. Insoweit bestehen keine Bedenken, daß usprünglich die Vollmacht zur Vornahme aller zum vereinbarten Ergebnis führenden Geschäfte nicht im Sinne des § 1020 ABGB von jedem der Hälfteeingetümer beliebig aufgehoben werden konnte. Der Machthaber hätte allerdings, als die Versagung der Genehmigung des beabsichtigten Verkaufs von Anteilen an den Ausländer Zoran G rechtskräftig war, unverzüglich die Rückstellung des von diesem Kaufinteressenten im Vertrauen auf ein wirksames Zustandekommen eines Kaufvertrages im voraus geleisteten Kaufpreises veranlassen müssen und auch dafür vorzusorgen gehabt, daß die dem Kaufinteressenten bereits zur Verfügung gestellte Wohnung geräumt wird. Ein jahrelanger Schwebezustand war nicht vertretbar.

Es kommt nicht darauf an, ob die vom Kläger schon im Jahr 1978 an den Machthaber gerichteten Erklärungen zur einseitigen oder einvernehmlichen Aufhebung auch der Vollmacht zum Verkauf der Anteile führten, mit welchen Wohnungseigentum an dem von Zoran G ohne Titel bewohnten Appartement 2 im Erdgeschoß

verbunden werden sollte. Der Kläger hat durch seinen Vertreter Ing.Erich H dem Dr.Max B zumindest am 22.4.1979 unmißverständlich erklärt, daß er zu einer Verfügung über das Vermögen des Klägers und zu seiner Vertretung beim Verkauf von Liegenschaftsanteilen an Zoran G keine Vollmacht mehr habe. Daß das Schreiben nicht vom Kläger sondern seinem Vermögensverwalter stammte, ist ohne Belang, wenn der Vermögensverwalter seinerseits als Vertreter des Klägers eingeschritten ist. Weder für den Abschluß des Bevollmächtigungsvertrages noch für den Widerruf der Vollmacht besteht Formzwang, es kommt daher auch konkludente Entziehung oder Einschränkung der Vollmacht in Betracht (Stanzl in Klang 2 IV/1,813; Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 15 zu §§ 1006-1008; SZ 39/95; NZ 1980,174). Das Schreiben vom 22.4.1979 mußte der Machthaber Dr.Max B dahin verstehen, daß der Kläger ihm die Vollmacht zum Abschluß eines Vertrages als Vertreter des Klägers mit Zoran G entzieht und der Rechtsanwalt Dr.Max B hat

diese durch den Vertreter Ing.Erich H übermittelte Erklärung des Klägers auch so verstanden (Beil./16).

Der Erstrichter hatte gemeint, der Widerruf der Vollmacht sei ungeachtet des Widerrufsverzichtes aus dem wichtigen Grund zu rechtfertigen, daß der Machthaber über den Vereinbarungen widersprechende Entgegennahmen von Kaufpreiszahlungen durch Siegfried D Kenntnis erlangte, ohne Maßnahmen zu ergreifen. Der Erstrichter dachte an das Inkasso von S 50.000,-- als Teilkaufpreisvorauszahlung durch Zoran G. Das Berufungsgericht stellte fest, daß sich das Schreiben des Dr.Max B vom 30.9.1975 nicht auf dieses Geschäft sondern auf die Entgegennahme anderer Zahlungen von Wohnungseigentumsbewerbern bezog und meinte, auch dies rechtfertige die Annahme, daß der Geschäftsherr das Vertrauen auf den Machthaber verloren und daher einen wichtigen Grund zum Vollmachtswiderruf hatte. Dagegen führen Beklagte und Nebenintervenient - teils unter Verletzung des Neuerungsverbotes - ins Treffen, es habe sich um eine im Interesse beider Machtgeber gebotene unbedenkliche Abwicklung gehandelt, von der der Kläger schon seit 1975 wußte. Er konnte darauf nicht im Jahr 1979 die Berechtigung des Abgehens vom Widerrufsverzicht stützen.

Bedenkt man, daß die Unwiderruflichkeit der Vollmacht nur in Ausnahmefällen unbedenklich ist und stets der Rechtfertigung in einem besonderen über die Geschäftsbesorgung hinausreichenden Zweck bedarf, muß im Einzelfall die Einschränkung der Verfügungsmacht des Geschäftsherrn besonders sorgfältig auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Wo sich nicht aus dem vereinbarten weiteren Zweck eine Notwendigkeit zur Bindung an die erteilte Vollmacht ergibt, kann der Geschäftsherr von der Vollmacht abgehen, zumindest aber erklären, daß er zu einem bestimmten einzelnen Geschäft nicht die Vollmacht gibt oder die schon erteilte Vollmacht widerruft

Es ist kein Grund zu sehen, warum der schriftliche Kaufvertrag mit Zoran G geschlossen werden mußte, um die Interessen der Treugeber zu wahren. Ebensogut hätten die Anteile, auch wenn die damit verbundene Wohnungsmöglichkeit auf weniger Interesse stieß, nach Scheitern des beabsichtigten Kaufgeschäftes im Jahr 1976 unverzüglich an einen anderen Bewerber verkauft werden können. Die Interessen der übrigen Wohnungseigentumsbewerber wurden ebensowenig davon berührt, wer diese Anteile kauft. Es zeigte sich ja auch, daß Dr.Max B unmittelbar nach Abschluß des Vertrages gegen den erklärten Willen des Vertreters des Klägers rasch einen Käufer suchte, der von Zoran G dessen Anteile erwarb, und in der Person der beklagten Gesellschaft fand. Daß sich Dr.Max B in dieser Lage auf die Unwiderruflichkeit der erteilten Vollmacht berief und gegen die Weisung seines Geschäftsherrn handelte, geschah rechtswidrig, wußte Dr.Max B als Vertragsverfasser doch auch, daß inzwischen die restlichen Anteile des Siegfried D an den Kläger verkauft worden waren, dieser daher über die Anteile allein verfügen konnte und nur der durch die Verbücherung zu erwartende Erwerb des Eigentums ausstand.

Der Kläger braucht sich daher nicht auf einen wichtigen Grund zu berufen, wenn er die umfassend erteilte Abwicklungsvollmacht für ein einzelnes Geschäft widerrief, ohne daß erkennbar berechtigte Interessen der durch die Unwiderruflichkeitsvereinbarung geschützten Dritten verletzt wurden. Daran ändert der Umstand nichts, daß damals Treuhandinteressen der Wohnungseigentumsbewerber und der finanzierenden Bank aufrecht bestanden haben. Sie konnten nur nicht das Erfordernis begründen, Anteile an einen bestimmten Käufer zu veräußern.

Der Einwand der Beklagten und des Nebenintervenienten, der Machthaber des Klägers habe mündlich durch seinen Mitarbeiter schon vor dem Widerruf der Vollmacht vereinbart, daß Zoran G die Anteile kaufe, versagt, weil es hier nicht darum geht, ob Zoran G obligatorische Ansprüche gegen den Kläger aus einem mündlich geschlossenen Kaufgeschäft hatte, sondern ob der Vertrag, der die Verbücherung des Eigentums der Beklagten auf den Liegenschaftsanteilen des Klägers ermöglichte, von Dr.Max B verbindlich als Vertreter des Klägers geschlossen wurde. Dies ist nach dem wirksamen Widerruf der Vollmacht, die dem Dr.Max B erklärt worden war, zu verneinen.

Damit kommt der Rechtsfrage Bedeutung zu, ob Zoran G die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt war. Dann nämlich wäre der schriftliche Kaufvertrag für den Kläger nach § 1026 ABGB verbindlich und er könnte sich nur bei seinem Gewalthaber, der die Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines Schadens erholen (§ 1026 ABGB Schlußsatz). Während der Erstrichter im ersten Rechtsgang völlig zutreffend erkannt hatte, daß in diesem Fall der Erklärung des Gewaltgebers der Vorrang zukommt und sich der Dritte, der durch einen anderen Vertreter des Geschäftsherrn vom Widerruf der Vollmacht unterrichtet war, sich aber vom Gewalthaber überzeugen ließ, daß die Vollmacht doch aufrecht sei, nicht auf unverschuldete Unkenntnis der Aufhebung der Vollmacht berufen kann, mußte das Erstgericht und auch das Berufungsgericht im zweiten Rechtsgang von der bindenden Rechtsansicht im Aufhebungsbeschluß ausgehen, daß § 1026 ABGB auch den schütze, der dem Machthaber mehr glaubt als dem Geschäftsherrn. Diese Rechtsansicht wird nicht geteilt. Wurde dem Dritten die Aufhebung der Vollmacht mitgeteilt, kommt ein wirksamer Vertrag mit dem Geschäftsherrn nicht zustande, auch wenn der Machthaber Rechtsanwalt ist, Überzeugungskraft besitzt und durch Vorweis einer Gerichtsentscheidung den Eindruck zu erwecken versucht, die unwiderrufliche Vollmacht könne gar nicht aufgehoben sein. Der Dritte hat in einem solchen Fall beim Geschäftsherrn rückzufragen und sich Aufklärung zu verschaffen. Tut er dies nicht und stellt sich später heraus, daß die Zusicherungen des Machthabers unrichtig waren, kann er sich nicht darauf berufen, daß ihm die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden nicht bekannt war.

Damit ist der schriftliche Kaufvertrag mit Zoran G für den Kläger nicht verbindlich geschlossen worden. Auch der Beklagten konnte Zoran G nicht mehr Rechte verschaffen, weil er nie bücherlicher Eigentümer wurde und die Beklagte daher kein Vertrauen auf den Buchstand in Anspruch nehmen kann.

Soweit im Vertrag Zoran G Liegenschaftsanteile des Siegfried D kaufte, ist den Vorinstanzen beizupflichten, daß es sich hier nicht um das Problem der Doppelveräußerung von Liegenschaftsanteilen handelt. In Wahrheit hatte nicht Siegfried D zuerst seine restlichen Anteile an der Liegenschaft am 3.12.1976 an den Kläger und daraus die 200/20.000 Anteile am 10.9.1979 und 11.9.1979 neuerlich an Zoran G verkauft. Sowohl Dr.Max B als auch Zoran G wußten, daß die

restlichen Anteile des Siegfried D an den Kläger verkauft worden waren. Dr.Max B wählte die Vertragsgestaltung, daß Zoran G von beiden Hälfteeigentümern je 200/20.000 Anteile erwarb, weil der frühere, ihm bekannte Vertrag noch nicht zur Einverleibung des Eigentums des Klägers geführt hatte. Dies geschah erst mit 30.11.1979. Um aber die Verbücherung des am 10.9.1979 und 11.9.1979 mit Zoran G geschlossenen Kaufvertrages und des Kaufvertrages mit der Beklagten vom 4.10.1979 gemäß § 22 GBG mit Nachweisung des Vormannes im Range der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung sicherzustellen, mußten als Verkäufer beide Hälfteeigentümer aufscheinen, obwohl den Beteiligten klar war, daß zu diesem Zeitpunkt nur mehr der Kläger über den Kaufgegenstand verfügen konnte. Damit fällt mit der Unwirksamkeit des Verkaufes der Anteile des Klägers auch die Veräußerung der Anteile des Siegfried D, mag auch Dr.Max B noch im Besitz einer nicht

widerrufenen Vollmacht dieses früheren Partners des Klägers gewesen sein.

Bei der Entscheidung über die bücherliche Löschungsklage ist ohne Bedeutung, ob und zu welchem Zeitpunkt von welcher Person dem Zoran G unverbindliche Andeutungen gemacht wurden, er könne die Anteile kaufen, sobald er österreichischer Staatsbürger sei, ja selbst, ob mündliche Abreden getroffen wurden, daß der zunächst gescheiterte Kauf erneuert werde. Der zur bücherlichen Einverleibung errichtete Vertrag war unwirksam und die darauf gestützte bücherliche Einverleibung verletzte das Eigentum des Klägers. Zoran G und als Nachmann die Beklagte konnten zwar mit Vorlage der Rangordnungsbescheide erreichen, daß die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers auf den Anteilen des Siegfried D als Zwischeneintragung zwischen der Rangordnungsanmerkung und der darauf folgenden Einverleibung des Eigentums gelöscht wurde, der Eigentumserwerb wird jedoch nicht rückbezogen.

Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher auch berechtigt und führt zur Abänderung der Urteile der Vorinstanzen und zur Stattgebung der Löschungsklage, ohne daß auf die weiteren Ausführungen der Parteien einzugehen ist. Es kommt vor allem weder darauf an, ob der Kläger ein erfahrener Grundstückshändler ist und ob der inzwischen am 5.5.1983 verstorbene Rechtsanwalt Dr.Max B die ihm aufgetragenen Geschäfte des Klägers mit Eifer und Umsicht oder, wie der Kläger meint, bedenklich besorgte und worin die Ursachen für die im Zusammenhang mit der Ausführung des Geschäftes entstandenen Streitfälle lagen. Nach dem Ergebnis dieses mit großem Aufwand geführten Prozesses wird eine Rückabwicklung der unwirksamen Geschäfte stattzufinden haben, die jedoch in diesem nur der Wiederherstellung des Buchstandes vor der wirksam bekämpften Einverleibung des Eigentumsrechtes der Beklagten dienenden Rechtsstreit nicht zu erörtern ist. Insbesondere kommt eine Zug um Zug Verurteilung nicht in Betracht. Die Beklagte muß das von ihr Geleistete von den Personen einfordern, denen es zugekommen ist. Die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen und das Obsiegen des Klägers im Rechtsstreit führen dazu, daß die Beklagte dem Kläger alle zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Prozeßkosten zu ersetzen hat (§ 41 und § 50 ZPO). Dazu zählen jedoch weder die Kosten der Sammlung des Prozeßstoffes noch die der Vorbereitung der Klage, so daß die im ersten Rechtsgang verzeichneten vorprozessualen Kosten nicht zu ersetzen sind. Weder der Umfang noch die Schwierigkeit des Prozeßgegenstandes rechtfertigen schließlich die Überschreitung der Ansätze des Rechtsanwaltstarifes nach § 21 Abs.1 RATG. Die gesonderte Anführung der Gründe, warum die Revision entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig sei (§ 506 Abs.1 Z 5 ZPO), kann, weil ohnedies nur eine kurze Bezeichnung der Anfechtungsgründe verlangt wird, nicht als nach Art und Umfang den Durchschnitt erheblich übersteigende Leistung des Rechtsanwaltes honoriert werden. Der Rechtsanwaltstarif sieht durch die Streitwertabhängigkeit und die Entlohnung nach Einzelleistungen ohnedies ausreichend die Berücksichtigung der Mühe bei der Erbringung der Leistungen vor. Der Fall ist nicht so erheblich von anderen abgehoben, daß ein Zuschlag nach § 21 Abs.1 RATG gerechtfertigt ist.

Damit ergeben sich die von der Beklagten - der Nebenintervenient

ist nicht kostenersatzpflichtig (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 403),

hat aber ebenso wie die Beklagte die eigenen Kosten nach den §§ 40

und 50 ZPO selbst zu tragen - dem Kläger zu ersetzenden Kosten

dieses Rechtsstreites mit

S 135.798,16       im ersten Rechtsgang in erster Instanz,

S  19.290,16       im ersten Berufungsverfahren,

S  28.046,63       im zweiten Rechtsgang in erster Instanz,

S  16.296,27       im zweiten Berufungsverfahren und

S  14.123,94       im Revisionsverfahren, und zusammen mit

S 213.555,16.

Alle weiteren Kosten haben die Parteien selbst zu tragen, im Spruch ist jedoch nur der Ausspruch über die Auferlegung des Kostenersatzes vorzunehmen.

Anmerkung

E07055

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00609.85.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19851217_OGH0002_0050OB00609_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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