TE OGH 1986/4/23 9Os45/86

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Veröffentlicht am 23.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Horak, Dr.Lachner und Dr.Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinrich W*** und andere wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen bei der nichtöffentlichen Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinrich W*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht St.Pölten vom 17.Jänner 1986, GZ 24 Vr 503/85-79, nach Anhörung der Generalprokuratur den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Gemäß § 285 f StPO sowie zur Vorbereitung eines allfälligen Gerichtstages über die Berufung wird dem Erstgericht I. die Beischaffung des dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Erhart P*** (S 522 ff/III) zugrunde liegenden, am 2. und 16. Jänner 1986 erhobenen nicht im Akt erliegenden Befundes und II. die Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Univ.Prof.Dr.Gerhard K***, Institut für Gerichtliche Medizin der Johannes Kepler Universität Linz, aufgetragen.

Dieses Gutachten ist darüber zu erstatten,

1. in welchem Ausmaß die Fähigkeiten des Angeklagten, sich in einem strafgerichtlichen Verfahren verständlich zu äußern und seine Rechte sinnvoll wahrzunehmen, insbesondere Gesprochenes oder Geschriebenes zu verstehen und sich mündlich, schriftlich oder durch Zeichen verständlich zu machen, im Zeitpunkt der Hauptverhandlung (16. und 17. Jänner 1986) beeinträchtigt waren und derzeit beeinträchtigt sind;

2. ob allenfalls anzunehmen ist, daß der Angeklagte während der Hauptverhandlung eine Beeinträchtigung dieser Fähigkeiten aggraviert oder simuliert hat;

3. gegebenenfalls ob und wann mit einer entscheidenden Besserung des derzeitigen Zustandes des Angeklagten zu rechnen ist.

Text

Begründung:

Dem Obersten Gerichtshof liegen die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Heinrich W*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht St.Pölten vom 17.Jänner 1986, GZ 24 Vr 503/85-79, vor, mit welchem er auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu 18 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Darüber hinaus wurde gemäß § 23 Abs. 1 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet.

Einziger Anfechtungspunkt der auf die Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde ist die Behauptung des Angeklagten, infolge gänzlichen Verlustes des sprachlichen und schriftlichen Ausdrucksvermögens verhandlungsunfähig gewesen und durch die Abweisung des darum gestellten Antrages auf Ausscheidung (und Vertagung) des ihn betreffenden Strafverfahrens in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden zu sein.

Rechtliche Beurteilung

Diese Frage ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes derzeit noch nicht abschließend zu beantworten, weshalb vorerst die Einholung der eingangs bezeichneten tatsächlichen Aufklärungen über die behauptete Formverletzung (§ 285 f StPO) anzuordnen war; dies auch im Interesse der Klarstellung der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bei einem allfälligen Gerichtstag über seine Berufung.

Anmerkung

E09690

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00045.86.0423.000

Dokumentnummer

JJT_19860423_OGH0002_0090OS00045_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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