TE OGH 1986/4/9 3Ob535/86

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Veröffentlicht am 09.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria B***, Pensionistin, 4407 Steyr-Gleink, Ennserstraße 111, vertreten durch Dr. Robert Eichmann, Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Hubert S***, Angestellter, PO Box 1481 Riyadh, Saudi-Arabien, wegen 355.006,45 S samt Nebengebühren, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 7. Jänner 1986, GZ. 3 R 337/85-7, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Steyr vom 18. November 1985, GZ. 4 Cg 225/85-4, durch ersatzlose Aufhebung abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In dem zwischen denselben Parteien vor dem Kreisgericht Steyr zu 3 a Cg 79/83 anhängig gewesenen Rechtsstreit wurde der Beklagte, der sich schon damals nicht nur vorübergehend in Saudi-Arabien aufhielt, durch Dr. Josef Lechner, Rechtsanwalt in Steyr, vertreten, der seine Bevollmächtigung durch eine Prozeßvollmacht vom 19.12.1983 dartat. In der Tagsatzung vom 12.3.1984, bei der sich der genannte Rechtsanwalt durch einen Rechtsanwaltsanwärter vertreten ließ, erklärte der "Beklagtenvertreter" "über Anführung des Richters", "daß er für den Beklagten die Funktion des Zustellungsbevollmächtigten übernehme" und "wurde hiemit der Beklagtenvertreter zum Zustellungsbevollmächtigten des Beklagten gemäß § 10 Zustellgesetz bestellt". In der Tagsatzung vom 28.8.1984 schlossen die Parteien einen im Verhandlungsprotokoll beurkundeten Vergleich. Die auf Grund dieses Vergleiches vom Bezirksgericht Steyr erlassene Exekutionsbewilligung auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung und die vom Titelgericht erlassene Gehaltsexekutionsbewilligung wurden vom genannten Rechtsanwalt namens des Verpflichteten unter Hinweis auf die ausgewiesene bzw. erteilte Vollmacht erfolgreich bekämpft und dabei Rekurskosten von je S 8.976 ersiegt (E 5908/85 und E 6010/85 des Bezirksgerichtes Steyr), zu deren Hereinbringung der genannte Rechtsanwalt im Namen Hubert S*** unter Berufung auf eine ihm erteilte Vollmacht gegen Maria B*** Fahrnisexekutionen führte (E 8781/85 und E 8819/85 des Bezirksgerichtes Steyr). Die gegen die beiden letztgenannten Exekutionen erhobenen Oppositionsklagen Maria B***, 4 Cg 246/85 des Kreisgerichtes Steyr und 5 C 12/85 des Bezirksgerichtes Steyr wurden auf Antrag der Oppositionsklägerin dem noch immer in Saudi-Arabien aufhältigen Hubert S*** zu Handen des erwähnten Rechtsanwalt "als Zustellbevollmächtigter gemäß § 10 Zustellgesetz, siehe Protokoll vom 12.3.1984, Seite 4, 3 a Cg 79/83, Kreisgericht Steyr" zugestellt, der jedoch keine Klagebeantwortung erstattete bzw. im bezirksgerichtlichen Verfahren nicht zur ersten Tagsatzung erschien.

Am 28.8.1985 brachte die Klägerin gegen den noch immer in Saudi-Arabien aufhältigen Beklagten eine Wechselklage ein, und zwar wieder zu Handen des genannten Rechtsanwalts "als Zustellbevollmächtigter gemäß § 10 Zustellges, s Prot. vom 12.3.84, S 4, 3 a Cg 79/83". Der Wechselzahlungsauftrag wurde einer Angestellten dieses Rechtsanwalts am 5.9.1985 zugestellt. Am 12.9.1985 teilte dieser Rechtsanwalt dem Erstgericht mit, daß er weder ermächtigt noch bevollmächtigt sei, gegen den Beklagten eingebrachte Klagen entgegenzunehmen. Seine Bestellung zum Zustellbevollmächtigten sei nur für das mit Vergleich vom 28.8.1984 beendete Verfahren 3 a Cg 79/83 des Kreisgerichtes Steyr erfolgt. Er stellte daher unter anderem die ihm zugestellte Wechselklage zurück. Nach Anschluß insbesondere der schon erwähnten Prozeß- und Exekutionsakten faßte das Erstgericht den Beschluß, daß die Verweigerung der Annahme der Klage durch den Zustellungsbevollmächtigten Dr. Josef L*** nicht zur Kenntnis genommen werde und daß dessen Bestellung als Zustellungsbevollmächtigter gemäß § 10 ZustellG für sämtliche Streitigkeiten zwischen den Parteien aufrecht bleibe. Das Erstgericht begründete seinen Beschluß damit, daß Dr. L*** im Verfahren 3 a Cg 79/83 im Sinn des § 10 ZustellG ohne Einschränkung zum Zustellungsbevollmächtigten des Beklagten bestellt worden sei und daß sich diese Gesetzesstelle nicht nur auf ein bestimmtes, sondern auch auf alle bei einer Behörde anhängig werdende Verfahren beziehe. In den dem zitierten Verfahren nachfolgenden Exekutionsverfahren E 5908/85 und E 6010/85 des Bezirksgerichtes Steyr und in den damit zusammenhängenden Rechtssachen 5 C 12/85 des Bezirksgerichtes Steyr und 4 Cg 246/85 des Kreisgerichtes Steyr habe sich Dr. L*** gegen seine Inanspruchnahme als Zustellungsbevollmächtigter im Sinn des Verfahrens 3 a Cg 79/83 des Kreisgerichtes Steyr nicht ausgesprochen, sondern alle Zustellstücke anstandslos angenommen. In den ebenfalls zusammenhängenden Exekutionssachen E 8781/85 und E 8819/85 des Bezirksgerichtes Steyr sei Dr. L*** sogar als bevollmächtigter Vertreter Hubert S*** eingeschritten. Zwischen dem Verfahren 3 a Cg 79/83 des Kreisgerichtes Steyr und dem nunmehrigen Wechselverfahren bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang, weil die Klägerin versuche, für die im erstgenannten Verfahren verglichene, aber nicht vollstreckte Forderung einen vollstreckbaren Titel zu erlangen. Schon deshalb gelte die im erstgenannten Verfahren erfolgte Bestellung zum Zustellungsbevollmächtigten auch im Wechselverfahren.

Gegen diesen auch ihm zugestellten Beschluß erhob Rechtsanwalt Dr. Josef L***, der in diesem Zwischenstreit darüber, ob er Zustellungsbevollmächtigter des Beklagten im Sinn des § 10 ZustellG ist, legitimiert und durch die angefochtene Entscheidung auch beschwert war, Rekurs, in dem er beantragte, den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Nichtigerklärung des Zustellvorganges an ihn abzuändern, allenfalls aber aufzuheben.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge, hob den angefochtenen Beschluß (ersatzlos) auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage auf.

Nach Meinung der zweiten Instanz ist Dr. L*** nur für das Verfahren 3 a Cg 79/83 des Kreisgerichtes Steyr zum Zustellungsbevollmächtigten bestellt worden. Daß er in anderen Verfahren als Bevollmächtigter Hubert S*** aufgetreten, ja sogar für diesen Schriftstücke entgegengenommen habe, die ihm als Zustellungsbevollmächtigten zugestellt worden seien, könne daran nichts ändern. Die Weigerung Dr. L***, die Wechselklage anzunehmen, sei daher begründet, die Zustellung derselben an ihn nichtig und wirkungslos. Auch der Ausspruch, daß Dr. Lechner für sämtliche Verfahren zwischen den Parteien Zustellungsbevollmächtigter Hubert S*** bleibe, sei gesetzwidrig. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes, bei der es sich nicht um einen Aufhebungsbeschluß im Sinn des § 527 Abs. 2 ZPO, sondern inhaltlich um einen ohne Rechtskraftvorbehalt anfechtbaren Abänderungsbeschluß handelt, richtet sich der nach § 528 Abs. 2 (§ 502 Abs. 4 Z 2) ZPO zulässige Revisionsrekurs der Klägerin, die die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes, allenfalls die Aufhebung der Entscheidung der zweiten Instanz zwecks Verfahrensergänzung und neuerlicher Entscheidung durch das Erstgericht begehrt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Nach § 10 ZustellG kann einer sich nicht nur vorübergehend im Ausland aufhaltenden Partei oder einem solchen Beteiligten von der Behörde aufgetragen werden, innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden, mindestens zweiwöchigen Frist für ein bestimmtes oder für alle bei dieser Behörde anhängig werdenden, sie betreffenden Verfahren einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Wird dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen, so wird die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde vorgenommen. Die Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen, muß einen Hinweis auf diese Rechtsfolge enthalten.

Daraus folgt, daß die Behörde nach dieser Gesetzesstelle einer Partei oder einem Beteiligten nur auftragen kann, einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Die Nichtbeachtung dieses Auftrags zieht nur die angedrohte Rechtsfolge nach sich, daß die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde vorgenommen wird. Die Behörde darf einer Partei jedoch nach dieser Gesetzesstelle keinen Zustellungsbevollmächtigten bestellen. Das Kreisgericht Steyr hat Hubert S*** weder im Verfahren 3 a Cg 79/83 noch in einem anderen bisher genannten Verfahren aufgetragen, für alle bei diesem Gericht anhängig werdenden, ihn betreffenden Verfahren einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen und Rechtsanwalt Dr. L*** als im seinerzeitigen Verfahren mit Prozeßvollmacht einschreitender Vertreter Hubert S*** hat sich auch nicht für andere Verfahren als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht. Deshalb durfte das Erstgericht den genannten Rechtsanwalt im vorliegenden Verfahren nicht als Zustellungsbevollmächtigten nach § 10 ZustellG behandeln.

Eine (Prozeß)Vollmacht, die Rechtsanwalt Dr. L*** zur Entgegennahme der Wechselklage ermächtigen würde, ist nicht aktenkundig (§ 30 ZPO).

Dem Revisionsrekurs ist daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E07865

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00535.86.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19860409_OGH0002_0030OB00535_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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