TE OGH 1986/4/24 6Ob540/86

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Veröffentlicht am 24.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Gamerith und Dr.Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Robert L*** sen., Notar i.R., 2700 Wiener Neustadt, Kollonitschgasse 5, vertreten durch Dr.Helga Hönel-Jakoncig, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) Olga S***, Private, 6074 Rinn, Judenstein 21, 2.) Lilly S***, Gastwirtin, ebendort, 3.) Harry S***, Gastwirt, ebendort, sämtliche vertreten durch Dr.Walter Kerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 586.882 S s.A., infolge der Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 9.Dezember 1985, GZ 6 R 290/85-38, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 11.Juni 1985, GZ 16 Cg 672/81-31, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen beider Parteien wird nicht Folge gegeben. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 14.123,09 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.161,73 S anteilige Umsatzsteuer und 1.344 S anteilige Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 18. November 1981 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung des Betrages von 586.882 S samt 8 % Zinsen seit 1.Dezember 1981. Er brachte vor, er sei der Rechtsnachfolger nach Dr.Wolfgang L***, der seinerseits Rechtsnachfolger der Margarethe L*** gewesen sei. Margarethe L*** habe mit Kaufvertrag vom 15.Mai 1959 die Liegenschaft EZ 87 II KG Rinn an Josef H*** und dessen Schwester Herta G*** veräußert. Herta G*** habe in der Folge ihren Anteil dem Josef H*** geschenkt, so daß dieser Alleineigentümer geworden sei. Mit Kaufvertrag vom 24.April 1963 habe Josef H*** die Liegenschaft an die Ehegatten Karl und Olga S***, sowie die mj. Lilly S*** verkauft. Diese hätten sich zur ungeteilten Hand verpflichtet, den an Margarethe L*** noch ausstehenden Kaufpreisrest von 260.000 S samt Zinsen zu bezahlen. Die Beklagten hätten auch die im Vertrag zwischen Margarethe L*** und Josef H*** und Herta G*** vereinbarte

Wertsicherung zur Zahlung an Margarethe L*** übernommen und sich verpflichtet, Josef H*** schad- und klaglos zu halten. Tatsächlich sei der Kaufpreisrest von 260.000 S erst am 25.März 1981 samt den rückständigen 3 % Zinsen an den Kläger bezahlt worden. Die über das Kapital hinausgehende Wertsicherung einschließlich 8 % Verzugszinsen für die letzten drei Jahre in der Höhe von zusammen 586.882 S sei noch unberichtigt. Die Erst- und die Zweitbeklagte hätten anerkannt, daß die Wertsicherung noch ausstehe. Der Drittbeklagte habe als Erbe des Karl S*** für alle Rechte und Pflichten des Voreigentümers einzutreten.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen, und wendeten ein, der Drittbeklagte sei passiv nicht legitimiert, weil er nie irgend eine Verpflichtung übernommen und mit dem Abschluß des seinerzeitigen Kaufvertrages nichts zu tun gehabt habe. Auch die Passivlegitimation der Erst- und der Zweitbeklagten sei nicht gegeben, da ein Vertragsverhältnis zwischen Margarethe L*** und ihnen nicht zustandegekommen sei. Alleiniger Vertragspartner der Beklagten sei Josef H*** gewesen. Mit diesem sei eine Wertsicherung des offenen Kaufpreisrestes von 260.000 S nicht vereinbart worden. Abgesehen davon sei hinsichtlich der jährlich abzurechnenden Wertsicherungsbeträge Verjährung eingetreten. Es sei auch von Dr.Wolfgang L*** als Rechtsnachfolger der Margarethe L*** im April 1978 auf die bis dahin angefallene Wertsicherung verzichtet worden. Vorsichtshalber werde die Höhe der Wertsicherung bestritten, eine 8 %-ige Verzinsung nie vereinbart worden.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von 495.248 S samt 4 % Zinsen seit 1. Dezember 1981 und wies das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von 91.634 S samt 8 % Zinsen seit 1.Dezember 1981, sowie weiteren 4 % Zinsen aus 495.248 S seit 1.Dezember 1981 ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Mit Kaufvertrag vom 15.Mai 1959 verkaufte Margarethe L*** an Josef H*** zu 7/10 und Herta G*** zu 3/10 die Liegenschaften EZ 87 II und EZ 91 II je KG Rinn um den Kaufpreis von 500.000 S. Auf den Kaufpreis wurde eine Barzahlung von 100.000 S geleistet. Der Kaufvertrag enthält folgende wesentliche Punkte:

"Punkt 8.: Die Abstattung des restlichen Kaufpreises von 400.000 S erfolgt in der Weise, daß sich die Käufer zur ungeteilten Hand verpflichten, alljährlich am 1.Mai in fortlaufenden 10 Teilzahlungen 40.000 S beginnend am 1.Mai 1960, an die Verkäuferin bar und abzugsfrei an deren jeweiligen ordentlichen Wohnsitz abzuzahlen. Die Käufer verpflichten sich, gleichfalls solidarisch, den Kaufpreisrest von 400.000 S mit 3 % im vorhinein zu verzinsen, und zwar in gleichen fortlaufenden, jeweils am Monatsersten fälligen Teilzahlungen. Die sonach vereinbarte Verzinsung hat von dem jeweiligen noch unberichtigten Kaufpreisrest zu erfolgen, darf jedoch den monatlichen Betrag von 800 S nicht übersteigen. .......

Punkt 9.: Die Zahlfälligkeit der solidarischen Zahlungen der Käufer an die Verkäuferin für Kaufpreisrest und Verzinsung tritt an den genannten Tagen ohne weitere Mahnung oder Fristerstreckung mit einem dreitägigen Respiro ein, wobei nach fruchtlosem Ablaufe dieser Fristen der gesamte noch offene Schuldbetrag, und zwar Kaufpreisrest und Verzinsung von selbst zahlfällig und klagsweise einbringlich gemacht werden kann.

Punkt 12.: Zur Sicherung der restlichen Kaufpreisschillingforderung von 400.000 S samt 3 % Zinsen, 8 % Verzugszinsen und aller übrigen, nicht ohnedies gleichen Rangordnung mit dem Kapitale genießenden Verbindlichkeiten, also einer Nebengebührenkaution bis zum Höchstbetrag von 100.000 S, in Worten ..... verpfänden die Käufer solidarisch die Kaufliegenschaft an die Verkäuferin.

Punkt 17.: Zur Grundlage der Wertberechnung als Sicherung des inneren Wertes aller auf Grund dieses gegenständlichen Vertrages von den Käufern solidarisch an die Verkäuferin zu leistenden Zahlungen wird nunmehr der vom Österreichischen Statistischen Zentralamte (oder dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung) veröffentlichte "Verbraucherpreisindex für einen vierköpfigen Arbeitnehmerhaushalt" und zwar einheitlich für Innsbruck, sonst für Wien oder die in Zukunft geltende amtliche Indexzahl, welchen Namens immer der Wertsicherung zugrundelegt. Eine Änderung dieser Indexzahl, berechnet ab dem heute gültigen Lebenshaltungskostenindex (oder Verbraucherpreisindex oder sonstwie amtlich genannt!) in der einen oder anderen Richtung hat sich daher auch bei der ziffernmäßigen Höhe dieser vorerwähnten Zahlungen entsprechend auszuwirken, wobei Änderungen bis 10 % unberücksichtigt bleiben.

Punkt 20.: Bis zur Abzahlung des gesamten Kaufpreises samt Nebengebühren sind die Käufer nicht berechtigt, Löschungsquittungen über die bezahlten Teilbeträge zu verlangen.

Punkt 25.: Dieser Vertrag geht auf die Erben und Rechtsnachfolger der Vertragsteile über."

Mit Schenkungsvertrag vom 23.Jänner 1960 übertrug Herta G*** ihrem Bruder Josef H*** ihre 3/10-Anteile an den Liegenschaften EZ 87 II und EZ 91 II KG Rinn, wobei Josef H*** alle Zahlungen, welche mit dem Eigentum dieser Liegenschaften verbunden sind, übernahm.

Josef H*** beabsichtigte in der Folge, nach Kanada

auszuwandern. Er bemühte sich daher, die Liegenschaften zu verkaufen. Als Kaufinteressenten traten Karl S***, seine Gattin Olga S*** und seine Tochter Lilly S*** auf. Die Vertragsverhandlungen wurden zwischen Josef H*** und Karl S*** geführt. Mit Kaufvertrag vom 24.April 1963 kauften Karl, Olga und Lilly S*** zu je einem Drittel die Liegenschaften EZ 87 II und EZ 91 II KG Rinn um den Kaufpreis von 900.000 S. Der Kaufvertrag enthält folgende wesentliche Punkte:

"I. Josef H*** ist auf Grund des genehmigten Kaufvertrages vom 15.5.1959, sowie des genehmigten Schenkungsvertrages vom 29.10.1959 Alleineigentümer der Liegenschaft in EZl. 87 II KG Rinn, .... sowie EZl. 91 II KG Rinn, ....

Der Kaufvertrag vom 15.Mai 1959 und der Schenkungsvertrag vom 29.10.1959 sind jedoch grundbücherlich bisher noch nicht durchgeführt, beide Verträge sind durch die Grundverkehrsbehörde jedoch bereits genehmigt und es liegen auch für beide Verträge die Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes für Gebühren in Innsbruck vor. Da die grundbücherliche Durchführung bisher noch nicht erfolgte, ist im Grundbuch als Eigentümerin noch immer die Vorbesitzerin, Frau Gretl L***, geb. B***, eingetragen. Die oben beschriebenen Liegenschaften sind vollkommen frei von jeder Belastung. Es besteht nur noch eine Kaufpreisrestforderung der Frau Gretl L*** im Betrage von S 260.000 samt 3 % Zinsen p.a., welche jedoch bisher bücherlich nicht sichergestellt wurde, und welche im folgenden noch gesondert behandelt werden wird. III. Als Kaufpreis wird der Betrag von S 900.000 vereinbart. Der Kaufpreis ist wie folgt zur Zahlung fällig:

Ein Betrag von S 500.000 wird unmittelbar nach Erhalt des Kaufschillings für die Liegenschaften Wien 6., Dammböckgasse Nr. 4 und der Eigentumswohnung im Hause Wien 3., Obere Weißgerberstraße Nr. 11 an den Verkäufer bezahlt. Spätestens jedoch ist dieser Betrag bis zum 1.7.1963 zu bezahlen. Die Käufer verpflichten sich, alle ihnen möglichen und zumutbaren Schritte zur Beschleunigung des Verkaufes der Objekte in Wien durchzuführen.

Ein Betrag von S 260.000 wird als Kaufpreisrestschuld des Herrn Josef H*** an Frau Gretl L***, geb. B***, von den Käufern übernommen. Die Vertragsteile stellen dazu fest, daß Frau Gretl L***, geb. B***, mit Erklärung vom 2.April 1963 ihre Zustimmung gegeben hat, daß Josef H*** diese Schuld auf die Käufer überbinden kann. Dies jedoch unter der Voraussetzung, daß für diese Kaufpreisrestforderung, für die jedes Jahr am 1.Mai ein Betrag von S 40.000 samt den bis dahin abgereiften 3 % Zinsen abzustatten ist, auf der Kaufsliegenschaft im ersten Pfandrang pfandrechtlich sichergestellt wird. Die Käufer erklären, diese Bedingungen zu erfüllen.

Der Betrag von S 37.500 an vereinbarter Provision des Realitätenbüros K*** in Linz wird von den Käufern nach Stellung der bezüglichen Honorarnote in Anrechnung auf den Kaufpreis gezahlt und die Käufer erklären hiemit ausdrücklich, daß sie den Verkäufer hinsichtlich dieser Provisionsforderung schad- und klaglos halten. Der Restbetrag von S 102.500 wird bis zum 1.9.1964 gezahlt. Damit ist der gesamte Kaufpreis ausgewiesen. Für den Fall des Zahlungsverzuges sind ab dem Tage der Fälligkeit 10 % Verzugszinsen zu zahlen.

V***. Die Käufer übernehmen ausdrücklich alle in diesem Vertrag auf sie entfallenden Verbindlichkeiten zur ungeteilten Hand. IX. Hinsichtlich der Kaufpreisrestforderung der Frau Gretl L***, geb. B***, erklären die Käufer, daß ihnen der Kaufvertrag vom 15.5.1959 bekannt ist und sie die dort vereinbarten Bedingungen, sowie auch jene, die sich aus der Erklärung der Frau Gretl L*** vom 2.4.1963 ergeben, erfüllen und daß sie hinsichtlich dieser Forderung der Frau Gretl L***, geb. B***, den Verkäufer vollkommen schad- und klaglos halten."

Im Punkt X. wurde eine Wertsicherung der Kaufpreisforderung des Josef H*** vereinbart, der der Verbraucherpreisindex II des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung in Wien, Basismonat April 1963 zugrundegelegt wurde. Gleichzeitig wurde eine Schwellklausel von 5 % vereinbart.

Auf Grund dieses Kaufvertrages und der darin enthaltenen Aufsandung wurden die Käufer grundbücherliche Eigentümer. Gleichzeitig wurde das Pfandrecht für die Kaufpreisrestforderung der Margarethe L*** von 260.000 S samt 3 % Zinsen auf den genannten Liegenschaften simultan einverleibt. Auf den Kaufpreisrest von 260.000 S, der in Raten von jährlich 40.000 S abzuzahlen gewesen wäre, haben die Käufer keine weiteren Zahlungen geleistet. Sie bezahlten lediglich die abgereiften 3 % Zinsen an Margarethe L***. Die Käufer wurden auch nie aufgefordert, darüber hinaus Zahlungen zu leisten.

Erstmals Ende des Jahres 1972 nahm der Erbe von Margarethe L***, Dr.Wolfgang L***, Kontakt zu den Käufern auf, wobei infolge des Gesundheitszustandes des Karl S*** ersucht wurde, eine Besprechung zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen. Am 2.Jänner 1973 verstarb Karl S***. Zu seinem Nachlaß gaben die Witwe Olga S*** zu 2/8-Anteilen und die beiden Kinder Lilly S*** und Harry S*** zu je 3/8-Anteilen die unbedingte Erbserklärung ab. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hall vom 19.September 1973 wurden die Erbserklärungen angenommen und der Nachlaß eingeantwortet, so daß die Erstbeklagte nunmehr zu 10/24, die Zweitbeklagte zu 11/24 und der Drittbeklagte zu 3/24 Miteigentümer der Liegenschaften EZ 91 und EZ 87 II KG Rinn sind.

Vom plötzlichen Tod des Karl S*** wurde Dr.Wolfang L*** von der Erstbeklagten mit Schreiben vom 5.Februar 1973 in Kenntnis gesetzt. Dr.Wolfgang L*** trat sodann erst wieder im Jahre 1978 an die Erst- und die Zweitbeklagte heran, wobei eine Besprechung in Innsbruck vereinbart wurde. Bei diesem Gespräch zwischen Dr.Wolfgang L*** und der Erst- und der Zweitbeklagten meinte Dr.Wolfgang L***, daß für die Vergangenheit eine Wertsicherung offen sei, die er auch verlangen werde. Auf den Einwand, daß eine Wertsicherung bislang nie gefordert worden sei und diesbezüglich nichts in den Verträgen stünde und auch darüber keine Vereinbarung getroffen worden sei, erklärte Dr.Wolfgang L***, daß er für die Vergangenheit nichts verlangen werde. Er möchte jedoch nunmehr zu den vereinbarten 3 % Zinsen noch eine Wertsicherung vereinbaren. Die Erst- und die Zweitbeklagte erklärten sich allenfalls bereit, eine Verzinsung des Kapitals mit 7 % vorzunehmen oder aber den rückständigen Betrag von 260.000 S sofort zu bezahlen, da bei Aufnahme eines Kredites auch kein höherer Zinssatz als jener von 7 % zu zahlen wäre. Dr.Wolfgang L*** wollte sich diesen Vorschlag überlegen und Bescheid geben. Eine Vereinbarung hinsichtlich der einen oder anderen Variante kam nicht zustande. Dr.Wolfgang L*** meldete sich in der Folge bei der Erst- und der Zweitbeklagten nicht mehr. Er verstarb am 3.Jänner 1980. Der Kläger ist der Rechtsnachfolger nach Dr.Wolfgang L***. Er forderte von den Beklagten sowohl die Bezahlung des noch aushaftenden Kapitals von 260.000 S samt den rückständigen Zinsen von 3 % als auch die auf Grund der Wertsicherung rückständigen Beträge. Mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 16.Juni 1980 wurden zwar der Anspruch auf den Restkaufpreis und die drei Jahre rückständigen Zinsen anerkannt, eine Wertsicherung und eine Leistung aus diesem Titel jedoch abgelehnt. Daß die Erstbeklagte in der Folge Zahlungszusagen hinsichtlich der Wertsicherung gemacht hätte, konnte nicht festgestellt werden. Am 25.März 1981 bezahlten die Beklagten den Betrag von 274.194,80 S als Kaufpreisrestforderung samt 3 % Zinsen. Der Verbraucherpreisindex für einen vierköpfigen Arbeitnehmerhaushalt, Verbraucherpreisindex II (1958 = 100) betrug im Mai 1959 100,7 Punkte, im März 1981 284,6 Punkte. Dies bedeutet von Mai 1959 bis März 1981 eine Steigerung von 182,6 %. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Käufer hätten im Kaufvertrag vom 24.April 1963 jedenfalls zum Ausdruck gebracht, daß sie sämtliche Verpflichtungen des Josef H*** gegenüber Margarethe L*** aus dem Vertrag vom 15.Mai 1959 mit Zustimmung der Gläubigerin übernähmen. Es sei daher eine wirksame Schuldübernahme nach den §§ 1405, 1407 Abs. 1 ABGB begründet worden. Aus dem Umstand, daß von 1959 bis 1978 Wertsicherungsansprüche nicht geltend gemacht worden seien, könne auf einen Verzicht auf dieses Recht nicht geschlossen werden. Auch eine Verjährung sei nicht gegeben, weil es sich nicht um Annuitäten im Sinne des § 1480 ABGB handle. Auch ein Verzicht des Dr.Wolfgang L*** liege nicht vor, weil dieser zugleich mit der Erklärung, auf die Wertsicherung für die Vergangenheit keinen Anspruch zu erheben, eine Wertsicherung für die Zukunft vorgeschlagen habe, welcher Vorschlag von den Beklagten nicht angenommen worden sei. Zu einer Vereinbarung sei es daher nicht gekommen. Ein konstitutives Anerkenntnis der Beklagten liege nicht vor. Der Drittbeklagte hafte auf Grund seiner unbedingten Erbserklärung solidarisch mit der Erst- und der Zweitbeklagten. Die Erst- und die Zweitbeklagte seien auf Grund der im Vertrag vom 24. April 1963 enthaltenen Schuldübernahme passiv legitimiert. Im Hinblick auf die vereinbarte Schwellklausel von 10 % sei im Zeitpunkt der Zahlung des restlichen Kapitals am 25.Jänner 1981 eine Wertsteigerung von 180 % zu berücksichtigen, so daß sich vom rückständigen Kapital von 260.000 S ein Wertsicherungsbetrag von 468.000 S errechne. Eine Verzinsung der Wertsicherungsbeträge könne frühestens ab der Ablehnung der Zahlung von Wertsicherungsbeträgen mit Schreiben der Beklagten vom 16.Juni 1980 erfolgen. Nicht berechtigt sei auch eine Verzinsung von 8 %, da sich aus dem Vertrag eine solche Verbindlichkeit nicht ergebe. Vereinbart seien lediglich eine Verzinsung des Kapitals mit 3 %, sowie eine Wertsicherung. Der Kläger könne daher nur die gesetzlichen Verzugszinsen von 4 % fordern. Für die Zeit vom 16.Juni 1980 bis 30.November 1981 seien solche Zinsen in der Höhe von 27.248 S angefallen, so daß bezüglich des Wertsicherungsbetrages von 468.000 S die Klagsforderung mit 495.248 S berechtigt sei.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien in der Hauptsache nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht. Zur Frage der Fälligkeit des Aufwertungsbetrages führte es aus, diese sei grundsätzlich zugleich mit der Fälligkeit der Hauptforderung, also den vereinbarten Kaufpreisraten gegeben gewesen. Der restliche Kaufpreis hätte vereinbarungsgemäß in jährlichen Raten von 40.000 S bezahlt werden müssen. Tatsächlich seien aber solche Kaufpreisraten von den Beklagten in der Zeit von 1963 bis zum März 1981 nicht geleistet worden. Der jeweilige Gläubiger habe sich mit der Zahlung der vertragsmäßigen Zinsen von 3 % zufriedengegeben. Es könne somit von einer konkludenten Stundung des Kaufpreisrestes gesprochen werden. Im Hinblick darauf sei aber die Fälligkeit der Kaufpreisrestforderung einschließlich des Aufwertungsbetrages erst mit der Einforderung durch den Gläubiger eingetreten. Daß eine solche Fälligstellung schon vor jenem Schreiben vom 28.Mai 1980, auf welches die Beklagten mit dem Ablehnungsschreiben vom 16.Juni 1980 geantwortet hätten, erfolgt sei, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Gegen den Zuspruch von Verzugszinsen ab dem 16.Juni 1980 bestünden somit keine Bedenken.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von beiden Parteien mit Revision bekämpft.

Der Kläger bekämpft das Urteil, soweit das Klagebegehren abgewiesen wurde, und macht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend. Er beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß ihm ein weiterer Betrag von 91.634 S samt 8 % Zinsen seit 1.Dezember 1981 und weitere 4 % Zinsen aus 495.248 S seit 1.Dezember 1981 zuerkannt werden, oder das Urteil im angefochtenen Umfang aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückverwiesen werde.

Die Beklagten machen die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragen, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde, oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Beide Parteien beantragen jeweils, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Zur Revision der beklagten Parteien:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Auch die Rechtsrüge ist nicht stichhältig.

Im Rahmen der Rechtsrüge wenden sich die Beklagten neuerlich gegen die Feststellungen der Vorinstanzen, wonach Karl, Olga und Lilly S*** im Kaufvertrag vom 24.April 1962 mit Zustimmung der Margarethe L*** die gesamte Kaufpreisrestschuld einschließlich der im Vertrag vom 15.Mai 1959 vereinbarten Wertsicherung zur Zahlung übernommen haben. Sie vertreten in diesem Zusammenhang die Auffassung, die Vorinstanzen hätten den Inhalt der Urkunden unrichtig ausgelegt.

Die Beklagten übersehen, daß die bekämpfte Feststellung - wie das Berufungsgericht ausdrücklich hervorhob - nicht allein auf Grund des Inhaltes der Urkunden, sondern auch auf Grund anderer, über die Absicht der Parteien durchgeführter Beweise getroffen wurde. Das Berufungsgericht verwies in diesem Zusammenhang auf die Aussage des Zeugen Josef H***. Die Urkundenauslegung gehört jedoch nur dann zur rechtlichen Beurteilung, wenn die Vorinstanzen keine anderen Beweismittel verwertet haben. Andernfalls - wie hier - können die so gewonnenen Feststellungen nicht mehr mit Revision bekämpft werden (SZ 43/175, SZ 44/22 uva).

Geht man aber davon aus, daß von den oben Genannten mit Zustimmung der Gläubigerin die Zahlung des Kaufpreisrestes einschließlich der Wertsicherung übernommen wurde, dann wurde der rückständige Betrag von den Vorinstanzen richtig errechnet. Daß auch dann die Bezahlung von Wertsicherungsbeträgen nur auf der Basis April 1963 übernommen worden wäre, nicht aber Wertsicherungsbeträge aus den Jahren 1959 bis 1963, findet in den Feststellungen keine Deckung.

Von einem Verzicht des Gläubigers auf die Wertsicherungsbeträge kann nicht gesprochen werden. Soweit die Beklagten einen solchen Verzicht bereits aus der Zustimmung der Magarethe L*** zur Schuldübernahme ableiten wollen, gehen sie nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen aus. Aus der Tatsache, daß die Wertsicherung durch 20 Jahre nicht verlangt wurde, ergibt sich ebenfalls noch kein schlüssiger Verzicht, wurde doch auch die Bezahlung der Kapitalraten von 1963 bis zum Jahre 1980 nicht ernsthaft geltend gemacht. Aber auch aus den Erklärungen des Dr.Wolfgang L*** im Jahre 1978 kann ein solcher Verzicht auf die Wertsicherung nicht eindeutig abgeleitet werden, da über seine im Zusammenhang mit der Erklärung, er werde für die Vergangenheit nichts verlangen, geäußerte Forderung einer Wertsicherung für die Zukunft keine Einigung erzielt wurde.

Die Frage der Verjährung wurde von den Vorinstanzen zutreffend gelöst. Von Annuitäten kann nach den Bedingungen des Kaufvertrages vom 15.Mai 1959 (zu dessen Erfüllung sich die Käufer im Vertrag vom 24. April 1963 verpflichtet hatten) schon deshalb nicht gesprochen werden, weil die Verzinsung vom jeweiligen noch unberichtigten Kaufpreisrest zu erfolgen hatte und sich auch die Wertsicherung auf die vereinbarten Zahlungen entsprechend auswirken sollte. Es liegen daher sogenannte gemeine Raten vor, die nicht unter die kurze Verjährungsfrist fallen (SZ 49/119). Da der Aufwertungsbetrag ein Teil der Schuld ist, verjährt er zur gleichen Zeit wie die Hauptschuld (SZ 34/106 ua).

Die Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand wurde zutreffend angenommen. Da die Käufer im Punkt VIII. des Kaufvertrages vom 24. April 1963 ausdrücklich alle in diesem Vertrag auf sie entfallenden Verbindlichkeiten zur ungeteilten Hand übernahmen, zu diesen Verbindlichkeiten aber auch die mit Zustimmung der Gläubigerin erfolgte Schuldübernahme zählt, haften sie für die übernommene Kaufpreisrestforderung gleichfalls zur ungeteilten Hand. Zur Berechnung der Höhe der Wertsicherung bringen die Beklagten, ausgenommen das bereits behandelte Argument, die Wertsicherung könne erst ab Dezember 1962 berücksichtigt werden, nichts konkretes vor. Von einer Unbestimmtheit der Wertsicherungsklausel kann keine Rede sein. Die Indexzahlen wurden von den Vorinstanzen für die maßgebenden Zeitpunkte festgestellt.

Zur Zinsenberechnung bemängeln die Beklagten zu Unrecht, daß der Kläger in der Klage kein Fälligkeitsdatum angegeben habe und Zinsen daher erst ab Klagseinbringung hätten zuerkannt werden dürfen. Der Kläger hat in der Klage vorgebracht, daß im Klagsbetrag 8 % Verzugszinsen für die letzten drei Jahre enthalten seien und in diesem Zusammenhang auf die vorgelegte Indexabrechnung verwiesen. Damit wurde jedenfalls behauptet, daß die Forderung spätestens drei Jahre vor Klagseinbringung fällig war. Im übrigen haben die Vorinstanzen Verzugszinsen ohnehin erst ab 16.Juni 1980 zugesprochen.

Der Revision der Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

Zur Revision des Klägers:

Der Kläger wendet sich gegen die Ansicht der Vorinstanzen, daß die Beklagten nur für die gesetzlichen Verzugszinsen haften. Dagegen bestehen keine Bedenken. Alle Hinweise, daß die Käufer im Vertrag vom 24.April 1963 alle Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag vom 15.Mai 1959 übernommen haben, gehen daran vorbei, daß in letzterem eine Verpflichtung der Käufer zur Bezahlung von 8 % Verzugszinsen nicht enthalten ist, sondern nur die Verpfändung der Kaufliegenschaft zur Sicherung einer restlichen Kaufpreisforderung von 400.000 S samt 3 % Zinsen und 8 % Verzugszinsen. Daß dieser Bestimmung eine Vereinbarung über die Bezahlung von 8 % Verzugszinsen zugrundelag - was denkbar wäre - wurde von den Vorinstanzen nicht festgestellt und ist dem Vertrag selbst - anders als dem vom 24.April 1963, in welchem 10 % Verzugszinsen vereinbart wurden - nicht zu entnehmen.

Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichtes, der Kaufpreisrest sei den Beklagten konkludent gestundet worden. Die Liegenschaft wurde im Jahre 1963 verkauft, wobei die Käufer mit Zustimmung der Magarethe L*** die Verpflichtung zur Bezahlung des restlichen Kaufpreises aus dem Vertrag vom 15.Mai 1959 übernahmen. Sie wären daher verpflichtet gewesen, jährlich 40.000 S zu bezahlen, leisteten jedoch bis zum Jahre 1981 keine Zahlung auf die Hauptschuld, sondern nur die abgereiften 3 % Zinsen. Sie wurden weder von Margarethe L*** zur Einhaltung der Ratenverpflichtung aufgefordert, noch hat ihr Rechtsnachfolger Dr.Wolfgang L*** ernsthafte Schritte in dieser Richtung unternommen. Dieser nahm erstmals im Jahre 1972 Kontakt mit den Käufern auf, wobei es jedoch zu keiner Besprechung kam, und trat danach erst im Jahre 1978, also 15 Jahre nach Abschluß des Kaufvertrages, mit den Käufern in Verbindung. Bei diesem Gespräch ging es aber nur um die Frage der Wertsicherung für die Vergangenheit, wobei sich Dr.Wolfgang L*** zum Vorschlag der Erst- und der Zweitbeklagten das Kapital mit 7 % zu verzinsen oder den Betrag von 260.000 S sofort zu bezahlen, nicht äußerte und versprach, darüber Bescheid zu geben, sich jedoch bis zu seinem Tode nicht meldete. Erst vom nunmehrigen Kläger als Rechtsnachfolger des Dr.Wolfgang L*** wurde erstmals am 28.Mai 1980, also 17 Jahre nach Fälligkeit der ersten Rate, der Anspruch auf den restlichen Kaufpreis geltend gemacht. Wenn auch bei Beurteilung einer Handlung auf ihre konkludente Aussage größte Vorsicht geboten ist (Koziol-Welser, Grundriß 7 I 81; Rummel in Rummel, ABGB I Rz 14 zu § 863), kann dieses Verhalten der Margarethe L*** und des Dr.Wolfgang L*** zwar nicht als Verzicht auf ihre Forderung, wohl aber als ihr Einverständnis mit einer Stundung derselben gewertet werden. Damit ist aber die Fälligkeit erst durch die Einforderung seitens des Klägers wieder eingetreten. Auch der Revision des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs. 1 und 50 ZPO. Nach dem Gesamterfolg der beiderseitigen Revisionsbeantwortungen (85 % : 15 % zugunsten des Klägers) waren dem Kläger 70 % der Kosten seiner Revisionsbeantwortung zuzusprechen.

Anmerkung

E08223

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00540.86.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19860424_OGH0002_0060OB00540_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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