TE OGH 1986/1/28 10Os3/86

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Veröffentlicht am 28.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Jänner 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedrich, Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch sowie Dr.Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Regen als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kalina L*** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130 zweiter Satz und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Kalina L*** und Izabella L*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 16.Oktober 1985, GZ 12 b Vr 1100/85-65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Kalina L*** und Izabella L*** die durch ihre Nichtigkeitsbeschwerden verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (das auch Aussprüche über die am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligten Anna K*** und Robert Marek R*** enthält) wurden Kalina L*** (im Urteil auch: L***) und Izabella L*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßig schweren) Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130 zweiter Fall (richtig: 130, zweiter Satz) und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie (gemeinsam mit Anna K*** - diese bei allen Fakten - und Robert Marek R*** - dieser nur bei den Fakten A) II) und B) II)) - in Gesellschaft als Beteiligte fremde bewegliche Sachen anderen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, Kalina L*** und Izabella L*** (sowie Anna K***) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

A) weggenommen und zwar

I) 1) am 24.Juli 1985 in Maissau der Anna K*** Schmuckstücke

im Gesamtwert von 28.800 S,

2) am 26.Juli 1985

a) in Katzelsdorf der Fa. Roland B*** Kleidungsstücke im Wert von 1.150 S,

b) in Kirchberg am Wechsel der Rosina H*** vier nicht vinkulierte Sparbücher mit einer Gesamteinlage von 121.942,33 S sowie Schmuckstücke, Uhren, Golddukaten und eine Stahlkassette im Gesamtwert von ca. 30.000 S,

3) am 27.Juli 1985 in Pöchlarn dem Franz W*** einen Siegelring im Wert von 3.000 S und Bargeld in der Höhe von 13.000 S durch Einsteigen in ein Gebäude;

II). am 30. Juli 1985 in Wildungsmauer der Anna W*** einen Bargeldbetrag von 8.000 S;

B) dadurch wegzunehmen versucht, daß sie die Wohnungen der

nachangeführten Personen nach Diebsgut durchsuchten "bzw. durchsuchen wollten" (S 480/II) und zwar

I) 1) am 24.Juli 1985 in Maissau jene der Maria S***,

2) am 26.Juli 1985 in Kirchberg am Wechsel jene der Anna S***;

II) am 30.Juli 1985 in Göttlesbrunn jene der Marianne E***. Gegen dieses Urteil richten sich die von den Angeklagten Kalina L*** und Izabella L*** (in einem Schriftsatz) aus § 281 Abs. 1 Z 5 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden; Kalina L*** bekämpft den Schuldspruch in den Fakten A) I) 3) und B) I) 1), Izabella L*** nur den im letztgenannten Faktum. Keiner Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin Kalina L*** stellen die Erwägungen des Erstgerichtes, warum es zur Überzeugung gelangte, die Genannte wäre auch am Diebstahl zum Nachteil des Franz W*** (Faktum A) I) 3) beteiligt gewesen, keine Scheinbegründung dar. Eine unzureichende Begründung liegt nur dann vor, wenn nach den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht gezogen werden kann oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (SSt. 4/9, EvBl. 1972/17, 1975/72, 157). Der Nichtigkeitsgrund liegt jedoch nicht vor, wenn die angeführten Gründe bloß nicht genügend überzeugend erscheinen (SSt. 6/61, 11/3), wenn neben dem folgerichtig gezogenen Schluß auch noch andere Schlußfolgerungen denkbar sind (SSt. 19/94), selbst wenn sich aus den Feststellungen für den Angeklagten auch günstigere Schlüsse hätten ableiten lassen; in diesem Falle liegt nämlich auf der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel beruhende, von Beweisregeln welcher Art auch immer freie richterliche Überzeugung im Sinn des § 258 Abs. 2 letzter Satz StPO vor. Diese aber kann im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile - mangels Zulässigkeit einer Schuldberufung - nicht bekämpft werden (SSt. 19/94, EvBl. 1967/48, RZ 1969, 68 u.a.).

Das Erstgericht hat die Annahme der Tatbeteiligung der Angeklagten Kalina L*** im Faktum A) I) 3) am 27.Juli 1985 (bei dem sie nicht von Zeugen erkannt worden war), darauf gegründet, daß dieser Diebstahl nach dem gleichen modus operandi (während Izabella L*** und Anna K*** die Diebstahlsopfer in der Küche des Tatobjektes abzulenken trachteten, sollte K*** L*** in die Wohn- oder Schlafräume einschleichen und Wertgegenstände stehlen) ausgeführt wurde, wie in fünf anderen Fakten (A) I) 1); 2) b; II); B) I) 1); 2) und daß die genannte Beschwerdeführerin auch am 24., 26. und 30. Juli 1985 insgesamt sieben weitere Diebstähle in Gesellschaft von Izabella L*** und Anna K*** beging oder zu begehen versuchte. Diese schöffengerichtlichen Schlußfolgerungen stehen mit den Gesetzen logischen Denkens in Einklang und bilden eine durchaus tragfähige Grundlage für einen Schuldspruch, sodaß von einer unzureichenden Urteilsbegründung oder einer willkürlichen Annahme des Gerichtes keine Rede sein kann. Vielmehr erweist sich das Vorbringen in der Mängelrüge - obwohl dort selbst ausdrücklich und entschieden in Abrede gestellt - in Wahrheit als Angriff auf die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, denn es wird unter dem bloßen Vorwand einer unzureichenden Begründung nur versucht, die Ergebnisse des Beweisverfahrens einer anderen Deutung als im Ersturteil zu unterziehen; damit aber wird das Vorliegen eines Begründungsmangels der im § 281 Abs. 1 Z 5 StPO bezeichneten Art nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Rechtliche Beurteilung

Fehl geht das Vorbringen beider Nichtigkeitswerberinnen zum Faktum B) I) 1), die Feststellung, Maria S*** habe Kalina L*** gesehen, als diese die Wohnung nach Wertsachen durchsuchte, finde in der Aussage der genannten Zeugin keine Deckung, weil die Urteilsbegründung eine derartige Konstatierung gar nicht enthält; festgestellt wird lediglich (US 11), daß die Angeklagte Kalina L*** von der genannten Zeugin gesehen wurde, als sie das Haus betrat, keinesfalls jedoch, als sie die Wohnung nach Wertsachen durchsuchte. Im Beschwerdevorbringen wird sohin eine Urteilsfeststellung, die in Wahrheit überhaupt nicht getroffen wurde, bekämpft; dieses läßt daher eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen.

Die Annahme, daß Kalina L*** das Haus der S*** betrat, um dieses nach Wertsachen zu durchsuchen und diese zu stehlen, während sie (S***) von Izabella L*** und Anna K*** abgelenkt wurde, ist vielmehr wiederum - auch angesichts des gleichgelagerten Ablaufs in sieben anderen Fällen - richterliche Beweiswürdigung. Eben diese aber wird unzulässig bekämpft, wenn die Angeklagten Kalina L*** und Izabella L*** es als nicht ausschließbar bezeichnen, daß das Gericht bei Würdigung der Aussage der Zeugin S*** - in der ihr in der Nichtigkeitsbeschwerde unterlegten Bedeutung, die jedoch nach dem Vorgesagten gänzlich unzutreffend ist - Bereicherungsvorsatz bei beiden Beschwerdeführerinnen nicht angenommen hätte. Denn damit unternehmen sie neuerlich eine ihnen im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile verwehrte und daher unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung. Das Erstgericht hat nämlich die Annahme des Diebstahlsvorsatzes der Beschwerdeführerinnen gar nicht auf die Aussage der Zeugin S*** gestützt, sondern vielmehr auf alle jene Umstände, die bereits in der Erwiderung zur Mängelrüge der Angeklagten Kalina L*** im Faktum A) I) 3) aufgezeigt wurden. Die zur Gänze nicht gesetzmäßig ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Demgemäß waren die Akten in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs. 6 StPO dem zur Entscheidung über die noch zu erledigenden Berufungen an sich zuständigen Oberlandesgericht Wien zuzuleiten.

Anmerkung

E07568

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00003.86.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19860128_OGH0002_0100OS00003_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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