TE OGH 1986/3/25 14Ob29/86

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Veröffentlicht am 25.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dipl.Ing. Otto Beer und Johann Friesenbichler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z*** UND K*** WIEN, in Wien 3., Gigergasse 1, vertreten durch Dr. Wilfried Lefford, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Magdalena (Helli) G***, Inhaberin einer Tankstelle, Neufeld an der Leitha, Hauptstraße 10, vertreten durch Dr. Harald Beck und Dr. Klaus Dörnhöfer, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen S 5.849,60 s.A. (Revisionsstreitwert S 3.970,10), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 31. Oktober 1985, GZ. 13 Cg 20/85-8, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Versäumungsurteil des Arbeitsgerichtes Eisenstadt vom 30. Juli 1985, GZ. Cr 84/85-2, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) den

Spruch

B e s c h l u ß

gefaßt:

Die im Kostenpunkt erhobene Revision wird zurückgewiesen.

2.) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.510,08 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 137,28 Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 20. November 1984, E 5984/84, wurde der klagenden Partei als betreibender Partei zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 23.703,- sA gegen die verpflichtete Partei Rosemarie T***, Arbeiterin, Siegendorf, Burggasse 6, unter anderem die Lohnexekution bewilligt. Rosemarie T*** war bis 15. August 1985 im Betrieb der beklagten Partei als Arbeiterin beschäftigt. Auf Grund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 23. April 1985, E 1729/85, wurde der vorerwähnte Exekutionsbewilligungsbeschluß vom 20. November 1984 der Beklagten als Drittschuldnerin am 3. Mai 1985 zugestellt. Darin wurde ihr auch die Erstattung einer Drittschuldneräußerung aufgetragen; die Beklagte ist diesem Auftrag nicht nachgekommen, obwohl sie am 3. Mai 1985 bei der Beklagten beschäftigt war. Mit der vorliegenden, am 20. Juni 1985 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung eines Betrages von S 27.875,47 sA mit der Begründung, die Beklagte habe trotz Exekutionsbewilligung Lohneinbehalte nicht vorgenommen und nicht überwiesen, so daß der klagenden Partei ein Schaden in Höhe des Klagsbetrages entstanden sei. Über Antrag der klagenden Partei wurde gegen die Beklagte, die zu der für den 30. Juli 1985 angeordneten ersten Tagsatzung nicht erschienen war, ein Versäumungsurteil im Sinne der Klage gefällt. Im Berufungsverfahren schränkte die klagende Partei das Klagebegehren auf den Betrag von S 5.849,60 sA ein. Sie gestand das Vorbringen der Beklagten zu, wonach die Verpflichtete Rosemarie T*** im Betrieb der beklagten Partei in der Zeit bis 15. August 1985 und insbesondere am 3. Mai 1985 gegen ein monatliches Nettogehalt von S 4.195,-- als Arbeiterin beschäftigt gewesen sei und daß sich nach den Bestimmungen des Lohnpfändungsgesetzes grundsätzlich ein monatlicher pfändbarer Betrag von S 626,50 ergebe. Der Pfändung sei jedoch insgesamt ein Betrag von S 5.849,60 unterlegen. Von dem im Juni 1985 erhaltenen Junigehalt und einer Sonderzahlung in der Höhe von je S 4.195,--, also insgesamt S 8.390, seien nämlich nur S 3.300,- pfändungsfrei; von dem verbleibenden Betrag von S 5.090,- unterlägen 7/10, sohin S 3.563,--, der Pfändung. Die Sonderzahlung sei deshalb nicht unpfändbar, weil sie nicht für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährt worden sei; die Verpflichtete habe im Zeitpunkt der Auszahlung keinen Urlaubsanspruch besessen und habe auch keinen Urlaub verbraucht. Vom halben Augustgehalt und der anteiligen "Weihnachtsremuneration" von insgesamt S 3.128,- (mangels jeglichen Bezuges zu Weihnachten sei dies keine Weihnachtszuwendung im Sinne des § 3 Z 4 LPfG) sei nicht der gesamte, nach dem § 3 Z 4 LPfG pfändungsfreie Betrag von S 3.300, sondern im Hinblick auf den halben Monatsbezug nur die Hälfte von S 1.650,- in Abzug zu bringen. Von den verbleibenden S 1.478,- unterlägen 70 %, sohin S 1.034,60, der Pfändung. Rechne man die der Pfändung unterliegenden vorerwähnten Beträge von S 3.563,-, 1.034,60 sowie zwei mal je S 626,50 (für die Monate Mai und Juli 1985) zusammen, ergebe dies einen Betrag von S 5.849,60 (richtig: S 5.850,60), dessen Zahlung abzüglich des in der Berufung der Beklagten nicht bekämpften Zuspruchs von S 1.879,50 sA begehrt werde.

Das Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß es das restliche Klagebegehren von S 3.970,10 sA abwies. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG neu durch und vertrat auf der Grundlage des außer Streit stehenden Sachverhaltes die Auffassung, weder der an die Verpflichtete im Juni 1985 ausgezahlte Urlaubszuschuß noch die Weihnachtsremuneration seien nach den Bestimmungen des § 3 Z 2 und 4 LPfG pfändbar. Der von der beklagten Partei ausgezahlte halbe Augustgehalt von S 2.085,-

überschreite nicht den monatlichen Freibetrag nach dem § 5 Abs. 1 Z 1 LPfG. Dieser komme bei einem vereinbarten Monatsgehalt unabhängig davon zur Gänze zur Anwendung, ob der Verpflichtete während des ganzen Monats gearbeitet habe oder nur während eines Teils eines Monats. Dem von der klagenden Partei in analoger Anwendung des § 45 ZPO geltend gemachten, auf die Unterlassung einer Drittschuldneräußerung gestützten Kostenersatzanspruch fehle die gesetzliche Grundlage.

Gegen diese Entscheidung (einschließlich des Kostenausspruchs) richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß ihr (auch) der Betrag von S 3.970,10 sA zugesprochen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts wendet, zurückzuweisen und ihr im übrigen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die im Kostenpunkt erhobene Revision ist unzulässig. Im übrigen ist das Rechtsmittel nicht berechtigt.

Gemäß dem § 528 Abs. 1 Z 2 ZPO sind Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt unzulässig (Jud. 4 neu; Arb. 8865 ua). Dieses Verbot schließt eine Überprüfung der untergerichtlichen Kostenentscheidung aus, wenn die Revision, wie hier, in der Hauptsache erfolglos bleibt. Der Rechtsmittelausschluß erstreckt sich auf alle Entscheidungen, mit welchen in irgend einer Form über Kosten abgesprochen wird. Das Gericht zweiter Instanz entscheidet daher in allen mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen endgültig (Jud. 11 neu; 5 Ob 308/81 ua). Die in der Revision vorgenommene Bekämpfung der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist daher unzulässig. Zur Hauptsache ist vorauszuschicken, daß auf den vorliegenden Fall noch nicht die am 1. Jänner 1986 in Kraft getretene Zivilverfahrens-Novelle 1986 Anwendung findet.

Die Rechtsrüge, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, ob die Verpflichtete überhaupt einen Rechtsanspruch auf einen 13. und 14. Monatsbezug besessen habe, beruht auf einer unzulässigen Neuerung (§ 504 ZPO).

Die klagende Partei hat vor dem Berufungsgericht das Bestehen eines solchen Anspruchs der Verpflichteten nicht bestritten, sondern ist lediglich auf Grund einer Auslegung der Bestimmungen des § 3 Z 2 und 4 LPfG zu der Annahme gelangt, die von der Beklagten als Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration an die Verpflichtete gezahlten Beträge seien unpfändbar.

Die Frage, ob die von der Beklagten an die Verpflichteten gezahlten Beträge unpfändbare Bezüge im Sinne des § 3 Z 2 und 4 LPfG sind, wurde jedoch entgegen der Meinung der klagenden Partei vom Berufungsgericht richtig beantwortet. Der Oberste Gerichtshof hatte zwar in seiner Entscheidung EvBl. 1963/291 die Auffassung vertreten, der 13. und 14. Gehalt seien in Wahrheit eine Gehaltserhöhung, auch wenn diese Bezüge vielfach als "Urlaubs- und Weihnachtszuschlagszahlungen gewährt werden". Der Zweck der Gehaltserhöhung werde besonders deutlich bei den Sonderzahlungen der öffentlich Bediensteten, die in den Teuerungszuschlagsverordnungen 1949 und 1951 als Teuerungszuschläge bezeichnet würden. Es bestehe kein Grund, diese Zahlungen bei Privatangestellten anders als bei den öffentlich Angestellten zu behandeln. Dafür spreche auch die Höhe dieser Zahlungen, die über den Rahmen und Zweck einer Remuneration oder Zuschlagszahlung weit hinausgingen.

Dieser Entscheidung ist aber schon Dittrich in bezug auf die in der Privatwirtschaft tätigen Arbeitnehmer entgegengetreten (DRdA 1976, 216 ff). Auch der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung SZ 43/95 (ohne allerdings auf die vorerwähnte Entscheidung einzugehen) die Auffassung vertreten, den im § 3 Z 2 und 4 LPfG erwähnten Zuwendungen entsprächen die gemäß dem § 105 ASVG gebührenden Sonderzahlungen, und zwar die im Mai fällig werdende Sonderzahlung dem "Urlaubsgeld" und die im Oktober fällig werdende Sonderzahlung dem "Weihnachtsgeld". Gemäß dem § 98 a Abs. 4 ASVG seien die Sonderzahlungen, die im Mai gebühren, unpfändbar, die im Oktober gebührenden Sonderzahlungen beschränkt unpfändbar. Aus der Begründung der Regierungsvorlage ergebe sich, daß damit eine Anlehnung an den § 3 LPfG und eine Gleichstellung mit den dort genannten Bezügen erfolgen solle. Es solle aber nicht etwa eine über das Lohnpfändungsgesetz hinausgehende Unpfändbarkeit normiert werden. Die (damalige) Neuregelung des Sozialversicherungsrechts lehne sich vielmehr weitgehend an die Vorschriften des Lohnpfändungsgesetzes an. Der Oberste Gerichtshof hat in dieser Entscheidung die erwähnten Sonderzahlungen der Pensionsversicherung als "Urlaubsgeld" und "Weihnachtsgeld" bezeichnet. Er ist sohin in Abweichung von der oben erwähnten Entscheidung auf Grund dieser den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden Absicht des Gesetzgebers davon ausgegangen, daß die Sonderzahlungen der Sozialversicherung als Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld im Sinne des § 3 Z 2 und 4 zu betrachten seien. Heller-Berger-Stix verstehen unter den "für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezügen, soweit diese nicht den Rahmen des Üblichen übersteigen" (§ 3 Z 2 LPfG), ausdrücklich die "Urlaubszulage (Urlaubszuschuß)" und unter der Weihnachtszuwendung im Sinne des § 3 Z 4 LPfG das "Weihnachtsgeld" (Lohnpfändung 26 f, 30; ebenso Komm EO 4 1958 f, 1999, sowie Klein-Martinek, Urlaubsrecht, 128 f).

Der erkennende Senat folgt dieser Auffassung. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, daß die der Verpflichteten von der Beklagten gezahlten Beträge an Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration (die genaue Bezeichnung dieser Entgeltbeträge ist in diesem Zusammenhang im Hinblick auf den gleichen Gewährungszweck ohne Bedeutung) unter die unpfändbaren Bezüge des § 3 Z 2 bzw. 4 LPfG idF BGBl. 1983/664 fallen. Danach ist der Urlaubszuschuß ohne betragsmäßige Beschränkung, die Weihnachtsremuneration bis zum Betrag von S 3.300,- unpfändbar. Da die anteilige Weihnachtsremuneration nur S 1.043,- betragen hat, unterlag sie nicht der Pfändung. Ob die Verpflichtete bereits einen Anspruch auf Urlaub hatte und ob sie den Urlaubszuschuß tatsächlich für einen Urlaub aufgewendet hat, ist entgegen der Meinung der klagenden Partei mangels jeglicher gesetzlicher Anhaltspunkte belanglos.

Dem Berufungsgericht ist aber auch in seiner Meinung über die Unpfändbarkeit des für den Monat August in der Höhe von S 2.085,-

ausgezahlten halben Monatsentgelt beizupflichten. Das Arbeitseinkommen unterliegt bei Auszahlung für den Zeitraum eines Monats oder für Bruchteile von Monaten bis zu einer Höhe von S 3.300,- nicht der Pfändung (§ 5 Abs. 1 Z 1 LPfG idF BGBl. 1983/664). Entscheidend ist lediglich, ob die Auszahlung (grundsätzlich) monatlich erfolgt. Es kommt nur auf den Zeitraum zwischen den einzelnen Auszahlungen an. Dem Verpflichteten kommt der für den Monat festgesetzte Freibetrag auch dann zur Gänze zustatten, wenn er weniger - also nicht während eines ganzen Monats und dies aus welchen Gründen immer - gearbeitet hat (Heller-Berger-Stix, Lohnpfändung 66).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Verpflichteten das Arbeitseinkommen jeweils für einen Monat ausgezahlt wurde und weil sie nur im Hinblick auf die am 15. August 1985 erfolgte Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom 1. bis 15. August 1985 einen halben Monatsbezug in der Höhe von S 2.085,-

erhielt. Dieser Bezug lag unter dem Freibetrag von S 3.300, so daß auch er nicht der Pfändung unterlag.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E07881

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00029.86.0325.000

Dokumentnummer

JJT_19860325_OGH0002_0140OB00029_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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