TE OGH 1986/3/17 1Ob521/86

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Veröffentlicht am 17.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann sowie Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Fa. A*** F***

E*** Gesellschaft mbH & Co KG, Innsbruck, Innrain 36 b, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier und Dr.Hubertus Schumacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei V*** A*** K*** Gesellschaft mbH, Krems an der Donau, vertreten durch Dr. Wolfgang Grohmann und Dr. Helmut Paul, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wegen 729.206 S s.A. und Unterlassung (Gesamtstreitwert 829.206 S; hier: einstweilige Verfügung) infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 23.Oktober 1985, GZ 6 R 294/85-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 22.August 1985, GZ 16 Cg 370/85-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei wird verboten, die von der B*** FÜR T*** UND V*** AG, Innsbruck, im Auftrag und für Rechnung der klagenden und gefährdeten Partei gestellten Haftbriefe für Bestell.Nr. 1351.0058 über 37.000 S, 1351.0056 über 40.000 S, 1355.0033 über 200.000 S, 7334.0025 über 439.840 S und 1533.0002/A über 83.000 S abzurufen bzw. anderweitig darüber zu verfügen.

Die B*** FÜR TIROL UND V*** AG Innsbruck, Erlerstraße 9, wird verboten, die von ihr im Auftrag und für Rechnung der klagenden und gefährdeten Partei gestellten Haftbriefe für die Bestellnummern 1351.0058 über 37.000 S, 1351.0056 über 40.000 S, 1355.0033 über 200.000 S, 7334.0025 über 439.840 S und 1533.0002/A über 83.000 S auszubezahlen.

Der klagenden und gefährdeten Partei wird aufgetragen, für alle ihrer Gegnerin durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von 100.000 S Sicherheit zu leisten.

Das Mehrbegehren (Bankgarantien 1533.0001/A und 1351.0055) wird abgewiesen."

Die Kosten des Provisorialverfahrens sind Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Mit Bestellungen vom 14.September 1983, Nr. 1351/0055/A, vom 15. September 1983, Nr. 1351/0056/A, vom 25.Oktober 1983, Nr. 7334/0025/A, vom 25.November 1983, Nr. 1351/0058/A, vom 3.Jänner 1984, Nr. 1355/0033/A, vom 20.Jänner 1985, Nr. 1533.0002/A und vom 11. Februar 1985, Nr. 1533/0001/A erteilte die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (im folgenden: beklagte Partei) der klagenden und gefährdeten Partei (im folgenden: klagende Partei) den Auftrag zur Lieferung und Montage der für ein Gewächshausgroßprojekt in Tabuk, Saudi-Arabien, notwendigen Kühl-, Beregnungs- und Heizungsanlagen. Für jeden einzelnen dieser Aufträge erbrachte die klagende Partei Haftbriefe (Bankgarantien) der BANK FÜR TIROL UND V*** AG in der Höhe von 920.000 S, 40.000 S, 439.840 S, 37.000 S, 200.000 S, 83.000 S und 405.000 S bei. Die BANK FÜR TIROL UND V*** war berechtigt, die angeforderten Beträge auf erste schriftliche Aufforderung und unter Verzicht auf jede Einwendung und ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses zu Lasten der klagenden Partei zu überweisen. Die von der klagenden Partei durchgeführten Lieferungen und Arbeiten wurden von der beklagten Partei, die zur Überprüfung auch die Firma SGS Austria Controll Co GesmbH beigezogen hatte, am 7.Mai 1985 ordnungsgemäß übernommen. Es wurden damals mit einer hier nicht relevanten Ausnahme keine offenen Mängel festgestellt.

Die klagende Partei begehrt auf Grund einer Bestellung der beklagten Partei für Warenlieferungen und Montage für ein Projekt in Syrien den Restbetrag von 729.206 S sA; die beklagte Partei sei weiters schuldig, den Abruf der oben genannten Bankgarantien zu unterlassen. Dieser Unterlassungsanspruch soll durch einstweilige Verfügung gesichert werden: Der beklagten Partei werde verboten, diese Bankgarantien abzurufen bzw. anderweitig darüber zu verfügen, der BANK FÜR TIROL UND V*** AG werde verboten, die von ihr im Auftrag und für Rechnung der klagenden Partei gestellten Bankgarantien auszubezahlen. Die klagende Partei brachte vor, anläßlich der Einmahnung des Restbetrages für das Syrienprojekt habe der Finanzleiter der beklagten Partei angekündigt, er werde alle das Projekt Tabuk betreffenden Bankgarantien sofort in Anspruch nehmen, wenn die klagende Partei ihre bereits fälligen Forderungen aus dem Syrienprojekt begehre. In einem Schreiben der beklagten Partei vom 19. Juli 1985 seien nur angebliche Mängel und Funktionsstörungen der Kühlungsanlage Bestell.Nr. 1351.0055/A und der Beregnungsanlage Nr. 1533.0001 behauptet worden. Allfällige Mängel dieser ordnungsgemäß übernommenen Anlagen seien aber ausschließlich auf das Verhalten der beklagten Partei zurückzuführen, die ihren Monteur am 27. Juni 1985 abberufen habe. Dieser habe die Anlage stillgelegt, wodurch Temperaturen von annähernd 100 Grad im abgeschlossenen Inneren entstanden seien. Die anderen Bankgarantien hätten mit der völlig ungerechtfertigten Reklamation der beklagten Partei nichts zu tun. Für die klagende Partei bestehe die dringende Gefahr, daß bei einer solchen ungerechtfertigten Inanspruchnahme der Bankgarantien ein finanzieller Zusammenbruch eintrete. Es könne sein, daß sich die Richtigkeit des Standpunktes der klagenden Partei erst nach einem längeren Prozeß herausstelle, in dieser Zeit aber ihr durch den Abruf der Bankgarantien die Liquidität mangle.

Das Erstgericht erließ ohne Einvernahme der beklagten Partei die beantragte einstweilige Verfügung. Es trug der klagenden Partei eine in der Zwischenzeit erlegte Sicherheitsleistung von 200.000 S auf. Es nahm als bescheinigt an, daß ein Monteur der beklagten Partei am 27. Juni 1985 die Energiezufuhr zu den Glashäusern in Tabuk abgesperrt und die Lüftungsfenster in den Kühlkorridoren geschlossen habe. Durch die hohen Außentemperaturen sei ein großer Teil der (von der klagenden Partei gelieferten und montierten) Kühl- und Beregnungsanlagen zerstört worden. Die klagende Partei habe die beklagte Partei darauf hingewiesen, daß wegen der Hitzeeinwirkung eine "Stehzeit" einer solchen Gewächshausanlage technisch unvertretbar sei. Der Finanzleiter der beklagten Partei habe der klagenden Partei anläßlich eines Telefonates am 31.Juli 1985 mitgeteilt, daß sämtliche Bankgarantien betreffend das Projekt Tabuk sofort in Anspruch genommen würden, sollte die klagende Partei ihre Restforderung aus dem Syrienprojekt geltend machen. Bei einer Inanspruchnahme der Bankgarantien entstehe für die klagende Partei die Gefahr, daß sie finanziell zusammenbreche. Durch die Abrufung der Bankgarantien würde der klagenden Partei die Liquidität entzogen werden, sie wäre finanziell ruiniert. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, es sei zu befürchten, daß wegen der Geltendmachung der Restforderung aus dem Syrienprojekt die beklagte Partei tatsächlich ungerechtfertigt die Bankgarantien abberufe. Dadurch könnte der klagenden Partei ein unwiederbringlicher Schaden eintreten. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge und wies den Antrag der klagenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteige. Im Wesen von Bankgarantien liege es, den Begünstigten auf die bloße Behauptung hin, der Garantiefall sei eingetreten, zunächst einmal Zahlung zu verschaffen und seinen Vertragspartner auf den Weg einer Rückforderungsklage zu verweisen. Die Bank könne keine Einwendungen und Einreden aus dem zwischen dem Auftraggeber und dem Begünstigten bestehenden Kausalverhältnis geltend machen, da es gerade Sinn einer solchen Garantie sei, die Einstandsverpflichtung der Bank vom Kausalverhältnis zu lösen. Bei solchen Garantieerklärungen dürfe der Garant nur ausnahmsweise die Zahlung verweigern, wenn der Begünstigte die Garantie rechtsmißbräuchlich oder arglistig in Anspruch nehme und der Garant dies liquide und eindeutig nachweisen könne. Die Tatsache allein, daß der Auftraggeber der Auszahlung der Garantiesumme widerspreche, berechtige die Bank nicht, dem Begünstigten die Leistung zu verweigern. Dem Begünstigten könne ein arglistiges oder rechtsmißbräuchliches Verhalten nur vorgeworfen werden, wenn eindeutig feststehe, daß er keinen Anspruch habe. Die an der Anlage in Tabuk aufgetretenen Schäden könnten keineswegs mit der zu fordernden Sicherheit bloß auf das Verhalten der beklagten Partei zurückgeführt werden. Eine Klärung dieser komplizierten Frage werde umfangreicher Beweisaufnahmen im Rechtsstreit bedürfen. Dort werde noch zu prüfen sein, ob die Warnungen der klagenden Partei bei den gegebenen Umständen ausreichten und ob zu den entstandenen Schäden nicht auch allenfalls von der klagenden Partei zu vertretende Material- oder Montagemängel mitbeigetragen hätten. All dies könne mit den Mitteln des Provisorialverfahrens nicht geklärt werden. Daraus folge, daß von einem evidenten, eindeutigen und liquiden Nachweis des Nichteintrittes des Garantiefalles und einer rechtsmißbräuchlichen und arglistigen Inanspruchnahme der Bankgarantien keine Rede sein könne. Der klagenden Partei sei zwar einzuräumen, daß ein Rechtsmißbrauch dann zu bejahen sei, wenn eine Bankgarantie für ein Ereignis in Anspruch genommen werde, für das sie nicht aufgenommen worden sei. Wenn auch die beklagte Partei in ihrem Widerspruch vorbringe, daß sie jedenfalls zur Geltendmachung der Garantien für die Beregnungsanlage, für die Kühlanlage und für die Montage der Kühlanlage berechtigt sei, ohne aber die übrigen Garantien in diesem Zusammenhang anzuführen, so müsse doch erwogen werden, daß es sich offenbar trotz der Zerlegung in verschiedene Bestellungen um eine von der klagenden Partei zu erstellende Gesamtanlage gehandelt habe. Daß bei einer Gesamtanlage Mängel und Schäden in einem Teilbereich auch darüber hinausgehende Betriebsbeeinträchtigungen in anderen Teilen der Anlage auslösen könnten und wohl auch meist auslösen würden, liege auf der Hand. Es könne daher derzeit noch nicht ausgeschlossen werden, daß Ansprüche der beklagten Partei gegen die klagende Partei auch aus Teilen der Anlage abgeleitet werden könnten, die von den aufgetretenen Schäden allenfalls nur mittelbar betroffen worden seien. Ein auch hier zu fordernder liquider und eindeutiger Beweis einer rechtsmißbräuchlichen arglistigen Vorgangsweise der beklagten Partei durch die Inanspruchnahme aller Bankgarantien liege somit nicht vor. Es könne daher auch nicht zu einer teilweisen Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung kommen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist teilweise berechtigt.

Die Haftbriefe der BANK FÜR TIROL UND V*** AG sind als typische Bankgarantien zu beurteilen. Wie in der Entscheidung JBl 1985, 425 mwN ausgeführt wurde, stellt die Bankgarantie einen Sonderfall des allgemeinen Garantievertrages dar. Der Bankgarantievertrag ist ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag, der in der Regel der Sicherung der Leistung eines Dritten, meist des Bankkunden, an den aus diesem Vertrag begünstigten Gläubiger in der Weise dienen soll, daß letzterem durch die Bank gewährleistet wird, daß er die Leistung oder sein vertraglich festgesetztes geldliches Interesse an dieser in jedem Fall erhält, also auch dann, wenn der Dritte die Leistung vertragswidrig unterläßt oder die Verbindlichkeit des Hauptschuldners nicht zum Entstehen kommt oder später wegfällt. Mit der Bankgarantie werden dem Anspruchsberechtigten selbständige Rechte zuerkannt. Bei einer abstrakten Bankgarantie ist der Garantievertrag vom Bestand der gesicherten Hauptschuld grundsätzlich unabhängig. Besonders scharf betont ist die Abstraktheit einer Garantie auf erstes Anfordern, ohne Einwendungen oder, wie hier deutlich formuliert wurde, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Im Wesen solcher Bankgarantien liegt es dem Begünstigten auf die bloße Behauptung hin, der Garantiefall sei eingetreten, zunächst einmal Zahlung zu verschaffen und seinen Vertragspartner auf den Weg einer Rückforderungsklage zu verweisen. Die Bank kann keine Einwendungen und Einreden aus dem zwischen Auftraggeber und Begünstigtem bestehenden Kausalverhältnis geltend machen, da es gerade der Sinn einer solchen Garantie ist, die Einstandsverpflichtung der Bank vom Kausalverhältnis zu lösen. Bei solchen Garantieerklärungen darf der Garant nur ausnahmsweise die Zahlung verweigern, wenn der Begünstigte die Garantie rechtsmißbräuchlich oder arglistig in Anspruch nimmt und der Garant dies liquide und eindeutig nachweisen kann. Diese Grundsätze finden nicht nur Anwendung, wenn die Bank aus der Garantie in Anspruch genommen wird, sondern auch dann, wenn der Garantieauftraggeber vom Begünstigten die Unterlassung der Inanspruchnahme der Bankgarantie begehrt. Die Tatsache allein, daß der Auftraggeber der Auszahlung der Garantiesumme widerspricht, berechtigt die Bank aber nicht, dem Begünstigten die Leistung zu verweigern. Der für die Bankgarantie typische Ausschluß von Einwendungen aus dem Valuta- und Deckungsverhältnis darf nicht auf diese Weise umgangen werden. Deshalb dürfen Ansprüche des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten aus dem zwischen ihnen entstehenden Vertragsverhältnis grundsätzlich nicht dazu führen, daß über eine vom Garantieauftraggeber erwirkte einstweilige Verfügung, insbesondere durch das vorläufige Verbot an die Bank, Zahlungen aus der Garantie zu leisten, die Garantie doch wieder vom Grundverhältnis abhängig gemacht wird. Zulässig ist die Erlassung einer einstweiligen Verfügung über Antrag des Auftraggebers nur dann, wenn der Begünstigte die Garantie rechtsmißbräuchlich oder arglistig in Anspruch nimmt, also unter denselben Voraussetzungen, unter denen auch der Garant (die Bank), wenn sie vom Begünstigten belangt wird, die Zahlung ausnahmsweise verweigern darf. Zu fordern ist aber in beiden Fällen der liquide und eindeutige Nachweis des Nichteintrittes des Garantiefalles, weil dem Begünstigten noch kein arglistiges oder rechtsmißbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden kann, wenn nicht eindeutig feststeht, daß es keinen Anspruch hat. Die Sicherheit des geschäftlichen Verkehrs erfordert es, daß die mißbräuchliche Inanspruchnahme der Garantie geradezu evident ist. Rechtsmißbrauch ist etwa dann bescheinigt, wenn die Bankgarantie für ein Ereignis in Anspruch genommen werden soll, für das sie nicht übernommen wurde (SZ 54/189; EvBl 1982/23).

Der Oberste Gerichtshof ist auch im Provisorialverfahren Rechts- und nicht Tatsacheninstanz. Er ist daher an den vom Rekursgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, dessen Überprüfung ihm entzogen ist, gebunden (ÖBl 1983, 42; SZ 54/76; SZ 51/21 uva). Im Provisorialverfahren ist allerdings das Rekursgericht entgegen der im Revisionsrekurs vorgetragenen Ansicht an die Beweiswürdigung des Erstgerichtes nicht gebunden. Das Rekursgericht kann unabhängig von dieser Beweiswürdigung andere oder zusätzliche Feststellungen treffen (ÖBl 1983, 74; ÖBl 1980, 138; ÖBl 1980, 40 uva). Das Rekursgericht sah über den vom Erstgericht angenommenen Sachverhalt hinaus auf Grund der von der klagenden Partei vorgelegten Urkunden als bescheinigt an, daß es sich ungeachtet der Zerlegung in verschiedene Bestellungen um eine von der klagenden Partei zu liefernde und zu montierende Gesamtanlage gehandelt habe, deren einwandfreie Funktion von ihr zu gewährleisten sei. Diese zusätzliche Bescheinigung ändert aber nichts daran, daß die ausgestellten Haftbriefe als Rechtsgrund jeweils auf einzelne Teilbestellungen Bezug nehmen und die Höhe des jeweils garantierten Betrages offensichtlich vom Auftragsumfang abhängt. Der beklagten Partei ist es dann aber verwehrt, als Rechtsgrund für die Inanspruchnahme der jeweiligen Garantiesumme Gewährleistungsfälle zugrundezulegen, die sich auf andere Einzelbestellungen bezogen. Die klagende Partei bescheinigte, daß ihre Leistungen auf Grund der Einzelbestellungen keine offenen Mängel aufwiesen, die Teillieferungen sind von der beklagten Partei ordnungsgemäß übernommen worden. Nach dem Zeitpunkt der Übernahme behauptete die beklagte Partei auch nur bei zwei Teilbestellungen, bei der Lieferung der Kühlungsanlage Nr. 1351.0055/A und der Beregnungsanlage Nr. 1533/0001, das Auftreten von Mängeln, für die die klagende Partei einzustehen habe. Soweit die klagende Partei die Inanspruchnahme der sich auf diese Teillieferungen beziehenden Bankgarantien durch die beklagte Partei verhindern will, fehlt es am Erfordernis der Eindeutigkeit einer mißbräuchlichen Inanspruchnahme. Ob der Gewährleistungsfall eingetreten ist, wird über die angenommenen Bescheinigungen hinaus etwa davon abhängen, ob und welche Vereinbarungen die Streitteile über das zu verwendende Material trafen und welche Zusagen die klagende Partei abgegeben hat. Unbeachtlich ist es dann aber, daß die beklagte Partei die ihr gerechtfertigt erscheinenden Ansprüche durch Inanspruchnahme der Haftbriefe durchsetzen will und sich nicht darauf beschränkt, allfällige Gegenforderungen gegen das aus dem Syrienprojekt abgeleitete Zahlungsbegehren der klagenden Partei zu stellen. Die beklagte Partei könnte auch nicht verhalten werden, anstelle der Einlösung der beiden Haftbriefe ihre Gewährleistungsansprüche als Klägerin gegen die beklagte Partei gerichtlich zu erheben. Soweit die klagende Partei in ihren Rechtsmitteln unter Vorlage eines Sachverständigengutachtens darzulegen beabsichtigt, daß die Beschädigungen an den gelieferten Gegenständen ausschließlich der beklagten Partei zuzurechnen wären, handelt es sich um im Rekursverfahren unbeachtliche Neuerungen.

Anders ist die Rechtslage bei den weiteren Bankgarantien. Die klagende Partei bescheinigte, daß ihre Leistungen von der beklagten Partei ordnungsgemäß übernommen wurden und die beklagte Partei nicht einmal in der Revisionsrekursbeantwortung behauptete, in der Folge seien an diesen Gegenständen Mängel aufgetreten. Es wurde hingegen bescheinigt, daß diese Haftbriefe deshalb von der beklagten Partei in Anspruch genommen werden sollen, weil die klagende Partei ihr angeblich zustehende Ansprüche aus einem gänzlich anderen Auftrag gerichtlich geltend machen will, womit auch bescheinigt ist, daß sie für den Zweck ihrer Bestellung nicht benötigt werden. Sollen aber, wie bescheinigt, die Bankgarantien aus einem gänzlich anderen Rechtsgrund abberufen werden, liegt darin, wie bereits ausgeführt wurde, ein evidenter Rechtsmißbrauch, der die klagende Partei berechtigte, zur Sicherung des daraus abgeleiteten Unterlassungsbegehrens wegen der vom Erstgericht zutreffend im Sinne des § 381 Z 2 EO angenommenen Gefährdung die Ausnutzung dieser Bankgarantien durch die einstweilige Verfügung zu verbieten. Dem Revisionsrekurs ist teilweise Folge zu geben und der erstrichterliche Beschluß mit Ausnahme jener Bankgarantien wieder herzustellen, für die Reklamationen der beklagten Partei bescheinigt sind. Wegen des geringeren Umfanges der einstweiligen Verfügung erscheint die Auferlegung einer Sicherheitsleistung von 100.000 S angemessen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO.

Anmerkung

E07604

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00521.86.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19860317_OGH0002_0010OB00521_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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