TE OGH 1986/4/23 9Os44/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Eduard A*** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster und zweiter Fall sowie 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Dusan T*** sowie die Berufungen der Angeklagten Senel T***, Darko S*** und Jovan B*** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 16.Jänner 1986, GZ 4 c Vr 640/85-166, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Knob, sowie der Verteidiger Dr. Strnad und Dr. Grois, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Dusan T***, Senel T***, Darko S*** und Jovan B*** zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird jedoch das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß den Angeklagten Eduard A*** und Darko S*** auch die am 19.April 1985 in der Zeit von 02.50 Uhr bis 20.20 Uhr, S*** außerdem auch noch die in der Zeit vom 26.April 1985,

12.30 Uhr, bis 27.April 1985, 12.20 Uhr, erlittene Vorhaft gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB auf die verhängten Freiheitsstrafen angerechnet wird.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der am 20.Jänner 1969 geborene jugoslawische Staatsangehörige Dusan T*** des Verbrechens des teils (nämlich in sieben Fällen) vollendeten, teils (und zwar gleichfalls in sieben Fällen) versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster und zweiter Fall sowie 15 StGB und des Verbrechens des teils (nämlich in 26 Fällen) vollendeten, teils (und zwar in 19 Fällen) versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB, ferner der Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1 StGB, des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Das Verbrechen des schweren Raubes (in der Erscheinungsform des Versuches) liegt ihm (ua) zur Last, weil er in Wien in Gesellschaft des (bereits rechtskräftig abgeurteilten) Eduard A*** und des Mitangeklagten Darko S*** als Beteiligte unter Verwendung einer Waffe versucht hat, mit Gewalt gegen Personen oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben anderen fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz wegzunehmen oder abzunötigen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er sich jeweils zusammen mit A*** und S*** unter Mitnahme von Gesichtsmasken und einer Gaspistole ca. Mitte März 1985 zu einem Würstelstand in der Karmelitergasse (Punkt B/I des Urteilssatzes) sowie ca. Anfang März 1985 (in Gesellschaft des weiteren erwachsenen Beteiligten Radoljub G***) zu einer Tankstelle in der Franzensbrückenstraße (Punkt B/IV/1) begab, um die im Würstelstand befindliche (unbekannt gebliebene) Frau bzw. den bei der bezeichneten Tankstelle beschäftigten Odo Karl T*** zu bedrohen und ihnen jeweils Bargeld wegzunehmen oder abzunötigen.

Rechtliche Beurteilung

Ausdrücklich nur die beiden bezeichneten Schuldspruchfakten bekämpft der Angeklagte Dusan T*** mit einer (nominell) auf die Z 9 lit. a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, es komme ihm in den beiden in Rede stehenden Fällen freiwilliger Rücktritt vom Versuch zustatten, weil aus den Urteilsannahmen hervorgehe, daß er (und seine Komplizen) von einer Tatausführung Abstand genommen hätten, obwohl deren tatplangemäße Vollendung weiterhin (subjektiv und objektiv) möglich gewesen wäre, ist den Entscheidungsgründen, liest man sie in ihrem Zusammenhang (vgl. US 42, 81, 83 bzw. 38, 82-84), mit (noch) hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß die Angeklagten und damit auch der Beschwerdeführer den Raubplan jeweils aus der Erkenntnis aufgaben, daß die Situation infolge der zahlreichen Kunden bzw. wegen des starken Straßenverkehrs für die Tatausführung derart ungünstig sei, daß sie der dadurch bewirkten Gefahr der Betretung die Bedeutung eines von ihnen zumindest derzeit nicht überwindbaren Hindernisses beimaßen. Solcherart kann von der in der Beschwerde behaupteten Freiwilligkeit des erfolgten Rücktritts vom Versuch keine Rede sein (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 16 RN 1-4); die Rechtsrüge ist daher insofern unbegründet. Soweit der Beschwerdeführer aber diese Urteilsannahmen übergeht und aus der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO Feststellungen moniert, wonach er aus eigenem Antrieb von der Vollendung der Tat Abstand genommen habe und die (innere) Umkehr im Bewußtsein erfolgt sei, daß die Tatbegehung noch möglich war, führt er die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig aus; in Wahrheit bekämpft er damit - ohne Dartuung von Begründungsmängeln (Z 5) - in unzulässiger Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung mit dem Ziel seiner vom Schöffengericht abgelehnten Verantwortung (vgl. S 101 ff/V) zum Durchbruch zu verhelfen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus deren Anlaß war jedoch gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Urteil zum Nachteil des Angeklagten Darko S*** und des Mitangeklagten Eduard A*** - der kein Rechtsmittel ergriffen hat - mit einer (von ersterem ungerügt gebliebenen) materiellrechtlichen Nichtigkeit (Z 11) behaftet ist, weil das Erstgericht entgegen der Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z 1 StGB die von den genannten Angeklagten am 19.April 1985 in der Zeit von 02.50 Uhr bis 20.20 Uhr und von S*** außerdem auch noch in der Zeit vom 26.April 1985, 12.30 Uhr, bis 27.April 1985,

12.20 Uhr, erlittene Vorhaft nicht auf die verhängten Strafen angerechnet hat. Die gebotene Anrechnung dieser Vorhaft(en) war daher vom Obersten Gerichtshof nachzuholen.

Das Jugendschöffengericht verurteilte den Angeklagten T*** nach §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB unter Anwendung des § 11 JGG sowie unter Bedachtnahme auf das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 25.Juni 1985, GZ 4 c Vr 284/85-17, - mit dem er wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen fünfzehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war - gemäß §§ 31, 40 StGB zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten. Mit demselben Urteil wurden auch der am 21.Juli 1967 geborene türkische Staatsangehörige Senel T*** sowie der am 30. September 1968 geborene Darko S*** und der am 14.Jänner 1969 geborene Jovan B*** - die beiden Letztgenannten sind jugoslawische Staatsangehörige - des Verbrechens des (in mehreren Angriffen begangenen) teils (nämlich von T*** in zwei Fällen, von S*** in drei Fällen und von B*** in sechs Fällen) vollendeten, teils (und zwar von S*** in fünf Fällen und von B*** in drei Fällen) versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster und zweiter Fall sowie (S*** und B*** auch) 15 StGB und des Verbrechens des (gleichfalls in mehreren Angriffen begangenen) teils (nämlich von T*** in vierzehn Fällen, von S*** in sechs Fällen und von B*** in 29 Fällen) vollendeten, teils (und zwar von T*** in zwölf Fällen, von S*** in sechs Fällen und von B*** in 28 Fällen) versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB, ferner der gleichfalls in mehreren Angriffen verübten Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1, T*** und S*** auch nach Abs. 2 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, B*** außerdem noch des (in drei Angriffen verübten) Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, S*** und B*** auch noch des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB und T*** schließlich noch des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. b WaffenG schuldig erkannt. Hiefür wurden diese drei Angeklagten nach §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB unter Anwendung des § 11 JGG zu Freiheitsstrafen, und zwar Senel T*** und Jovan B*** in der Dauer von je 36 Monaten und Darko S*** in der Dauer von 30 Monaten verurteilt.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei allen vier Angeklagten das Zusammentreffen von Delikten verschiedener Art und die Wiederholung der strafbaren Handlungen, bei T*** außerdem eine einschlägige Vorstrafe sowie den Umstand, daß er die Straftaten während eines anhängigen Verfahrens verübt und schon kurze Zeit nach der am 6.März 1985 erfolgten Verurteilung weiter fortgesetzt hat, als erschwerend; als mildernd nahm es hingegen gleichfalls bei allen Angeklagten an: das Geständnis, die ungünstigen Erziehungsverhältnisse, die teilweise objektive Schadensgutmachung und den Umstand, daß es in einigen Fällen der Tatbegehung beim Versuch blieb, bei S*** auch noch die (teilweise) subjektive Schadensgutmachung.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten Senel T***, Jovan B*** und Dusan T*** eine Herabsetzung der Freiheitsstrafen an, während der Angeklagte Darko S*** die bedingte Nachsicht der über ihn verhängten Freiheitsstrafe begehrt. Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Die vier Berufungswerber vermögen insgesamt keine Aspekte aufzuzeigen, die bei der Strafbemessung zu ihren Gunsten ins Gewicht fallen könnten. Woraus der Angeklagte S*** eine bloß untergeordnete Tatbeteiligung abgeleitet wissen will, wenn er beispielsweise ins Treffen führt, sein Tatbeitrag habe beim Raubfaktum Punkt A/II/1 nur "im Durchsuchen der Tasche" des Opfers bzw. bei dem an Leopold S*** verübten Raub (Punkt A/II/2) lediglich im Herausnehmen des Geldes aus der Kassenlade bestanden, ist unerfindlich. Die (weitere) teilweise Schadensgutmachung dieses Angeklagten durch Leistung von Geldbeträgen an die Opfer hinwieder wurde vom Erstgericht ohnedies ausdrücklich als Milderungsgrund berücksichtigt. Mit dem sämtlichen Angeklagten zugebilligten (reumütigen) Geständnis (§ 34 Z 17 StGB) aber ist nach Lage des Falles auch der damit verbundene Beitrag zur Wahrheitsfindung dem Grunde nach erfaßt; die Berücksichtigung deren Bedeutung fällt in den Bereich der abschließenden Wertung aller für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen. Eine das (altersbedingt) "normale Maß" überschreitende Unreife wird schließlich weder vom Angeklagten B*** noch vom Angeklagten T*** behauptet; insoweit genügt der Hinweis auf die von den Jugendrichtern ohnedies angewendete Vorschrift des § 11 Z 1 JGG über die Halbierung der angedrohten Strafen.

Demgegenüber hätte das Jugendschöffengericht richtigerweise bei sämtlichen Angeklagten noch zusätzlich die zweifache Qualifikation der Raubtaten zum schweren Raub, die mehrfache Qualifikation der Diebstähle und bei S*** und B*** die Verletzung eines Raubopfers und bei T*** und T*** von zwei Raubopfern als erschwerend werten müssen.

Im Hinblick auf die sohin tatsächlich vorliegenden Strafzumessungsgründe und auf die sich allein schon aus den von sämtlichen Angeklagten zu verantwortenden mehreren (schweren) Raubtaten ergebende tat- und persönlichkeitsbezogene Schuld (§ 32 StGB), hat das Erstgericht die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen keineswegs zu hoch ausgemessen und auch beim Angeklagten T*** auf dem ihm durch § 40 StGB gewiesenen Weg die verhängte Zusatzstrafe keinesfallsüberhöht festgesetzt. Gleiches gilt für den Angeklagten T***, hinsichtlich dessen sich aus der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft ergibt, daß er auch noch mit dem Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 26. November 1985 zum AZ 4 c Vr 703/85 wegen des (am 22.März 1985 begangenen) Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat verurteilt worden ist, zumal bei gemeinsamer Aburteilung der ihm nunmehr zur Last liegenden Straftaten mit der dem vorerwähnten Urteil zugrundeliegenden (§ 40 StGB) eine Freiheitsstrafe in der Gesamtdauer von 37 Monaten gleichfalls nicht als überhöht bezeichnet werden kann.

Die vom Angeklagten S*** begehrte bedingte Strafnachsicht hinwieder kam im Hinblick auf die Vielzahl der ihm zur Last liegenden Straftaten und die mehrfache Tatwiederholung aus Gründen der Spezialprävention nicht in Betracht. Insoweit genügt der Hinweis auf den Bericht der Wiener Jugendgerichtshilfe (ON 67), welche den durch Unbeirrbarkeit und gefühlsmäßige Abgestumpftheit geprägten Angeklagten dahin charakterisiert, daß sein bis zur Rücksichtslosigkeit und Unangepaßtheit reichendes Selbständigkeitsstreben die Begehung strafbarer Handlungen begünstigt und ihm dabei Gewissensschranken nicht im Weg stehen. Den Berufungen war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E08063

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00044.86.0423.000

Dokumentnummer

JJT_19860423_OGH0002_0090OS00044_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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