TE OGH 1986/6/3 11Os79/86

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Veröffentlicht am 03.06.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juni 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinberger als Schriftführers, in der Strafsache gegen Josef B*** und Siegfried B*** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143, erster und zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Josef B*** sowie die Berufung des Angeklagten Siegfried B*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Ried im Innkreis vom 24. März 1986, GZ 6 Vr 1.258/85-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug als Vertreters der Generalprokuratur und der Verteidiger Dr. Brandt und Dr. Kuratz, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 27.Februar 1960 geborene Landwirt Josef B*** und der am 28.Juni 1961 geborene Hilfsarbeiter Siegfried B*** des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143, erster und zweiter Fall, StGB schuldig erkannt, weil sie am 23.Dezember 1985 in Enzenkirchen in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) unter Verwendung eines Trommelrevolvers mit den Worten "Geld her, aber schnell, sonst passiert was", sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), dem Franz A*** und der Ingeborg A*** 149.330 S sowie 50 DM Bargeld und einen Barscheck über 1.000 S mit dem Vorsatz abnötigten, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei Josef B*** als Aufpasser fungierte. Der Schuldspruch gründet sich auf den Wahrspruch der Geschwornen, welche die an sie in Richtung des genannten Verbrechens (gesondert) gestellten Hauptfragen 1 (betreffend Josef B***) und 3 (betreffend Siegfried B***) stimmeneinhellig bejahten. Die bezüglich Josef B*** gestellte Eventualfrage (2) nach dem Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch und mit Waffen nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 4

StGB blieb demgemäß unbeantwortet.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Josef B*** mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 6, 9 und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung seiner den erstgenannten Nichtigkeitsgrund relevierenden Verfahrensrüge erachtet er sich durch die Abweisung (S 201) seines in der Hauptverhandlung vom 24.März 1986 gestellten (S 200) Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Untersuchungsrichters Dr. R***, des Journaldienstrichters Dr. A***, der Schriftführerin VB Sylvia F*** sowie der erhebenden Gendarmeriebeamten H***, P***, S*** und S*** als beschwert. Die Vernehmung dieser Zeugen war zum Beweis dafür beantragt worden, daß der Mitangeklagte Siegfried B*** seine bisherigen (für den Beschwerdeführer günstigen) Angaben "keinesfalls seiner heutigen Darstellung nach falsch gemacht hat, um den Angeklagten B*** zu schützen, weil er auf wiederholte Vorhalte auch Angaben gemacht hat, die den Mitangeklagten B*** belastet haben, wie zB, daß B*** sehr wohl davon gewußt habe, daß er die Familie A*** unter Umständen mit einer Waffe bedroht, und insbesondere zum Beweis dafür, daß die heutigen Angaben des Angeklagten B*** offensichtlich darauf zurückzuführen sind, um in diesem Verfahren als der Angestiftete eine geringere Strafe zu erreichen, und daß darüber hinaus der Angeklagte B*** bei seinen bisher immer gleichbleibenden Angaben über den Ablauf der Geschehnisse am 23.Dezember und 24.Dezember 1985 trotz massiver Vorhalte immer angegeben hat, er hätte die Äußerung des B*** nicht gehört, daß dieser den Ehegatten A*** die Puffen vorhalten werde, sodaß dem Angeklagten B*** nur die Teilnahme an einem bewaffneten Einbruchsdiebstahl angelastet werden kann". Dem ist zu erwidern, daß Gegenstand einer Zeugenaussage immer nur sinnliche Wahrnehmungen über Tatsachen sein können und Zeugen rite naturgemäß nichts über die (wahren) Motive bzw. inneren Beweggründe anzugeben vermögen, von denen sich von ihnen vernommene Personen bei ihrer Aussage haben leiten lassen (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr. 8 zu § 150).

Die Verantwortung des Beschwerdeführers aber ergibt sich aus den

vorliegenden Protokollen.

Sämtliche gestellten Beweisanträge verfielen daher zu Recht der Abweisung, ohne daß der Beschwerdeführer hiedurch in seinen Verteidigungsrechten verletzt worden wäre.

Die Verfahrensrüge des Angeklagten B*** erweist sich darum als unbegründet.

Verfehlt sind aber auch die Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO, mit denen der Angeklagte B*** rügt, daß es der Schwurgerichtshof unter Mißachtung der Bestimmung des § 314 StPO unterlassen habe, entsprechende Schuldfragen (Eventualfragen) an die Geschwornen zu stellen, "insbesondere in bezug auf die Beteiligungsform seiner Person". Hiezu ist darauf zu verweisen, daß in der Hauptverhandlung keine anderen Umstände vorgebracht wurden, als daß der Angeklagte B*** - wie auch in den Hauptfragen formuliert - bei der Tat als Aufpasser fungierte und mithin Raubgenosse im Sinn des § 143 (erster Fall) StGB war. Diese strafrechtliche Stellung kommt nicht nur dem unmittelbaren Täter zu, sondern auch jedem, der im Einverständnis mit ihm am Tatort und zur Tatzeit eine die Raubausführung förderende Tätigkeit - wozu auch jene eines Aufpassers gehört - entwickelt. Daß die beiden Angeklagten mit gemeinsamem Raubvorsatz handelten, ist eine Tatsachenfeststellung, welche die Geschwornen trafen und durch die stimmeneinhellige Bejahung der Hauptfragen 1 und 3 zum Ausdruck brachten; diese Konstatierung ist der Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen. Welche (weiteren) Eventualfragen über die Beteiligungsform des Beschwerdeführers an der Tat noch hätten gestellt werden sollen, wurde vom Beschwerdeführer nicht substantiiert. Die Annahme, der Mitangeklagte B*** habe bei Ausführung des Raubes die in den Hauptfragen angeführten verbalen Drohungen geäußert, stellt sich gleichfalls als unanfechtbare Lösung einer Tatfrage dar. Ob die Drohung Wort für Wort so lautete, wie in den gestellten Hauptfragen angeführt, ist, sofern sie nur sinngemäß eben diesen Inhalt hatte, nicht entscheidungswesentlich; die sinngemäße Übereinstimmung wird aber vom Beschwerdeführer selbst nicht substantiell bestritten.

Die weiteren Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO, in der gestellten Eventualfrage scheine die Mitnahme eines Trommelrevolvers nicht auf und es wären auch entsprechende Eventualfragen zu stellen gewesen, ob der Tatbestand des Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen (§ 129 Z 4 StGB) vorliege, lassen unberücksichtigt, daß die Eventualfrage (2) eben in Richtung des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch und mit Waffen nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 4 StGB ging und demgemäß auch darauf gerichtet war, ob Siegfried B*** in ein Gebäude einbrach sowie einstieg und dabei mit Wissen des Josef B*** eine Waffe, nämlich einen Trommelrevolver, bei sich führte, um den Widerstand einer Person zu überwinden oder zu verhindern, wobei Josef B*** aufpaßte (S 217).

Der Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs 1 StPO entbehrt schon deshalb der gesetzmäßigen Ausführung, weil nicht substantiiert wird, inwieweit der den Geschwornen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung nach Meinung des Beschwerdeführers eine "genaue Abgrenzung der Tatbestandsmerkmale" gemangelt habe. Gleiches gilt auch für den Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs 1 StPO, mit welchem der Beschwerdeführer in unzulässiger Weise versucht, seiner von den Geschwornen durch Beantwortung der Hauptfrage 1 abgelehnten Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen, wonach ihm der Raubvorsatz gefehlt und sein Komplize Siegfried B*** den gemeinsamen, bloß auf Verübung eines bewaffneten Einbruchsdiebstahls gerichtet gewesenen Vorsatz eigenmächtig überschritten habe, was eine strafrechtliche Mithaftung des Beschwerdeführers für diese Tat ausschließe.

Dahingestellt kann schließlich auch bleiben, welchen Nichtigkeitsgrund der Beschwerdeführer releviert, wenn er die Verlesungen gemäß dem § 252 Abs 2 StPO (S 201) rügt, weil "aus der Protokollierung überhaupt nicht ersichtlich ist, welche Aktenstücke zur Verlesung gelangt sind", obwohl die verlesenen Aktenteile im Hauptverhandlungsprotokoll genau und detailliert bezeichnet werden. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef B*** war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über die beiden Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Josef B*** in der Dauer von fünf Jahren und über Siegfried B*** - auch unter Anwendung des § 41 StGB - in der Dauer von vier Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es bei beiden Angeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel, den auffallenden Widerspruch der Tat zu ihrem sonstigen Verhalten sowie die objektive Schadensgutmachung als mildernd, die zweifache Qualifikation der Tathandlung zum schweren Raub und den hohen Wert der Raubbeute hingegen als erschwerend. Josef B*** wurde überdies die Urheberschaft der strafbaren Handlung, Siegfried B*** die führende Beteiligung an der Tat als erschwerend angelastet.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten die Herabsetzung der Freiheitsstrafen an.

Die Berufungen sind nicht berechtigt.

Auch wenn die Strafzumessungsgründe insofern einer Korrektur bedürfen, als der Wert der Raubbeute im vorliegenden Fall keinen eigenen Erschwerungsgrund darzustellen vermag, entspricht das in erster Instanz gefundene Strafmaß dem Verschuldensgrad der beiden Angeklagten sowie dem objektiven Gewicht ihrer strafbaren Handlung. Die Art und Schwere der von den beiden Angeklagten zu verantwortenden Rechtsgutbeeinträchtigungen lassen die Annahme eines atypischen, besonders günstig gelagerten Falles, bei welchem die Unterschreitung der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens im Wege der Anwendung des § 41 StGB gerechtfertigt erschiene, nicht zu. Den für Siegfried B*** sprechenden mildernden Umständen wurde durch die vom Erstgericht diesem Angeklagten dennoch gewährte außerordentliche Strafmilderung bereits im Übermaß Rechnung getragen.

Den Berufungen der beiden Angeklagten konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E08683

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00079.86.0603.000

Dokumentnummer

JJT_19860603_OGH0002_0110OS00079_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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