TE OGH 1986/6/17 10Os75/86

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Veröffentlicht am 17.06.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Juni 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kinzel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Leopold G*** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht St. Pölten vom 3.April 1986, GZ 24 Vr 1594/85-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Kodek als Vertreters der Generalprokuratur und des Verteidigers Dr. Petrofsky, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 6 1/2 (sechseinhalb) Jahre herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Leopold G*** (1.) des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB sowie

(2.) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 28.November 1985 in Amstetten (zu 1.) dadurch, daß er einen mit Platzpatronen geladenen Schreckschußrevolver, aus dem er einen Schuß abgab, den Kassieren Franz K*** und Hans P*** vorhielt sowie die Herausgabe von Geld verlangte, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, der BANK FÜR O*** UND S*** (O***) fremde bewegliche Sachen, nämlich 67.830 S Bargeld, mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte;

und (zu 2.) Wilhelm A*** durch einen Biß in den linken Daumen, wodurch dieser eine leichte Hautabschürfung erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Der inhaltlich nur gegen den Schuldspruch wegen Körperverletzung gerichteten, auf § 345 Abs 1 Z 6 und 11 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß den Geschwornen insoweit keine Eventualfrage nach fahrlässiger Körperverletzung (§ 88 Abs 1 StGB) gestellt wurde. Seine Verantwortung dahin, daß er A*** nicht durch einen Biß in den Daumen verletzt habe oder sich jedenfalls an einen derartigen Vorgang nicht erinnern könne (S 186), enthielt jedoch, der Beschwerdeauffassung zuwider, kein Tatsachenvorbringen, welches eine dahingehende Fragestellung indiziert hätte, weil ihr zufolge - zumal unter Bedacht auf die besondere Art der Tathandlung (in Form eines Bisses) - eine bloß fahrlässige Zufügung der Verletzung nicht im näheren Bereich der Möglichkeit lag.

In Ausführung der Rechtsrüge (Z 11 lit a) hinwieder bestreitet der Beschwerdeführer zu Unrecht die Erfüllung des Tatbestands nach § 83 Abs 1 StGB mit der Begründung, daß die leichte Hautabschürfung am Daumen des Tatopfers - die nicht bei der Begehung des Raubes selbst, sondern bei seinem Widerstand gegen seine anschließende Überwältigung durch Zeugen seines Verbrechens entstand, sodaß sie durch den Schuldspruch wegen Raubes nicht konsumiert wird (vgl. SSt. 46/66 ua) - nicht als Verletzung im Sinne dieser Strafbestimmung anzusehen sei. Denn durch äußere Verletzungen (Wunden) - wie Kratzwunden, Schwellungen und Blutunterlaufungen, auch wenn sie bloß geringfügiger Natur sind - wird (anders als etwa durch lediglich kurzfristige Hautrötungen regelmäßig sehr wohl die körperliche Unversehrtheit nicht ganz unerheblich beeinträchtigt (vgl. ÖJZ 1976/278, 1979/67 ua; Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 4, 5 zu § 83). Besondere Umstände aber, nach denen dies bei der hier zu beurteilenden Bißwunde - mag sie auch nur zu einer "leichten" Hautabschürfung geführt haben (vgl. dazu S 191: "Cut") - nicht zuträfe, sind dem Wahrspruch der Geschwornen, die über die konkrete Aktualität des Unerheblichkeits-Korrektivs in tatsächlicher Hinsicht zu befinden hatten, nicht zu entnehmen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Bedacht auf § 28 Abs 1 StGB zu acht Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es sein reumütiges Geständnis und den Umstand, daß der Raub beim Versuch blieb, als mildernd, seine zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall und das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen dagegen als erschwerend.

Der Berufung des Angeklagten mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Zwar kann dem Berufungswerber seine Alkoholisierung deswegen nicht als mildernd zugute gehalten werden, weil er sich gerade auf diese Weise zur Tatausführung Mut machen wollte (§ 35 StGB), doch fällt ihm nach der Aktenlage ein als erschwerend wirkender rascher Rückfall nicht zur Last. Auch sind seine gewiß sehr zahlreichen Vorstrafen ab dem Jahr 1972 durchwegs dem Bereich der Kleinkriminalität zuzuordnen.

Bei den vorliegenden Strafzumessungsgründen erscheint innerhalb des von fünf bis zu fünfzehn Jahren reichenden Freiheitsstraf-Rahmens nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) eine Verkürzung des Strafmaßes auf eine Dauer von sechseinhalb Jahren als gerechtfertigt.

Dahin war seiner Berufung demnach Folge zu geben.

Anmerkung

E08660

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00075.86.0617.000

Dokumentnummer

JJT_19860617_OGH0002_0100OS00075_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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