TE OGH 1986/1/15 1Ob701/85

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Veröffentlicht am 15.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann A, Landwirt, Biedermannsdorf, Ortsstraße 25, vertreten durch Dr. Viktor Wolczik, Rechtsanwalt in Baden, wider die beklagte Partei Josef A, Landwirt, Biedermannsdorf, Ortsstraße 28, vertreten durch Dr. Ferdinand Pieler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,056.885,90 samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Juli 1985, GZ 16 R 290/84-51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 10. August 1984, GZ 39 f Cg 376/81-44, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind Brüder. Mit Übergabsvertrag vom 7. Dezember 1966 übergab Maria Magdalena A dem Beklagten und seiner Ehegattin Leokadia A ihre aus den Liegenschaften EZ 62, 146, 309, 313, 412 KG Biedermannsdorf und EZ 78 KG Hennersdorf bestehende Landwirtschaft mit dem Anwesen Biedermannsdorf, Ortsstraße 28. Als Abtretungspreis war ein Betrag von S 100.000 vereinbart, den der Beklagte und seine Ehegattin an Gertrude B, die Schwester der Streitteile, auszuzahlen hatten. Der Übergeberin war ein lebenslängliches unentgeltliches Ausgedinge zu leisten. Dieses bestand aus einem Wohnrecht mit Heizung und Beleuchtung, freier Kost einschließlich Diätverpflegung und einem wertgesicherten monatlich zu leistenden Taschengeld in der Höhe von S 500. Die Übernehmer hatten weiters Kredite in der Höhe von S 143.439 zur Rückzahlung zu übernehmen. Unter den in der KG Biedermannsdorf übergebenen Grundstücken befand sich auch das Grundstück 310 Acker. Dieses Grundstück verkauften der Beklagte und seine Ehegattin mit Vertrag vom 21. Jänner 1974 an die "Wohnungseigentümer" CÜD WOHNBAU-GesmbH um den Preis von S 4,670.440. Maria Magdalena A verstarb am 20. September 1978. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 29. September 1979, 2 A 446/78-5, wurde ihr aus Aktiven von S 8.027 bestehender Nachlaß auf Abschlag der Forderungen an bezahlten Leichenkosten dem Beklagten überlassen. Zum Todeszeitpunkt hatten die verbliebenen übergebenen Liegenschaften einen Gesamtwert von S 9,227.670. Die Aufwendungen des Beklagten und seiner Ehegattin aus dem Übergabsvertrag für das zu leistende Ausgedinge betrugen zum Übergabstag S 315.000.

Der Kläger begehrte zuletzt den Zuspruch des Betrages von S 1,121.186 samt Anhang bei sonstiger Exekution in die Liegenschaften EZ 62, 146, 309, 313, 412 KG Biedermannsdorf und EZ 78 KG Hennersdorf. Der Übergabsvertrag vom 7. Dezember 1966 habe überwiegend Schenkungscharakter gehabt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. Walter LÜE habe der Wert der übergebenen Liegenschaften (zum Todestag) einschließlich des Verkaufserlöses des Grundstückes 310 S 13,906.770 betragen. Dem stünden Gegenleistungen von S 315.000 an Ausgedinge und S 130.439 an Kreditrückzahlungen gegenüber. Die Hälfte, die auf den Beklagten als Schenkung entfalle, betrage S 6,730.665; der Pflichtteil des Klägers, um den er verkürzt worden sei, ergebe den Klagsbetrag. Der Kläger habe auf Pflichtteilsansprüche nie verzichtet. Der Beklagte wendete ein, der Übergabsvertrag vom 7. Dezember 1966 habe keinen Schenkungscharakter gehabt. Der Verkehrswert der Liegenschaften zum Zeitpunkt der Übergabe habe S 1,020.000 betragen, der Wert sämtlicher Gegenleistungen S 1,250.439. Es sei dabei nicht vom Verkehrswert, sondern vom Wohlbestehenswert auszugehen. Der übergebene Hof sei ein Erbhof im Sinne des Anerbengesetzes.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 1,056.885,90 samt Anhang statt, das Mehrbegehren von S 64.300,10 samt Anhang wies es unangefochten ab. Auch bei Schenkung unbeweglicher Sachen sei aus Gründen der Gleichstellung sämtlicher Kinder das übergebene Gut aufzuwerten. Stelle man die Leistungen der Übergeberin den Leistungen der Übernehmer gegenüber, so erweise sich der Übergabsvertrag als gemischte Schenkung. Auf eine solche deute hin, wenn ein krasses Mißverhältnis zum Übergabswert bestehe, das dem Übergeber bewußt gewesen sein müsse. Von den Grundsätzen des Wohlbestehens der Landwirtschaft könne nicht mehr ausgegangen werden, wenn bloß ein geringer Teil der Landwirtschaft um das Vierfache an barem Geld sämtlicher Ausgedingsleistungen veräußert werde. Es könne nicht angehen, daß der Übernehmer einer bäuerlichen Liegenschaft dann, wenn er frei über diese verfüge, Teile der Liegenschaften zum tatsächlichen Verkehrswert veräußere, hingegen dann, wenn der pflichtteilsberechtigte Noterbe Ansprüche geltend mache, den Wert dieser Landwirtschaft nach den Grundsätzen des Anerbengesetzes beurteilt wissen möchte. Im übrigen seien dem Beklagten nur zum Teil landwirtschaftliche Nutzflächen, zum Teil jedoch auch Bauland und baureifes Land übergeben worden. Es sei daher sehr wohl nach dem Verkehrswert und nicht etwa nach dem Einheitswert oder anderen Grundsätzen eine Bewertung vorzunehmen. Werte man die Gegenleistung der Übernehmer zum Todestag auf, ergebe sich ein Betrag von S 1,224.138. Bei Gegenüberstellung mit dem Verkehrswert zum Zeitpunkt des Todes einschließlich des Verkaufserlöses des Grundstückes 300 KG Biedermannsdorf von S 13,906.770 ergebe sich ein Differenzbetrag von S 12,682.631,50, der als Schenkung zu beurteilen sei. Auf den Beklagten entfiele die Hälfte, das seien S 6,343.315,60. Ein Sechstel davon sei als Pflichtteilsverkürzung dem Kläger zuzusprechen.

Der Beklagte erhob Berufung. In der von ihm beantragten mündlichen Berufungsverhandlung vom 16. Jänner 1985 vereinbarten die Parteien nach Anhörung mit ihren Vorträgen Ruhen des Verfahrens. Für den Fall der Aufnahme des Verfahrens verzichteten beide Teile auf die Fortsetzung der mündlichen Berufungsverhandlung. Nach Ablauf der Ruhensfrist beantragte der Kläger die Fortsetzung des Berufungsverfahrens. Ohne Anberaumung einer weiteren mündlichen Berufungsverhandlung gab das Berufungsgericht der Berufung des Beklagten Folge und wies das gesamte Klagebegehren ab. Es ergänzte auf Grund des im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.Ing. Günther F (dessen Richtigkeit vom Kläger ON 23 bestritten worden war) die Feststellungen des Erstgerichtes dahin, daß der Verkehrswert der übergebenen Liegenschaften zum Zeitpunkt der Übergabe S 1,354.561,50 betragen habe.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, daß ein bäuerlicher Übergabsvertrag im Zweifel keine Schenkung sei. Enthalte er aber entgeltliche und unentgeltliche Elemente, liege eine gemischte Schenkung vor, die bis zur Höhe des Entgeltes als entgeltliches und darüber hinaus als unentgeltliches Geschäft anzusehen sei. Ob eine gemischte Schenkung vorliege, sei nach herrschender Ansicht nicht allein durch einen Vergleich der objektiven Werte von Leistung und Gegenleistung zu beurteilen, sondern danach, ob Schenkungsabsicht vorgelegen sei, ob also die Parteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollten. Sei das Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kraß, so bilde dies insbesondere im Hinblick darauf, daß unter nahen Angehörigen auch eine Verschleierung möglich sei, ein Indiz dafür, daß teilweise Schenkungsabsicht vorgelegen sei. Bei der Beurteilung, wie weit der Übergabsvertrag ein entgeltlicher Vertrag gewesen sei, könne nur der Wert der beiderseits erbrachten Leistungen im Zeitpunkt des Übergabsvertrages berücksichtigt werden. Nachfolgende Ereignisse, insbesondere im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages tatsächlich nicht gegebene Verwertungsmöglichkeiten könnten nicht berücksichtigt werden. Aus dem Unterschied des Wertes von Leistung und Gegenleistung allein könne im vorliegenden Fall auf eine Schenkungsabsicht nicht geschlossen werden. Unangefochten habe das Erstgericht den Wert der Gegenleistungen mit S 545.439 festgestellt. Bei Beurteilung der Frage, inwiefern die Übergeberin in Schenkungsabsicht gehandelt hat, sei jedoch auf das Vorbringen in der Klage zu verweisen, wonach die übernommenen Pfandrechte mit S 200.500 und das Ausgedinge mit jährlich S 50.000 zu bewerten sei. Da nach den hier anzuwendenden Sterbetafeln des Österreichischen Statistischen Zentralamtes die Lebenserwartung der Übergeberin ca. 14 Jahre betragen habe, wäre daher nach dem Vorbringen in der Klage der Wert des Ausgedinges mit S 700.000 und der Gesamtwert der von den Übernehmern zu tragenden Belastungen mit ca. S 1 Mill. anzusetzen. Stelle man diesen Wert der vom Beklagten zu übernehmenden Belastungen, von dem die Partner des Übergabsvertrages mit gutem Grund hätten ausgehen können, dem Wert der übergebenen Liegenschaften von ca. S 1,350.000 gegenüber, könne auf Grund dieses an sich geringfügigen Mißverhältnisses keineswegs geschlossen werden, daß die Partner des Übergabsvertrages eine teilweise gegebene Schenkungsabsicht hätten verschleiern wollen, um den Pflichtteilsberechtigten zu schädigen. Hiezu komme noch, daß es sich bei dem Wert von S 1,350.000 um den Verkehrswert handle, diesem aber bei der Ermittlung des Wertes im Zuge des bäuerlichen Übergabsvertrages übergebener Liegenschaften weniger Aussagekraft zukomme, vielmehr auch bei Grundstücken, die nicht als Erbhof im Sinne des Anerbengesetzes anzusehen seien, die Schätzungsgrundsätze des § 11 AnerbenG anzuwenden seien, wonach darauf zu achten sei, daß der Übernehmer wohl bestehen könne. Der nach dem Anerbengesetz zu ermittelnde Wert liege aber erfahrungsgemäß wesentlich unter dem Verkehrswert.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist berechtigt.

Eine gemischte Schenkung liegt dann vor, wenn die Parteien einen aus entgeltlichen und unentgeltlichen Elementen vermischten Vertrag schließen wollten; wie sich aus § 935 ABGB ergibt, ist entscheidend, ob die vertragschließenden Parteien einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollten, sie sich also des doppelten Charakters des abgeschlossenen Geschäftes als entgeltlichen und unentgeltlichen bewußt gewesen sind (RdW 1984, 43; NZ 1983, 184; SZ 53/167; JBl 1978, 645; SZ 50/101; SZ 49/43 ua; Welser in Rummel, ABGB, § 785; Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 9 zu § 938; Bydlinski in Klang 2 II/2, 191; Ehrenzweig 2 II/1, 367; Koziol-Welser 7 I 185, II 350; Kralik-Ehrenzweig, Erbrecht 3 301, FN 2). Ob eine solche Schenkungsabsicht, deren Beurteilung in das Gebiet der Tatsachenfeststellungen fällt (NZ 1983, 184; SZ 49/43 ua.), vorliegt, kann auch aus einem krassen Mißverhältnis der beiderseitigen Leistungen geschlossen werden (NZ 1983, 184;

SZ 53/167; SZ 50/101; SZ 49/43 ua; Welser aaO, Schubert aaO;

Bydlinski aaO 192; Stanzl in Klang 2 IV/1, 594; Koziol-Welser 7 I 185, II 350; Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 25 zu §§ 1284 bis 1286). Bei Gegenüberstellung des Wertes der beiderseitigen Leistungen ist auf den Schenkungszeitpunkt, der für das Vorliegen der erklärten Schenkungsabsicht maßgeblich ist, abzustellen (NZ 1971, 45;

6 Ob 13/84; Welser aaO; Krejci aaO).

Da das Erstgericht Feststellungen über den Wert der übergebenen Liegenschaften zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages nicht traf, war sein Verfahren auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem Feststellungsmangel behaftet. Das Berufungsgericht hatte, wenn es eine Ergänzung des Beweisverfahrens selbst vornahm, gemäß § 463 Abs 1 ZPO die allgemeinen Vorschriften über die Beweisaufnahme und die Beweismittel für das Verfahren vor Gerichtshöfen erster Instanz anzuwenden (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1809). Das Berufungsgericht konnte sich zwar auf jene Beweismittel beschränken, die ihm zur ergänzenden Feststellung notwendig erschienen (Fasching aaO Rz 1808), jede Ergänzung der Tatsachengrundlagen durch das Berufungsgericht war aber nur auf Grund einer dem Gesetz entsprechenden Beweisaufnahme zulässig. Die durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingeführte Lockerung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes durch die Vorschrift des § 281 a ZPO hätte dem Berufungsgericht allenfalls die Verlesung der ihm wesentlich erscheinenden Beweismittel gestattet, wenn keine der Parteien ausdrücklich das Gegenteil beantragt hätte. Einen von der Revision zutreffend gerügten Verfahrensmangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens stellt es aber dar, wenn das Berufungsgericht ohne eigene, wenn auch allenfalls nur mittelbare Beweisaufnahme ergänzende Feststellungen, noch dazu auf Grund eines vom Revisionswerber in erster Instanz in seiner Richtigkeit bestrittenen Sachverständigengutachtens, traf (vgl. MietSlg. 36.791; JBl 1968, 368; Fasching Kommentar IV 309). Daran ändert nichts, daß die Parteien anläßlich des vereinbarten Ruhens des Berufungsverfahrens für den Fall der Aufnahme des Verfahrens auf die Fortsetzung der mündlichen Berufungsverhandlung verzichteten. Ebenso wie das Berufungsgericht selbst ohne Antrag einer Partei verpflichtet ist, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuordnen, wenn ihm dies zur Erledigung der Berufung - etwa bei Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen - notwendig erscheint, hat es auch dann, wenn eine Beweisaufnahme gemäß § 281 a ZPO mittelbar erfolgen soll, von Amts wegen eine weitere Berufungsverhandlung anzuberaumen und den Parteien Gelegenheit zu geben, sich gegen eine mittelbare Beweisaufnahme auszusprechen (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1800). Wegen des Vorliegens des Revisionsgrundes nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO, der geeignet war, eine unrichtige Entscheidung des Berufungsgerichtes herbeizuführen, ist die Entscheidung des Berufungsgerichtes gemäß § 510 Abs 1 ZPO aufzuheben und die Rechtssache an dieses zur Vornahme der von ihm zutreffend als notwendig erkannten Ergänzung der Tatsachengrundlage und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Im ergänzenden Verfahren wird zu beachten sein, daß das Berufungsgericht gemäß § 498 Abs 1 ZPO an die unbekämpft gebliebenen erstrichterlichen Feststellungen gebunden ist (ZVR 1978/178; Fasching, Kommentar IV 221). Dazu zählt auch die Feststellung des Wertes der von den Übernehmern zu erbringenden Gegenleistungen mit S 545.439.

Mit dem Übergabsvertrag vom 7. Dezember 1966 wurde ein behauster landwirtschaftlicher Betrieb mit einer auch vom Berufungsgericht seinen Berechnungen zugrunde gelegten Fläche von 18,2 ha übergeben. Wie in der Entscheidung SZ 49/118 mwN ausführlich dargelegt wurde, sind bäuerliche Liegenschaften für die Pflichtteilsberechnung in erster Linie nach dem Ertragswert zu schätzen. Dieser Grundsatz ist auch bei Übertragung unter Lebenden bei vorweggenommener Erbfolge unter nahen Anverwandten anzuwenden (SZ 50/166; 6 Ob 13/84; Schubert aaO; Rdz 9 zu § 938; Welser aaO; Rdz 11 zu § 785). In der Judikatur wurde aber auch anerkannt, daß bei großer Diskrepanz zwischen Ertrags- und Verkehrswert eine nur den Ertragswert berücksichtigende Wertfeststellung die Interessen des Pflichtteilsberechtigten nicht hinreichend berücksichtigte (vgl. SZ 44/30; SZ 38/47). Eine am Ertragswert orientierte Wertbestimmung verbietet sich im vorliegenden Fall für jene Grundstücke, von denen schon im Zeitpunkt der Übergabe feststand, daß sie entweder bereits Bauland waren oder bei denen auf Grund damals schon bestandener tatsächlicher und rechtlicher Aufschließungsmöglichkeiten eine künftige Verbauung bereits so konkret Gestalt angenommen hatte, daß sie nach der Verkehrsauffassung bereits als zusätzliches werterhöhendes Moment angesehen werden konnte (vgl. SZ 51/175) und daher später unter Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes von den Übernehmern, wie dies zum Teil hier geschah, gewinnbringend veräußert werden konnten. Für diese im einzelnen festzustellenden Grundstücke wird bei der Bewertung zum Übergabstag nicht der Ertragswert, sondern ausschließlich der zu ermittelnde Verkehrswert heranzuziehen sein.

Sollte das Berufungsgericht auf Grund der zu ermittelnden Wertverhältnisse zum Übergabstag die Feststellung treffen, die Parteien hätten teilweise in Schenkungsabsicht gehandelt, so daß eine gemischte Schenkung vorläge, wird der Schenkungspflichtteil nur von dem im gemischten Vertrag enthaltenen Geschenkanteil (der Geschenkquote) zu berechnen sein. Da sich in Rechtsprechung und Lehre die Ansicht durchsetzte, § 794 ABGB bedarf zur Sicherstellung der Gleichbehandlung unter den nächsten gesetzlichen Erben einer berichtigenden Auslegung dahin, daß auch bei unbeweglichen Sachen Wertveränderungen seit dem Empfangszeitpunkt bei Berechnung der Pflichtteilsverkürzung zu berücksichtigen sind (SZ 39/198;

8 Ob 549/84; 6 Ob 805/82; 6 Ob 620/82; Welser aaO, Rdz 6 zu § 794;

Kralik-Ehrenzweig aaO 298 f.), ergäbe sich die Pflichtteilsverkürzung aus dem Anteil der Geschenkquote am Wert der übergebenen (einschließlich der später veräußerten - JB. 114) Liegenschaften zum Zeitpunkt des Erbanfalles (in diesem Sinne 6 Ob 13/84; 6 Ob 620/82).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E07205

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00701.85.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19860115_OGH0002_0010OB00701_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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