TE OGH 1986/1/16 13Os195/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Jänner 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Huber als Schriftführers in der Strafsache gegen Peter P*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 ff. StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 23.Oktober 1985, GZ. 3 c Vr 3791/85-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Der am 30.September 1956 geborene Peter P*** wurde des Verbrechens nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 und 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt. Ihm liegen Diebstähle von Bargeldbeträgen von insgesamt 5.170 S aus einem Ärztezimmer des Psychiatrischen Krankenhauses der Stadt Wien, Baumgartnerhöhe, zu welchem er mittels widerrechtlich erlangter Schlüssel Zutritt erlangt hatte, von einer Kellnerbrieftasche und 4.600 S Bargeld (Tatorte: Cafe "LAURENZERSTÜBERL" in der Wiedner Hauptstraße bzw. eine Weinstube in der Taborstraße), von zwei Geldbörsen mit einer Gesamtbarschaft von 1.700 S zum Nachteil eines in der Alkoholikerberatungsstelle der C*** befindlichen Pensionisten, der sich auf die Toilette begeben und seine Handtasche im Vorraum zurückgelassen hatte, und eines Betrags von 3.400 S aus der Tischlade einer Bewährungshilfestelle zur Last.

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er die ordnungswidrige Zustellung der Anklageschrift (§ 209 Abs. 1 StPO.) und die Unterlassung der Beeidigung der Schöffen, mithin der Sache nach eine Verletzung der Vorschriften der §§ 221 (siehe dazu u.a. die bei Mayerhofer-Rieder 2 unter Nr. 23 a und 24 zu § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. zitierten Entscheidungen) und 240 a StPO. behauptet.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt nach keiner Richtung hin Berechtigung zu.

Der Erwiderung auf die erstangeführte Rüge ist vorauszuschicken, daß die Anklageschrift am 26.Juli 1985 dem in Haft befindlichen Beschuldigten - der Vorschrift des § 209 Abs. 1 StPO. entsprechend - kundgemacht wurde, bei welcher Gelegenheit Peter P*** nach Rechtsbelehrung auf die Erhebung eines Einspruchs verzichtete (S. 93/94 in ON. 18). Die Vorladung vom 1.August 1985 zu der für 23.Oktober 1985 anberaumten Hauptverhandlung (s. ON. 19) wurde dem Angeklagten am 21.August 1985 zugestellt (s. Rückschein bei ON. 19). Von der Vorladung des Angeklagten bis zur Durchführung der Hauptverhandlung verstrichen mithin 63 Tage.

Daraus folgt, daß die Vorschrift des § 221 Abs. 1 StPO. nicht verletzt wurde, weil - der Behauptung des Beschwerdeführers zuwider - über eine (seit 26.Juli 1985) rechtskräftige Anklageschrift verhandelt und dem Angeklagten die im § 221 Abs. 1 StPO. vorgesehene Vorbereitungsfrist (von wenigstens drei Tagen) eingeräumt worden war.

Wann die Anklageschrift dem - hier mit Bescheid des Ausschusses der zuständigen Rechtsanwaltskammer vom 22.August 1985 bestellten (S. 80) - Verteidiger, welchem die Ladung zur Hauptverhandlung bereits am folgenden Tag zugestellt wurde (s. Rückschein bei ON. 19), zukam, ist im vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt des relevierten Nichtigkeitsgrunds - der Meinung des Beschwerdeführers zuwider - bedeutungslos; hatte doch der verhaftete Beschuldigte anläßlich der Anklagekundmachung die Zustellung der Anklageschrift an den Verteidiger (§ 209 Abs. 3 StPO.) nicht begehrt (s. abermals S. 93/94 in ON. 18).

Die Nichtigkeitssanktion des § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. greift nur bei Verletzung der (gemäß § 221 Abs. 1 StPO.) dem Angeklagten (nicht auch dem Verteidiger) zustehenden Vorbereitungsfrist Platz (vgl. u. a. die bei Mayerhofer-Rieder 2 unter Nr. 9 und 10 zu § 221 StPO. zitierten Entscheidungen). Indem der Beschwerdeführer die in Rede stehende Rüge auf eine verspätete Zustellung der Anklageschrift an den Verteidiger stützt und daraus ableitet, es sei dessen Vorbereitungsfrist nicht gewahrt worden, bringt er den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO., soweit damit eine Verletzung des § 221 StPO. behauptet wird, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung (vgl. dazu 13 Os 53/85).

Aber auch die Rüge der Verletzung der Beeidigungsvorschrift des § 240 a StPO. hält einer Überprüfung nicht stand.

Zwar enthält das Hauptverhandlungsprotokoll vom 23.Oktober 1985 (ON. 24) lediglich die Feststellung, daß die Schöffen "bereits beeidet wurden" (S. 88); aus dem Amtsvermerk des Vorsitzenden des Schöffengerichts vom 11.Dezember 1985 (S. 121/122) geht jedoch hervor, daß diese Beeidigung im Jahr 1985 vorgenommen wurde, und zwar des einen Schöffen am 16.Oktober 1985 zu 3 c Vr 1151/85 und des anderen am 1.Oktober 1985 zu 3 c Vr 5471/85. Demgemäß konnte in der Hauptverhandlung am 23.Oktober 1985 die Beeidigung der Schöffen unterbleiben.

Aus den aufgezeigten Gründen war die Nichtigkeitsbeschwerde teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. als offenbar unbegründet und teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. i.V.m. § 285 a Z. 2 StPO. als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt zurückzuweisen. Für die Berufung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung anberaumt werden (§ 296 Abs. 3 StPO.

Anmerkung

E07452

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00195.85.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19860116_OGH0002_0130OS00195_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten