TE OGH 1986/2/11 5Ob301/86

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Veröffentlicht am 11.02.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann F***, Speditionskaufmann (Angestellter), Berndorf 204, vertreten durch DDr.Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr.Rudolf WÖRAN, Rechtsanwalt in Salzburg, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Spedition F***

reg.Gen.m.b.H., Salzburg, Elisabethstraße 11 a, wegen Feststellung einer Forderung von 305.706,45 S infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 3.Oktober 1985, GZ 5 R 153/85-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18.Jänner 1985, GZ 8 a Cg 14/84-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gleich Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung:

Der Kläger war bei der Spedition F*** reg.Gen.m.b.H. in Salzburg seit 1.Oktober 1981 als Angestellter tätig, und zwar als Disponent für die gesamte Transportvermittlung. Am 27.Februar 1984 wurde der Kläger zum 31.März 1984 schriftlich gekündigt. Mit Schreiben vom 29.März 1984 wurde er fristlos entlassen. Am 9.Mai 1984 wurde über das Vermögen der Genossenschaft der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Der Kläger meldete in der allgemeinen Konkursklasse - davon ausgehend, daß die fristlose Entlassung nicht gerechtfertigt gewesen und die Kündigung erst mit 30.Juni 1984 wirksam geworden sei - Forderungen aus dem Dienstverhältnis von 359.284,70 S einschließlich Zinsen von 3.322,20 S an. Der Beklagte anerkannte 44.052,59 S und bestritt den Restbetrag mit der Begründung, daß der Kläger gerechtfertigt entlassen worden sei.

Mit der gegenständlichen Klage begehrte der Kläger - nach zwei Klageeinschränkungen (AS 32 und 35) und einer Klageausdehnung (AS 43 f.) - die Feststellung, daß die von ihm angemeldete Forderung mit dem Betrag von 305.706,45 S zu Recht bestehe. Dieser Betrag ist die Differenz zwischen den vom Kläger erhobenen Ansprüchen an Gehalt bzw. Kündigungsentschädigung für die Monate März bis Juni 1984 (140.000 S brutto), anteiligen Sonderzahlungen (35.000 S), Urlaubsabfindung für 20 Tage (29.526,34 S), Abfertigung in der Höhe des vierfachen Monatsentgelts (163.333 S) und kapitalisierten Zinsen (3.322,20 S) einerseits und bezahlten bzw. vom Beklagten anerkannten Beträgen von insgesamt 65.476,09 S (AS 26) andererseits, wobei dem Kläger ein Rechenfehler zu seinen Gunsten in der Höhe von 1 S unterlaufen ist.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde sowie der Höhe nach und beantragte Klageabweisung. Er wendete ein, daß über die bezahlten und anerkannten Beträge hinaus keinerlei Ansprüche des Klägers bestünden. Der Kläger sei unter Verstoß gegen das einem Angestellten auferlegte Konkurrenzverbot für ein Konkurrenzunternehmen tätig gewesen, sodaß die fristlose Entlassung gerechtfertigt gewesen sei. Überdies sei der Kläger zum 31.März 1984 gekündigt worden, sodaß das Dienstverhältnis mit diesem Zeitpunkt ohnehin geendet hätte.

Der Kläger erwiderte, er sei im März 1984 noch in keinem fixen Beschäftigungsverhältnis zur Firma Martin K*** gestanden, sondern habe sich nur in dieses Unternehmen eingearbeitet und auf seine künftige Tätigkeit ab 1.April 1984 vorbereitet. Er habe schon deshalb nicht gegen das Konkurrenzverbot verstoßen. Überdies handle es sich bei der Gemeinschuldnerin und der Firma K*** um Unternehmen mit verschiedenen Geschäftsbereichen. Die fristlose Entlassung sei somit zu Unrecht erfolgt. Die Gemeinschuldnerin habe die Kündigungsfrist von 6 Monaten nicht eingehalten und der Kläger habe sich daher gegen die vorzeitige Kündigung zum 31.März 1984 ausgesprochen, sodaß die Kündigung erst zum 30.Juni 1984 wirksam geworden wäre. Die Berechnung des vom Beklagten im Konkurs anerkannten Betrages von 44.052,59 S sei dann ziffernmäßig richtig, wenn man von der - vom Kläger bestrittenen - Beendigung des Dienstverhältnisses mit 29.März 1984 ausgehe (AS 32). Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Gemeinschuldnerin beschäftigte sich spätestens seit 1957 mit der Ausübung des gesamten Speditionsgewerbes und der Entgegennahme und Vermittlung von Transportaufträgen aller Art. Der Kläger war bei der Gemeinschuldnerin seit 1.Oktober 1981 als Disponent im Angestelltenverhältnis beschäftigt und bezog zuletzt ein Monatsgehalt von 35.000 S brutto. Er erhob gegen die am 27.Februar 1984 zum 31.März 1984 schriftlich ausgesprochene Kündigung keinen Einwand, sondern fragte den Obmann der Gemeinschuldnerin Erich A***, ob er ab nun zu Hause bleiben solle. Der Obmann erwiderte, er werde das dem Kläger noch mitteilen; dies ist etwa Mitte März 1984 geschehen. Ab diesem Zeitpunkt konsumierte der Kläger ihm noch zustehenden Urlaub.

Über ein Zeitungsinserat meldete sich der Kläger einige Tage vor dem 26.März 1984 bei Erich K***, dem Inhaber des (in Salzburg etablierten) Transportunternehmens Firma Martin K***. Gegenstand dieses Unternehmens ist auch die Vermittlung von Transportaufträgen. Mit 26.März 1984 begann der Kläger bei der Firma Martin K*** als Disponent im Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Ab diesem Zeitpunkt wurde er hiefür auch entlohnt. Über seinen Wunsch erfolgte die Anmeldung bei der SALZBURGER GEBIETSKRANKENKASSE erst mit 2.April 1984. Der Kläger war bei der Firma Martin K*** auch mit dem Disponieren und Vermitteln von LKW-Transportaufträgen befaßt. Um den 26. März 1984 wurde bei der Gemeinschuldnerin bekannt, daß der Kläger für die Firma K*** tätig sein soll. Daraufhin wurde ein Detektivbüro eingeschaltet, das durch eine fingierte Anfrage wegen einer Übersiedlung der Gemeinschuldnerin die Gewißheit verschaffen konnte, daß der Kläger tatsächlich dort tätig ist. Aus diesem Grund beschloß der Vorstand der Gemeinschuldnerin am 29.März 1984 die Entlassung des Klägers und teilte dies dem Kläger am selben Tag schriftlich mit.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Kläger habe als Angestellter der Gemeinschuldnerin gegen das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG verstoßen. Die Gemeinschuldnerin und die Firma Martin K*** seien im selben Geschäftszweig, nämlich im Speditionsgewerbe, tätig gewesen. Für eine Verletzung dieses Konkurrenzverbotes reiche es aus, wenn eine Konkurrenztätigkeit erst vorbereitet werde, der Angestellte dabei aber mit dem Arbeitgeber in ein Wettbewerbsverhältnis trete. Da der Kläger noch bei aufrechtem Dienstverhältnis zur Gemeinschuldnerin bei einem gleichartigen Unternehmen im Stadtgebiet von Salzburg wiederum als Disponent tätig gewesen sei, sei dies daher als eine Konkurrenzierung der Gemeinschuldnerin anzusehen. Das Konkurrenzverbot beziehe sich auf die gesamte Dauer des aufrechten Arbeitsverhältnisses, damit auch auf die Dauer des Urlaubes und einer Kündigungsfrist, und zwar selbst bei Dienstfreistellung. Die fristlose Entlassung des Klägers gemäß § 27 Z 3 AngG sei daher gerechtfertigt gewesen. Dies führe zum Verlust eines allfälligen Abfertigungsanspruches und zum Verfall des Urlaubsanspruches. Über den 29.März 1984 hinaus stünden dem Kläger keinerlei Ansprüche aus dem Dienstverhältnis mehr zu, da es unstreitig sei, daß bei der Annahme einer Beendigung mit diesem Zeitpunkt alle Ansprüche des Klägers erfüllt seien.

Das Berufungsgericht gab der auf die Rechtsmittelgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Berufung des Klägers nicht Folge.

Es führte zusammengefaßt aus:

Zu Unrecht bemängle der Kläger das Fehlen von Feststellungen darüber, ob und bejahendenfalls welche Handelsgeschäfte er ab 26. März 1984 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Firma K*** abgeschlossen habe. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liege nicht vor. Die Berufungsausführungen seien auch nicht geeignet, Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes und die daraus abgeleiteten Tatsachenfeststellungen zu erwecken. Das Erstgericht stellte fest, daß der Kläger noch während seines aufrechten Dienstverhältnisses mit der Gemeinschuldnerin bereits bei dem Konkurrenzunternehmen, der Firma Martin K***, mit dem Disponieren und Vermitteln von Transportaufträgen, sohin mit Speditions- und Frachtgeschäften, beschäftigt war. Weiters steht fest, daß sich die Gemeinschuldnerin mit der Ausübung des gesamten Speditionsgewerbes und der Entgegennahme und Vermittlung von Transportaufträgen aller Art beschäftigte. Gleiches gilt für die Firma Martin K***, ein Transportunternehmen, welches ebenfalls die Übernahme und die Vermittlung von Transportaufträgen zum Gegenstand hat. Das Erstgericht hat diese Feststellung nicht nur aus dem Handelsregisterauszug, sondern vor allem aus der Aussage des Zeugen Erich K***, des Inhabers der Firma Martin K***, getroffen. Daß sowohl die Gemeinschuldnerin als auch die Firma K*** im Bereich der Transportvermittlung tätig waren, ergibt sich aber auch aus der Aussage des Zeugen Erich A***. Die Aussage des Klägers, er habe vom 26. bis zum 29.März 1984 keine Aufträge erteilt und keine Aufträge entgegengenommen, sondern in dieser Zeit nur den Fuhrpark der Firma K*** eingeteilt und kennengelernt, ist widerlegt. Der Kläger sagte selbst aus, daß Erich K*** dringend jemanden suchte und wollte, daß er gleich zu arbeiten beginne, sodaß auch dadurch die Aussage des Zeugen Erich K***, der Kläger sei bei ihm vom 26. März 1984 an mit dem Disponieren und Vermitteln von Transportaufträgen befaßt gewesen, die innere Wahrscheinlichkeit für sich hat.

Der Rechtsrüge des Klägers, er habe gegen das Konkurrenzverbot nicht verstoßen (daraus, daß er bei der Firma K*** mit dem Disponieren und Vermitteln von LKW-Transportaufträgen befaßt gewesen sei, könne nicht abgeleitet werden, daß er für dieses Unternehmen im Sinne des § 7 Abs 1 AngG Handelsgeschäfte gemacht habe; ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot setze das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses voraus, das zwischen der Gemeinschuldnerin und der Firma K*** aber nicht bestanden habe), selbst ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot einige Zeit vor Ablauf der Kündigungsfrist würde aber einen Entlassungstatbestand nicht verwirklichen, könne nicht beigepflichtet werden. Als ein wichtiger Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtige, sei es insbesondere anzusehen, wenn der Angestellte ohne Einwilligung des Dienstgebers im Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte mache (§ 27 Z 3 AngG). Dieser Entlassungsgrund diene der Sicherung des gesetzlichen Konkurrenzverbotes und stimme daher in seinem Wortlaut mit § 7 AngG weitgehend überein. Ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot und somit ein Entlassungsgrund werde dann nicht angenommen, wenn bei aufrecht bestehendem Dienstverhältnis im Stadium der Kündigung in einem Unternehmen der Konkurrenz eine Beschäftigung angenommen, aber keine der im § 7 AngG aufgezählten Tätigkeiten ausgeübt werde (Martinek-Schwarz, AngG 6 , 617, Anm. 15 zu § 27). Nach Lehre und Rechtsprechung würden unter dem Begriff "Handelsgeschäfte für eigene oder fremde Rechnung" nur solche im Sinne der Art. 271 und 272 des früher in Geltung gestandenen AHGB verstanden (Martinek-Schwarz aaO 218 Anm. 6 zu § 7; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 194; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht 2 I 106; SZ 43/66 = Arb. 8742; 4 Ob 22/81 = SozM I A d 1241). Nach Art. 272 Z 3 AHGB seien Geschäfte des Kommissionärs, des Spediteurs und des Frachtführers als Handelsgeschäfte angesehen worden. Der Kläger sei seit 26.März 1984 bei einem Konkurrenzunternehmen der Gemeinschuldnerin als "Disponent" angestellt gewesen, worunter üblicherweise ein kaufmännischer Angestellter zu verstehen sei, der mit besonderen Vollmachten ausgestattet sei und einen größeren Unternehmensbereich leite (Duden-Fremdwörterbuch 4 , 191). Insbesondere sei der Kläger mit dem Disponieren und Vermitteln von LKW-Transportaufträgen befaßt gewesen. Damit sei aber erwiesen, daß er im Geschäftszweig der Gemeinschuldnerin für Rechnung eines anderen Unternehmens Handelsgeschäfte im Sinne des Art. 272 Z 3 AHGB gemacht habe, ohne daß es erforderlich sei, im einzelnen solche Geschäftsabschlüsse zu erheben und festzustellen. Das Konkurrenzverbot des § 7 AngG erstrecke sich auf die gesamte Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses, somit auch auf die Zeit der Kündigungsfrist, selbst wenn der Dienstgeber auf weitere Dienstleistung verzichtet habe (Martinek-Schwarz aaO 218 Anm. 7 zu § 7; Schwarz-Löschnigg aaO 195). Ob überdies der Tatbestand der Untreue nach § 27 Z 1 AngG verwirklicht wäre (vgl. dazu Arb. 9234), könne dahingestellt bleiben. Der Auffassung des Klägers, ein Verstoß gegen das Konkurrenzverbot einige Zeit vor Ablauf der Kündigungsfrist stelle einen die Entlassung rechtfertigenden Grund nicht dar, sei nicht beizutreten.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Als ein wichtiger Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, ist es nach § 27 Z 3 AngG insbesondere anzusehen, wenn einer der im § 1 AngG bezeichneten Angestellten ohne Einwilligung des Dienstgebers ein selbständiges kaufmännisches Unternehmen betreibt oder im Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte macht. Der Kläger bestreitet zunächst, bereits vor der Beendigung seines Dienstverhältnisses zur Gemeinschuldnerin in deren Geschäftszweig Handelsgeschäfte für Rechnung der Firma K*** gemacht und damit gegen das Konkurrenzverbot nach § 7 Abs 1 AngG verstoßen zu haben. Bei der Beurteilung der Frage, ob er im Geschäftszweig der Gemeinschuldnerin Handelsgeschäfte für Rechnung der Firma K*** gemacht habe, sei nicht von jenem Umfang der Geschäftstätigkeit der Gemeinschuldnerin und der Firma K*** auszugehen, in dessen Rahmen diese Unternehmen laut Handelsregister tätig werden könnten, sondern von jenem, den die Geschäftstätigkeit dieser Unternehmen tatsächlich habe. Hätten die Vorinstanzen die hiefür erforderlichen Feststellungen getroffen, so hätte sich ergeben, daß es sich bei dem Unternehmen der Firma K*** nicht um einen Konkurrenzbetrieb der Gemeinschuldnerin handle. Während die Firma K*** nämlich laut Amtlichem Telefonbuch Schwerst- und Spezialtransporte, internationale Transporte, Kühltransporte, Lagerhäuser, vollhydraulische Teleskop-Autokräne, Spezialfahrzeuge für Landmaterialtransporte und Tiefladertransporte bis 80 Tonnen betreibe, habe die Gemeinschuldnerin lediglich von Speditionen in Auftrag gegebene Fuhren an die Frächter, die ihre Mitglieder waren, vermittelt sowie die Verwaltung, Verrechnung und Buchführung besorgt. Daß der Kläger bereits vor der Beendigung seines Dienstverhältnisses zur Gemeinschuldnerin für Rechnung der Firma K*** Handelsgeschäfte gemacht hätte, habe der Beklagte trotz der ihn treffenden Behauptungs- und Beweislast weder konkret behauptet noch bewiesen. Allein aus der Tatsache, daß der Kläger bei der Firma K*** als Disponent angestellt gewesen sei, könne nicht geschlossen werden, daß er unter das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG fallende Handelsgeschäfte gemacht habe; bloße Vorbereitungshandlungen zur künftigen Ausübung der Tätigkeit eines Disponenten bei einem anderen Dienstgeber, so etwa das Sichvertrautmachen mit dessen Fuhrpark, verstießen aber nicht gegen das Konkurrenzverbot.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß sie nicht von dem festgestellten Sachverhalt ausgehen, den die Vorinstanzen ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt haben. Danach haben sich sowohl die Gemeinschuldnerin als auch die Firma K*** mit der Vermittlung von Transportaufträgen befaßt und wurde der Kläger, der bei der Gemeinschuldnerin als Disponent für die gesamte Transportvermittlung arbeitete, noch während seines aufrechten Dienstverhältnisses zur Gemeinschuldnerin auch bei der Firma K*** mit dem Disponieren und Vermitteln von Transportaufträgen beschäftigt. Die Feststellungen über den Geschäftszweck beruhen nicht nur auf dem Handelsregister, die Feststellungen über die Tätigkeit des Klägers bei der Firma K*** nicht nur auf Schlußfolgerungen; sämtliche Feststellungen wurden vielmehr auch auf Grund von Zeugenaussagen getroffen; die Parteiaussage des Klägers, er habe vom 26. bis zum 29.März 1984 für Rechnung der Firma K*** weder Aufträge erteilt noch entgegengenommen, sondern während dieser Zeit nur den Fuhrpark der Firma K*** eingeteilt und kennengelernt, wurde ausdrücklich für widerlegt erachtet. Da sich sowohl die Gemeinschuldnerin als auch die Firma K*** tatsächlich mit der Vermittlung von Transportaufträgen befaßten, kann die Frage auf sich beruhen, ob der Begriff des Geschäftszweiges so eng zu ziehen ist, wie der Kläger meint (so Martinek-Schwarz, AngG 6 , 618, Anm. 17 zu § 27, Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 194 und Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht 2 I 106 je unter Hinweis auf Arb. 7909), oder ob sich das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG auch auf Handelsgeschäfte erstreckt, die der Dienstgeber nach der Zweckwidmung seines Handelsgewerbes betreiben könnte (so Kuderna, Entlassungsrecht 93 unter Berufung auf Arb. 6538). Die Feststellung konkreter vom Kläger vor der Beendigung seines Dienstverhältnisses zur Gemeinschuldnerin für Rechnung der Firma K*** gemachter Handelsgeschäfte ist zur Bejahung des Entlassungstatbestandes des § 27 Z 3 AngG nicht erforderlich; ob der Abschluß des Handelsgeschäftes dem Dienstgeber tatsächlich Konkurrenz macht, ist nicht weiter zu prüfen (Floretta-Spielbüchler-Strasser aaO), ein Schadenseintritt beim Dienstgeber ist zur Herstellung dieses Entlassungstatbestandes nicht notwendig (Kuderna aaO).

Sodann vertritt der Kläger den Standpunkt, daß ein Entlassungstatbestand (nach § 27 Z 3 oder Z 1 Fall 3 AngG) selbst dann nicht vorläge, wenn er bereits vor der Beendigung seines Dienstverhältnisses zur Gemeinschuldnerin für Rechnung der Firma K*** Handelsgeschäfte gemacht hätte. Ein solches - von ihm nach wie vor bestrittenes - Verhalten kurz vor Eintritt des Kündigungstermins (31.März 1984) hätte der Gemeinschuldnerin die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Kündigungstermin nicht unzumutbar gemacht und hätte ihn des Vertrauens der Gemeinschuldnerin auch nicht unwürdig erscheinen lassen. Falls der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma K*** nicht (gemeint wohl: sogleich am 26.März 1984 in vollem Umfang) aufgenommen hätte, wäre er überdies der Arbeitslosigkeit ausgesetzt gewesen.

Zu dieser Argumentation ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Den Vorinstanzen ist zwar darin beizupflichten, daß sich das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG auf die gesamte Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses erstreckt, somit auch auf die Zeit der Kündigungsfrist, und zwar selbst dann, wenn der Dienstgeber auf eine weitere Dienstleistung während dieser Zeit - etwa, weil der Dienstnehmer noch seinen Urlaub verbrauchen will - verzichtet hat (siehe außer den bereits vom Berufungsgericht zitierten Belegstellen Martinek-Schwarz, AngG 6 , 218 f., Anm. 7 zu § 7, und Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 195, noch Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 124 f. zu § 1162, sowie Kramer, Glosse zu ZAS 1978/27). Dem Dienstnehmer bleibt es lediglich unbenommen, noch während der Dauer seines Dienstverhältnisses Vorbereitungshandlungen zum Betrieb eines selbständigen kaufmännischen Unternehmens oder zum Abschluß von Handelsgeschäften im Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung in der Zeit nach Beendigung seines Dienstverhältnisses zu setzen (Schwarz-Löschnigg aaO 194; Kuderna aaO 91; Krejci aaO Rdz 126; ZAS 1974/29 mit Glosse von Heinrich; Heinrich in RdW 1986, 19; zu der vergleichbaren Bestimmung des in Österreich nicht geltenden § 60 HGB siehe Würdinger in Großkommentar zum HGB 3 Anm. 2 zu § 60; Schlegelberger, HGB 5 , Anm. 7 und 8 aE zu § 60). Die Frage, ob schon der bloße Abschluß eines neuen Dienstverhältnisses im Geschäftszweig des Dienstgebers mit einem anderen Dienstgeber während des noch aufrechten früheren Dienstverhältnisses gegen das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG verstößt (so Kuderna aaO 93) oder als erlaubte Vorbereitungshandlung anzusehen ist, kann auf sich beruhen, weil dieser Fall hier nicht vorliegt.

Die Vorinstanzen haben aber nicht beachtet, daß jeder Entlassungsgrund, um eine Entlassung rechtfertigen zu können, voraussetzt, daß dem Dienstgeber infolge des im übrigen tatbestandsmäßigen Verhaltens des Dienstnehmers nach der Lage der Umstände die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum nächsten Kündigungstermin oder bis zum Ablauf der Vertragszeit oder - wie hier - im Falle einer der Entlassung vorangegangenen Kündigung für die restliche Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Dieses Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Dienstnehmers für den Dienstgeber ermöglicht die Abgrenzung zwischen einem in abstracto wichtigen Entlassungsgrund und einem in concreto geringfügigen Sachverhalt (Kuderna aaO 35 ff., insbes. 37). Im gegenständlichen Fall war das Dienstverhältnis des Klägers zur nachmaligen Gemeinschuldnerin zum 31.März 1984 durch Kündigung aufgelöst worden (vgl. Arb. 8669, SZ 56/176 u.a.), als der Kläger - im Einverständnis mit der Gemeinschuldnerin ihm noch zustehenden Urlaub konsumierend - ab dem 26.März 1984 bei der Firma K*** als Disponent tätig wurde. Dazu kommt, daß - wie dem am 18.Mai 1984 an das Konkursgericht erstatteten Bericht des Beklagten als Masseverwalters zu entnehmen ist - die Gemeinschuldnerin bereits im April 1984 den Betrieb einstellte und keine weiteren Transportaufträge mehr abwickelte und die Genossenschafter an einer Wiederaufnahme und Fortführung des Betriebes nicht interessiert waren. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, daß der Gemeinschuldnerin eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger bis zum 31.März 1984 wegen dessen Verhaltens nicht mehr zumutbar gewesen wäre.

Das hat zur Folge, daß die fristlose Entlassung des Klägers nicht gerechtfertigt erfolgte, weshalb in einem fortgesetzten Verfahren die Berechtigung der darauf gestützten Ansprüche des Klägers, die vom Beklagten bestritten wurden, zu prüfen sein wird. Es war daher der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen.

Der Vorbehalt der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E07496

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00301.86.0211.000

Dokumentnummer

JJT_19860211_OGH0002_0050OB00301_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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