TE OGH 1986/2/27 6Ob709/84

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Veröffentlicht am 27.02.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** CREDIT-I***, Aktiengesellschaft, Wien 1., Herrengasse 12, vertreten durch Dr.Ludwig Kammerlander, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei LAND S***, vertreten durch Dr.Alfred Lind, Rechtsanwalt in Graz, wegen 1,357.664,70 S s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 4.Juni 1984, GZ 5 R 78/84-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 19.März 1984, GZ 13 Cg 212/83-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 17.123,32 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.447,57 S Umsatzsteuer und 1.200 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hat an Siegfried und Elfriede W*** ein Darlehen in der Höhe von 900.000 S nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz, sowie ein Darlehen in der Höhe von 374.000 S nach dem Landeswohnbauförderungsgesetz zur ungeteilten Hand zugezählt. Für diese Darlehen hat die beklagte Partei nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz und dem Landeswohnbauförderungsgesetz 1974 die Bürgschaft übernommen. Die Bürgschaftserklärungen der beklagten Partei sind mit zwei Schreiben vom 5.August 1981 durch die Klägerin angenommen worden. Da die beiden Darlehensnehmer in der Folge die Rückzahlungsraten nicht eingehalten haben, wurde gegen sie Klage und erfolglos Exekution geführt.

Mit ihrer am 14.Juli 1983 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin auf Grund dieser Bürgschaftserklärungen von der beklagten Partei die Zahlung der aushaftenden Darlehensbeträge samt den vereinbarten Zinsen.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen ein, in der Bürgschaftserklärung sei ausdrücklich festgehalten worden, daß die Bürgschaft gegenstandslos werde, wenn die beklagte Partei genötigt sei, die Förderung einzustellen, weil der Nachweis über die widmungsgemäße Verwendung (Endabrechnung) nicht erbracht werde. Die beklagte Partei habe die endgültige Übernahme der Bürgschaft von der nach Endabrechnung der Förderungswerber zu ermittelnden Bestimmung ihres Haftungsausmaßes abhängig gemacht. Die Darlehen seien widmungswidrig verwendet worden und es sei auch keine Endabrechnung erfolgt. Da nach dem Inhalt des Bürgschaftsvertrages die Bürgschaft unter gewissen Bedingungen, nämlich bei Nichteinhaltung der Förderungsvoraussetzungen, gegenstandslos werde, könne die beklagte Partei trotz des Wirksamwerdens des Bürgschaftsvertrages unter diesen Bedingungen nicht zur Haftung herangezogen werden. Mit Schreiben vom 22.Juni 1982 sei der Klägerin mitgeteilt worden, daß die vom LAND S*** übernommene Bürgschaft nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz und nach dem Landeswohnbauförderungsgesetz gegenstandslos sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Siegfried und Elfriede W*** haben beim Amt der

S*** L*** um die Förderung von Arbeiten nach

dem Wohnungsverbesserungs- und dem Landeswohnbauförderungsgesetz 1974 angesucht. Mit Schreiben vom 8.Juli 1981 wurde ihnen vom Amt der S*** L*** mitgeteilt, daß nachstehende Förderungszusicherung für die Durchführung von Instandsetzungs- und Verbesserungsarbeiten am Haus Veitsch Nr. 17 erteilt wird: "1. Gemäß den Bestimmungen des Wohnungsverbesserungsgesetzes wird a) ein Annuitätenzuschuß von 40 % für das Darlehen der Ö*** L*** AG, Filiale Kapfenberg, im Betrag von S 900.000 auf die Dauer von 10 Jahren, das sind insgesamt S 596.480 gewährt. Die Überweisung erfolgt halbjährlich ab 1.Dezember 1981 in 20 gleichbleibenden Beträgen in der Höhe von je S 29.824 auf das Konto des obigen Geldinstitutes; b) die Bürgschaft für die schuldscheinmäßige Verzindung und Tilgung dieses Darlehens übernommen. 2. Gemäß den Bestimmungen des Landeswohnbauförderungsgesetzes 1974 wird a) ein Zinsenzuschuß von 6 % für das Darlehen der Ö*** L*** AG, Filiale

Kapfenberg, im Betrag von S 374.000 auf die Dauer von 10 Jahren, das sind insgesamt S 126.040 gewährt. Die Überweisung erfolgt halbjährlich ab 1.Dezember 1981 in 20 gleichbleibenden Beträgen in der Höhe von je S 6.302 auf das Konto des obigen Geldinstitutes;

b) die Bürgschaft für die schuldscheinmäßige Verzinsung und Tilgung dieses Darlehens übernommen." Eine Abschrift dieser Förderungszusicherung erging an die Klägerin, welche anstelle der Ö*** L*** AG, Filiale Kapfenberg, die Darlehen in

der Höhe von 900.000 S und 374.000 S den Ehegatten Siegfried und Elfriede W*** zur ungeteilten Hand zugezählt hat. Auf der Rückseite dieser Förderungszusicherung Beilage B waren die Bedingungen der Förderungszusicherung enthalten. Im Punkt 7. dieser Bedingungen der Förderungszusicherung ist mit Schreibmaschine noch der Satz eingefügt worden: "Die Förderungszusicherung gilt gleichzeitig als Endabrechnung". Mit den beiden Schreiben vom 10. Juli 1981, Beilagen C und D, hat die beklagte Partei Bürgschaftsanbote an die Klägerin für die beiden Darlehen nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz und nach dem Landeswohnbauförderungsgesetz 1974 gestellt. Im Bürgschaftsanbot nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz sind unter anderem folgende Bestimmungen enthalten: "... 4.) Die Bürgschaft wird endgültig für den Darlehensbetrag übernommen, für den das LAND S*** entsprechend der künftigen Abrechnung den Annuitätenzuschuß gewährt.

5.) Sollte das LAND S*** genötigt sein, die Förderung einzustellen (§ 6 Abs. 5 des Wohnungsverbesserungsgesetzes) oder zu widerrufen (§ 11 des Wohnungsverbesserungsgesetzes), so ist das vorliegende Bürgschaftsanbot gegenstandslos. 6.) Die Bürgschaft wird wirksam, wenn dieses Anbot binnen drei Monaten ab dem Ausfertigungsdatum vom Gläubiger schriftlich angenommen wird." Das Anbot für die Bürgschaft nach dem Landeswohnbauförderungsgesetz 1974 enthält unter anderem folgende Bestimmungen: "... 3.) Die Bürgschaft wird endgültig für den Darlehensbetrag übernommen, für den das LAND S*** entsprechend der künftigen Abrechnung den Zinsenzuschuß gewährt. 4.) Sollte das LAND S*** genötigt sein, die Förderung gemäß § 16 des Landeswohnungsförderungsgesetzes 1974 zu widerrufen oder einzustellen, so ist das vorliegende Bürgschaftsanbot gegenstandslos. 5.) Die Bürgschaft wird wirksam, wenn über den Darlehens- oder Kreditvertrag im Inland eine Urkunde errichtet wurde und das vorliegende Anbot binnen drei Monaten ab dem Ausfertigungsdatum vom Gläubiger schriftlich angenommen wird." Die Bürgschaftsanbote wurden mit den beiden Schreiben der Klägerin vom 5. August 1981 (Beilagen E und F) angenommen. Nach Annahme dieser Bürgschaftsanbote sind die Darlehensbeträge an Siegfried und Elfriede W*** ausbezahlt worden. Am 24.Juni 1982 erhielt die Klägerin ein mit 22.Juni 1982 datiertes Schreiben der beklagten Partei mit folgendem Inhalt: "Dem dortigen Kreditinstitut ist ein mit 10.Juli 1981 datiertes Anbot des LANDES S*** betreffend Übernahme der Bürgschaft für ein Darlehen von S 900.000 bzw. S 374.000 der Förderungswerber W*** Siegfried und Elfriede ... übermittelt worden. Das LAND S*** hat die Bürgschaft nach dem Wohnungsverbesserungsgesetz und nach dem Landeswohnbauförderungsgesetz 1974 u.a. unter der Bedingung angenommen, daß dieselbe gegenstandslos sei, wenn die Förderung eingestellt oder widerrufen werden müsse. Wie aus beiliegender Abschrift zu entnehmen ist, ist dieser Umstand eingetreten. Die Bürgschaft ist daher gegenstandslos ....". Diesem Schreiben lag eine Abschrift des Schreibens der beklagten Partei vom 22.Juni 1982 an Elfriede und Siegfried W*** bei, mit dem die Förderungszusicherung wegen widmungswidriger Verwendung der gewährten Darlehen widerrufen wurde.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, die Haftung der beklagten Partei als Bürgin für die Darlehen der Klägerin sei nur unter der Voraussetzung übernommen worden, daß die Mittel zweckbestimmt verwendet werden würden. Bei nicht zweckentsprechender Verwendung bzw. Nichterbringung des entsprechenden Nachweises durch Endabrechnung hätte eine Haftung der beklagten Partei nicht zum Tragen kommen sollen. Mangels sofortiger Endabrechnung der Förderungswerber sei aber schon die vertraglich vorgesehene Ermittlung des Haftungsumfanges der beklagten Partei unmöglich und eben davon habe die beklagte Partei die endgültige Bürgschaft abhängig gemacht. Der Satz "die Förderungszusicherung gilt gleichzeitig als Endabrechnung" sei Teil der Bedingungen der Förderungszusicherung, die sich an die Darlehensnehmer gerichtet habe, und nicht Inhaltsgegenstand des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Bürgschaftsvertrages.

Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil der Berufung der Klägerin Folge und verpflichtete die beklagte Partei zur Zahlung des Betrages von 1,357.664,70 S samt 13 % Zinsen seit 20. März 1982 an die Klägerin. Das Berufungsgericht ergänzte die Feststellungen des Erstgerichtes dahin, daß die Klägerin vor und nach dem Förderungsfall des Ehepaares W*** von der beklagten Partei Abschriften von Förderungszusicherungen an andere Förderungswerber erhalten habe, in denen folgende Sätze eingefügt waren: "Da die in der Förderungszusicherung festgesetzten Beträge auf Grund der vorgelegten Rechnungen ermittelt wurden, ist die vorliegende Förderungszusicherung gleichzeitig Endabrechnung. Die vorliegenden Urkunden folgen in der Anlage zurück."

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus: Die beklagte Partei habe mit der Förderungszusicherung an die Förderungswerber gleichzeitig auch eine Außenwirkung gegenüber den beteiligten Geldinstituten beabsichtigt. Gerade im Förderungsfall der Förderungswerber W*** könne die Mitteilung, daß die Förderungszusicherung gleichzeitig Endabrechnung sei, nicht als solche an die Förderungswerber verstanden werden, die ja tatsächlich noch nicht abgerechnet gehabt hätten, sondern als Verständigung der Bank mit Bedeutung für die nachfolgende Bürgschaftserklärung. Zur Beurteilung der sich für die Streitteile aus dem Satz "die Förderungszusicherung gilt gleichzeitig als Endabrechnung" (hier fehlen offensichtlich die Worte: ergebenden Bedeutung) sei auf die für die Partei maßgebliche Verkehrssitte als Anwendungsfall der Auslegungsregeln des § 914 ABGB zurückzugreifen. Die Feststellungen hätten ergeben, daß sich diese Formel nicht erst- und einmalig in der streitgegenständlichen Förderungszusicherung finde, sondern bereits in einem vorausgegangenen und in mehreren nachfolgenden Fällen aufgetaucht sei und sich damit eine Übung in der Förderungspraxis der beklagten Partei herausgebildet habe. Die unterschiedliche Diktion dieser Einfügungen vermöge dabei nichts daran zu ändern, daß der objektive Aussagewert im Förderungsfall W*** wie in den übrigen Fällen immer der gewesen sei, daß die Förderungsbeträge vom LAND S*** auf der Grundlage der bereits erfolgten Endabrechnung ermittelt worden seien, es sich also um die Förderung bereits durchgeführter und bereits abgerechneter Verbesserungsarbeiten gehandelt habe und damit der Nachweis über die widmungsgemäße Verwendung der Förderungsmittel erbracht worden sei. Da also das Verständnis der Klägerin von einer Mitteilung der beklagten Partei mit dem eines redlichen, verständigen Erklärungsempfängers übereinstimme, erscheine sie in ihrem Vertrauen auf diese Mitteilung und die damit endgültig zustandegekommene Bürgenhaftung der beklagten Partei schutzwürdig. Wenn nun in den schriftlichen Bürgschaftsanboten der beklagten Partei an die Klägerin vom 10.Juli 1981 auflösende Bedingungen für den Fall des Eintrittes gesetzlicher Einstellungs- und Widerrufsgründe festgelegt seien, so sei darauf zu verweisen, daß sich diese Bedingungen ausschließlich auf das vorgelegte Bürgschaftsanbot bezögen und die rechtswirksam gewordene Bürgschaft dem einseitigen Gestaltungswillen des Bürgen entzogen sei. Es könne deshalb der Klägerin, die im begründeten Vertrauen auf den erfolgten Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung von Förderungsmitteln den Förderungswerbern zwei Darlehen ausbezahlt habe, nicht zum Nachteil gereichen, daß bei einem Projekt, dem von vornherein Förderungsfähigkeit gefehlt habe, die zugesicherte Förderung habe widerrufen werden müssen. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Der beklagten Partei ist zwar zuzustimmen, daß ihre Haftung auf Grund des Bürgschaftsvertrages zu bestimmen ist. Es braucht dabei aber nicht darauf eingegangen werden, inwieweit außerhalb des schriftlichen Bürgschaftsanbotes und der Annahmeerklärung gelegene Erklärungen zur Auslegung der Bürgschaftsverpflichtung heranzuziehen sind (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 1346 mwN). Es kann auch auf sich beruhen, ob der in den Förderungszusicherungen der beklagten Partei gegenüber Elfriede und Siegfried W*** enthaltene Text "die Förderungszusicherung gilt gleichzeitig als Endabrechnung" gegenüber der Klägerin eine Wissens- oder Willenserklärung darstellte und ob er auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dieses Verfahrens einen Einfluß haben konnte. Denn auch bei Außerachtlassung dieser "Mitteilung" kann der beklagten Partei, die selbst das Wirksamwerden der Bürgschaft als richtig bezeichnet hat (AS 25), nicht in der Auffassung zugestimmt werden, die Bürgschaft sei gegenstandslos geworden, weil die Voraussetzungen für die Förderung (der Förderungswerber) nicht gegeben gewesen seien. Nach Meinung der beklagten Partei soll sich dies daraus ergeben, daß nach dem Inhalt des Bürgschaftsvertrages eine endgültige Übernahme der Bürgschaftshaftung durch die beklagte Partei nur im Falle des Vorhandenseins der für die Förderung notwendigen Voraussetzungen erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Obwohl die beklagte Partei nicht näher ausführt, aus welchen Umständen sich ein solcher "Vertragsinhalt" ergeben soll und obwohl sie nicht einmal den Versuch unternimmt, darzulegen, warum die Auslegung des Berufungsgerichtes, die in den Anboten enthaltenen auflösenden Bedingungen bezögen sich ausschließlich auf die Bürgschaftsanbote, unrichtig sein soll, sei folgendes entgegnet:

Es wurde schon darauf hingewiesen, daß die beklagte Partei selbst das Zustandekommen der Bürgschaft durch die Annahme der Bürgschaftsanbote nicht bestritten hat. Soweit die beklagte Partei daher die "Endgültigkeit" der Bürgschaften bestreitet und dies vom Bestehen der Förderungsfähigkeit der Darlehensnehmer abhängig machen will, ist dies wohl dahin zu verstehen, daß sie die Nichteinhaltung der Förderungsvoraussetzungen als auflösende Bedingungen ansieht. Aber auch wenn sie das Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen als aufschiebende Bedingung ansehen sollte, wäre für sie nichts zu gewinnen. Denn die vertraglichen Formulierungen lassen weder eine Auslegung dahin zu, daß die Einhaltung der Förderungsvoraussetzungen aufschiebende, noch daß sie auflösende Bedingung des Bürgschaftsvertrages sein sollte. Soweit in den oben wiedergegebenen wesentlichen Vertragsformulierungen von einer endgültigen Übernahme gesprochen wird, ist das Wort "endgültig" nicht im zeitlichen Sinne zu verstehen. Dieser Vertragspunkt und das darin verwendete Wort "endgültig" sind vielmehr im Zusammenhalt mit dem Teil der Anbote zu sehen, in welchem von der Zusicherung des jeweiligen Darlehens durch die Klägerin an die Darlehensnehmer und die Besicherung dieses jeweiligen Darlehens durch die Bürgschaft die Rede ist. Damit wurde die Höhe der Darlehensschuld in dem Sinne begrenzt, daß die Bürgschaft "endgültig" nur für jenen Darlehensbetrag übernommen werden sollte, für den die beklagte Partei entsprechend der künftigen Abrechnung den Zinsenzuschuß (Annuitätenzuschuß) gewährt. Auf den durch diese Vertragsbestimmung abgestellten betragsmäßigen Umfang der Bürgschaft braucht nicht weiter eingegangen werden, weil die beklagte Partei diesbezüglich gar nichts ausführt und schon in erster Instanz außer Streit gestellt hat, daß sie den Förderungswerbern zugesichert und die Klägerin davon verständigt hat, einen Annuitätenzuschuß von 40 % für das Darlehen im Betrage von 900.000 S und einen Zinsenzuschuß von 6 % für das Darlehen im Betrage von 374.000 S zu gewähren. Die Vertragsbestimmung über die endgültige Übernahme enthält daher keine aufschiebende Bedingung und hat nichts damit zu tun, daß die angebotene Bürgschaft erst ab einem bestimmten Zeitpunkt (endgültig) wirksam werden sollte. Den Wirksamkeitszeitpunkt setzte der Vertrag ohnehin mit der schriftlichen Annahme innerhalb von drei Monaten fest. Da somit der beklagten Partei nicht gefolgt werden könnte, wenn sie in der genannten Vertragsbestimmung eine aufschiebende Bedingung erblicken sollte und die Annahme der Bürgschaftsanbote durch die Klägerin feststeht, traten die Rechtswirkungen der Bürgschaft bereits mit dieser Annahmeerklärung ein. Aber auch dafür, daß die Rechtswirkungen des Bürgschaftsvertrages unter bestimmten Bedingungen hätten aufhören sollen, also für eine auflösende Bedingung, finden sich in den durch die Annahme der Bürgschaftsanbote wirksam gewordenen und durch den Inhalt der Bürgschaftsanbote bestimmten Verträgen keine Anhaltspunkte. Die im Verfahren aufgestellte Behauptung der beklagten Partei, es sei vereinbart worden, daß im Falle des Widerrufes oder der Einstellung der Förderung die Bürgschaft gegenstandslos sei, wurde durch das Beweisverfahren widerlegt, weil in den Bürgschaftsanboten nur davon die Rede ist, daß das Bürgschaftsanbot unter bestimmten Voraussetzungen gegenstandslos ist. Es braucht daher hier nicht erörtert werden, wie der Vertrag auszulegen wäre, wenn anstatt des Wortes "Bürgschaftsanbot" das Wort "Bürgschaft" verwendet worden wäre. Keinesfalls kann aber selbst bei Berücksichtigung, daß die Erklärung des Bürgen streng auszulegen und im Zweifel anzunehmen ist, daß er sich eher eine geringere als eine schwerere Last auferlegen wollte (vgl. Gamerith in Rummel aaO, Rdz 1 zu § 1353), nicht im Sinne einer Vereinbarung einer Auflösung eines wirksam zustandegekommenen Bürgschaftsvertrages verstanden werden. Gegen eine solche Auslegung spricht nicht nur das verwendete Wort "Bürgschaftsanbot", sondern auch, daß es sich bei der übernommenen Bürgschaft um eine Förderungsmaßnahme im Sinne des dem Wohnungsverbesserungsgesetz, BGBl. Nr. 426/1969, mit dem Bundesgesetz vom 9.Juli 1972, BGBl. Nr. 268, eingefügten § 6 a in der Fassung des Bundesgesetzes vom 30.Juni 1978, BGBl. Nr. 337, bzw. um eine solche im Sinne des § 7 Abs. 1 des Landeswohnbauförderungsgesetzes 1974 (LGBl. für das LAND S***, LGBl. Nr. 66/1974) gehandelt hat, deren Zweck nur darin gesehen werden kann, durch die Übernahme der Bürgschaft durch das Land Kreditunternehmungen zur Vergabe von Krediten an Förderungswerber zu bewegen, welcher Zweck aber weitgehend vereitelt würde, wenn der Bürge nach wirksam übernommener Bürgschaft infolge von Umständen, die vom Gläubiger nicht beeinflußbar sind, die Wirksamkeit der Bürgschaft wieder beseitigen könnte. Eine nach der Übung des redlichen Verkehrs (§ 914 ABGB) vorgenommene Auslegung dieser Vertragsbestimmung muß daher zum klaren Ergebnis führen, daß unter den in den Anboten genannten Voraussetzungen lediglich die Gegenstandslosigkeit des Bürgschaftsanbotes, also der Wegfall der Bindungswirkung des Anbotes vereinbart wurde. Die Rechtswirkungen des wirksam zustandegekommenen Bürgschaftsvertrages sind daher nicht beseitigt worden. Da somit der allein gegen ihre Zahlungspflicht erhobene Einwand der beklagten Partei nicht berechtigt ist, war ihrer Revision der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E07794

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00709.84.0227.000

Dokumentnummer

JJT_19860227_OGH0002_0060OB00709_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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