TE OGH 1986/4/24 12Os42/86

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Veröffentlicht am 24.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael K*** wegen des Vergehens der Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen nach § 225 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 2.Oktober 1985, GZ 1 c Vr 107/85-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil zur Gänze aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Michael K*** des Vergehens der Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen nach § 225 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er im Oktober 1984 in Wien eine nach der Anbringung eines solchen Zeichens wesentlich veränderte Sache im Rechtsverkehr gebraucht hat, indem er an seinem zum Verkehr zugelassenen Kleinmotorrad Marke "Vespa 50 S" den Originalzylinder entfernte und an dessen Stelle einen Zylinder mit wesentlich mehr als 50 Kubikzentimeter anbrachte und das so adaptierte Fahrzeug im Straßenverkehr benützte.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Schuldspruch ist mit einem (nicht gerügten) Feststellungsmangel im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a bzw. 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, der aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs. 1 StPO).

Kraftfahrzeug-Begutachtungsplaketten, die entweder von einem Beamten innerhalb seiner Amtsbefugnis oder von den gemäß § 57 a KFG zur wiederkehrenden Begutachtung ermächtigten Vereinen oder Gewerbetreibenden an Kraftfahrzeugen angebracht werden, sind als öffentliche Beglaubigungszeichen zu werten und genießen den Schutz des § 225 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB. Jenen Plaketten aber, die gemäß § 57 a Abs. 6 oder Abs. 9 KFG an den Zulassungsbesitzer ausgefolgt und damit weder von einem Beamten noch von einer kraft Gesetzes mit öffentlichem Glauben versehenen Person am Kraftfahrzeug angebracht werden (und sich von den oben erwähnten Plaketten dadurch unterscheiden, daß sie mit dem Kennzeichen des betreffenden Kraftfahrzeuges versehen sein müssen) mangelt es - eben weil ihre Anbringung nicht durch eine Beglaubigungsperson und im übrigen ohne vorausgegangene Begutachtung erfolgt - am Charakter eines öffentlichen Beglaubigungszeichens, sodaß Manipulationen an (oder mit) derartigen Plaketten nur als Verwaltungsübertretung nach § 134 KFG (und nicht als Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen nach § 225 StGB) strafbar sind (Leukauf-Steininger, Komm. 2 , § 225 RN 4; JBl. 1984, S 156 f).

Nach dem im Akt erliegenden Typengenehmigungs-Bescheid des vom Angeklagten zur Tatzeit gelenkten Kleinmotorrades Vespa 50 Special (S 23 ff) wurde das Fahrzeug erstmalig am 7.Juni 1982 zum Verkehr zugelassen (S 33). Damit ist aber im Hinblick auf den nach der damals (vor der 9.KFG-Nov. 1984) geltenden Rechtslage aktuell gewesenen Prüfungszeitraum des § 57 a Abs. 3 KFG von drei Jahren die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß diese Plakette an den Zulassungsbesitzer ausgefolgt wurde und dieser damit der Charakter eines öffentlichen Beglaubigungszeichens fehlt. Im Hinblick auf diese besonderen Umstände des Falles wären daher zu prüfen gewesen, wer diese Begutachtungsplakette angebracht hat. Demnach lassen die Urteilskonstatierungen d:e Beurteilung der Frage nicht zu, ob sich der Angeklagte einer gerichtlich strafbaren Handlung (Vergehen nach § 225 Abs. 2 StGB) oder insoweit nur einer Verwaltungsübertretung nach § 134 KFG schuldig gemacht hat.

Wegen dieses Feststellungsmangels ist somit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden (§ 285 e StPO), weshalb ohne Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens nach Anhörung der Generalprokuratur bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war.

Anmerkung

E08336

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00042.86.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19860424_OGH0002_0120OS00042_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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