TE OGH 1986/1/30 6Ob631/84

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Veröffentlicht am 30.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Collegiat-Kapitel F***** (auch Collegiatstift in F*****), vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1. Johann J*****, 2. Karl Dietrich J*****, beide vertreten durch Dr. Alfred Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Löschung und Leistung (Streitwert 30.000 S), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 11. April 1984, GZ 3 R 393/83-15, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan vom 14. September 1983, GZ 4 C 402/83-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 3.186,17 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 246,02 S Umsatzsteuer und 480 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei war im Jahre 1939 grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****, bestehend aus dem Grundstück 58, Baufläche, mit dem Haus *****, nunmehr *****. Sie war und ist auch Eigentümerin der Liegenschaft EZ *****. Zu dieser Liegenschaft gehörten im Jahre 1939 die Grundstücke 61/1 und 66/1. Das Grundstück 58 hat ein Ausmaß von 188 m2, das Grundstück 66/1 ein solches von 113 m2, das Grundstück 61/1 ein solches von 1.700 bis 1.800 m2. An das Grundstück 58 grenzt im Süden das Grundstücke 66/1 unmittelbar an. Diese Grundstücke stellen heute in der Natur eine Einheit dar. Das Grundstück 66/1 stellt ebenso wie der südlichste Teil des Grundstücks 58 eine Rasenfläche dar, die vereinzelt mit Ziersträuchern versehen ist. Das Grundstück 61/1 ist vom Haus ***** durch die ***** getrennt. Dieses Grundstück stellt einen Obstgarten dar, der seit zumindest 100 Jahren von der Familie S***** bzw deren Rechtsnachfolger D***** gepachtet ist. Mit dem im Februar 1939 zwischen der klagenden Partei und dem Erstbeklagten geschlossenen Kaufvertrag wurden die EZ ***** KG *****, das ist die Bauparzelle Nr 58, sowie von der Liegenschaft EZ ***** „die Gartenparzelle Nr 61/1“ von der klagenden Partei an den Erstbeklagten verkauft. Das Gesamtausmaß beider Parzellen wurde unverbürgt laut Besitzbogen mit 3 a 01 m2 angegeben. Der Vertrag wurde von Propst Franz P***** als Vertreter der klagenden Partei sowie vom Erstbeklagten unterfertigt und am 28. 2. 1939 durch das G***** Ordinariat genehmigt, das zugleich bestätigte, dass Propst P***** zum Abschluss dieses Rechtsgeschäfts berufen sei. Der Kaufvertrag wurde in der Folge grundbücherlich durchgeführt. In EZ ***** KG ***** wurde das Eigentumsrecht für den Erstbeklagten einverleibt. Zugleich wurde das Grundstück 61/1 von der EZ ***** ab und der EZ ***** KG ***** zugeschrieben. Mit Kaufvertrag vom 23. 3. 1971 hat der Zweitbeklagte, der Sohn des Erstbeklagten, von diesem die ideelle Hälfte der Liegenschaft der EZ ***** KG ***** erworben. In diesem Kaufvertrag sind die Grundstücke 58 und 61/1 mit dem unverbürgten Ausmaß von 1.943 m2 angeführt. Seit Sommer 1982 versuchten die Beklagten, ihrem nunmehr eingenommenen Rechtsstandpunkt, der Erstbeklagte habe mit Kaufvertrag vom 28. 2. 1939 das Grundstück 61/1 mit einem Flächenausmaß von 1.754 m2 erworben, im Kaufvertrag sei das Flächenausmaß irrtümlich mit 301 m2 angeführt, gegenüber der klagenden Partei, dem Ordinariat und dem Pächter (des Grundstücks 61/1) Durchbruch zu verschaffen. Mit Notariatsakt vom 1. 4. 1983 hat der Erstbeklagte dem Zweitbeklagten seinen (restlichen) Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** übergeben. Das entsprechende Grundbuchsgesuch langte am 17. 8. 1983, somit nach der am 28. 4. 1983 eingebrachten gegenständlichen Klage, beim Erstgericht als Grundbuchsgericht ein und wurde antragsgemäß durchgeführt.

Die klagende Partei begehrte das Urteil, 1. die Eintragung der Einverleibung des Eigentumsrechts des Erstbeklagten und des Zweitbeklagten im Grundbuch des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan, EZ ***** KG *****, sei hinsichtlich des von der EZ ***** abgeschriebenen Grundstücks 61/1 unwirksam und zu löschen, 2. die Beklagte seien zur ungeteilten Hand schuldig, binnen 14 Tagen bei Exekution zu bewirken, dass dieses Grundstück von der den Beklagten gehörenden Liegenschaft EZ *****KG ***** lastenfrei abgeschrieben und dem Gutsbestand der der klagenden Partei gehörenden Liegenschaft EZ ***** zugeschrieben werde. Die klagende Partei führte im Wesentlichen aus, im Kaufvertrag vom Februar 1939 sei versehentlich statt des Grundstücks 66/1 das Grundstück 61/1 angeführt worden. Dabei handle es sich um eine bloß falsche Bezeichnung, der Wille der Vertragsteile habe sich auf das Grundstück 66/1 bezogen. Das Grundstück 61/1 sei auch nie vom Erstbeklagten, sondern von der klagenden Partei, benützt worden. Der Erstbeklagte habe das Grundstück 66/1 benützt. Im Zeitpunkt des Kaufvertrags vom 23. 3. 1971 sei beiden Beklagten die Verwechslung der Grundstücke im ursprünglichen Kaufvertrag bekannt gewesen; der Zweitbeklagte habe das Miteigentum nicht gutgläubig erworben. Die Beklagten hätten durch Schreiben den Eigentumsanspruch der klagenden Partei an dem klagsgegenständlichen Grundstück anerkannt. Im Übrigen habe die klagende Partei das Eigentumsrecht an diesem Grundstück ersessen, weil sie dieses Grundstück seit Errichtung des Kaufvertrags im Jahre 1939 in dem Bewusstsein ihres Eigentumsrechts benützt habe. Aus diesem Grund stellte sie das „Alternativbegehren“, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, die Abschreibung des Grundstücks 61 von der EZ ***** KG ***** und die Zuschreibung zur EZ ***** zu dulden (AS 58 und 59).

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten im Wesentlichen ein: Der Erstbeklagte und Propst Franz P***** als Vertreter der klagenden Partei hätten ausdrücklich vereinbart, dass die klagende Partei dem Erstbeklagten neben dem Grundstück 58 das Grundstück 61/1 verkaufe. Ein Irrtum oder eine Falschbezeichnung eines Grundstücks liege nicht vor. Im Übrigen sei ein allfälliges Klagerecht der klagenden Partei verjährt. Der Zweitbeklagte habe das Hälfteeigentum an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** im Jahre 1971 gutgläubig erworben, weil er davon ausgegangen sei, dass der Erstbeklagte unbestrittenermaßen Eigentümer auch des Grundstücks 61/1 sei.

Das Erstgericht, das das zunächst gestellte Begehren als Hauptbegehren und das „Alternativbegehren“ als Eventualbegehren auffasste, gab dem Hauptbegehren statt. Es stellte zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt im Wesentlichen noch fest:

Die Vertragsteile des Jahres 1939 hatten nur das Haus und das kleine Grundstück 66/1 als Vertragsgegenstand im Sinn, diesbezüglich lag Willensübereinstimmung vor. Die Anführung des Grundstücks 61/1 anstatt 66/1 durch den Vertragsverfasser Dr. N***** war „eine der Parteieneinigung zuwiderlaufende irrige Falschbezeichnung“, welche den Parteien bei der Unterfertigung des Vertrags nicht aufgefallen ist. Propst Franz P***** war bis zum Jahre 1954 Propst in F*****. Anschließend war Hans F***** bis zum Jahre 1962 Propst. Beide sind bereits verstorben. Seit dem Jahre 1962 ist Matthias P***** Probst in F*****. Dass der Erstbeklagte gegenüber diesen Personen (bis 1982) jemals konkret und verständlich auf seine heutigen vermeintlichen Rechte gepocht hätte, konnte nicht festgestellt werden. Nicht festgestellt werden konnte auch, dass den Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrags vom 23. 3. 1971 trotz der Anführung des Grundstücks 61/1 und des unverbürgten Ausmaßes von 1.943 m2 (für die Grundstücke Nr 68 und 61/1) „die Eigentumsübertragung am großen Grundstück 61/1 bewusst war“. Der Zweitbeklagte, welcher selten in F***** war, „hat nur allgemein der Richtigkeit der vom Erstbeklagten veranlassten Regelung vertraut“, er hat sich nicht mit der Pächterin (des Grundstücks 61/1) und auch nicht mit der klagenden Partei zwecks eventueller Aufklärung in Verbindung gesetzt. Der Zweitbeklagte hatte zum Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses Kenntnis darüber, dass das Grundstück 61/1 seit Jahrzehnten von dritten Personen (Familie S*****) wie als deren Eigentum genutzt wurde (AS 91). Anfang Juni 1982 richtete Notar Dr. Oskar Rauchenwald aufgrund der Informationen des Erstbeklagten ein Schreiben an das bischöfliche G***** Ordinariat, in welchem auf eine Verwechslung der Parzelle 66/1 und der Parzelle 61/1 im Kaufvertrag (1939) und darauf hingewiesen wurde, dass der Erstbeklagte seit dem Kauf nur das Grundstück 66/1 benützt habe, während das Grundstück 61/1 durch die klagende Partei bzw deren Pächter genutzt wurde. Unter Hinweis auf die von ihm für das Grundstück 61/1 geleistete Grundsteuer, schlug der Erstbeklagte in diesem Schreiben vor, in Verrechnung mit der Grundsteuerforderung „sein ordentliches Eigentum an der Parzelle 61/1 anzuerkennen“. Er erklärte sich bereit, der klagenden Partei zur Aufschließung des angrenzend an dieses Grundstück liegenden restlichen Grundbesitzes auf einem 4 m breiten Grundstreifen eine Wegeservitut einzuräumen, für welche er als Gegenleistung die Übereignung der kleinen Parzelle 66/1 im Ausmaß von 113 m2 verlangte. Der Zweitbeklagte wies in einem Schreiben vom 6. 8. 1982 an das G***** Ordinariat ebenfalls auf den vermutlichen Irrtum bei der seinerzeitigen Ausstellung des Kaufvertrags hin und ersuchte ausgehend von der Ansicht, dass er bzw sein Vater auch für das kleine Grundstück 66/1 Grundsteuer bezahlt hätten, um Überlassung der kleinen Parzelle als Kompensation für diese Leistungen. Die Beklagten haben bisher noch nie irgendwelche Nutzungshandlungen oder dergleichen am Grundstück 61/1 durchgeführt; sie haben dies nicht einmal versucht. Der Erstbeklagte hat seinen nunmehrigen Rechtsstandpunkt erst nach dem 11. 6. 1982 gefasst, ist also während der vorangegangenen 43 Jahre selbst nicht der Ansicht gewesen, mit dem Kaufvertrag im Jahre 1939 durchsetzbaren Rechte am Grundstück 61/1 erworben zu haben. Das Grundstück 61/1 stellt schon seit vielen Jahrzehnten einen Obstgarten dar und ist seit zumindest 100 Jahren von der Familie S***** bzw deren Rechtsnachfolger D***** von der klagenden Partei gepachtet. Diese Familien leisteten und leisten der klagenden Partei regelmäßig jährlich den Pachtzins in Bargeld. Von Eigentumsansprüchen der Beklagten bzw dem diesbezüglichen Kaufvertrag aus dem Jahre 1939 haben die Familien S***** bzw D***** erst im Jahre 1983 erfahren.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:

Zum Eigentumserwerb an unbeweglichen Sachen gehöre neben der Eintragung im Grundbuch ein Titel. Die Einverleibung eines Eigentumsrechts ohne gültigen Titel verschaffe kein Eigentum. Der bisherige Eigentümer verbleibe weiterhin Eigentümer, es sei ihm nur die Möglichkeit der bücherlichen Verfügung entzogen. Der Eigentümer könne die sein materielles Recht verletzende grundbücherliche Eintragung mit Löschungsklage bekämpfen, die sowohl gegen den gerichtet werden könne, der unmittelbar durch die falsche Eintragung Rechte erworben habe, als auch gegen einen nicht im guten Glauben handelnden späteren Erwerber. Nur die Verjährung der Löschungsklage würde die Unanfechtbarkeit der Eintragung, die solcherart den Eigentumserwerb ohne Titel herbeigeführt haben würde, bewirken. Die 30-jährige Verjährungszeit beginne aber nicht, solange der in seinen bücherlichen Rechten Verletzte im Besitz der Liegenschaft sei. Durch die Verpachtung eines Grundstücks gehe der Besitz nicht verlustig. Da es sich bei der Erwähnung des Grundstücks Nr 66/1 im Kaufvertrag des Jahres 1939 nur um eine falsche Bezeichnung gehandelt habe, habe der Erstbeklagte an diesem Grundstück 61/1 durch den Kaufvertrag im Jahre 1939 keine Rechte erworben. Mangels guten Glaubens habe aber auch der Zweitbeklagte im Jahre 1971 kein Eigentum erwerben können. Der Zweitbeklagte habe nämlich keine verlässlichen Vorstellungen darüber gehabt, dass neben dem Haus und den unmittelbar anschließenden Grundstücken auch noch das Grundstück 61/1 (zur Kaufliegenschaft) gehöre. Außerdem habe er aufgrund der Kenntnis, dass das Grundstück 61/1 seit Jahrzehnten von dritten Personen wie deren Eigentum genutzt worden sei, die Pflicht gehabt, insbesondere auch von den Benützern genaue Aufklärungen einzuholen. Betreffend den Vertrag im Jahre 1983 habe der Zweitbeklagte nach seinen Erklärungen und Aussagen vom Eigentumsstreit gewusst, er habe sohin seinen Mangel des guten Glaubens selbst bestätigt. Überdies habe diese Eigentumsübertragung (der zweiten Hälfte an den Zweitbeklagten) während des Verfahrens gemäß § 234 ZPO auf das Verfahren keinen Einfluss. Infolge Stattgebung des (Haupt-)Begehrens, sei auf das Eventualbegehren nicht mehr einzugehen.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 300.000 S übersteigt, erachtete die Mängel- und Beweiswürdigungsrüge als nicht berechtigt, übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus: Nach dem übereinstimmenden Willen der klagenden Partei und des Erstbeklagten sei Gegenstand des Kaufvertrags aus dem Jahre 1939 neben dem Grundstück Nr 58 das Grundstück 66/1, nicht aber das im Kaufvertrag angeführte Grundstück Nr 61/1 gewesen. Diesbezüglich liege ein „falsa demonstratio“ vor und gelte als Vertragsinhalt, was die Parteien gewollt, nicht das, was sie erklärt hätten. Die Irrtumsregeln kämen dabei überhaupt nicht zur Anwendung. Da die Einverleibung des Eigentumsrechts ohne Rechtstitel kein Eigentum schaffe, der Kaufvertrag vom Jahre 1939 aber keinen Titel für den Erwerb des Eigentumsrechts des Erstbeklagten an dem Grundstück 61/1 darstelle, habe der Erstbeklagte aufgrund dieses Kaufvertrags und dessen Verbücherung kein Eigentumsrecht an dem Grundstück 61/1 erworben. Die Löschungsklage – um eine solche handle es sich bei Punkt 1) des Begehrens der klagenden Partei – stehe demjenigen offen, der durch eine bücherliche Eintragung, die aufgrund eines materiell ungültigen Titels vorgenommen worden sei, beschwert sei. Die Dauer des Klagerechts sei gemäß § 62 GBG nach den zivilrechtlichen Bestimmungen über die Verjährung zu beurteilen. Die Verjährungszeit für die Löschungsklage beginne nicht, solange der in seinen bücherlichen Rechten Verletzte im Besitz der Liegenschaft sei. Dies sei nach den Feststellungen der Fall. Einen Anlass, die Redlichkeit oder die Echtheit des Besitzes der klagenden Partei an dem Grundstück 61/1 in Zweifel zu ziehen, böten weder die Einwendungen der Beklagten noch der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt. Das Klagerecht der klagenden Partei sei daher nicht durch Verjährung erloschen. Der Umstand, dass der Erstbeklagte sein (restliches) Hälfteeigentum an der Liegenschaft EZ *****, und damit auch am Grundstück 61/1 an den Zweitbeklagten mit Übergabsvertrag vom 1. 4. 1983 übertragen habe, habe auf die Sachentscheidung gemäß § 234 ZPO keinen Einfluss. Schon aus diesem Grunde bedürfe es keiner Ausführungen darüber, ob der Zweitbeklagte zum Zeitpunkt des Übergabsvertrags gutgläubig gewesen sei. Bezüglich der Frage der Gutgläubigkeit des Zweitbeklagten im Zeitpunkt des Kaufvertrags im Jahre 1971 vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, der Zweitbeklagte habe wegen der Kenntnis davon, dass das Grundstück 61/1 nie durch den Erstbeklagten, sondern von der Familie S***** genutzt worden sei, der Erstbeklagte vielmehr immer nur das Grundstück (58 und) 66/1 genützt habe, die Pflicht gehabt. Aufklärungen bezüglich des im Kaufvertrag vom Jahre 1971 angeführten Grundstücks 61/1 einzuholen, weil diese Umstände geeignet gewesen wären, bei gehöriger Aufmerksamkeit Zweifel an der Richtigkeit des im Kaufvertrag wiedergegebenen Grundbuchsstandes zu erwecken. Die Unterlassung der Einholung dieser Aufklärungen stelle eine Fahrlässigkeit dar, weshalb der Zweitbeklagte bei Abschluss (und Verbücherung) dieses Kaufvertrags nicht gutgläubig gewesen sei. Somit erweise sich das Löschungsbegehren hinsichtlich beider Beklagten als begründet. Mit Punkt 2) des Hauptbegehrens verlange die klagende Partei die Herstellung des Zustandes in ihrem Vermögen, wie er ohne die falsa demonstratio im Kaufvertrag vom Jahre 1939 und dessen grundbücherlicher Durchführung bestanden hätte. Weil das Grundstück 61/1 lastenfrei von der Liegenschaft der klagenden Partei EZ ***** abgeschrieben und der Liegenschaft EZ ***** KG ***** zugeschrieben worden sei und der Zustand wiederhergestellt werden solle, der ohne die falsa demonstratio bestanden hätte, sei auch das Begehren auf Bewirkung der lastenfreien Rückübertragung des Grundstücks 61/1 begründet. Eine Einwendung, dass eine solche Rückübertragung, insbesondere aus dem Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem pfandrechtlich gesicherten Gläubiger – auf der Liegenschaft EZ ***** KG ***** haftet zu C-OZ 7 das Pfandrecht für eine Forderung von 80.000 S zugunsten des Wohn- und Siedlungsfonds des Landes ***** aus – unmöglich wäre, hätten die Beklagten nicht erhoben.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Sinne des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO liegt – wie die Prüfung durch den Obersten Gerichtshof ergeben hat – nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die rechtlichen Ausführungen der Beklagten gegen die Auffassung der Vorinstanzen, die Löschungsklage sei nicht verjährt, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Nur ein redlicher Besitz der klagenden Partei hätte die Verjährungszeit gehemmt; diesbezüglich fehlten aber die erforderlichen Feststellungen. § 898 BGB, auf den sich Ehrenzweig, System2, I/2, 246 berufe, widerspräche dessen Auffassung, dieselbe Zeit, die als Ersitzungszeit für den einen laufe, könne nicht als Verjährungszeit dem anderen zustatten kommen, weil nach dieser Bestimmung „nach erfolgter Ersitzung und Rektifikation des Grundbuches ein Berichtigungsanspruch“ entfalle. Die Meinung, dass die Verjährung solange nicht beginne, als der in seinem bücherlichen Recht Verletzte im qualifizierten Besitz der Liegenschaft sei, würde bedeuten, dass nach Änderung der Rechtslage durch Ersitzung die Verjährung einer dadurch sinnlos gewordenden Löschungsklage erst zu laufen begänne. Das österreichische Recht sehe die Ersitzung in engem Zusammenhang mit der Verjährung. Gemäß § 1478 ABGB würden, insoweit jede Ersitzung eine Verjährung in sich begreife, beide mit den vorgeschriebenen Erfordernissen in einem Zeitraum vollendet. Die Verjährung beginne grundsätzlich mit dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem das Recht zuerst hätte ausgeübt werden können. So beginne die Verjährung der Irrtumsanfechtung gemäß § 1487 ABGB im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Da die falsa demonstratio ein gemeinsamer Erklärungsirrtum sei, habe für sie dasselbe zu gelten. Die von Lehre und Rechtsprechung vertretene Meinung widerspreche der österreichischen Rechtsordnung und führe zu einem sinnlosen Ergebnis.

Diesen Ausführungen kann nicht zugestimmt werden. Die Ausführungen zur Irrtumsanfechtung versagen schon deshalb, weil es sich entgegen der Meinung der Beklagten bei der falsa demonstratio nicht um einen gemeinsamen Erklärungsirrtum, sondern um eine Fehlbezeichnung handelt, der sachlich keine Fehlvorstellung zugrunde liegt (Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts7 I 113; EvBl 1962/510, S 66). Es geht daher auch nicht um die Anfechtung des Vertrags aus dem Jahre 1939.

Mit dem Vorbringen zum Zusammenhang zwischen Ersitzung und Verjährung ist für die Beklagten ebenfalls nichts zu gewinnen. Die Beklagten setzen bei diesen Ausführungen offensichtlich voraus, dass ihrerseits eine Ersitzung erfolgt sei, die eine Verjährung der Rechte der klagenden Partei in sich begreife. Dies muss schon daran scheitern, dass hier kein Fall einer Ersitzung des Eigentums durch die Beklagten gegeben sein kann, weil es hiefür nach den Feststellungen am erforderlichen Sachbesitz (Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 1460 mwN) gefehlt hat. Damit versagt aber auch eine Ableitung der Verjährung der Rechte der klagenden Partei aus einer Koppelung mit der Ersitzung auf Seiten der Beklagten und gehen ihre Ausführungen ins Leere, wonach es sinnlos wäre, die Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt laufen zu lassen, in dem die Ersitzung schon vollendet wäre. Diese Ausführungen geben ebenso wenig wie der Hinweis auf § 898 BGB – insoweit lassen die Beklagten außer Acht, dass österreichisches Recht anzuwenden ist – Anlass, von der in Lehre (Ehrenzweig, System2, I/2, 246; Klang in Klang-Kommentar2, II, 385; Melzer-Brügel, Natural- und Tabularbesitz, 175 f) und Rechtsprechung (EvBl 1972/136, S 242) übereinstimmend vertretenen Auffassung abzugehen, dass die Verjährungsfrist für die Löschungsklage des in seinem bücherlichen Recht Verletzten nicht beginnt, solange er sich im Besitz der Liegenschaft befindet.

Dem Vorbringen der Beklagten zur Frage der Redichkeit der klagenden Partei braucht, ohne dass zu klären ist, ob eine solche Redlichkeit überhaupt zu fordern ist, nur entgegen gehalten werden, dass sich die Redlichkeit der klagenden Partei aus der Feststellung der falsa demonstratio ergibt.

Bei den Ausführungen zur Frage der Gutgläubigkeit des Zweitbeklagten gehen die Beklagten davon aus, dass der Zweitbeklagte vom Erstbeklagten (offenbar anlässlich des Kaufvertrags im Jahre 1971) die Information erhalten habe, dass das Grundstück 61/1 im Eigentum des Erstbeklagten sei und daher eine Übertragung an ihn möglich wäre. Da eine solche Information nicht festgestellt wurde und dieses Vorbringen vielmehr im Widerspruch mit den Feststellungen steht, der Erstbeklagte sei vor dem 11. 6. 1982 selbst nicht der Ansicht gewesen, mit dem Kaufvertrag im Jahre 1939 durchsetzbare Rechte am Grundstück 61/1 erworben zu haben, und es habe nicht festgestellt werden können, dass den Beklagten (bei Abschluss des Kaufvertrags im Jahre 1971) die Eigentumsübertragung am großen Grundstück 61/1 bewusst gewesen sei, ist die Revision insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt und daher unbeachtlich.

Was die Beklagten schließlich mit dem Revisionsvorbringen, zur Beurteilung des klägerischen auf Ersitzung gestützten Alternativbegehrens fehlten erforderliche Sachverhaltsfeststellungen, erreichen wollen, ist nicht erfindlich, zumal das Erstgericht ungerügt dieses Begehren als Eventualbegehren angesehen und darüber wegen der Stattgebung des Hauptbegehrens nicht abgesprochen hat.

Der insgesamt unberechtigten Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E116786

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00631.840.0130.000

Im RIS seit

17.01.2017

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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