TE OGH 1986/3/25 14Ob25/86

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Veröffentlicht am 25.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HONProf.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emsley S***, Plattenverkäufer, Wien 7., Kandlgasse 38/10, vertreten durch Dr. Walter Silbermayr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bruno S***, Alleininhaber der Firma R*** V***, Wien 4.,

Margaretenstraße 5, vertreten durch Dr. Herbert Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 257.599,98 s.A., infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 15. November 1985, GZ 44 R 26/85-27, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Arbeitsgerichtes Wien vom 18. September 1984, GZ 8 Cr 135/83-23, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies die auf Zahlung eines Betrages von S 257.599,98 sA (Entgelt für die gesamte Dauer der Beschäftigungszeit des Klägers, Kündigungs- und Urlaubsentschädigung) gerichtete Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte zurück. Es verneinte sowohl das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses als auch eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem vorerwähnten Zurückweisungsgrund auf. Es bejahte die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, weil zwischen den Prozeßparteien ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis bestanden habe. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzielenden Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ungeachtet des abändernden Inhalts der Rekursentscheidung unzulässig.

Gemäß dem § 45 Abs 1 JN idF vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 konnten Entscheidungen eines Gerichtshofes erster Instanz über seine sachliche Zuständigkeit nicht deshalb angefochten werden, weil für die Rechtssache die Zuständigkeit eines anderen Gerichtshofes oder eines Bezirksgerichtes begründet war. Diese Bestimmung war im Verhältnis zwischen Gerichtshöfen (ordentlichen Gerichten) und Arbeitsgerichten im Hinblick auf die in diesem Bereich damals bestehende Unheilbarkeit einer sachlichen Unzuständigkeit unanwendbar (Fasching, Komm I 284; SZ 33/88; Arb 8801 ua). Gemäß dem § 4 ArbGG hatte das Arbeitsgericht seine Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Diese Rechtslage hat durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eine Änderung erfahren. Nunmehr sind gemäß dem § 45 JN nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, nicht anfechtbar. Auch die Bestimmung des § 4 ArbGG über die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrnehmung der Zuständigkeit wurde geändert; sie wurde durch einen zweiten Halbsatz ergänzt, wonach die Bestimmungen über die Heilung der Unzuständigkeit (§ 104 Abs 3 JN) auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren gelten. Damit wurde die bis dahin im Verhältnis zwischen den ordentlichen Gerichten und den Arbeitsgerichten bestehende unheilbare Unzuständigkeit in eine heilbare gewandelt.

Der neue Wortlaut des § 45 JN umfaßt demnach auch die - heilbar gewordene - Unzuständigkeit eines Arbeitsgerichts. Überdies ist nach dem Gesagten die Grundlage für die frühere Verneinung der Anwendbarkeit des § 45 JN weggefallen. Nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, sind somit jetzt auch im Verhältnis zwischen den Arbeitsgerichten und den allgemeinen Zivilgerichten nicht mehr anfechtbar (4 Ob 146/85; ebenso Fasching, Lehrbuch, Rz 231). Darauf hatte Fasching auch schon vor der Gesetzesänderung hingewiesen (JBl 1982, 78), ohne daß der Gesetzgeber darauf gegenteilig reagiert hat.

Der Rechtsmittelausschluß gilt auch für den Fall, daß die die sachliche Zuständigkeit bejahende Entscheidung von einem Rekursgericht gefällt wurde. Es genügt nach dem Wortlaut des § 45 JN, daß "ein Gericht" eine solche Entscheidung gefällt hat (im gleichen Sinn schon SpR 265 uva).

Da das Rekursgericht im vorliegenden Fall die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts bejaht hat, ist der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs somit unzulässig. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40,50 und 52 ZPO begründet. Da der Kläger in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen hat, steht ihm ein Kostenersatzanspruch mangels zweckentsprechender Rechtsverfolgung nicht zu.

Anmerkung

E07773

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00025.86.0325.000

Dokumentnummer

JJT_19860325_OGH0002_0140OB00025_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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