TE OGH 1986/1/9 8Ob580/85

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Veröffentlicht am 09.01.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Zell am Ziller und Umgebung registrierte Genossenschaft m.b.H., 6280 Zell am Ziller, vertreten durch Dr. Franz Wallentin, Rechtsanwalt in Zell am Ziller, wider die beklagten Parteien 1) Theresia L***, Hausfrau, 6283 Ramsberg 27, und 2) Gertraud T***, Geschäftsfrau, 6294 Hintertux 585, beide vertreten durch Dr.Walter Anderl, Rechtsanwalt in Mayrhofen, wegen Anfechtung (S 1,781.254,--), Revisionsstreitwert S 1,611.334,30, infolge Revision der erstbeklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 26.April 1984, GZ. 2 R 89/84-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27.Dezember 1983, GZ. 10 Cg 131/83-14, bestätigt wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.949,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 2400,-- und Umsatzsteuer von S 1.504,50) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstbeklagte ist die Ehefrau des Franz L***; die Zweitbeklagte und Johann L*** sind eheliche Kinder des Franz L*** und der Erstbeklagten.

Am 24.Mai 1977 nahmen Johann L*** und dessen Gattin Christine bei der Klägerin ein Darlehen in Höhe von S 1,950.000,-- auf, wobei zur Sicherung der Forderung der Klägerin auf einer in Zellberg-Eben befindlichen Liegenschaft der Christine L*** eine Hypothek eingetragen wurde. Gleichzeitig übernahm Franz L*** mit Bürgschaftsvertrag vom 24.Mai 1977 die Haftung als Bürge und Zahler im Sinne des § 1357 ABGB zur Sicherung aller Forderungen des Kreditgebers aus diesem Darlehensvertrag

Am 3.August 1979 nahm Johann L*** bei der Klägerin einen Betriebskontokorrentkredit im Höchstbetrag von S 390.000,-- auf, wobei Franz und Christine L*** mit Bürgschaftsvertrag vom gleichen Tag zur ungeteilten Hand die Haftung als Bürge und Zahler im Sinne des § 1357 ABGB zur Sicherstellung aller Forderungen des Kreditgebers aus diesem Kreditvertrag übernahmen.

Am 7.September 1981 nahm schließlich Johann L*** bei der Klägerin neuerlich einen Kontokorrentkredit im Höchstbetrag von S 700.000,-- auf, wobei wiederum Franz und Christine L*** mit Bürgschaftsvertrag vom gleichen Tag zur ungeteilten Hand die Haftung als Bürge und Zahler im Sinne des § 1357 ABGB zur Sicherstellung aller Forderungen des Kreditgebers aus diesem Kreditvertrag übernahmen.

In den Kreditverträgen verzichteten die Bürgen auf die Geltendmachung der ihnen als Bürgen nach dem Gesetz gegebenen Einreden und auf die Einrede der Aufrechnung.

Zur Sicherstellung der Klägerin hinterlegten die Bürgen von ihnen unterfertigte Blankowechsel.

Am 20.September 1982 schlossen Franz L*** einerseits und die beiden Beklagten andererseits eine als Schenkungsvertrag bezeichnete schriftliche Vereinbarung, deren wesentliche Punkte wie folgt lauteten:

"I.

Franz L*** ist Eigentümer der EZ 29 II KG Ramsberg. Diese Liegenschaft mit ihrem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör ist Gegenstand dieses Vertrages und wird im folgenden kurz als Vertragsgegenstand bezeichnet.

II.

Franz L*** überträgt sohin schenkungsweise die in I. näher bezeichnete Liegenschaft an Theresia L*** und Gertraud T*** je zur Hälfte in deren Eigentum, welche die Schenkung dankend annehmen."

Als die Klägerin von diesem Schenkungsvertrag erfuhr, füllte sie die anläßlich der Errichtung der Bürgschaftsverträge unterzeichneten Blankowechsel aus und brachte am 16.Dezember 1982 beim Landesgericht Innsbruck zwei Wechselklagen ein. Mit Beschluß dieses Gerichtes vom 17. Dezember 1982, 10 Cg 799/82, wurde auf Grund des Wechsels vom 13. Dezember 1982 Johann, Christine und Franz L*** als Akzeptanten zur ungeteilten Hand aufgetragen, an die Klägerin die Wechselsumme von S 1,366.150,-- s.A. zu bezahlen. Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 17.Dezember 1982, 10 Cg 800/82, wurde auf Grund des Wechsels vom 13.Dezember 1982 Johann, Christine und Franz L*** als Akzeptanten zur ungeteilten Hand aufgetragen, an die Klägerin S 781.510,-- s.A. zu bezahlen. Beide Wechselzahlungsaufträge sind in Rechtskraft erwachsen. Im vorliegenden Rechtsstreit (die Klage wurde am 8.März 1983 eingebracht) stellte die Klägerin aus dem Rechtsgrund der Anfechtung des von Franz L*** mit den beiden Beklagten geschlossenen Vertrages vom 20.September 1982 zuletzt das Begehren, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Exekution auf die Liegenschaft EZ 29 II KG Ramsberg zu Gunsten der Forderung der Klägerin von

S 1,781.254,-- s.A. auf Grund der rechtskräftigen Wechselzahlungsaufträge 10 Cg 799/82 und 10 Cg 800/82 des Landesgerichtes Innsbruck zu dulden; die Beklagten könnten sich von dieser Verpflichtung durch Zahlung eines Betrages von

S 1,920.897,-- s.A. und Zahlung der Prozeßkosten befreien. Die Klägerin begründete ihr Begehren im wesentlichen damit, sie habe Franz L*** bei Abschluß der Bürgschaftsverträge als tauglichen Bürgen deshalb anerkannt, weil er Eigentümer der Liegenschaft EZ 29 II KG Ramsberg gewesen sei. Durch den Schenkungsvertrag vom 20.September 1982 habe Franz L*** der Klägerin die Möglichkeit genommen, sich durch Exekutionsführung in seinen Liegenschaftsbesitz zu befriedigen. Diese Schenkung diene nur zur Rettung des Grundbesitzes des Franz L***. Dieser schulde der Klägerin auf Grund der gegen ihn ergangenen Wechselzahlungsaufträge

S 1,781.254,-- s.A.

Die Erstbeklagte wendete im wesentlichen ein, die Übertragung des Hälfteanteiles an der Liegenschaft EZ 29 II KG Ramsberg an sie sei zur Befriedigung ihres Anspruches auf angemessene Abgeltung ihrer Mitwirkung im gemeinsamen Erwerb im Sinne des § 98 ABGB erfolgt. Die Erstbeklagte habe in der Zeit von 1954 bis 1974 als Geschäftsführerin das Schuhgeschäft des Franz L*** geführt, daneben auch seit 1954 dessen Pensionsbetrieb. Für diese Tätigkeit habe sie nie einen Lohn erhalten, sodaß zur Abgeltung ihrer Lohnansprüche in der Höhe von S 1,420.000,-- die Übertragung des Hälfteanteiles an der Liegenschaft des Franz L*** erfolgt sei. Dies sei bereits seit langem zwischen den Ehegatten vereinbart gewesen.

Zum Zeitpunkt der Errichtung des Schenkungsvertrages sei weder Franz L*** noch den Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Johann L*** bekannt gewesen.

Dem entgegnete die Klägerin, daß die angeblichen Lohnforderungen der Erstbeklagten längst verjährt seien. Es könne weder eine gesetzliche noch eine sittliche Verpflichtung sein, verjährte Lohnforderungen durch einen Schenkungsvertrag zu erfüllen. Den Beklagten sei auch bekannt gewesen, daß die Liegenschaftsübertragung nur zum Zweck der Schädigung der Gläubiger des Franz L*** erfolgt sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zu Gunsten einer Forderung der Klägerin von S 1,611.334,30 s.A. statt und wies es, soweit es in Ansehung der weiteren Forderung der Klägerin von S 169.919,70 s.A. gestellt wurde, ab; es räumte den Beklagten im Sinne des Antrages der Klägerin die Befugnis ein, sich von der ihnen auferlegten Verpflichtung durch Zahlung von S 1,920.897,-- s.A. und Zahlung der Prozeßkosten dieses Verfahrens zu befreien.

Das Erstgericht stellte, soweit für die im Revisionsverfahren noch zu beurteilenden Fragen von Interesse, im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Franz L***, der die Erstbeklagte 1947 heiratete, übernahm 1954 von seinem Vater das Schuhgeschäft in Ramsau. Damals war auch noch der Bruder des Franz L***, Egon L***, Hälfteeigentümer des Schuhgeschäftes. Dieser wurde in der Folge von Franz L*** abgefunden und übertrug dann seinen Hälfteanteil an Franz L***. Von 1954 bis Ende 1973 arbeitete die Erstbeklagte allein als Verkäuferin im Schugeschäft, da Franz L*** während der ganzen Woche als Versicherungsvertreter unterwegs war. Die Erstbeklagte erhielt für ihre Arbeit nie einen Lohn; Franz L*** bestritt jedoch für sie den Unterhalt.

Die Erstbeklagte besorgte danebenetwa ab 1954 auch eine ebenfalls Franz L*** gehörende Fremdenpension, in der er in der Winter- und Sommersaison Fremdenbetten vermietete, und zwar bis 1960 fünf Betten, danach acht Betten. Auch für diese Tätigkeit erhielt die Erstbeklagte keinen Lohn.

Die erzielten Gewinne aus dem Schuhgeschäft und der Fremdenzimmervermietung wurden vorerst zur Abdeckung der übernommenen Schulden bei Übergabe des Schuhgeschäftes und zur Abfindung des Bruders des Franz L*** für dessen Hälfteanteil am Schuhgeschäft und später zu Renovierungsarbeiten verwendet. Franz L*** erklärte den Beklagten, sie würden einmal die Hälfte des Hauses bekommen, wobei er dies hinsichtlich der Erstbeklagten damit begründete, daß sie im Betrieb arbeitete. Im Jänner 1974 übergab Franz L*** sein Schuhgeschäft samt Lager an seinen Sohn Johann L***, der bereits 1969 nach seiner Verehelichung mit Christine L*** aus dem Elternhaus ausgezogen war. Zu diesem Zeitpunkt war der Betrieb schuldenfrei. In den Jahren 1977, 1979 und 1981 wurden die eingangs erwähnten Bürgschaftsverträge abgeschlossen. Franz L*** wurde von der Klägerin deshalb als Bürge akzeptiert, weil er über beträchtliches Vermögen in Form seiner Liegenschaft samt Haus in EZ 29 II KG Ramsberg verfügte.

Vom Abschluß des ersten Bürgschaftsvertrages erfuhr damals auch die Erstbeklagte durch Franz L***. Ob sie vom Abschluß der beiden anderen Bürgschaftsverträge erfuhr, steht nicht fest. Johann L*** hatte ab 1981 zunehmend mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, um seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. In diesem Jahr waren erstmals 6 Exekutionsverfahren gegen ihn anhängig, die jedoch infolge Zahlung jeweils eingestellt wurden. Im Jahr 1982 vermehrten sich die Exekutionsverfahren, wobei die meisten Verfahren noch infolge Zahlung eingestellt werden konnten. Einige Forderungen konnten jedoch nicht mehr beglichen werden. So kam es bereits am 19.Februar 1982 zur Pfändung des PKW des Johann L***, der auch versteigert wurde.

Im September 1982 begab sich Franz L*** zum Beklagtenvertreter und teilte diesem seine Absicht mit, beiden Beklagten seine Liegenschaft EZ 29 II KG Ramsberg zu übergeben. Dabei erklärte er unter anderem, daß er dies hinsichtlich der Erstbeklagten deshalb tue, weil sie immer mitgearbeitet habe. Ob Franz L*** hinsichtlich der Erstbeklagten auch erbrechtliche Ansprüche als Grund für die Übertragung des Hälfteanteiles angab, steht nicht fest.

In der Folge kam es zum Abschluß des Schenkungsvertrages vom 20. September 1982. Die Liegenschaft hatte damals einen Wert von zumindest S 1,000.000.--.

Ob Franz L*** und die Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Schenkungsvertrages von den Zahlungsschwierigkeiten des Johann L*** und von den Exekutionsverfahren gegen diesen wußten, steht nicht fest. Beide Beklagte wußten jedoch, daß die Liegenschaft EZ 29 II KG Ramsberg neben einem PKW der einzige Vermögenswert des Franz L*** war.

Im Februar 1983 schenkte Franz L*** der Erstbeklagten seinen PKW BMW 518, obwohl die Erstbeklagte keinen Führerschein besitzt. Einen Grund für diese Schenkung gaben weder Franz L*** noch die Erstbeklagte bekannt.

Anfang April 1983 wurde über das Vermögen des Johann L*** das Konkursverfahren eröffnet.

Die Höhe der offenen Forderungen der Klägerin gegen Franz L*** auf Grund der ergangenen Wechselzahlungsaufträge wurde vom Erstgericht mit S 1,611.334,30 s.A. festgestellt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen gegeben seien. Die Forderungen der Klägerin stünden auf Grund der rechtskräftigen Wechselzahlungsaufträge fest; sie seien bei Franz L*** schon deshalb uneinbringlich, weil dieser nach Übergabe der Liegenschaft und des PKW über kein Vermögen mehr verfüge.

Hinsichtlich der Erstbeklagten sei der Tatbestand des § 2 Z.2 AnfO erfüllt. Wenn auch Franz L*** durch die Übertragung des Liegenschaftsanteiles die Erstbeklagte primär für ihre Mitarbeit in seinem Schuhgeschäft abfinden habe wollen, sei die Benachteiligungsabsicht dennoch zu bejahen, weil diese nicht erst dann gegeben sei, wenn der Schuldner durch seine Rechtshandlung geradezu die Verkürzung des Gläubigers beabsichtige. Es genüge vielmehr das Bewußtsein, daß hiedurch der Gläubiger benachteiligt werde oder benachteiligt werden könne. Dieses Bewußtsein werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß Franz L*** mit der Übertragung den Zweck der Abfindung der Erstbeklagten für ihre Mitarbeit verfolgt habe. Es hätten noch ganz besondere Umstände hinzutreten müssen, um den Schluß zu rechtfertigen, Franz L*** sei sich bei der Übertragung nicht bewußt gewesen, durch die Veräußerung seines einzigen Vermögensobjektes die Klägerin zu schädigen. Beweispflichtig hiefür wäre die Erstbeklagte gewesen, die diesen Beweis jedoch nicht erbringen habe können. Ihr sei auch bekannt gewesen, daß Franz L*** als Bürge für eine Forderung der Klägerin gegen Hans und Christine L*** haftete. Da sie auch gewußt habe, daß das einzige Vermögensobjekt neben einem PKW die hier in Frage stehende Liegenschaft gewesen sei, hätte sie anläßlich der Errichtung des Schenkungsvertrages Nachforschungen darüber anstellen müssen, ob und inwieweit nicht Franz L*** auf Grund der übernommenen Bürgschaft in Anspruch genommen werden könnte. Dieses Unterlassen sei der Erstbeklagten als Fahrlässigkeit anzulasten, womit aber ihre Gutgläubigkeit ausgeschlossen sei.

Bei einer Alternativermächtigung könne die Höhe des Befreiungsbetrages nicht auf seine Angemessenheit überprüft werden, weshalb dieser auch nicht entsprechend der Einschränkung der Klagsforderung herabgesetzt habe werden können.

Dieses Urteil blieb in seinem klagsabweisenden Teil unbekämpft. Von der Erstbeklagten wurde es im Umfang der Stattgebung des gegen sie gerichteten Klagebegehrens mit Berufung bekämpft, von der Zweitbeklagten nur im Umfang der ihr eingeräumten Lösungsbefugnis. Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil der Berufung der Beklagten keine Folge. Es sprach unter anderem aus, daß der Wert des die Erstbeklagte betreffenden Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, Voraussetzung für die Einzelanfechtung sei die im Zeitpunkt der Erhebung der Klage bestehende Befriedigungsverletzung des Anspruchsberechtigten und die im Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses bestehende Befriedigungstauglichkeit. Befriedigungsverletzung setze das Bestehen einer vollstreckbaren Forderung gegen den Schuldner voraus, zu deren Hereinbringung der Berechtigte ergebnislos Exekution geführt habe bzw. für deren Einbringlichkeit keine Aussicht bestehe. Diese Voraussetzungen seien im Hinblick auf die rechtskräftigen Wechselzahlungsaufträge und die Tatsache, daß Franz L*** nach Übergabe seiner Liegenschaft und seines PKW über keinerlei Vermögen mehr verfüge, zu bejahen. Auch die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung sei im Hinblick auf die Feststellung des Wertes der Liegenschaft im Zeitpunkt des Schenkungsvertrages mit zumindest S 1,000.000,-- zu bejahen; Belastungen dieser Liegenschaft seien nicht behauptet worden. Befriedigungstauglichkeit sei immer dann zu bejahen, wenn der Anspruch durch die Anfechtung zumindest teilweise befriedigt werden könne, wobei schon die Wahrscheinlichkeit für die Annahme der Befriedigungsverbesserung genüge.

Der Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Anfechtungstatbestand des § 2 Z.3 AnfO erfüllt sei, halte die Erstbeklagte zunächst lediglich entgegen, daß die Benachteiligungsabsicht des Franz L*** deshalb nicht ohne weiteres angenommen werden könne, weil der Anspruch der Erstbeklagten auf Übertragung der Liegenschaftshälfte bereits zu jenem Zeitpunkt bestanden habe, als Franz L*** seine Verpflichtung gegenüber der Klägerin als Bürge und Zahler im Jahr 1977 eingegangen sei. Dieser auf die Entscheidung SZ 18/21 gestützten Rechtsansicht sei zunächst entgegenzuhalten, daß Gegenstand der Anfechtung im vorliegenden Fall nicht die Befriedigung oder Sicherstellung einer älteren Forderung, sondern die Übertragung des Hälfteeigentums der Liegenschaft des Franz L*** an die Erstbeklagte sei. Davon abgesehen stütze die Erstbeklagte ihre Einwendungen gegen das Klagebegehren ausdrücklich darauf, die Übertragung des Hälfteanteiles sei zur Befriedigung ihres Anspruches auf angemessene Abgeltung ihrer Mitwirkung am gemeinsamen Erwerb im Sinne des § 98 ABGB erfolgt und nicht etwa auf ein gemeinsames Zusammenwirken zum gemeinsamen (gleichteiligen) Erwerb dieser Liegenschaft (§§ 1175 ff ABGB). Nun räume aber § 98 ABGB dem Ehegatten, der am Erwerb des anderen mitgewirkt habe, lediglich einen Anspruch auf angemessene Abgeltung dieser Mitwirkung ein. Mit dieser Formulierung werde auf das familienhafte Wesen dieses Abgeltungsanspruches Bedacht genommen. Der mitwirkende Ehegatte habe keinen Anspruch auf Entlohnung, da durch die Mitwirkung kein Dienstverhältnis entstehe. Die Kriterien für die Höhe des Abgeltungsanspruches seien mannigfaltig und richteten sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Der Anspruch auf angemessene Entlohnung beinhalte aber keinen Anspruch auf Übertragung einer Liegenschaft oder eines ideellen Anteiles daran. Feststellungen zur Höhe des Abgeltungsanspruches der Erstbeklagten gegenüber ihrem Ehegatten seien daher entbehrlich.

Auch der Einwand der Erstbeklagten, von einer objektiven Benachteiligung könne deshalb nicht mehr gesprochen werden, weil hinsichtlich der Zweitbeklagten das Urteil des Erstgerichtes in Rechtskraft erwachsen sei, sei unberechtigt. Die Zweitbeklagte habe bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz das Klagebegehren bestritten. Die Überprüfung der Entscheidung des Erstgerichtes habe auf der Grundlage zu erfolgen, wie sich der Sachverhalt dem Erstgericht bei Schluß der mündlichen Verhandlung dargestellt habe. Daran gehe dieser Einwand der Erstbeklagten vorbei; er stelle sich als unzulässige Neuerung dar. Davon abgesehen käme ihm auch inhaltlich mit Rücksicht auf den festgestellten Wert der Gesamtliegenschaft und die Höhe der Forderung der Klägerin keine Berechtigung zu.

Der Tatbestand des § 2 Z.3 AnfO sei nach den getroffenen Feststellungen erfüllt. Diese Gesetzesstelle gehe davon aus, daß dem Schuldner eine Benachteiligungsabsicht zur Last liege und daher der positive Beweis erbracht werden müsse, daß der Schuldner diese Absicht nicht hatte. Es müßten positive Tatsachen vorliegen, die den Schluß auf eine unverschuldete Unkenntnis gestatteten. Dieser Beweis sei der hiefür beweispflichtigen Erstbeklagten nicht gelungen, zumal jeder Zweifel und somit im vorliegenden Fall die getroffenen Negativfeststellungen sich zum Nachteil des Anfechtungsgegners auswirkten.

Das Anerbieten, eine bestimmte Geldsumme anstelle der im Urteil zuerkannten Leistung annehmen zu wollen, werde nicht Streitgegenstand des Rechtsstreites; die Höhe des freigestellten Geldbetrages sei im Rechtsstreit nicht auf seine Angemessenheit zu prüfen und könne auch nicht ermäßigt werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Erstbeklagten. Sie bekämpft es aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das gegen sie gerichtete Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs.3 ZPO). Aber auch der Rechtsrüge der Erstbeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der im § 2 Z.3 AnfO normierte Anfechtungstatbestand ist dadurch charakterisiert, daß die Benachteilungsabsicht des Schuldners vom Gesetz vermutet wird; dem Anfechtungsgegner obliegt der Beweis, daß der Schuldner diese Absicht nicht hatte bzw. daß der Anfechtungsgegner eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder kannte noch kennen mußte. Es obliegt dem Anfechtungsgegner, das Vorliegen positiver Tatsachen nachzuweisen, aus denen auf eine mangelnde Benachteiligungsabsicht des Schuldners bzw. die unverschuldete Unkenntnis des Anfechtungsgegners geschlossen werden kann. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Anfechtungsgegners (JBl.1956,211; JBl.1958,184; 1 Ob 752/76; JBl.1979,603 ua.). Davon ausgehend haben die Vorinstanzen das Vorliegen dieses Anfechtungstatbestandes in Ansehung der Erstbeklagten auf Grund der getroffenen Feststellungen (insbesondere der zu Lasten der Erstbeklagten gehenden Negativfeststellungen) mit Recht bejaht. Wenn die Erstbeklagte in ihrem Rechtsmittel zunächst in Zweifel zieht, daß die Klägerin durch das angefochtene Rechtsgeschäft überhaupt objektiv benachteiligt wurde, ist ihr zu entgegnen, daß eine Benachteiligung eines Gläubigers im Sinne des § 2 AnfO immer dann gegeben ist, wenn ohne das geschlossene Rechtsgeschäft bzw. durch dessen Rückgängigmachung für den Gläubiger eine bessere Lage geschaffen wäre (EvBl1966/285; 1 Ob 515/82; 4 Ob 581/82 ua.). Daß die Durchsetzbarkeit der vollstreckbaren Forderung der Klägerin gegen Franz L*** durch die Veräußerung seiner praktisch sein gesamtes Vermögen darstellenden Liegenschaft an die beiden Beklagten zumindest erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wurde, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Auch der Einwand der Erstbeklagten, die Voraussetzungen des § 2 Z.3 AnfO seien nicht gegeben, weil Franz L*** mit der Übertragung einer Hälfte seiner Liegenschaft an sie nur eine gegenüber der Forderung der Klägerin ältere richtige Forderung erfüllt habe, der gegenüber eben die Forderung der Klägerin zurückstehen müsse, ist nicht berechtigt.

Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, daß Franz L*** mit der hier in Frage stehenden Übertragung eines Hälfteanteiles an seiner Liegenschaft an die Erstbeklagte nur eine richtige und fällige Schuld erfüllte, ist damit für die Erstbeklagte nichts gewonnen, weil zu den anfechtbaren Rechtshandlungen im Sinne des § 2 AnfO auch solche zählen, die die Erfüllung einer richtigen und fälligen Schuld zum Gegenstand haben, wenn sie in der dem anderen bekannten Absicht, Gläubiger des erfüllenden Schuldners zu benachteiligen, vorgenommen wurden. Daß es sich hier um die Erfüllung einer Schuldverpflichtung außerhalb eines Konkurses handelt, vermag daran nichts zu ändern. Denn auch in einem solchen Fall ist eine derartige Erfüllungshandlung anfechtbar, wenn nach den konkreten Umständen darin eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger liegt und eine Benachteiligungsabsicht vorhanden war (BankArch.1958,62; 8 Ob 265/68; 6 Ob 221/71). Damit stehen die in SZ 9/96 und SZ 18/21 veröffentlichten Entscheidungen nicht im Widerspruch. Dort wird zwar unter anderem gesagt, daß außerhalb des Konkurses noch nicht von einer Benachteiligung gesprochen werden kann, wenn infolge Befriedigung einer älteren richtigen Forderung eine jüngere Forderung nicht mehr zum Zug kommen kann. Es wird aber auch in diesen Entscheidungen daran festgehalten, daß auch außerhalb des Konkurses eine der Bestimmung des § 2 AnfO entsprechende Benachteiligung in Betracht kommen kann, wenn nämlich die konkreten Umstände des Falles die Annahme einer solchen Benachteiligung gerechtfertigt erscheinen lassen (8 Ob 265/68).

Diesem Erfordernis ist im vorliegenden Fall genügt. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen erfolgte die Veräußerung der Liegenschaft des Franz L*** an die Beklagten zu einem Zeitpunkt, als Johann L*** bereits mehrfach von Exekutionen verfolgt wurde, deren Einstellung durch Zahlung er nicht mehr erreichen konnte. Daß Franz L*** unter diesen Umständen damit rechnen mußte, von der Klägerin als Bürge und Zahler für die dem Johann L*** gewährten Kredite in Anspruch genommen zu werden, bedarf keiner weiteren Erörterung. Da es sich bei der veräußerten Liegenschaft praktisch um das gesamte Vermögen des Franz L*** handelte (seinen PKW, der im übrigen zur Befriedigung der zu erwartenden Forderungen der Klägerin in keiner Weise ausgereicht hätte, schenkte Franz L*** der Erstbeklagten, die keinen Führerschein hatte, im Februar 1983), mußte Franz L*** und den Beklagten klar sein, daß nach der Übertragung des Eigentums an dieser Liegenschaft auf die Beklagten die Klägerin ihren Anspruch gegen den Gatten der Erstbeklagten nicht werde durchsetzen können. Irgendwelche konkrete Umstände, aus denen zu schließen wäre, daß Franz L*** bei der Übertragung des Eigentumsrechtes an seiner Liegenschaft an die Beklagten nicht in der Absicht handelte, die Klägerin zu benachteiligen oder daß eine derartige Absicht den Beklagten weder bekannt war noch bekannt sein mußte, wurden von den beweispflichtigen Beklagten nicht nachgewiesen. Die konkreten Umstände des Falles lassen daher durchaus die Voraussetzungen der Anfechtung im Sinne des § 2 Z.3 AnfO als gegeben erscheinen. Die weitere Einwendung der Erstbeklagten, die Übertragung der Liegenschaftshälfte an sie sei deswegen nicht anfechtbar, weil die Übertragung der anderen Liegenschaftshälfte an die Zweitbeklagte mit Erfolg angefochten worden sei und überdies die Klägerin von der Hauptschuldnerin Christine L*** in einem solchen Ausmaß Befriedigung erhalten könne, daß eine allenfalls verbleibende Restforderung aus der der Zweitbeklagten übertragenen Liegenschaftshälfte befriedigt werden könne, vernachlässigt einerseits, daß nur die Sachlage zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz für die zu treffende Entscheidung maßgeblich sein kann und andererseits, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Klägerin gegen Franz L*** auf Grund der ergangenen Wechselzahlungsaufträge eine offene vollstreckbare Forderung in der Höhe von S 1,611.334,30 s.A. zusteht. Soweit sich letztlich die Revision der Erstbeklagten gegen die Höhe der eingeräumten Lösgungsbefugnis im Sinne des § 410 ZPO richtet, ist ihr lediglich zu entgegnen, daß es sich bei einem derartigen Ausspruch um keine Entscheidung handelt, die mit einem Rechtsmittel angefochten werden könnte (Fasching Zivilprozeßrecht Rdz.1386; RSp.1930/240 ua.).

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht der Sach- und Rechtslage. Der Revision der Erstbeklagten mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO

Anmerkung

E07363

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00580.85.0109.000

Dokumentnummer

JJT_19860109_OGH0002_0080OB00580_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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