TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/4 2001/10/0247

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2005
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E15202000;
E3L E15204000;
E6C;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/06 Konsumentenschutz;
26/01 Wettbewerbsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;
91/02 Post;

Norm

31979L0112 Etikettierungs-RL Art2;
31979L0112 Etikettierungs-RL;
32000L0013 Etikettierungs-RL Art2;
32000L0013 Etikettierungs-RL;
61986CJ0014 Pretore di Salo VORAB;
61986CJ0080 Kolpinghuis Nijmegen VORAB;
61995CJ0168 Arcaro VORAB;
61996CC0210 Gut Springenheide und Tusky Schlussantrag;
62001CJ0229 Müller VORAB;
ECG 2001 §5 Abs1 Z2;
ECG 2001 §5 Abs1 Z3;
EURallg;
LMG 1975 §74 Abs1;
LMG 1975 §74 Abs5 Z2;
LMG 1975 §8 litf;
LMKV 1993 §4 Z2 idF 1999/II/462;
PO §95;
PO §95a;
PO §95b;
PostG 1997 §34 Abs1;
PostG 1997 §6 Z4;
PostG 1997 §6;
UWG 1984 §2;
VwRallg;
ZustG §2 Z5 idF 2004I/I010;
ZustG §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des DL in W, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 29. Oktober 2001, Zl. UVS-18/10.128/9-2001, betreffend Übertretungen des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 19. April 2001 der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, mit welchem über den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 8 lit. f Lebensmittelgesetz iVm § 7 Abs. 1 lit. c Lebensmittelgesetz und § 74 Abs. 1 LMG sowie § 9 Abs. 1 VStG und einer Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Z 2 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung iVm § 74 Abs. 5 Z 2 Lebensmittelgesetz und § 9 Abs. 1 VStG eine Geldstrafe von S 5.000,-- bzw. eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt worden war, als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass die Worte "bzw D Salzburg" in der Angabe des Unternehmens, als dessen zur Vertretung nach außen Berufener der Beschwerdeführer bestraft wurde, zu entfallen hätten und die übertretene Norm hinsichtlich Punkt 1 des Straferkenntnisses in redaktioneller Hinsicht ("§ 7 Abs. 1" statt irrtümlich "3 7 Abs. 1") richtiggestellt wurde.

Der Tatvorwurf im Straferkenntnis erster Instanz war dahin gegangen, dass es der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "Fa. D Ges.m.b.H. in 1020 Wien, N-Straße 36, bzw. D Salzburg", nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten habe, dass das Lebensmittel V, H (ein Joghurt), mindestens haltbar bis 27. November 2000, am 6. November 2000 und am 8. November 2000 von der Fa. D Ges.m.b.H. in 5071 Siezenheim, Dr. H-Straße, an die Fa. B reg.Gen.m.b.H. in Pasching ausgeliefert und somit in Verkehr gebracht worden sei, obwohl das Lebensmittel

1. gemäß § 8 lit. f LMG als falsch bezeichnet zu beurteilen gewesen sei, da es mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich seien, versehen gewesen sei. Die Verpackung trage die Aufschrift "0 % Fett", obwohl das Joghurt laut Inhaltsstoffangabe einen Fettanteil von maximal 0,1 % aufweise und

2. als vorverpacktes Lebensmittel der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung unterliegend nicht gemäß § 4 Z 2 LMKV gekennzeichnet sei, da gemäß § 4 Z 2 LMKV auf einer Verpackung der Name (Firma oder Firmenschlagwort) und die Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder eines in einem EWR-Mitgliedstaat niedergelassenen Verkäufers, anzugeben seien. Auf der Verpackung sei die Angabe "D Salzburg, Unternehmen der D Gruppe" angebracht. Es fehle die Anschrift.

Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nach Wiedergabe des Inhalts des Spruches der Behörde erster Instanz und der Berufung des Beschwerdeführers aus, dass der Sachverständige für Lebensmittelfragen, Hofrat J, in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde angegeben habe, dass die Frage, ob das Lebensmittelprodukt "V, H" einen Fettanteil enthalten hätte dahingehend zu beantworten sei, dass bei derartigen Joghurtzubereitungen, welche aus entfetteter Milch bestünden, immer ein gewisser Fettanteil vorhanden sei. Beim gegenständlichen Produkt sei dies in einer Größenordnung von 0,04 % bis 0,06 % gegeben. Da es sich um ein Produkt mit entfetteter Milch handle, sei es unmöglich, dass überhaupt kein Fettanteil vorhanden sei.

Das Produkt "V, H" der Fa. D sei zu den im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführten Auslieferungszeiten durch die Auslieferung vom Lager in Wals aus in Verkehr gebracht worden. Beim Standort Dr. H-Straße, 5071 Wals, handle es sich nicht um den Unternehmenssitz der D GmbH, auch wenn auf dem Becheraufdruck, den Lieferscheinen und auch durch das Vorbringen der Rechtsvertretung der Eindruck erweckt werde. Laut Firmenbuch sei mit Eintragung vom 13. Oktober 2000 der Firmensitz nach 1020 Wien, N-Straße 36, verlegt worden. Schon daraus ergebe sich, dass die Firmenanschrift am Becheraufdruck nicht korrekt gewählt worden sei, da die Anschrift der erzeugenden bzw. verpackenden Unternehmung eben nicht "D Salzburg" sei. Im Übrigen gingen die Berufungsausführungen auch deshalb fehl, da darin Beispiele bekannter Unternehmen angeführt seien, bei denen lediglich die Ortsbezeichnung zur Identifizierung ausreiche. Im gegenständlichen Fall sei aber die Ortsbezeichnung Salzburg unzutreffend, da die D Ges.m.b.H. niemals ihren Standort in der Stadt Salzburg gehabt habe, sondern vielmehr in 5071 Wals, bzw. nunmehr in 1020 Wien. Die im Straferkenntnis erster Instanz unter Punkt 2 angeführte Übertretung liege daher vor.

Zu Punkt 1 des Straferkenntnisses erster Instanz wird ausgeführt, dass der Sachverständige von einem Fettanteil von 0,04 bis 0,06 % gesprochen habe. Die Aufmachung des Produkts sei hingegen so gewählt, dass am Deckel des Bechers auf rotem Hintergrund die Aufschrift "0 % Fett" in großer Schrift deutlich hervorgehoben sei. Diese Aufmachung finde sich in gleicher Weise auch auf der Außenseite des Joghurtbechers. Links davon sei in wesentlich kleinerer Schrift hingegen der Hinweis "Fruchtjoghurt max. 0,1 % Fett" aufgedruckt, rechts davon in noch kleineren Buchstaben die Bezeichnung "Fett: 0,1 %".

Den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufung sei insofern zu folgen, als beim Verbraucherleitbild heutzutage von einem mündigen, sorgfältig prüfenden Verbraucher auszugehen sei. Gerade dieser sorgfältig prüfende Verbraucher werde aber bei der vorliegenden Produktinformation vor die Frage gestellt, welcher der drei unterschiedlichen Hinweise 0 %, max. 0,1 % oder exakt 0,1 % Fett denn nun der Wahrheit entspreche. Gerade Personen, die durch die auffällige Aufmachung auf das Produkt aufmerksam würden, weil sie - z.B. auf Grund eines Diätprogramms mit genau vorgegebenen Anteilen an Fett, Kohlehydraten, Zucker, Ballaststoffen etc. - eine exakte Information über die im Produkt vorhandenen Anteile an Fett etc. benötigten, würden durch diese Aufmachung in die Irre geführt, da es für die Berechnung der zulässigen Anteile an Fett eben einen Unterschied mache, ob ein Produkt 0,0 % oder 0,1 % Fett aufweise. Auch Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses sei daher zu bestätigen gewesen. In der Folge wird die Strafbemessung begründet. Im Hinblick darauf, dass der Schutz der Verbraucher vor Irreführung ein zentrales Anliegen lebensmittelrechtlicher Vorschriften darstelle, wird die Bestrafung "im untersten Bereich des jeweiligen Strafrahmens" als angemessen gemäß § 19 VStG bezeichnet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer außer Streit stellt, dass er Geschäftsführer der D Ges.m.b.H. sei und in dieser Funktion für das In-Verkehr-Bringen des Lebensmittels "V, H" verantwortlich sei. Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten und die Verletzung im Recht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung nicht bestraft zu werden, geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme der belangten Behörde, die Aufschriften auf der Verpackung seien irreführend gewesen. Die Angabe "0 % Fett" für ein Produkt, dessen Fettgehalt maximal 0,1 % sei, sei nicht irreführend.

1.2. § 8 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl. Nr. 381, in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung vor BGBl. I Nr. 69/2003, lautete auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 8. Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe sind

a) ...

...

f) falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden;

..."

Gemäß § 74 Abs. 1 LMG 1975 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung durch BGBl. I Nr. 105/2000 beging eine Verwaltungsübertretung und war mit Geldstrafe bis S 100.000,-- zu bestrafen, wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel oder Gebrauchsgegenstände der im § 6 lit. a, b oder e bezeichneten Art falsch bezeichnete, oder Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, die falsch bezeichnet waren, oder solche falsch bezeichneten Gebrauchsgegenstände in Verkehr brachte.

Das Lebensmittelgesetz 1975 setzt nicht zuletzt die einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, wie insbesondere die Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hiefür ("Etikettierungsrichtlinie") um. Die Etikettierungsrichtlinie kodifizierte die Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hiefür, die mehrfach geändert worden war (vgl. den ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/13/EG). Die Richtlinie 79/112/EWG hat zum Tatzeitpunkt (November 2000) noch gegolten. Das LMG 1975 ist daher grundsätzlich nach Wortlaut und Zweck des Gemeinschaftsrechts zu interpretieren (vgl. Barfuß ua., LebensmittelR2, Teil II A, 1.1., 3 f; zur spezifischen Problematik der Auslegung von Straftatbeständen siehe unten).

Art. 2 der Richtlinie 79/112/EG lautete auszugsweise:

"(1) Die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, dürfen nicht

a) geeignet sein, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht

i) über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;

ii) durch Angabe von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;

..."

Eine inhaltsgleiche Regelung enthält nunmehr Art. 2 der Richtlinie 2000/13/EG.

1.3. Gemäß § 8 lit. f LMG 1975 kommt es nach dem Wortlaut hinsichtlich der Umstände, auf die sich die Angaben, die nicht irreführend sein dürfen, beziehen können, auf die Verkehrsauffassung, insbesondere die Verbrauchererwartung, darüber an, welche Angaben wesentlich sind. Das Gesetz nennt hiefür beispielsweise Angaben über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht. Es erfasst damit jedenfalls Angaben über die "Beschaffenheit" und erstreckt sich im Hinblick auf die demonstrative Aufzählung in § 8 lit. f LMG 1975 auch auf andere Umstände, die nach Verkehrsauffassung wesentlich sind, sodass insbesondere die in Art. 2 der Richtlinie 2000/13/EG genannten Zusammensetzung ebenfalls vom Irreführungsverbot umfasst ist. Hinsichtlich der Angaben über den Fettgehalt hat die belangte Behörde zutreffend angenommen, dass diese nach der Verbrauchererwartung "wesentlich" im Sinne des § 8 lit. f sind. Die Angabe über den Fettgehalt eines Milchprodukts fällt somit grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 8 lit. f LMG 1975. Eine Strafbarkeit auf Grund einer solchen Angabe ist gegeben, wenn sie irreführend ist. Dies auch dann, wenn man § 8 lit. f LMG 1975 im Hinblick auf das Abstellen auf die Verkehrsauffassung betreffend die Frage, welche Angaben wesentlich sind, als Einschränkung des Art. 2 der Richtlinie 2000/13/EG versteht. Auch wenn im Hinblick auf die Unzulässigkeit einer unmittelbaren Anwendung von Richtlinien, soweit es um Straftatbestände geht (EuGH 11. Juni 1987, Rs 14/86, Pretore von Salo, 8. Oktober 1987, Rs 80/86, Kolpinghuis Nijmwegen, Rdnr. 12 und 13, und 26. September 1996, Rs C- 168/95, Arcaro, Rdnr. 42), ein unmittelbarer Rückgriff auf Art. 2 der Richtlinie zur Begründung einer Strafbarkeit ausscheidet und eine Bestrafung somit nur insoweit möglich ist, als sich das entsprechende Tatbild aus dem LMG 1975 ergibt, führt die Auslegung der innerstaatlichen Regelung des § 8 lit. f LMG 1975 dazu, dass Angaben über die Zusammensetzung eines Lebensmittels von dieser Bestimmung umfasst sind. Angaben über die Zusammensetzung eines Lebensmittels sind angesichts der großen Bedeutung, die in der immer gesundheitsbewussteren Öffentlichkeit ernährungswissenschaftlichen Aspekten beigemessen werden, als nach der Verkehrsauffassung wesentlich anzusehen.

1.4. Wie auch in der Literatur (vgl. Barfuß ua., Lebensmittelrecht2, Teil Ia, Kommentar zu § 8 LMG, 19) zu § 8 LMG vertreten wird, liegt der Tatbestand der Irreführung bzw. der Eignung zur Irreführung im Sinne der Judikatur zu § 2 UWG dann vor, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Betroffenen durch bestimmte Angaben irregeführt werden kann (vgl. zum Abstellen auf die Rechtsprechung zu § 2 UWG auch im Zusammenhang mit dem Begriff der Irreführung nach dem LMG 1975 beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2004, Zl. 2003/10/0028). Im Hinblick auf die große Bedeutung, die in der Öffentlichkeit dem Konsum von Lebensmitteln, die einen möglichst geringen Gehalt an Fett aufweisen, beigemessen wird, ist nicht von der Hand zu weisen, dass die deutliche und ins Auge springende Angabe "0 % Fett" (sowohl auf dem Deckel, als auch auf der Seite des Bechers) einen großen Teil von Verbrauchern tatsächlich irreführen kann. Daran ändert auch nichts, dass auf der Seite des Bechers zusätzlich (und wesentlich kleiner) die Angaben "maximal 0,1 % Fett" oder "0,1 % Fett" enthalten waren, diese Angaben können - zumal im Hinblick auf die insgesamt gegebene Widersprüchlichkeit - nichts daran ändern, dass bei einem maßgeblichen Teil der Verbraucher der Eindruck entsteht, das Produkt sei völlig fettfrei. Die Hinweise in der Beschwerde auf die tatsächlich gegebene Möglichkeit mündiger Verbraucher, den tatsächlichen Fettgehalt des Lebensmittels festzustellen, sind daher nicht geeignet, die Beurteilung der Angaben als zur Irreführung geeignet zu widerlegen (vgl. auch die Überlegungen im hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2004, Zl. 2003/10/0028, zur Möglichkeit, dass objektiv richtige Angaben einen unrichtigen Eindruck hervorrufen können und somit unter bestimmten Umständen ebenfalls zur Irreführung geeignet sein können; in ähnlicher Weise ergibt sich für den vorliegenden Zusammenhang, dass selbst dann, wenn bei genauem Studium aller Angaben auf der Etikettierung für den mündigen Verbraucher letztlich erschließbar sein mag, dass das Produkt bis zu 0,1 % Fett enthält, die spezielle Aufmachung mit der zweifachen, großen Angabe "0 % Fett" die Eignung zur Irreführung begründet).

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Größenverhältnisse der nicht ganz übereinstimmenden Angaben auf der Verpackung ergibt sich die Irreführungseignung im vorliegenden Zusammenhang bereits daraus, dass eine dem Verbraucher wesentlich erscheinende Angabe in großer Schrift nicht dem wahren Inhalt des Produkts entsprechend erfolgte (vgl. in ähnlichem Zusammenhang auch die Schlussanträge von Generalanwalt Mischo vom 12. März 1998 in der Rs C-210/96, Gut Springenheide GmbH und Tusky, Rdnr. 83, zur Kennzeichnung landwirtschaftlicher Produkte und einem Verbot irreführender Angaben in diesem Zusammenhang; eine objektiv unrichtige Angabe sei grundsätzlich geeignet, irreführend zu sein; der EuGH sah im genannten Verfahren in seinem Urteil vom 16. Juli 1998 auf Grund des Umstandes, dass es dem nationalen Gericht überlassen ist, die Irreführungseignung - gegebenenfalls unter Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung - zu beurteilen, keine Notwendigkeit, zu dieser Frage Stellung zu nehmen).

In den Erwägungsgründen zur Richtlinie 79/112/EWG heißt es ua:

"Die Regeln für die Etikettierung müssen auch das Verbot enthalten, den Käufer zu täuschen oder den Lebensmitteln medizinische Eigenschaften zuzuschreiben. Um wirksam zu sein, muss dieses Verbot auf die Aufmachung der Lebensmittel und auf die Lebensmittelwerbung ausgedehnt werden."

Diese Überlegung lag offenbar der Textierung des wiedergegebenen Art. 2 der Richtlinie zu Grunde, in dem ausdrücklich auch auf die Täuschungs- bzw. Irreführungseignung durch die "Art und Weise" der Etikettierung Bezug genommen wird.

Die hier zu Grunde gelegte Auslegung des Begriffes der Irreführung steht somit jedenfalls nicht im Widerspruch zur Auslegung, die dieser Begriff bisher durch die Gemeinschaftsorgane erfahren hat, bzw. zu den Intentionen, die mit der durch das LMG 1975 umgesetzten Richtlinie der Gemeinschaft verfolgt wurden.

1.5. Der Beschwerdeführer führt für seine Auffassung auch ins Treffen, dass nach den "Guidelines for Use of Nutrition Claims" des Codex Alimentarius ein Lebensmittel als "fettfrei" bezeichnet werden könne, wenn es nicht mehr als 0,15 mg pro 100 g, also einen 0,15 % nicht übersteigenden Fettgehalt aufweise.

Der Beschwerdeführer übersieht mit diesem Vorbringen, dass die Angabe 0 % nicht identisch ist mit der Angabe "fettfrei". Der Annex zu den genannten Guidelines sieht neben der von der Beschwerde zitierten Empfehlung hinsichtlich des Fettgehalts bei der Angabe "fettfrei" ausdrücklich vor, dass die Angabe "(x)% fettfrei" nicht verwendet werden solle (diese Empfehlung hat auch Eingang in den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, COM(2003) 424 endgültig (2003/0165 (COD), gefunden; vgl. § 22 der Begründung zum Vorschlag der Kommission; auch nach dem Anhang zur Verordnung sollte die Angabe "X% fettfrei" verboten sein). Auch nach den in der Beschwerde genannten Richtlinien wurde die Angabe "0% Fett" somit nicht gleichgesetzt mit einer Angabe "fettfrei". Der Hinweis ist somit im vorliegenden Zusammenhang der Auslegung des § 8 lit. f LMG nicht nur nicht von ausschlaggebender Bedeutung, sondern ist geeignet, die Beurteilung der belangten Behörde über die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise zu stützen.

1.6. Die Frage, ob und inwieweit "Vitamine und Mineralstoffe gewissen Schwankungen unterliegen", wie in der Beschwerde formuliert wird, ist im Zusammenhang mit der Angabe des Fettgehalts eines Lebensmittels irrelevant. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer nicht wegen einer (zu) ungenauen Angabe über den Fettgehalt auf dem Etikett bestraft, sondern deshalb, weil die Angabe "0 %" als irreführend eingestuft wurde, weil das Produkt, wie auch in der Beschwerde nicht bestritten wird, nicht gänzlich ohne Fett war, sondern einen Fettgehalt von maximal 0,1 % Fett aufwies. Die Überlegungen des Beschwerdeführers, dass auch nach der Nährwertkennzeichnungsverordnung in der Regel ganzzahlige Werte ausreichend seien und Kommastellen im Regelfall überflüssig seien, ist im vorliegenden Zusammenhang insofern nicht geeignet, die Beurteilung der Angabe auf der Verpackung des Lebensmittels "V, H" als rechtswidrig zu erweisen, als durch die Angabe "0 % Fett" beim Verbraucher tatsächlich die Vorstellung der völligen Fettfreiheit des Produkts hervorgerufen wird. Es ist daher im Beschwerdefall auch nicht zu beurteilen, ob nach der NWKV "eine 100% genaue Angabe über Nährwerte und Inhaltsstoffe" erforderlich ist. Es ist nicht streitentscheidend, welche Angaben die NWKV verlangt, sondern es ist zu beurteilen, wie die tatsächlich auf den Produkten angebrachte Etikettierung, insbesondere die groß erfolgte Angabe "0 % Fett" im Lichte des LMG 1975 auf ihre Irreführungseignung zu beurteilen ist.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Annahme einer unzureichenden Angabe des Herstellers (wegen des Fehlens der Adresse).

§ 4 Z 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz, BGBl. Nr. 72/1993, Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMKV, in der Fassung BGBl. Nr. 557/1993 und II Nr. 462/1999, verlangt, dass "der Name (Firma oder Firmenschlagwort) und die Anschrift" des erzeugenden oder verpackenden Unternehmens angegeben werden.

Gemäß § 74 Abs. 5 Z 2 LMG 1975 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung machte sich, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterlag, einer Verwaltungsübertretung schuldig und war von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen, wer u.a. den Bestimmungen einer auf Grund des § 19 erlassenen Verordnung (bei der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 handelt es sich um eine solche Verordnung) zu wider handelte.

In Barfuß ua., Lebensmittelrecht2, Teil II A 1.4, Kommentar zu § 4 Z 2 LMKV, 73 f, wird zu dieser Bestimmung unter Berufung auf einen Erlass des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz (GZ 31.901/22-III/B/12/93 vom 15. März 1993) die Auffassung vertreten, dass es genüge, wenn auf Grund der Angaben ohne besonderen Aufwand eine Postzustellung möglich sei (auf postrechtliche Vorschriften wie die Postordnung und deren Begriff der Anschrift komme es hingegen nicht an). Den Sinn der Regelung erblicken die Autoren (unter Berufung auf den genannten Erlass) in der Ermöglichung der Identifizierung einer "lebensmittelrechtlich verantwortlichen Person". Auf den genannten Erlass beruft sich auch der Beschwerdeführer, dies jedoch dahin gehend, dass der "überwiegende Zweck der Vorschriften der LMKV" diesem Erlass zufolge die Unterrichtung der Verbraucher sei. Die Beschwerde nimmt dabei auch Bezug auf eine diesbezügliche Äußerung der Kommission, deren Fundstelle mit "ABl 1995/C 340/39" angegeben wird; unter dieser Fundstelle findet sich die parlamentarische Anfrage Nr. 2493/95 von Amedeo Amadeo an die Kommission zum Thema Menschenrechte). Zu ergänzen ist, dass die in diesem Erlass beurteilte Angabe auf einem Etikett nach der Wiedergabe bei Barfuß, a.a.O., 74, FN 4, neben der Angabe der Brauerei eine Postleitzahl und einen Ort enthielt, die den Anlass für den Erlass bildende Etikettierung, die von der Behörde als der Norm entsprechend qualifiziert wurde, sich also von der im Beschwerdefall vorliegenden Angabe unterschied.

Auch nach den Ausführungen in der Beschwerde soll der Zweck der Regelung darin bestehen, dass der Verbraucher die Möglichkeit haben solle, mit einem Verantwortlichen oder Repräsentanten eines Unternehmens, das für die Erzeugung und den Vertrieb zuständig sei, in Kontakt zu treten. In der Praxis werde auf die Möglichkeit einer postalischen Zustellung abgestellt. Dazu genüge es, wenn eine Betriebsstätte deklariert werde.

2.2. Zu diesen Ausführungen ist zunächst grundsätzlich festzuhalten, dass es im Beschwerdefall um die Auslegung der innerstaatlichen Kennzeichnungsvorschrift geht. Die anzuwendende innerstaatliche Regelung verlangt die Angabe der Anschrift. Unter der Anschrift versteht man die Adresse im Sinne von Name und Bezeichnung der Wohnung bzw. bei juristischen Personen des Sitzes oder jedenfalls einer Niederlassung (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden, Stichworte "Adresse" und "Anschrift"). Dieser Anforderung ist durch die Angabe eines Bundeslandes (welches darüber hinaus gleichzeitig den selben Namen trägt wie die Landeshauptstadt) nicht entsprochen. Auch wenn es zutreffen mag (wie bei Barfuß, a.a.O., 74, vertreten wird), dass es auf die Einhaltung der postrechtlichen Vorschriften (genannt wird beispielsweise § 95 der - gemäß BGBl. Nr. 765/1996 mit 31. Dezember 1996 außer Kraft getretenen - Postordnung; vgl. zur Anschrift auch § 95a und § 95b der Postordnung, BGBl. Nr. 110/1957 in der Fassung BGBl. Nr. 169/1993; nunmehr Punkt 1.10. der gemäß § 34 Abs. 1 Postgesetz 1997 kundgemachten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Briefdienst Inland) im vorliegenden Zusammenhang nicht - bzw.: zumindest nicht in allen Details - ankommen kann, kommt diesen Vorschriften für den vorliegenden Zusammenhang insofern eine gewisse Bedeutung zu, als sie als Auslegungshilfe für die Ermittlung des Inhalts des Begriffes "Anschrift" herangezogen werden können. Auch ohne Rekurs auf die für die Beförderung durch die Post maßgeblichen Rechtsvorschriften ist jedoch einsichtig, dass bei Verwendung des Kriteriums der "Erreichbarkeit" bei Abstellen auf eine Kontaktnahme auf postalischem Weg die Angaben geeignet sein müssen, die Zustellung eines Schriftstücks zu gewährleisten. Im Zusammenhang mit dem noch bestehenden Beförderungsvorbehalt für die Post (vgl. § 6 Postgesetz 1997 betreffend den reservierten Postdienst, im Beschwerdefall in der Fassung BGBl. I Nr. 18/1998; für persönlich adressierte Sendungen bis 350 g) könnte dabei durchaus auf die Zustellung durch die Post abgestellt werden. Schon im Falle des Eingreifens einer Ausnahme (wie nach § 6 Z 4 Postgesetz 1997 in der 2001 geltenden Fassung durch BGBl. I Nr. 18/1998 bei Beförderung durch den Absender) stellte sich jedoch die Frage der Bestimmtheit der Anschrift in einem anderen Licht.

Gegen die Auslegung des Begriffes "Anschrift", wie sie vom Beschwerdeführer vertreten wird, spricht bei systematischer Auslegung im Gesamtzusammenhang der österreichischen Rechtsordnung (auch wenn man nicht auf den postrechtlichen Begriff der Anschrift abstellen wollte, demzufolge zur Anschrift die Abgabestelle und eine Postleitzahl gehören) auch die im E-Commerce-Gesetz getroffene Regelung, derzufolge ein Diensteanbieter sowohl die "geografische Anschrift, unter der er niedergelassen ist" anzugeben hat als auch "Angaben, auf Grund deren die Nutzer mit ihm rasch und unmittelbar in Verbindung treten können, einschließlich seiner elektronischen Postadresse" zur Verfügung stellen muss (§ 5 Abs. 1 Z 2 und 3 E-Commerce-Gesetz, BGBl. I Nr. 152/2001). Wenn der Verordnungsgeber der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung die Angabe der Anschrift verlangt und nicht wie im E-Commerce-Gesetz einerseits auf die Anschrift, andererseits auf die Möglichkeit der Kontaktnahme abstellt, versteht er die Anordnung, eine Anschrift anzugeben, somit offenbar im Sinne der Angabe der Postadresse als einer Örtlichkeit, die eine Abgabestelle etwa im Sinne des § 4 Zustellgesetz in der Fassung vor BGBl. I Nr. 10/2004, aber auch im Sinne des § 2 Z 5 Zustellgesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2004, darstellt.

Gerade dann aber, wenn man den in der Beschwerde unterstellten Zweck der Regelung für die Auslegung als maßgeblich ansieht, hat die Angabe (eventuell auch "nur" einer Betriebsstätte) so präzise zu sein, dass die angesprochene Kontaktnahme auch tatsächlich erfolgen kann.

Ob und inwieweit die Adressierung an ein Unternehmen lediglich mit der Firmenbezeichnung und der Angabe eines Bundeslandes eine postalische Zustellung ermöglicht, wäre insofern nicht allein ausschlaggebend. Gerade wenn die Auffassung von Kommissär Bangemann in der in der Berufung genannten Anfragebeantwortung für die Auslegung der Bestimmung als maßgeblich angesehen würde, der zufolge die Angabe gewährleisten soll, dass "ein tatsächlicher Kontakt möglich ist", wäre nämlich eine derartige Angabe der Adresse erforderlich, dass entweder ein Aufsuchen des Unternehmens durch einen Verbraucher oder aber das Nachschlagen der Telefonnummer des Unternehmens möglich wäre (im Beschwerdefall bezeichnete die Angabe sowohl eine Stadt als auch ein Bundesland; die Niederlassung, auf die die Angabe verweist, lag jedoch in Wals und stellte überdies nicht den Sitz des Unternehmens dar).

Darüber hinaus wäre im vorliegenden Fall aber auch nicht dem - von der Beschwerde angenommenen - Kriterium entsprochen gewesen, dass die Angaben für eine Postzustellung ausreichend sein müssten. Auch das im Verfahren vorgelegte Testschreiben, welches nur mit der Adresse "D Salzburg" versehen aufgegeben worden war und bei dem Unternehmen, dessen Vertreter der Beschwerdeführer ist, (in Wals, was in der Beschwerde nicht zu Unrecht als "bemerkenswert" bezeichnet wird) eingegangen sei, belegt nicht, dass die Angabe auf der Verpackung ausreichend war. Mit dieser einmaligen geglückten Zustellung ist nicht erwiesen, dass eine regelmäßige Zustellung durch die Post in WALS bei Angabe bloß der Bezeichnung "D Salzburg" gewährleistet wäre. Bei "Salzburg" handelt es sich um die Bezeichnung für eine Stadt und ein Bundesland und es kämen daher eine Vielzahl von Zustellpostämtern in Frage. Es wird insbesondere nicht näher erläutert, ob und inwieweit tatsächlich bei der Angabe bloß eines Unternehmensnamens und einer Stadt (bzw. eines Bundeslandes) die regelmäßige Zustellung einer derart rudimentär adressierten Briefsendung gewährleistet wäre.

2.3. Soweit in der Beschwerde auf Gemeinschaftsrecht hingewiesen wird, ist Folgendes auszuführen:

Im Sinne der Ausführungen unter 1. ist jedenfalls eine "Präzisierung" innerstaatlicher Verwaltungsvorschriften, deren Übertretung unter Strafsanktion steht, dahin gehend, dass ihr Anwendungsbereich im Lichte des Gemeinschaftsrechts erweitert würde, ausgeschlossen (vgl. die oben dargestellte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zur Unzulässigkeit der unmittelbaren Anwendung von nicht umgesetzten Richtlinien, soweit es um die Setzung von Strafsanktionen geht). Es ist aber einzuräumen, dass im Rahmen der vom EuGH (auch) in diesem Zusammenhang betonten richtlinienkonformen Auslegung einer einschränkenden Auslegung einer innerstaatlichen Strafbestimmung im Lichte des Gemeinschaftsrechts nichts entgegen stünde.

In diesem Sinne können die Ausführungen in der Beschwerde zum Gemeinschaftsrecht dahin gehend verstanden werden, dass eine vom Wortlaut an sich deutliche Regelung (über die Angabe der "Anschrift") aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen gleichsam zu reduzieren sei.

In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf zu verweisen, dass die Richtlinien 79/112/EWG und 2000/13/EG keine vollständige Harmonisierung bewirkten und ergänzende Regelungen der nationalen Gesetzgebung auch über die Vorschriften dieser Richtlinien hinaus zulässig sind (vgl. EuGH 13. März 2003, Rs C-229/01, Susanne Müller, betreffend die deutliche Angabe der Mindesthaltbarkeitsfrist, zur Richtlinie 2000/13/EG, wobei die dort hinsichtlich des noch nicht harmonisierten Bereichs angestellten Überlegungen gleichermaßen für den Anwendungsbereich der Richtlinie 79/112/EWG zutreffen). Es ist daher nicht maßgeblich, ob die Etikettierungsvorschriften der genannten Richtlinie (im Beschwerdefall war noch die Richtlinie 79/112/EWG anwendbar) lediglich solche Angaben erforderten, die die Kontaktnahme mit einem Hersteller ermöglichten. Auch in der Beschwerde wird nicht behauptet oder dargetan, dass die genannte Richtlinie hinsichtlich der Angaben bei der Etikettierung von Lebensmitteln in Bezug auf die Angaben über den Hersteller und seine Anschrift als abschließende Regelung zu verstehen sei.

Auch unter Berücksichtigung der genannten Richtlinie ergibt sich somit, dass für die Rechtmäßigkeit der Bestrafung ausschließlich maßgeblich ist, ob die belangte Behörde zutreffend das Fehlen einer Anschrift im Sinne der LMKV auf der Etikettierung festgestellt hat. Eine einschränkende Auslegung der innerstaatlichen Regelung zu Gunsten des Beschwerdeführers ist gemeinschaftsrechtlich nicht geboten.

2.4. Auch bei der in der Beschwerde vertretenen einschränkenden Auslegung der Anordnung zur Angabe einer Anschrift dahin gehend, dass auch eine unvollständige Anschrift ausreichend sei, sofern sie nur eine Kontaktnahme (zumindest durch Adressierung einer Postsendung an die auf dem Lebensmittel enthaltene Bezeichnung des Herstellers, die im Beschwerdefall nur aus Namensnennung und Bundesland bestand und somit weder eine Adresse enthielt, noch die Gemeinde nannte, in der sich eine Betriebsstätte des Erzeugers befindet) ermögliche, war somit der Bestimmung nicht entsprochen.

Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde erweist sich daher auch insoweit nicht als rechtswidrig.

2.5. Es ist daher im vorliegenden Zusammenhang auch nicht näher auf die im Beschwerdefall gegebene Problematik der Verlegung des Firmensitzes (nach Wien) und die sich allenfalls daran anschließenden Rechtsfragen einzugehen.

3. Die Beschwerde zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 4. Juli 2005

Gerichtsentscheidung

EuGH 61986J0014 Pretore di Salo VORAB
EuGH 61986J0080 Kolpinghuis Nijmegen VORAB
EuGH 61995J0168 Arcaro VORAB
EuGH 62001J0229 Müller VOARB

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3Gemeinschaftsrecht Richtlinie unmittelbare Anwendung EURallg4/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001100247.X00

Im RIS seit

05.08.2005

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten