TE OGH 1986/1/28 11Os14/86

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Veröffentlicht am 28.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, Dr.Walenta, Dr.Schneider und Dr.Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Hausmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz K*** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Franz K*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichts vom 28. November 1985, GZ 24 Vr 4.033/85-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Mit gesonderter Verfügung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die Berufung anberaumt werden.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Februar 1956 geborene arbeitslose Buchdrucker Franz K*** des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach verletzte er am 29.August 1985 in Innsbruck vorsätzlich seine Lebensgefährtin Renate F*** durch Versetzen von Fußtritten gegen das Gesicht und den Körper schwer, indem er ihr eine Nasenbeinfraktur und Serienrippenbrüche zufügte. Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 2 (3) und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Wenn die Beschwerde vermeint, die Aussagen der Verletzten Renate F*** vor der Polizei hätten im Hinblick auf eine auf § 152 Z 1 StPO gestützte, in der Hauptverhandlung in Anspruch genommene Befreiung von der Zeugenpflicht nicht verlesen und unter der Nichtigkeitssanktion des § 281 Abs. 1 Z 2 "bzw. 3" StPO nicht verwertet werden dürfen, ist zunächst darauf zu verweisen, daß sich inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolles weder der Angeklagte noch der Verteidiger gegen die Verlesung der in der Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck (ON 2) enthaltenen Berichte über die spontanen Aussagen der Verletzten Renate F*** anläßlich des Einschreitens der Funkstreife (S 5, 12) verwahrten. Überdies sind Berichte oder Vernehmungsprotokolle von Sicherheitsbehörden nicht als nichtige Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakte anzusehen, auch wenn die Auskunftsperson nicht über ein allfälliges Entschlagungsrecht belehrt wurde (Mayerhofer-Rieder 2 , E 4, 5 zu § 281 Z 2 StPO, 11 Os 141/85). Die taxative Aufzählung jener Vorschriften im § 281 Abs. 1 Z 3 StPO, deren Beobachtung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, enthält aber ebenfalls kein Verbot der Verlesung derartiger Polizeiberichte.

Die Mängelrüge (Z 5) ist überhaupt nicht prozeßordnungsmäßig ausgeführt, wenn sie die vom Schöffengericht für die schweren Verletzungsfolgen des brutalen Angriffes des Angeklgten gegebene Begründung mit dem Hinweis als unzureichend darstellen will, es fehle an "objektiven" Beweisergebnissen dafür, daß Renate F*** tatsächlich schwere Verletzungen erlitt, zumal die Polizeibeamten nur Hautabschürfungen gesehen hätten und eine (schriftliche) Verletzungsanzeige des Krankenhauses nicht vorliege. Das Schöffengericht konnte sich bei seiner diesbezüglichen Feststellung auf die verlesenen Polizeierhebungen (ON 2 in Verbindung mit S 92 oben) stützen, denenzufolge sowohl Renate F*** als auch ihre bei der Auseinandersetzung anwesende Freundin Erika O*** - letztere auch in der Hauptverhandlung (S 90) - die Tathandlungen des Angeklagten schilderten, in deren Folge F*** vor Schmerzen schrie, sich übergab und ins Krankenhaus eingeliefert wurde, von wo über telefonische Anfrage der Polizei die genannten schweren Verletzungen bekanntgegegen wurden. Mit der aktengetreuen Würdigung dieser Beweisergebnisse (S 97, 98) kam das Gericht seiner Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) nach. Wenn aus der Beschwerde der Vorwurf hervorzugehen scheint, das Gericht habe nicht alle Beweisquellen zur Erhärtung seiner Urteilsannahmen ausgeschöpft, bringt sie den angezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil sie nur die Unvollständigkeit des Verfahrens rügt, ohne in der Hauptverhandlung der Vervollständigung dienende Beweisanträge gestellt zu haben, nicht aber eine unvollständige Würdigung der erhobenen Beweise geltendmacht (Mayerhofer-Rieder 2 , E 83, 84 zu § 281 Z 5 StPO). Damit war die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise als unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO und teilweise als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag angeordnet werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E07578

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00014.86.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19860128_OGH0002_0110OS00014_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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