TE OGH 1986/3/4 14Ob11/86

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Veröffentlicht am 04.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna, Dr. Gamerith sowie durch die Beisitzer Prof.Dr. Robert Halpern und Dr. Walter Geppert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. P*** Baugesellschaft mbH & Co KG in Wien 13., Klitschgasse 2, vertreten durch Dr. Peter Schulyok, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B***-U*** in Wien 5., Kliebergasse 1 A, vertreten

durch Dr. Gustav Teicht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (Streitwert S 68.227,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 23.September 1985, GZ. 44 Cg 138/85-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 15. Jänner 1985, GZ. 2 Cr 335/84-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Aus Anlaß der Revision werden das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts und die Tagsatzung zur mündlichen Berufungsverhandlung am 23.9.1985 als nichtig aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuen Berufungsverhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung:

Das Arbeitsgericht Wien bewilligte mit Beschluß vom 15.5.1984 der beklagten Partei gegen die klagende Partei die Exekution zur Hereinbringung einer Forderung von S 68.227,-- sA. Diesem Beschluß lag ein zwischen den Parteien vor dem Arbeitsgericht Wien am 25.4.1984 abgeschlossener Vergleich zugrunde. Mit der beim Arbeitsgericht Wien eingebrachten Oppositionsklage begehrt die klagende Partei die Unzulässigerklärung der Exekution. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage.

Das Erstgericht verhandelte und entschied über diese Rechtsstreitigkeit in einem nach dem § 14 Abs.1 ArbGG zusammengesetzten Senat, also unter Zuziehung von Beisitzern. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- übersteigt und die Revision zulässig sei. Die Verhandlung und Entscheidung erfolgte hier in einem aus drei Berufsrichtern zusammengesetzten Senat, also ohne Zuziehung von Beisitzern und somit nicht in der im § 25 Abs.2 ArbGG für die Entscheidung über Berufungen im arbeitsgerichtlichen Verfahren nach vorhergehender mündlicher Verhandlung vorgesehenen Senatsbesetzung. Das Berufungsgericht vertrat dazu die Auffassung, nach dem § 30 Abs.1 ArbGG idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983 seien die Arbeitsgerichte zur Entscheidung über Anträge in Exekutionsverfahren berufen; nach dem Abs.3 leg.cit. sei im übrigen die EO anzuwenden. Diese Verweisung gelte auch für die Exekutionsklagen. Daraus folge im Wege der auf die grundsätzliche Anwendung der ZPO verweisenden § 78 EO die Geltung der Bestimmungen der §§ 461 ff ZPO anstelle der Vorschriften der §§ 23 ff ArbGG. Dem Berufungsverfahren in Rechtsstreitigkeiten nach der EO seien daher Beisitzer nicht zuzuziehen. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der Revision war zu prüfen, ob das Berufungsgericht in der für diese Rechtsstreitigkeit im Gesetz vorgesehenen Senatszusammensetzung verhandelt und entschieden hat. Die für eine solche Prüfung und Wahrnehmung einer allfälligen Nichtigkeit notwendige Voraussetzung des Vorliegens eines zulässigen, in der Sache selbst ergriffenen Rechtsmittels (EvBl.1975/297 mwH, RZ 1975/51 ua) ist mit Rücksicht auf den S 30.000,-- übersteigenden (§ 23 a Abs.4 ArbGG; die Anwendbarkeit der Verfahrensbestimmungen dieses Gesetzes wird noch zu begründen sein) Streitwert gegeben. Da der Streitwert bei Oppositionsklagen, die eine Exekution wegen Geldforderungen betreffen, in einem Geldbetrag besteht, ist ein Streitwertausspruch vom Berufungsgericht nicht vorzunehmen und ein dennoch erfolgter derartiger Ausspruch unbeachtlich (JBl.1979, 438 ua).

Bei der Beantwortung der Frage nach der Verfahrensart und der richtigen Senatsbesetzung in Rechtsstreitigkeiten nach der EO ist davon auszugehen, daß nach der vom Berufungsgericht übersehenen, nach dem § 30 Abs.3 ArbGG auch hier anzuwendenden Bestimmung des § 50 EO die gesetzlichen Vorschriften über die Beiziehung von Laienrichtern auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Exekutionsverfahren keine Anwendung findet. Darunter sind die die Bewilligung und den Vollzug einer Exekution betreffenden Verfahren zu verstehen, nicht aber exekutionsrechtliche Rechtsstreitigkeiten. Auf Exekutionsklagen ist die Vorschrift des § 50 EO daher nicht anzuwenden. Im § 58 Abs.2 EO wird ausdrücklich eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Arten von Verfahren vorgenommen (SZ 45/64; RZ 1975/51).

Da die Arbeitsgerichte gemäß dem § 30 ArbGG idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983 zur Bewilligung von Exekutionen auf Grund von ihnen geschaffener Exekutionstitel berechtigt sind, sind sie gemäß den §§ 35 Abs.2, 36 Abs.2 und 37 Abs.3 EO iVm § 30 Abs.3 ArbGG auch zur Entscheidung über Exekutionsklagen nach den §§ 35 bis 37 EO zuständig. Angesichts dieser klaren Gesetzeslage vermag daran auch der Umstand nichts zu ändern, daß für den Fall einer gemäß dem § 4 Abs.2 EO vom Exekutionsgericht bewilligten Exekution unterschiedliche Verfahrensbestimmungen zur Anwendung gelangen. Aus der oben dargelegten Nichtgeltung des § 50 EO für derartige Rechtsstreitigkeiten folgt dann aber, daß in erster Instanz das Arbeitsgericht in solchen Streitigkeiten in der im § 14 ArbGG vorgesehenen Senatsbesetzung zu verhandeln und zu entscheiden hat, während für die Gerichtsbesetzung des Berufungsgerichts mangels Geltung des § 50 EO die Vorschrift des § 25 Abs.2 ArbGG anzuwenden ist. Das Berufungsgericht hat daher in solchen Rechtsstreitigkeiten in einem aus drei Berufsrichtern und zwei Beisitzern bestehenden Senat zu entscheiden. Es hat aber auch die übrigen Bestimmungen des ArbGG über das Berufungsverfahren anzuwenden, weil diese Bestimmungen für alle Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte gelten. Daraus folgt im besonderen die Verpflichtung des Berufungsgerichts, das Verfahren gemäß § 25 Abs.1 Z 3 ArbGG neu durchzuführen.

Da das Berufungsgericht im vorliegenden Fall über die Berufung ohne Zuziehung von Beisitzern verhandelt und entschieden hat, liegt der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs.1 Z 2 ZPO vor. Das Urteil des Berufungsgerichts und die Tagsatzung zur mündlichen Berufungsverhandlung waren daher als nichtig aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird in einem nach den Vorschriften des § 25 Abs.2 ArbGG zusammengesetzten Senat unter Bedachtnahme auf den § 25 Abs.1 Z 3 ArbGG zu verhandeln und über die Berufung zu entscheiden haben. Die Kostenentscheidung ist im § 51 Abs.2 ZPO begründet.

Anmerkung

E07769

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00011.86.0304.000

Dokumentnummer

JJT_19860304_OGH0002_0140OB00011_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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