TE OGH 1986/6/6 8Ob17/86

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Veröffentlicht am 06.06.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei GRAZER W*** V***, 8010 Graz, Herrengasse 18-20, vertreten durch Dr. Helmut Klement, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei E*** A*** Versicherungs-Aktiengesellschaft, 1010 Wien, Brandstätte 7-9, vertreten durch Dr. Erwin Gstirner, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 402.617,- samt Anhang und Feststellung infolge Revisionen der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 20. Mai 1985, GZ 5 R 50/85-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 10. Jänner 1985, GZ 6 Cg 121/84-21, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Die Revision der Klägerin wird hinsichtlich des Betrages von S 11.188,59 s.A. zurückgewiesen.

Im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.

Die Revision der Beklagten wird hinsichtlich des Betrages von S 58.200,-- s.A. zurückgewiesen.

Im übrigen wird ihr Folge gegeben; die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das restliche Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin S 344.417,-- samt 4 % Zinsen seit 1. August 1983 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen und es werde festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin für alle Schäden aus dem Unfallsereignis vom 6. Juli 1981 auf der Ennstal-Bundesstraße bei der östlichen Ortsausfahrt von Wörschach haftet und ersatzpflichtig ist, jedoch nur im Rahmen der zwischen ihr und der Firma S*** GesmbH für den LKW pol. Kz S 205.906 abgeschlossenen Haftpflichtvertrages, abgewiesen wird. Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten an Kosten des Verfahrens erster Instanz S 55.455,75 (darin an Barauslagen S 4.350,- und an Umsatzsteuer S 4.646,03), an Kosten des Verfahrens zweiter Instanz S 10.451,37 (darin an Barauslagen S 1.047,27 und an Umsatzsteuer S 854,92) und an Kosten des Revisionsverfahrens S 15.696,34 (darin an Barauslagen S 2.520,- und an Umsatzsteuer S 1.197,90) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Anton M***, ein Dienstnehmer der Firma S***

Baugesellschaft mbH, verschuldete als Lenker eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kombikraftwagens dieser Baugesellschaft am 6. Juli 1981 auf der Ennstalbundesstraße bei Wörschach einen Verkehrsunfall, indem er gegen einen von Norbert S*** gelenkten und bei der Klägerin haftpflichtversicherten LKW-Zug des Josef A*** stieß. Die im Kombi mitfahrenden Arbeitskollegen M*** Ignaz H***, Friedrich R*** und Anton K***, allesamt Dienstnehmer der Firma S***, wurden hiebei verletzt. Sie machten ihre Schadenersatzansprüche gegen die Klägerin als Haftpflichtversicherer des LKW-Zuges klageweise geltend, und diese bezahlte aufgrund von Urteilen des Kreisgerichtes Leoben: An Ignaz H*** (9 Cg 479/82) S 40.000,-- Kapital, S 1.894,16 Zinsen und S 15.381,77 Prozeßkosten, an Friedrich R*** (9 Cg 478/82) S 52.500,-- Kapital, S 2.328,-- Zinsen und S 19.374,84 Prozeßkosten, an Anton K*** (9 Cg 480/82) S 154.000,-- Kapital, S 8.295,47 Zinsen und S 38.046,76 Prozeßkosten. Anton K*** erwirkte gegen die Klägerin auch ein Urteil auf Feststellung der Haftung für seine künftigen Unfallsschäden im Rahmen des Versicherungsvertrages über den LKW-Zug. Die Klägerin begehrte Rückersatz dieser Beträge und der ihr selbst in den drei Verfahren erwachsenen Prozeßkosten von S 70.996,-- im Gesamtbetrag von S 402.617,-- s.A. (rechnerisch richtig S 402.817,--) sowie im Hinblick auf das von K*** erwirkte Feststellungsurteil die Feststellung, daß ihr die Beklagte im Rahmen des hinsichtlich des Kombifahrzeuges abgeschlossenen Versicherungsvertrages "für alle Schäden aus dem Unfallsereignis vom 6. Juli 1981 hafte und ersatzpflichtig sei". Sie habe unabhängig vom Verschulden am Zustandekommen des Unfalles für diese Schäden im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des EKHG gehaftet und stütze ihren Anspruch auf diese Bestimmungen (§ 11 EKHG) sowie auf die des ABGB und des KFG, hilfsweise auf § 1042 ABGB und auf den Titel der Bereicherung.

Die Beklagte wandte ein, daß ihr der Haftungsausschluß nach § 333 Abs 1 und 4 ASVG zustatten käme, weil der Lenker des Kombifahrzeuges Anton M*** gegenüber den Verletzten "Aufseher im Betrieb" gewesen sei. Er habe seine verletzten Arbeitskollegen aufgrund dienstlicher Weisung im Firmenfahrzeug befördert, sei ihnen gegenüber als Vorarbeiter übergeordnet und weisungsberechtigt gewesen und habe für die ordnungsgemäße Ablieferung der Arbeiter an den Baustellen die Verantwortung getragen. Für diese Leistungen sei er auch zusätzlich entlohnt worden. Überdies wäre die Klägerin zu Leistungen an die Verletzten nicht verpflichtet gewesen, weil den LKW-Lenker kein Verschulden getroffen und er auch jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt angewendet habe. Die begehrten Zinsen und Prozeßkosten seien überhaupt nicht regreßfähig. Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren hinsichtlich eines Betrages von S 389.387,84 s.A. und dem Feststellungsbegehren statt und wies das Mehrbegehren von S 13.229,16 s.A. sowie ein Zinsenmehrbegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten insoweit teilweise Folge, als es sie nur zur Zahlung von S 352.108,40 s.A. verurteilte und ein Mehrbegehren von S 50.508,86 s.A. abwies. Den Feststellungsausspruch des Erstgerichtes bestätigte das Gericht zweiter Instanz. Es sprach aus, daß in Ansehung des Ersatzanspruches H*** der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht S 60.000,-- und der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes nicht S 15.000,-- übersteigt. In Ansehung des Ersatzanspruches R*** übersteigt der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht S 15.000,-- und der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes zwar S 60.000,--, nicht aber S 300.000,--; die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erklärte es gegen letzteren Teil als zulässig. In Ansehung des Ersatzanspruches K*** übersteigt der Wert des Streitgegenstandes zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil insgesamt S 300.000,--. Der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, übersteigt S 15.000,--, nicht aber S 300.000,--; die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erklärte das Berufungsgericht gegen den abändernden Teil für zulässig.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richten sich die Revision der Klägerin und der Beklagten je aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO. Die Klägerin beantragt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, daß ihr statt S 352.108,14 s.A. S 389.387,84 zugesprochen werden. Die Beklagte stellte ihren Abänderungsantrag dahin, daß das gesamte Klagebegehren abgewiesen werde.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Die Vorinstanzen gingen von folgendem Sachverhalt aus:

Der Klägerin erwuchsen Vertretungskosten im Verfahren gegen Ignaz H*** von S 9.584,66, im Verfahren gegen Friedrich R*** von S 17.583,30 und im Verfahren gegen Anton K*** von S 30.098,88. Anton M*** war bei der Firma S*** Baugesellschaft mbH als Vorarbeiter und Partieführer tätig. Von den Verletzten war lediglich Friedrich R*** Mitglied seiner Arbeitspartie. Um M*** und seinen wie er in der Südsteiermark wohnhaften Arbeitskollegen die Möglichkeit zu geben, jedes Wochenende zu Hause zu verbringen, wurde M*** von der Firma S*** ein Firmenfahrzeug unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Mit diesem holte er die Mitfahrenden jeweils Freitag mittag nach Arbeitsschluß auf dem Betriebsgelände in Salzburg ab und chauffierte sie zu ihren Wohnorten; Montag früh beförderte er sie wieder nach Salzburg zum Betriebsgelände der Dienstgeberfirma zurück. Von der Firmenleitung war ihm bezüglich der Fahrten die Weisung erteilt worden, jeweils die kürzeste Route (die Gastarbeiterroute) zu wählen, um Treibstoff zu sparen, sowie Montag früh so rechtzeitig seine Kollegen abzuholen und abzufahren, daß diese um 9 Uhr an ihren Arbeitsplätzen sein konnten. Anläßlich der gemeinsamen Fahrten wurde das Firmenfahrzeug gewöhnlich von Anton M*** selbst gelenkt und nur fallweise bei Übermüdung oder auf dessen Ersuchen Friedrich R*** die Lenkung überlassen. Für diese Tätigkeit wurde Anton M*** vom Dienstgeber pauschal entlohnt. Im Entscheidungsbereich M*** lag es, den Zeitpunkt zu bestimmen, wann die Abreise nach Salzburg anzutreten war, sowie ob und wann während der Fahrt Pausen eingelegt wurden. Diesbezüglich wurde jedoch in der Regel das Einvernehmen mit den Fahrzeuginsassen hergestellt. Der Unfall ereignete sich an einem Montag morgen auf der Fahrt zum Dienstantritt.

Rechtlich erachtete das Erstgericht den von der Beklagten herangezogenen Haftungsausschluß als nicht gegeben, weil Anton M*** nicht Aufseher im Betrieb gewesen sei. Da diesen unbestrittenermaßen das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalles traf, sei der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der den verletzten Insassen erbrachten Leistungen gemäß § 1042 ABGB berechtigt. Der Ersatz ihrer Vertretungskosten stehe der Klägerin gemäß § 1037 ABGB zu, weil sie sie zum klaren und überwiegenden Vorteil der Beklagten aufgewendet habe, zumal die Fahrzeuginsassen mit ihren Forderungen nur zum Teil durchgedrungen seien. Auch das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß Anton M*** nicht als Aufseher im Betrieb anzusehen sei. Es hänge von den Umständen des Einzelfalles ab, ob der Lenker eines Kraftfahrzeuges gegenüber den mitbeförderten Personen als Aufseher im Betrieb oder nur als "gewöhnlicher Kraftfahrer" anzusehen ist. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes gehe es zu weit, die Rückbeförderung der Dienstnehmer an ihre Wohnorte (offenbar nach Arbeitsschluß) als einen Betriebszwecken dienenden Betriebsvorgang zu werten "wie dies die Entscheidung ZVR 1984/23 tut". Das gleiche müsse auch für Fahrten gelten, durch die Dienstnehmer von ihren Wohnorten zum Arbeitsantritt befördert werden. Daß die Firmenleitung die kürzeste Fahrtroute vorschrieb, sei verständlich (und demgemäß unbeachtlich), weil sie die Treibstoffkosten trug. Es könnte durchaus sein, daß die Beistellung des Busses, die Tragung der Treibstoffkosten, die Entlohnung M*** nicht "sozusagen als Sozialleistungen des Dienstgebers angesehen werden können". Aufgrund des Unfallsvorganges könne außerdem davon ausgegangen werden, daß der Lenker des LKW-Zuges jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet habe, das Unfallsereignis für ihn unabwendbar war und daher für die Klägerin keine Haftung nach dem EKHG bestand. Demnach habe diese durch Leistung der Ersatzbeträge an die verletzten Insassen des Kombis einen Aufwand getätigt, den die Beklagte als Haftpflichtversicherer dieses Fahrzeuges nach dem Gesetz im Sinne des § 1042 ABGB selbst hätte besorgen müssen. Demnach habe sie auch Anspruch auf Bezahlung sämtlicher ausgelegter Kapitalbeträge und eines Teiles der zum Vorteil der Beklagten aufgewendeten Prozeßkosten, nicht aber von Zinsen, welche die Beklagte erst mit der Einforderung bzw. Einmahnung eines ziffernmäßig bestimmten Schadens durch die Geschädigten ihr gegenüber leisten hätte müssen. Ingesamt ergebe sich ein Aufwandersatz für Kosten von S 105.608,14 und zusammen mit den Kapitalsforderungen ein Ersatzbetrag von S 352.108,14, welcher der Klägerin zuzuerkennen gewesen sei.

1.) Zur Revision der Klägerin:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist insoweit unzulässig, als sie in ihrem Revisionsinteresse von S 37.279,70 s.A. einen Betrag von S 11.188,59 enthält, welcher aus den Anspruchsgruppen H*** (S 8.760,59) und R*** (S 2.428,--) abgeleitet wird (vgl. auch Ergänzung = Berichtigungsbeschluß des Berufungsgerichtes S. 5), welche Beträge jeweils unter S 15.000,-- liegen.

Im übrigen ist die Revision nicht berechtigt. Wie zur Revision der Beklagten näher auszuführen sein wird, handelt es sich bei Anton M*** im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes um einen sogenannten "Aufseher im Betrieb" im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG. Damit kommt der Beklagten der Haftungsausschluß nach § 333 Abs 1 und 4 ASVG zustatten, sodaß das Klagebegehren abzuweisen ist.

2.) Zur Revision der Beklagten:

Diese ist hinsichtlich eines Betrages von S 58.200,-- s.A. unzulässig, das ist jener Betrag, der sich aus der Anspruchsgruppe H*** ergibt und hinsichtlich welcher das Berufungsgericht zu einer bestätigenden Entscheidung gelangte (vgl. auch Ergänzungs- = Berichtigungsbeschluß des Berufungsgerichtes S. 5). Im übrigen ist die Revision berechtigt.

Bei der Beurteilung der Frage, ob jemand als Aufseher im Betrieb im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG anzusehen ist oder nicht, kommt es nach ständiger Rechtsprechung (SZ 26/215; Arb. 8919; ZVR 1984/23; 4 Ob 51/84 uza) vor allem darauf an, ob der betreffende Dienstnehmer zur Zeit des Unfalles eine mit einem gewissen Pflichtenkreis und mit Selbständigkeit verbundene Stellung innehatte und dabei für das Zusammenspiel persönlicher und technischer Kräfte verantwortlich war. Bei der Beförderung von Personen ist zu unterscheiden, ob der Lenker für ihre Sicherheit nur nach den Vorschriften über den Straßenverkehr verantwortlich war oder ob er ihnen gegenüber noch darüber hinausgehende Befugnisse und Pflichten hatte (ZVR 1974/59; SZ 51/128; ZVR 1984/23 ua). Ein Arbeitnehmer, der einen im gleichen Betrieb tätigen Kollegen im eigenen Kraftwagen in den Betrieb oder zu einer anderen Arbeitsstätte mitnimmt, ohne daß ihm diese Beförderung vom gemeinsamen Arbeitgeber aufgetragen worden wäre, führt diese Fahrt nicht im Rahmen des Betriebes und nicht in Erfüllung einer Dienstpflicht aus; er ist nur ein "gewöhnlicher" Kraftwagenlenker und als solcher nicht Aufseher im Betrieb im Sinn des § 333 Abs 4 ASVG. Einer solchen, auf reiner Gefälligkeit beruhenden Mitnahme von Arbeitskollegen im eigenen PKW kann aber die auf einer Anordnung der zuständigen Stelle der Betriebsleitung beruhende Beförderung von Betriebsangehörigen an einen bestimmten Arbeitsplatz nicht ohne weiteres gleichgehalten werden. Wer einen solchen Auftrag seines Dienstgebers befolgt, hat einen, wenn auch beschränkten Teilbereich von Vorgängen, die der Erreichung des Betriebszweckes dienen, hinsichtlich der beförderten Betriebsangehörigen eine Aufgabe im Rahmen der betrieblichen Organisation zu erfüllen und ist damit "Aufseher im Betrieb". Maßgebend ist, daß der beförderte Arbeitskollege hier nicht aus persönlicher Gefälligkeit, sondern im Interesse des Betriebes und im Rahmen der Abwicklung übertragener Aufgaben mitgenommen wird (SZ 23/266; Arb. 8660; ZVR 1974/97; ZVR 1984/23; 4 Ob 99/77; 2 Ob 218/81; 4 Ob 51/84 uza).

Im gegebenen Fall hatte Anton M*** von der Firma S*** ein Firmenfahrzeug unentgeltlich zur Verfügung gestellt bekommen, mit welchem er seine oben genannten Arbeitskollegen jeweils freitags nach Arbeitsschluß vom Betriebsgelände zu ihren Wohnorten chauffierte, um sie am Montag früh wieder zur Firma und zur Arbeit zu bringen. Die Firma trug die Kosten der Fahrt, sie ordnete aber auch an, daß hiefür die kürzeste Route zu wählen war. Auch die Arbeitszeit und damit die Ankunfts- und Abreisezeit waren fixiert. M*** wurde hiefür sogar entlohnt. Dieser hatte die mit der Fahrt verbundenen wesentlichen Entscheidungen zu treffen und war auch für die Fahrtgenossen verantwortlich.

Somit ist im vorliegenden Fall ebenso wie in der vom Berufungsgericht abgelehnten Entscheidung ZVR 1984/23 (aber auch 4 Ob 51/84; 4 Ob 99/77 ua) davon auszugehen, daß die Beförderung der Betriebsangehörigen an ihre Wohnorte und wieder zur Arbeitsstätte durch Anton M*** auf der diesbezüglichen allgemeinen Anordnung der zuständigen Stelle der Betriebsleitung beruhte, und einen den Betriebszwecken dienenden Betriebsvorgang bildete. Damit hatte Anton M*** aber als Lenker des Busses nicht nur eine Verantwortlichkeit als Kfz-Lenker nach den für den Straßenverkehr geltenden Vorschriften, sondern in einem, wenn auch beschränkten Teilbereich, eine Aufgabe im Rahmen der betrieblichen Organisation zu erfüllen und dabei gewissermaßen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zu gewährleisten, welche Aufgabe aber ein entsprechendes, zeitlich und umfänglich naturgemäß sehr eingeschränktes Weisungsrecht während der Fahrt erforderte. Für diese betrieblichen Organisationsleistungen, die im Interesse des Betriebes und der Beschäftigten lagen und ein Zusammenspiel persönlicher und technischer Kräfte zum Ausdruck bringen, trug er somit als maßgebliches Glied die Verantwortung und war daher zum Zeitpunkt des Unfalles "Aufseher im Betrieb" (SZ 23/266; Arb. 8660; ZVR 1964/82; 1970/55; 1972/203; 1974/97;

4 Ob 77/75; 2 Ob 162/76; 8 Ob 18/77; 4 Ob 99/77; 8 Ob 251/78;

ZVR 1979/142; ZVR 1984/23 ua).

Dies hat aber zur Folge, daß sich die Beklagte auf den herangezogenen Haftungsausschluß berufen kann, weshalb alle weiteren von den Vorinstanzen angestrebten Erörterungen hinfällig erscheinen. Da die Mitfahrenden H***, R*** und K*** keine Ansprüche gegen die Betriebsleitung, bzw. gegen M*** stellen konnten hat auch die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Betriebsautos hiefür nicht einzustehen. Ein Rückersatz von Leistungen, für die die Beklagte nicht aufzukommen hatte, kommt aber nicht in Betracht, weshalb das Klagebegehren - soweit es noch offen war - abgewiesen werden mußte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E08456

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00017.86.0606.000

Dokumentnummer

JJT_19860606_OGH0002_0080OB00017_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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