TE OGH 1986/3/11 5Ob22/86

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Veröffentlicht am 11.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Mieterin Dr. Ingeborg P***, Geschäftsfrau, Kaiserstraße 44-46, 1070 Wien, vertreten durch Rudolf D***, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs,

Bernardgasse 10,1070 Wien, dieser vertreten durch Dr. Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Vermieter 1. Max W***, Pensionist, Lannerstraße 24/26, 1190 Wien, und 2. Gertrude W***,Geschäftsfrau, Lannerstraße 24/26, 1190 Wien, beide vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, wegen Angemessenheit des begehrten Hauptmietzinses nach § 37 Abs1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses der Vermieter gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 6.November 1985, GZ 41 R 1010/85-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3.Juli 1985, GZ 47 Msch 87/84-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

In dem schriftlichen Mietvertrag vom 21.4.1959, mit dem die 74 m 2 große Geschäftsräumlichkeit im Haus Kaiserstraße 44-46, 1070 Wien auf der Grundlage des Jahresfriedenszinses von S 4.770 Kronen in Bestand gegeben wurde, ist die Klausel vorgedruckt gewesen: "Nach Abänderung der gesetzl.Vorschriften über die Mietzinsbildung ist ein neu zu vereinbarender Mietzins zu bezahlen". Ab Juni 1984 begehrte der Hausverwalter von der Mieterin die Zahlung eines von S 1.192,50 auf S 9.350,- erhöhten monatlichen Hauptmietzinses, weil ein Bestandzins von S 85,- je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat angemessen sei.

Die Mieterin, die den Standpunkt vertrat, es habe bei dem ihr bis Mai 1984 vorgeschriebenen und bezahlten Hauptmietzins von monatlich S 1.192,50 zu bleiben, machte die Sache mit dem Antrag auf Feststellung, um welchen Betrag das gesetzlich zulässige Ausmaß des Hauptmietzinses ab dem 1.6.1984 überschritten wurde, bei der Gemeinde anhängig und rief, weil das Verfahren nicht binnen drei Monaten zum Abschluß gelangt war, nach § 40 Abs2 MRG das Gericht an. Das Erstgericht entschied mit Sachbeschluß und stellte fest, daß die Vermieter durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 6.290,- für die Monate Juni 1984 bis Dezember 1984 das gesetzlich zulässige Mietzinsausmaß um monatlich S 590,-

überschritten haben. Die Vermieter hatten nach Feststellung der Nutzfläche der Geschäftsräumlichkeit ihre Zinsvorschreibung auf S 6.290,- berichtigt, weil sie zunächst von einer Größe des Bestandobjektes von 110 , m2 ausgegangen waren

(110 m 2 x S 85,- = S 9.350,-; 74 m 2 x S 85,- = S 6.290,-). Das Erstgericht stellte fest, daß ein monatlicher Hauptmietzins von S 74,- je Quadratmeter der Nutzfläche angemessen sei, und meinte, die Vermieter seien auf Grund des ihnen vertraglich eingeräumten Rechtes ungeachtet der seinerzeit zulässigen freien Mietzinsvereinbarung und der bereits vorgenommenen Erhöhung des Hauptmietzinses auf S 3,- für jede Krone des Jahresmietzinses für 1914 (§ 2 Abs1 lita MG idF MRÄG BGBl 1967/281:

4.770 Kronen x S 3,-- = S 14.310,- : 12 = monatlicher Hauptmietzins S 1.192,50) berechtigt, nach der Neuordnung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung den für die Vermietung der Geschäftsräumlichkeiten angemessenen Mietzins von monatlich S 5.700,- zu begehren.

Das Rekursgericht änderte infolge des nur von der Mieterin erhobenen Rekurses den erstrichterlichen Sachbeschluß am 6.11.1985 dahin ab, daß es feststellte, die Vermieter hätten durch die Vorschreibung des Hauptmietzinses von S 6.290,- für das Bestandobjekt zum Zinstermin Juni 1984 das gesetzlich zulässige Mietzinsausmaß um S 5.097,50 überschritten. Das Rekursgericht hielt die strittige Klausel für unwirksam, weil das Geschäftslokal schon bei der Vermietung am 21.4.1959 nach § 16 Abs2 und Abs3 MG idF BGBl 1955/241 von den Zinsbildungsvorschriften ausgenommen und der Vermieter nicht gehindert war, einen höheren Mietzins zu vereinbaren; der Klausel fehle aber auch die Bestimmtheit, weil die Höhe des neuen Mietzinses erst einer künftig abzuschließenden Vereinbarung vorbehalten wurde. Der vom Obersten Gerichtshof zu 2 Ob 513/84 (MietSlg.36.132 = RZ 1984/93 = RdW 1984, 339 mit Anm.Iro) ausgesprochenen Rechtsansicht schließe sich das Rekursgericht nicht an, so daß das den bis Mai 1984 eingehobenen Hauptmietzins von monatlich S 1.192,50 übersteigende Zinsbegehren für Juni 1984 als Überschreitung festzustellen sei. Diesen abändernden Beschluß des Rekursgerichtes bekämpfen die Vermieter mit ihrem auf Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzielenden Revisionsrekurs.

Die Mieterin hat eine Revisionsrekursbeantwortung nicht erstattet.

Die Vermieter wenden sich gegen die rechtliche Beurteilung durch das Rekursgericht. Sie meinen, der Mieterin sei der gesetzliche Hauptmietzins von S 3,- je Krone des Friedensmietzinses vorgeschrieben worden und nun sei auf Grund der zulässig und wirksam vereinbarten Zinsanpassungsklausel der bestimmbare angemessene Mietzins nach § 16 Abs1 Z 1 MRG zu entrichten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der 5.Senat des Obersten Gerichtshofes hat bereits mehrmals seine Ansicht ausgesprochen, der Klausel mit dem hier festgestellten Wortlaut, es sei nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung ein neu zu vereinbarender Mietzins zu bezahlen, fehle die erforderliche Bestimmbarkeit des zu vereinbarenden Mietzinses als Gültigkeitsvoraussetzung (17.12.1985, 5 Ob 107/85; 11.2.1985, 5 Ob 113/85; 11.2.1985, 5 Ob 2/86).

Am 1.1.1986 trat das Bundesgesetz vom 12.12.1985, BGBl 559, mit dem unter anderem das Mietrechtsgesetz geändert worden ist, in Kraft. Nach dem in das Mietrechtsgesetz eingefügten § 16 a Abs1 sind Vereinbarungen in einem vor dem 1.1.1982 geschlossenen Vertrag, die eine Erhöhung des Hauptmietzinses für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses vorsehen, rechtsunwirksam. Darunter sind nach § 16 a Abs1 Satz 2 MRG idF BGBl 1985/559 auch Vereinbarungen zu verstehen, in denen sich der Mieter für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses zum Abschluß einer neuen Mietzinsvereinbarung verpflichtet hat. Die neue Bestimmung ist nach der Übergangsregelung des Art.IV Z 7 BGBl 1985/559 auch auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes am 1.1.1986 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen streitigen und außerstreitigen Verfahren anzuwenden. Damit wird eine Rückwirkung des § 16 a MRG auf die diesen noch nicht rechtskräftig beendeten Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalte angeordnet (vgl.Rieder in der 120.Sitzung des NR, 16.GP, 10.626 rSp unten; ImmZ 1986, 28; Würth-Zingher, MRG 86, S.39 Anm.3 zu § 16 a MRG).

Die von Iro in RdW 1986, 37 f. geäußerte Rechtsansicht, Zinsanpassungsklauseln beziehungsweise daran anknüpfende Mietzinsvereinbarungen seien nach § 16 a MRG generell, also auch in am 1.1.1986 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, nur hinsichtlich der nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 12.12.1985, BGBl.559, liegenden Zinsperioden unwirksam, träfe nach Meinung des Obersten Gerichtshofes nur dann zu, wenn sich der Gesetzgeber auf die allgemeine Anordnung des Inkrafttretens des genannten Gesetzes mit 1.1.1986 (Art.IV Z 1) beschränkt und die spezielle Anordnung für die am 1.1.1986 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (Art.IV Z 7) unterlassen hätte. Gegen diese spezielle Anordnung bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keine Bedenken; es ist nicht unsachlich, im Bereich noch nicht rechtskräftig abgeschlossener Verfahren die Rückwirkung zwingender gesetzlicher Vorschriften zu normieren, eine Rückwirkung solcher Vorschriften auf rechtskräftig entschiedene Fälle aber nicht vorzusehen. Die Vereinbarung, auf die sich die Vermieter mit ihrem Verlangen auf Anhebung des Hauptmietzinses stützen, ist daher in jedem Falle rechtsunwirksam und rechtfertigt nicht die Erhöhung des Hauptmietzinses, dessen Höhe durch das Inkrafttreten des MRG mit dem 1.1.1982 unberührt blieb (Würth-Zingher, MRG 2 Anm.1 zu § 43). Damit bleibt dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt. Kosten wurden nicht verzeichnet.

Anmerkung

E07789

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00022.86.0311.000

Dokumentnummer

JJT_19860311_OGH0002_0050OB00022_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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