TE OGH 1986/4/3 6Ob555/86

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Veröffentlicht am 03.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Jensik, Dr. Schobel und Dr. Schlosser als Richter in der Pflegschaftssache der mj.Kinder Sabine S***, geboren am 8.Februar 1982, und Eva-Maria S***, geboren am 23.Juni 1983, beide im Haushalt ihrer Mutter Gabriele S***, im Haushalt, Wien 11., Muhrhoferweg 7-11/1/1/7, beide vertreten durch das Bezirksjugendamt für den 11.Bezirk als den besonderen Sachwalter gemäß § 22 JWG, wegen Festsetzung der vom Vater Friedrich S***, kfm.Angestellter, Wien 11., Hasenleitengasse 14/2/8, gesetzlich geschuldeten Unterhaltes, infolge Rekurses des Vaters gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 8. Januar 1986, GZ 44 R 3620/85-23, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 28. Oktober 1985, GZ 6 P 277/85-13, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Sabine wurde am 8.Februar 1982, Eva-Maria am 23.Juni 1983 als eheliches Kind geboren. Die Ehe ihrer Eltern wurde mit dem seit 13. November 1985 rechtskräftigen Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 23.Oktober 1985, 28 Cg 171/85-8, geschieden. In der nach § 55 a Abs2 EheG getroffenen Vereinbarung verpflichtete sich der Vater, zum Unterhalt jeder der beiden Töchter, in Ansehung derer die Ausübung der elterlichen Rechte vereinbarungsgemäß der Mutter allein zustehen sollte, ab 1.November 1985 einen monatlichen Betrag von 1.610 S zu zahlen.

Bereits am 23.Mai 1985 war der am 20.Mai 1985 beim Jugendamt zu Protokoll erklärte Antrag der Mutter bei Gericht eingelangt, das Jugendamt als besonderen Sachwalter gemäß § 22 JWG zu bestellen und "den Unterhalt der beiden Kinder festzusetzen" ("die Unterhaltsverpflichtung des Vaters festzulegen").

Das Pflegschaftsgericht bestellte das Bezirksjugendamt mit dessen Zustimmung antragsgemäß zum Sachwalter.

Mit der am 19.Juni 1985 beim Pflegschaftsgericht eingelangten Eingabe bezifferte das Jugendamt das monatliche Unterhaltsbegehren jedes der beiden Kinder mit 1.250 S und stellte das Begehren auf Zuspruch dieser Beträge ab 20.Mai 1985. Das Erstgericht lud den Vater zur Stellungnahme zu diesem Unterhaltsantrag für 18.Juli 1985 mit einer Aufforderung und einem Hinweis auf die Rechtsfolgen im Sinne des § 185 Abs3 AußStrG vor. Der Vater erschien zum angegebenen Termin und sprach sich im wesentlichen mit der Begründung, den Kindern im Rahmen des aufrechten gemeinsamen Haushaltes vollen Naturalunterhalt zu leisten und für die Zeit nach der Scheidung der Ehe bereits eine Unterhaltsvereinbarung getroffen zu haben, gegen die beantragte Beschlußfassung aus. Mit der am 28.August 1985 beim Erstgericht eingelangten Eingabe erklärte das Jugendamt, den im Juni 1985 gestellten Unterhaltsantrag auf monatlich 1.350 S je Kind auszuweiten. Nach Einsichtnahme in die Scheidungsakten, in denen bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Vereinbarung über den Kindesunterhalt protokolliert gewesen war, lud das Erstgericht den Vater neuerlich zur Stellungnahme zum ausgedehnten Unterhaltsantrag für 10.Oktober 1985 abermals mit einer Aufforderung und einem Hinweis gemäß § 185 Abs3 AußStrG. Der Vater erstattete weder eine schriftliche Stellungnahme noch erschien er zum festgesetzten Termin bei Gericht.

Das Erstgericht verpflichtete hierauf den Vater, zum Unterhalt seiner beiden Töchter ab 20.Mai 1985 monatlich 1.350 S je Kind zu Handen des Bezirksjugendamtes zu zahlen. Es erwähnte dabei die Stellungnahme des Vaters vom 18.Juli 1985, stützte sich aber im Hinblick auf die unterbliebene Stellungnahme des Vaters zum erhöhten Unterhaltsbegehren auf die Fiktion nach § 185 Abs3 AußStrG. Der Vater gab am 8.November 1985 (innerhalb der 14-tägigen Rechtsmittelfrist) einen Rekurs gegen den Unterhaltsbemessungsbeschluß zu gerichtlichem Protokoll. Er beantragte die Abänderung des Beschlusses in dem Sinne, daß er "ab dem 23.10.1985" zu der im Zuge der Scheidung vereinbarten monatlichen Leistung von 1.610 S je Kind verpflichtet werde, und führte aus, daß seine Kinder bis zur Scheidung von ihm gelebt hätten. Mit dem Beschluß vom 10.Dezember 1985, ON 21, genehmigte das Pflegschaftsgericht die von den Eltern vor dem Scheidungsrichter geschlossene Vereinbarung. Die Zustellung einer Ausfertigung dieses Beschlusses an das zum besonderen Sachwalter bestellte Jugendamt ist bisher unterblieben.

Das Gericht zweiter Instanz wies den Rekurs des Vaters gegen den Unterhaltsbemessfngsbeschluß wegen Mangels am Rechtsschutzinteresse zurück.

Das Rekursgericht ging dabei davon aus, daß die Zustimmung des Rechtsmittelwerbers zur angefochtenen Entscheidung infolge unterlassener Stellungnahme trotz Aufforderung gemäß § 185 Abs 3 AußStrG anzunehmen sei. Für die Zeit ab 1.November 1985 gelte die Vereinbarung der Eltern über den Kinderunterhalt. Eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers sei nicht ersichtlich.

Eine Ausfertigung dieses rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses wurde dem Vater am 7.Februar 1986 zugestellt. Am 21.Februar 1986, also am letzten Tag der 14-tägigen Rechtsmittelfrist, brachte der Vater einen als Einspruch auf das Schreiben vom 22.1.1986 mit der Zahl 44 R 3620/85/23 bezeichneten Schriftsatz zur Postaufgabe; er adressierte diese Sendung aber an den Gerichtshof, der zur AZ 44 R 3620/85 die in den Pflegschaftsakten unter ON 23 eingeordnete Rekursentscheidung sowie durch den in der Eingabe selbst und auf dem Briefumschlag genannten Richter als Leiter der ebenfalls angeführten Gerichtsabteilung 28 den Beschluß auf Scheidung der Ehe der Eltern gefaßt hatte. Nach dem Inhalt der Eingabe strebte der Vater eine nochmalige Prüfung des Falles an, machte dabei geltend, daß er ab 20.Mai 1985 bis zum Scheidungstermin für beide Kinder im Rahmen der gemeinsamen Haushaltsführung alle Lebensbedürfnisse befriedigt habe, er vor dem Pflegschaftsgericht (am 18.Juli 1985) eine entsprechende Stellungnahme zu Protokoll erklärt habe, und ihm die Zurückweisung des Rekurses daher nicht verständlich erscheine.

Das Rekursgericht verfügte am 25.Februar 1986 die Übermittlung der Eingabe des Vaters an das Erstgericht. Dort langte der Schriftsatz erst am 26.Februar 1985, also am 19.Tag nach Zustellung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses ein.

Rechtliche Beurteilung

Die Eingabe des Vaters erfüllt die Rekursvoraussetzungen. Die angefochtene Entscheidung ist durch die Angabe ihrer Geschäftszahl hinreichend deutlich bezeichnet. Die Datierung mit dem Tag des erstgerichtlichen Eingangsvermerkes ist unschädlich. Der Eingabe ist objektiv zu entnehmen, daß sich der Rechtsmittelwerber gegen die mit dem bezeichneten Beschluß ausgesprochene Zurückweisung seines Rekurses wendet, weil er sich durch die Auferlegung von Geldzahlungen für eine vergangene Zeit beschwert erachtete, in der er seiner Unterhaltspflicht durch Naturalleistungen voll nachgekommen sei, was er auch bereits in seiner Stellungnahme vor dem Erstgericht geltend gemacht habe.

Das Fehlen der Unterschrift wäre ein verbesserungsfähiger Formmangel.

Der Anfechtung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses steht auch der Rekursausschluß nach dem zweiten Fall des § 14 Abs 2 AußStrG nicht entgegen, weil die Verweigerung der Sachentscheidung über den Unterhaltsbemessungsbeschluß nicht die Ausmittlung der gesetzlich geschuldeten Unterhaltsleistung auf Grund der nach der Sach- und Rechtslage abzuwägenden konkreten Umstände betrifft und daher außerhalb des Bereiches der "Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche" liegt.

Das Rechtsmittel ist aber verspätet.

Die 14-tägige Rekursfrist begann mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung am 7.Februar 1986 und endete daher mit Ablauf des 21.Februar 1986. An diesem Tag hätte der Rechtsmittelschriftsatz gemäß § 1 der Justizministerialverordnung vom 28.August 1860, RGBl. Nr.205, beim Gericht erster Instanz, also bei dem als Pflegschaftsgericht einschreitenden Bezirksgericht Favoriten, überreicht oder im Falle der Übersendung durch die Post zur Beförderung an dieses Gericht aufgegeben sein müssen. Die unrichtige Adressierung der Postsendung an das Gericht zweiter Instanz verhinderte die Anwendung der Bestimmung des § 89 GOG über die Nichteinrechnung der Tage des Postenlaufes in die Rechtsmittelfrist, mit anderen Worten die Wahrung der Rechtsmittelfrist durch die Postaufgabe. In einem Fall unrichtiger Adressierung der Postsendung gilt die mit ihr übersendete Eingabe erst am Tag des tatsächlichen Einlangens beim zuständigen Gericht als eingebracht.

In diesem Sinne ist für die Wahrung des am 21.Februar 1986 zur Beförderung an das Rekursgericht zur Postaufgabe gebrachte Rekurs gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß der 26. Februar 1986 maßgebend, an welchem Tag die Sendung tatsächlich beim Erstgericht einlangte. An diesem Tag war die Rekursfrist aber bereits abgelaufen.

Gemäß § 11 Abs2 AußStrG ist nach Ermessen des Gerichtes auch auf verspätete Rekurse Bedacht zu nehmen; das ist aber nach der genannten Regelung nur zulässig, soweit sich die bekämpfte Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern ließe. Mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft des Zurückweisungsbeschlusses erwarben die Kinder einen unanfechtbaren Anspruch aus dem erstinstanzlichen Unterhaltsbemessungsbeschluß. In diese Rechtsstellung dürfte keinesfalls mehr eingegriffen werden.

Der Rekurs des Vaters gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß mußte daher als verspätet zurückgewiesen werden.

Anmerkung

E07919

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00555.86.0403.000

Dokumentnummer

JJT_19860403_OGH0002_0060OB00555_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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