TE OGH 1986/4/23 1Ob564/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Vormundschaftssache des jm. Michael Sieghard R***, geboren am 19. Oktober 1983, vertreten durch die Mutter Dr. Elke R***, Kitzbühel, Reitherstraße 16, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, infolge Revisionsrekurses der Mutter gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 7. Februar 1986, GZ. 3 b R 18/86-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 17. Dezember 1985, GZ. P 147/85-9, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der minderjährige Michael Sieghard R*** ist das uneheliche Kind der Dr. Elke R***. Reinhold M*** hat die Vaterschaft zum Kind am 10. November 1983 vor dem Stadtjugendamt Innsbruck anerkannt. Das Kind befindet sich in Pflege und Erziehung der Mutter. Der Vater stellte den Antrag, ihm ein Besuchsrecht zum Kind an jedem Sonntag von 14 Uhr bis 17 Uhr einzuräumen. Die Mutter sprach sich gegen diesen Antrag aus, weil sich der Vater bisher nicht sehr um das Kind gekümmert habe. Sie habe den Eindruck, daß es dem Vater mehr darum gehe, sie mit dem Antrag zu schikanieren.

Das Erstgericht gab dem Antrag statt und stellte fest:

Michael Sieghard R*** befinde sich seit dem achten Lebensmonat im Kindergarten des Krankenhauses St. Johann, in dem die Mutter berufstätig sei. Im Frühjahr 1985 habe der Vater das Kind regelmäßig einmal wöchentlich ca. 10 bis 30 Minuten besucht und mit dem Kind im Kindergarten gespielt. Das Kind habe sich auf den Besuch des Vaters gefreut, zumal es von ihm Geschenke bekommen habe.

Das Erstgericht führte aus, es könne davon ausgegangen werden, daß sich der Vater schon bisher um das Kind gekümmert habe. Das Besuchsrecht sei ein Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung. Es diene dem Zweck, das auf der Blutsverwandtschaft beruhende Verhältnis zwischen Eltern und Kindern aufrecht zu erhalten und eine gegenseitige Entfremdung zu verhindern. Dazu sei es erforderlich, daß das Besuchsrecht in regelmäßigen Abständen ausgeübt werde. Bei einem zwei Jahre alten Kind erscheine ein Besuchsrecht im Ausmaß von drei Stunden wöchentlich angemessen.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Mutter teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es dem Vater ein Besuchsrecht an jedem ersten und dritten Sonntag des Monats zwischen 14 Uhr und 17 Uhr einräumte. Das Rekursgericht verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die darin erblickt wurde, daß der Mutter nicht Gelegenheit gegeben worden sei, zu den Beweisergebnissen Stellung zu nehmen; es erachtete auch die Einholung einer Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde und des Gutachtens eines Kinderpsychologen als nicht erforderlich. Ein Besuchsrecht an jedem ersten und dritten Sonntag des Monats sei im Hinblick auf das Alter des Kindes ausreichend.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der Mutter ist unzulässig.

Im Ausmaß des vom Rekursgericht dem Vater eingeräumten Besuchsrechtes liegt eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes vor, so daß der Revisionsrekurs nur aus den Gründen des § 16 AußStrG zulässig ist. Die gerügte Nichtigkeit liegt nicht vor, weil die Mutter ohnehin Gelegenheit hatte, ihren Standpunkt zur Frage der Einräumung des Besuchsrechtes im Verfahren zur Geltung zu bringen (S 5 d.A.). Daß der Mutter nicht Gelegenheit geboten wurde, zu den vorliegenden Beweisergebnissen Stellung zu nehmen, begründet nach ständiger Rechtsprechung keine Nichtigkeit (EFSlg. 47.268, 44.424, 39.790, 39.788 u.a.). Mit den Ausführungen zum Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit wird nur die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt bei einer am Einzelfall orientierten Entscheidung über das Besuchsrecht nicht schon dann vor, wenn nicht alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt wurden, sondern nur wenn das Wohl des Kindes völlig mißachtet worden wäre (EFSlg. 47.234, 47.233, 44.666 u.a.). Daß dies der Fall wäre, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Warum das "Charakterbild des Antragstellers" einen Kontakt mit dem Kind untragbar erscheinen lassen soll, wird nicht näher ausgeführt. Abstrakte Befürchtungen, der Antragsteller könnte mit dem Kind Gasthäuser besuchen, sind nicht geeignet, die Einräumung des Besuchsrechtes abzulehnen, ebensowenig die Ablehnung des Vaters durch die Mutter und ihre Familie. Die Ausmessung des Besuchsrechtes ist eine Ermessensentscheidung, die keinesfalls offenbar gesetzwidrig sein kann (EFSlg. 47.236 u.a.).

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E07975

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00564.86.0423.000

Dokumentnummer

JJT_19860423_OGH0002_0010OB00564_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten