TE OGH 1986/1/16 13Os196/85

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Veröffentlicht am 16.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Jänner 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Huber als Schriftführers in der Strafsache gegen Alfred K*** wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff. StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 18.Oktober 1985, GZ. 1 d Vr 7343/85-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Der am 27.September 1964 geborene Taglöhner Alfred K*** wurde des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er am 26.Juni 1985 in Wien in Gesellschaft zumindest zweier nicht ausgeforschter Beteiligter dem (Besitzer eines Würstelstands) Otto B*** durch Einbruch verschiedene (im Urteil aufgelistete) Waren und Bargeld (insgesamt im Wert von ca. 8.000 S) gestohlen.

Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde im wesentlichen mit der Behauptung an, daß die vom Erstgericht gegebene Begründung unrichtig, willkürlich und unvollständig sei und es im übrigen an ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite mangle.

Das Schöffengericht stützte seinen Schuldspruch auf die Polizeierhebungen, denen zufolge der vom Beschwerdeführer ständig benützte, seiner damaligen Lebensgefährtin gehörende Personenkraftwagen am Tatort, von den Tätern fluchtartig verlassen, aufgefunden wurde und die Diebsbeute bereits zum Abtransport verladen war. Hinsichtlich der näheren Tatumstände und der Umgebung des Tatorts nahmen die Tatrichter die von ihnen als voll glaubwürdig beurteilten Aussagen der Zeugin Katharina KIRILENKO, die die Täter bei der Tat überrascht und sofort bei dem nahegelegenen Polizeiwachzimmer die Anzeige erstattet hatte, zur Grundlage ihrer Feststellungen und lehnten die leugnende Verantwortung des Angeklagten ab. Dessen Einlassung, das Auto sei ihm kurz vor der Tatzeit von unbekannten, von ihm irrtümlich als Polizeibeamte in Zivil angesehenen Männern, von denen er annahm, sie würden ihn wegen Fahrens ohne Führerschein im alkoholisierten Zustand beanstanden, entwendet worden, sah das Gericht aber auch unter Hinweis auf weitere, in der Urteilsbegründung detailliert erörterte Umstände als reine "Schutzbehauptung" an (S. 169 ff.).

Wenn die Beschwerde an mehreren Stellen bemängelt, es fehle an Beweisen dafür, daß der Angeklagte am Tatort anwesend war, er (und nicht ein Unbekannter) habe den Personenkraftwagen dorthin gelenkt, und damit zum Ausdruck bringt, daß ein Schuldspruch nur zulässig sei, wenn konkrete Beweisergebnisse (etwa Aussagen, Spuren, Bilddokumente) für die Anwesenheit des Täters am Tatort vorliegen, verkennt sie das Wesen der freien Beweiswürdigung. Darnach sind die Richter ermächtigt und verpflichtet, einen als erwiesen angenommenen Vorgang aus vorliegenden Beweisergebnisse, notorischen Tatsachen oder allgemeinen Erfahrungssätzen denkrichtig zu erschließen (§ 258 Abs. 2 StPO.), wobei nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zulässig sind (SSt. 45/23 u.v.a.), wenn nur die letztlich als erwiesen angenommene Version von der Überzeugung des Gerichts getragen wird. Diesen Erfordernissen entspricht aber die im Rahmen der Mängelrüge (Z. 5) monierte Urteilsannahme, daß Alfred K*** als ständiger Benützer des am Tatort sichergestellten Fahrzeugs einer der drei (oder vier) Mittäter war, durchaus. Da das Gericht die Verantwortung des Angeklagten - wie angeführt - mit ausführlicher und denkrichtiger Begründung als wahrheitswidrig ablehnte, bedurfte es in dieser Richtung der näheren Erörterung der als Beweismittel verwerteten (S. 166) und auch gewürdigten (S. 173) Zeugenaussage der Gabriele MAREK, der der Angeklagte nach eigenen Aussagen seine Version als erster mitgeteilt hatte, ebensowenig wie der Erwähnung einer schriftlichen Eingabe (ON. 8), in der sich der (damals noch flüchtige) Beschwerdeführer an das Gericht wandte, um seine Unschuld zu beteuern. Alle Einwände laufen daher auf die im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung hinaus, was insbesondere in jenen Ausführungen deutlich wird, in welchen sich die Beschwerde mit der Stichhältigkeit der von den Tatrichtern für die Unglaubwürdigkeit der Darstellung des Angeklagten herangezogenen Argumente auseinandersetzt und darlegen will, daß die Schilderung des Rechtsmittelwerbers sehr wohl den örtlichen, zeitlichen und psychologischen Gegebenheiten entsprechen könne. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, das Erstgericht habe nicht berücksichtigt, daß der Angeklagte sich vor einer polizeilichen Beanstandung auch wegen seiner Alkoholisierung gefürchtet habe, übergeht die entsprechenden Ausführungen im Rahmen der Erörterung der Ergebnisse des Beweisverfahrens (S. 173).

Rechtliche Beurteilung

Aber auch die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a), das Urteil lasse Feststellungen über die Art der Tätigkeit und den Vorsatz des Beschwerdeführers vermissen, vernachlässigt die im Urteil insgesamt getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung der nach Einschlagen des Flügelfensters des Würstelstands erbeuteten Sachen zu bereichern, den Personenkraftwagen, in den die Diebsbeute verladen wurde, zum Tatort gelenkt hatte, am Tatort während des Einbruchsdiebstahls anwesend war, das Verladen beobachtete und dann mit den Komplizen überstürzt flüchtete (S. 165, 167, 175). Diese Rüge ist daher, weil sie nicht den festgestellten Urteilssachverhalt in seiner Gesamtheit berücksichtigt, nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt und einer materiellen Erledigung nicht zugänglich.

Die Beschwerde war daher als ingesamt nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Die Zuleitung der Akten zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch ergriffene Berufung an den Gerichtshof zweiter Instanz beruht darauf, daß eine die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufung (§ 296 StPO.) begründende Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde entfällt (RZ. 1970, S. 17, 18; 1973 S. 70, JBl. 1985 S. 565 u.v.a.).

Anmerkung

E07450

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00196.85.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19860116_OGH0002_0130OS00196_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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