TE OGH 1986/4/8 5Ob42/86

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Veröffentlicht am 08.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HONProf. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Rupert S***, 2.) Theresia S***, beide Wien 2., Rembrandtstraße 30/6, beide vertreten durch Werner H***, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, Wien 2., Obere Donaustraße 99/7/1/4, wider den Antragsgegner Max W***, Hauseigentümer, Wien 19., Lannerstraße 24/26, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses des Angragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 10. Dezember 1985, GZ 41 R 1231/85-12, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6. September 1985, GZ 50 Msch 4/85-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Feststellung eines Überschreitungsbetrages von monatlich S 524,60 richtet, zurückgewiesen; im übrigen, dh., soweit er sich gegen die Feststellung eines weiteren Überschreitungsbetrages von monatlich S 441,27 wendet, wird ihm nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Mietvertrag vom 1.3.1965 mieteten die Antragsteller die 86 m 2 große Kategorie D-Wohnung top.Nr. 6 in dem nunmehr dem Antragsgegner gehörigen Haus in Wien 2., Rembrandtstraße 30. Der monatliche Hauptmietzins betrug auf Grund des Jahresfriedenszinses von 1.000 Kronen 83,33 S. Gemäß § 3 Z 3 dieses Mietvertrages ist nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung ein neu zu vereinbarender Mietzins zu zahlen. Gestützt auf diese Klausel und die Behauptung, daß die Wohnung in die Kategorie C einzuordnen sei, schrieb der Antragsgegner den Antragstellern ab dem 1.8.1984 einen monatlichen Hauptmietzins von S 1.049,20 vor.

Nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle infolge rechtzeitiger Anrufung des Erstgerichtes durch den Antragsgegner außer Kraft getreten war, stellte das Erstgericht mit Sachbeschluß fest, daß der Antragsgegner das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 1.049,20 in der Zeit vom 1.8.1984 bis zum 1.12.1984 um monatlich S 965,87, insgesamt daher um S 4.829,35, überschritten habe; es trug dem Antragsgegner gemäß § 37 Abs 4 MRG auf, den Antragstellern den genannten Überschreitungsbetrag samt Umsatzsteuer und Zinsen zurückzuzahlen.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Sachbeschluß und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte aus:

Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, daß die vorliegende Vertragsbestimmung, mit welcher sich die Antragsteller verpflichtet hätten, nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung einen (nicht näher umschriebenen) neu zu vereinbarenden Mietzins zu zahlen, den Anforderungen an die objektive Bestimmbarkeit eines aufschiebend bedingten zukünftigen Zinses nicht entspreche. Ob die vorliegende vertragliche Vereinbarung aber als ausreichend bestimmbar angesehen werden könnte, die Antragsteller für verpflichtet zu halten, einer Abänderung ihres Vertrages in Richtung ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Kategoriezinses ihrer Wohnung zuzustimmen, was der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.9.1985, 1 Ob 633/85, in einem ähnlich gelagerten Fall bejaht habe, könne dahingestellt bleiben, weil der Antragsgegner ein solches nur im streitigen Verfahren zu erledigendes Begehren nicht gestellt, sondern ohne Abschluß der im Mietvertrag vorgesehenen neuen Vereinbarung einseitig den Mietzins erhöht habe, wozu er aber mangels objektiver Bestimmbarkeit des künftigen Zinses jedenfalls nicht berechtigt gewesen sei. Der weitere Rekurs sei für zulässig zu erklären gewesen, weil die Frage, ob die vorliegende Vertragsklausel einen Vermieter zur einseitigen Anhebung des Mietzinses ohne Abschluß einer neuen Vereinbarung berechtige, von grundsätzlicher Bedeutung und in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht einhellig beantwortet worden sei.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Feststellungsantrag der Antragsteller (zur Gänze) abgewiesen werde.

Die Antragsteller haben sich am Revisionsrekursverfahren niht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teils unzulässig, teils nicht berechtigt. Unzulässig ist der Revisionsrekurs insoweit, als der Antragsgegner die Abweisung des Feststellungsantrages der Antragsteller auch hinsichtlich eines monatlichen Überschreitungsbetrages von S 524,60 beantragt, obgleich er die Stattgebung dieses Feststellungsantrages durch das Erstgericht in diesem Umfang im Rekurs - die Feststellung, daß die Wohnung in die Kategorie D falle, unbekämpft lassend - nicht angefochten hatte. Im übrigen ist der Revisionsrekurs nicht berechtigt. Der erkennende Senat hat bereits in zahlreichen Entscheidungen (5 Ob 107/85 = EvBl 1986/26, 5 Ob 113/85, 5 Ob 2/86, 5 Ob 15-17/86 u.a.) zum Ausdruck gebracht, daß der Klausel, es sei nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung ein neu zu vereinbarender Mietzins zu zahlen, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, die erforderliche Bestimmbarkeit des zu vereinbarenden Mietzinses als Gültigkeitsvoraussetzung fehlt, weil darin in keiner Weise festgelegt worden ist, nach welchen Kriterien der Hauptmietzins bestimmbar sein solle. Es kann daher, entgegen der Ansicht des Antragsgegners, nicht gesagt werden, mit dieser Vertragsbestimmung sei bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Einigung über den künftig zu zahlenden Zins vorgelegen. Nach Art. IV Z 7 des BG vom 12.12.1985 BGBl. 559 ist die Bestimmung des durch dieses Bundesgesetz in das Mietrechtsgesetz eingefügten § 16 a auch auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses BG noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen streitigen und außerstreitigen Verfahren anzuwenden. Damit wird, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals entschieden hat (6 Ob 660/85, 5 Ob 112/85, 8 Ob 633/85 uva), in eindeutiger Weise eine Rückwirkung des § 16a MRG auf die den genannten Verfahren zu Grunde liegenden Sachverhalte angeordnet (ebenso Rieder in der

120.

Sitzung des Nationalrates, Sten.Prot. der

16.

GP 10.626 rSp unten; ImmZ 1986, 28 Punkt 1 lit d; Würth-Zingher, MRG '86,39 Anm. 3 zu § 16 a MRG; Tschugguel in ÖJZ 1986, 100 ff; noch weitergehend Zingher in ÖJZ 1986, 97 ff; vgl. ferner Hanel in JBl 1986, 162 ff). Die vom Antragsgegner zitierten, Dauerrechtsverhältnisse betreffenden Entscheidungen (MGA 2 32 Entscheidungen Nr. 13 und 14 zu § 5 ABGB) stehten dieser Auffassung nicht entgegen, weil sie nur in Ermangelung einer anderen Anordnung des Gesetzgebers gelten, die hier eben vorliegt. Auch die spezielle Regelung der Kostenfolgen in Art. IV Z 7 Satz 2 und 3 des BG vom 12.12.1985, BGBl 559, vermag an der dargelegten Rückwirkungsanordnung nichts zu ändern. Die von Iro in RdW 1986, 37 f geäußerte Rechtsansicht, Zinsanpassungsklauseln bzw. daran anknüpfende Mietzinsvereinbarungen seien nach § 16a MRG generell, also auch in am 1.1.1986 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, nur hinsichtlich der nach Inkrafttreten des BG vom 12.12.1985, BGBl. 559 liegenden Zinsperioden unwirksam, träfe nach Meinung des Obersten Gerichtshofes nur dann zu, wenn sich der Gesetzgeber auf die allgemeine Anordnung des Inkrafttretens des genannten Gesetzes mit 1.1.1986 (Art. IV Z 1) beschränkt und die spezielle Anordnung für die am 1.1.1986 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (Art. IV Z 7) unterlassen hätte. Gegen diese spezielle Anordnung bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keine Bedenken; es ist nicht unsachlich, im Bereich noch nicht rechtskräftig abgeschlossener Verfahren die Rückwirkung zwingender gesetzlicher Vorschriften zu normieren, eine Rückwirkung solcher Vorschriften auf rechtskräftig entschiedene Fälle aber nicht vorzusehen (vgl. Hanel in JBl 1986, 164). Dadurch, daß § 16 a MRG außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. IV Z 7 des BG vom 12.12.1985 BGBl 559 erst am 1.1.1986 in Kraft getreten ist, wurden im Sinne der eingangs angeführten Rechtsprechung (EvBl 1986/26 ua) von Anfang an ungültige Zinsanpassungsklauseln wie die gegenstäsndliche auch nicht - wie der Antragsgegner meint - bis zum 31.12.1985 (rückwirkend) gültig (5 Ob 24/86 ua).

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E07901

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00042.86.0408.000

Dokumentnummer

JJT_19860408_OGH0002_0050OB00042_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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