TE OGH 1986/6/3 14Ob80/86

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Veröffentlicht am 03.06.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna und Dr.Gamerith sowie die Beisitzer Dr.Martin Mayer und Dr.Walter Geppert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** DER Ö***

B*** Versicherungs-Aktiengesellschaft in Wien 2.,

Praterstraße 1-7, vertreten durch Dr.Helmut Destaller und Dr.Gerald Mader, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Anton A***, Angestellter, Graz, Peterstalstraße 140, vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wegen 53.282 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 24.Oktober 1985, GZ 2 Cg 56/85-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Graz vom 14.Juni 1985, GZ 3 Cr 35/85-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.397,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind 308,85 S Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger beschädigte am 27. Dezember 1983 einen seiner Arbeitgeberin, der Bewachungsgesellschaft der Industriegesellschaft mbH gehörigen und bei der klagenden Partei kaskoversicherten Dienstwagen bei einem auf einer Dienstfahrt unterlaufenen Verkehrsunfall. Die klagende Partei liquidierte am 27.März 1984 den Schaden nach Abzug eines Selbstbehalts mit 53.282 S. Mit der am 2.April 1985 eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei als Legalzessionarin im Sinne des § 67 VersVG vom Beklagten die Zahlung dieses Betrages mit der Behauptung, er habe den Unfall grobfahrlässig verschuldet. Der Beklagte habe sich nämlich während der Fahrt nach einem auf den Boden des PKWs gefallenen Schlüsselbund gebückt, um ihn aufzuheben.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe zwar die Absicht gehabt, den zu Boden gefallenen Schlüsselbund aufzuheben; bevor es aber dazu gekommen sei, sei der PKW ins Schleudern geraten, weil der Beklagte ein am rechten Fahrbahnrand aufgestelltes Verkehrszeichen übersehen habe. Es treffe ihn an dem Unfall nur leichte Fahrlässigkeit. Der Beklagte wendete Verfall des Klagsanspruches nach dem § 6 DHG ein und beantragte vorsichtshalber die Mäßigung des Schadenersatzbetrages.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren infolge Verfalls des Klagsanspruchs ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Beklagte war bei der Bewachungsgesellschaft der Industriegesellschaft mbH als Nachtwächter aushilfsweise beschäftigt. Zu diesem Zweck fuhr er mit einem Dienstwagen seiner Arbeitgeberin in der Nacht je dreimal zu insgesamt 10 Unternehmen, um seine Kontrolltätigkeit dort auszuüben.

Am (27. November 1983, richtig:) 27.Dezember 1983 fuhr der Beklagte auf der ca. 5 m breiten Wetzelsdorferstraße. Auf der rechten Fahrbahnseite befand sich an einer vom Berufungsgericht näher festgestellten Stelle ein auf einem Dreibein aufgestelltes, ca. 1 m in die Fahrbahn ragendes Verkehrszeichen. Als sich der Beklagte, mit normaler Beschleunigung aus einer Grundstückseinfahrt kommend, dieser Stelle näherte, fiel ein von ihm auf dem Beifahrersitz abgelegter Schlüsselbund auf den Boden des PKW. Dadurch irritiert - der Beklagte wollte den Schlüsselbund auch noch aufheben - geriet der PKW im Zuge oder in der Folge "dieser Ausweichbewegung" über den linken Fahrbahnrand hinaus, wo er ungebremst gegen einen Lichtmast stieß. Hauptursache des Unfalls war das Verkehrshindernis, das der Beklagte infolge eines Aufmerksamkeitsfehlers zu spät wahrnahm. Damit verbunden waren "möglicherweise unzweckmäßige Bewegungen im Zusammenhang mit dem auf den Boden gefallenen Schlüsselbund".

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, das Abkommen von der Fahrbahn beruhe unter den festgestellten Umständen nach denen offenkundig ein Verkehrshindernis die Hauptursache des Unfalls gewesen sei, das der Beklagte bloß zu spät bemerkt habe, nur auf leichter Fahrlässigkeit. Die für derartige Schadenersatzansprüche geltende sechsmonatige Fallfrist des § 6 DHG habe unmittelbar nach dem am 27.Dezember 1983 stattgefundenen Verkehrsunfall zu laufen begonnen und sei am 2.April 1985, dem Zeitpunkt der Klagserhebung, längst abgelaufen gewesen. Der Klagsanspruch sei daher verfallen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die nur aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der von der Revisionswerberin behauptete Widerspruch zwischen den Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts (wobei erstere zur Annahme einer groben Fahrlässigkeit zwängen) liegt nicht vor, weil die der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts zu Grunde gelegten tatsächlichen Umstände, auch wenn sie zum Teil im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wiedergegeben wurden - ein Umstand, der der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit der Entscheidungsgründe allerdings nicht gerade förderlich ist -, mit den übrigen Feststellungen im Einklang stehen. Diesen Feststellungen ist zu entnehmen, daß sowohl das Herabfallen der Schlüssel - "dadurch irritiert ....." - als auch die durch das plötzlich wahrgenommene Verkehrszeichen und die dadurch bewirkte Fahrbahnverengung vorgenommene Auslenkbewegung ursächlich für den Unfall waren. Das Berufungsgericht hat ferner, wenn auch im Zusammenhang mit den Rechtsausführungen, festgestellt, daß das vom Beklagten infolge eines Aufmerksamkeitsfehlers verspätet wahrgenommene Verkehrshindernis die Hauptursache des Unfalls war. Soweit die Revisionswerberin daher davon ausgeht, der Versuch des Beklagten, die auf den Boden gefallenen Schlüssel aufzuheben, sei die alleinige Ursache des Unfalls gewesen, weicht sie von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ab. Die darauf aufbauenden Ausführungen der Revisionswerberin zur Schuldform sind daher unbeachtlich.

Geht man aber von dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt aus, wonach der Beklagte infolge eines Aufmerksamkeitsfehlers die Fahrbahnverengung zu spät wahrgenommen hat, so daß vor allem aus diesem Grund die Auslenkbewegung zu einem Schleudern des PKWs und damit zum Unfall führte, liegen die Voraussetzungen einer groben Fahrlässigkeit (siehe dazu Arb. 9381, 9605, 9702, 10.071 ua), wie die Untergerichte richtig erkannt haben, nicht vor. Daraus folgt, daß der Anspruch gemäß dem § 6 DHG, wie unter der Annahme einer leichten Fahrlässigkeit auch von der klagenden Partei nicht in Zweifel gezogen wird, verfallen ist. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E08416

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00080.86.0603.000

Dokumentnummer

JJT_19860603_OGH0002_0140OB00080_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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