TE OGH 1986/6/25 9Os132/85

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Veröffentlicht am 25.06.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Juni 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gumpinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr.Bruno H*** und andere wegen des Verbrechens nach § 3 g Abs. 1 VerbotsG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Dr.Bruno H***, Gottfried Heinrich K***, Dr.Martin N***, Egon B*** und Dr.Hermann P***, über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Michael W***, über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Dr.H***, W***, K***, Dr.N***, Attila B*** und Dr.P*** sowie über die Kostenbeschwerde des Angeklagten Dr.H*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 2.April 1984, GZ 20 b Vr 9065/77-831, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Hauptmann als Vertreter der Generalprokuratur, der Angeklagten Dr.H***, W***, K***, Dr.N***, B***, B*** und Dr.P*** und der Verteidiger Dr. Pirker, Dr. Mühl, Dr. Knaipp, Dr. Helm und Dr. Politzer zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen;

2. Aus Anlaß dieser Rechtsmittel wird gemäß §§ 344, 290 Abs. 1 StPO

a) das Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch

A/BB/I/3 bezüglich des Angeklagten Dr.Hermann P*** und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 351, 1. Satz, StPO in der Sache selbst erkannt:

Dr.Hermann P*** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, das Verbrechen nach § 3 g VerbotsG auch dadurch begangen zu haben, daß er sich am 5.August 1979 in Salzburg auf andere als in den §§ 3 a bis 3 f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinne betätigte, indem er auf dem Residenzplatz mit dem Angeklagten Attila B*** und weiteren Sympathisanten des NBN unter Verteilen von Flugblättern eine Propagandaaktion gegen den Film "Holocaust" veranstaltete, bei welcher alle Teilnehmer in einer nationalsozialistischen Vorbildern nachempfundenen Uniformierung auftraten, welche bei Dr.Hermann P*** aus Schaftstiefeln, dunkler Hose, schwarzem Hemd und schwarzer Krawatte, ferner aus Leib- und Schulterriemen bestand, gemäß § 336 StPO freigesprochen.

Für die verbleibenden, Dr.P*** zur Last liegenden, den Tatbestand des Verbrechens nach § 3 g Abs. 1 VerbotsG erfüllenden strafbaren Handlungen (Punkte A/AA/II/1, 2 c, 3 und BB/I/2 und 4 wird dieser Angeklagte gemäß §§ 41 Abs. 1 StGB, 3 g Abs. 1 erste Strafstufe VerbotsG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten verurteilt;

gemäß § 43 Abs. 2 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen;

b) die erstgerichtliche Vorhaftanrechnung dahin ergänzt, daß gemäß § 38 Abs. 1 StGB dem Angeklagten Gottfried Heinrich K*** die Vorhaft vom 28.September 1983, 21,35 Uhr, bis zum 7.Februar 1984, 11,20 Uhr und dem Angeklagten Dr.Martin N*** auch die vom 26.November 1983, 19,15 Uhr, bis 27.November 1983, 8,50 Uhr erlittene polizeiliche Verwahrungshaft auf die verhängten Strafen angerechnet werden.

3.) Die Berufung des Angeklagten Gottfried Heinrich K*** wird zurückgewiesen.

4.) Der Angeklagte Dr.P*** und die Staatsanwaltschaft mit ihrer hinsichtlich dieses Angeklagten erhobenen Berufung werden auf die zu Punkt 2 a vorgenommene Strafneubemessung verwiesen.

5.) Im übrigen wird sämtlichen Berufungen nicht Folge gegeben.

6.) Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Dr.H***, W***, K***, Dr.N***, B*** und Dr.P*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

7.) Der Kostenbeschwerde des Angeklagten Dr.H*** wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden neben anderen Angeklagten der am 12.Mai 1951 geborene Dr.Bruno H***, der am 23.Oktober 1958 geborene Michael W***, der am 10. September 1958 geborene Gottfried Heinrich K***, der am 19.Juni 1956 geborene Dr.Martin N***, der am 20.November 1922 geborene Egon B*** und der am 24.August 1950 geborene Dr.Hermann P*** jeweils des Verbrechens nach § 3 g Abs. 1 VerbotsG sowie der am 25.März 1951 geborene Attila B*** überdies des Verbrechens nach § 3 f VerbotsG als Beteiligter nach § 12 StGB und des Verbrechens des schweren Diebstahls in Gesellschaft durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Schuldsprüche - deren Inhalt, soweit erforderlich, aus Gründen der Übersichtlichkeit bei Erörterung der jeweiligen Rechtsmittel wiedergegeben werden wird - erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Dr.H***, W***, K***, Dr.N***, B*** und Dr.P*** sind nicht begründet.

Zur Beschwerde des Dr.H***:

Der Meinung dieses Angeklagten zuwider, bewirkt die Unterlassung der neuerlichen Beeidigung der Geschwornen im Jahre 1984 vorliegend keine Nichtigkeit im Sinne der Z 4 des § 345 Abs. 1 StPO; denn angesichts dessen, daß die fragliche Hauptverhandlung von ihrem Beginn am 18. Oktober 1983 (anläßlich dessen die Geschwornen ordnungsgemäß beeidigt worden waren) bis zur Urteilsverkündung am 2.April 1984 ohne längere Unterbrechung (§§ 276 a, 302 Abs. 1 StPO) durchgeführt wurde und sonach eine Einheit darstellte, mußte eine neuerliche Beeidigung der Schöffen nicht vorgenommen werden (EvBl 1953/367). Im übrigen könnte nach Lage des Falles auch mit Sicherheit gesagt werden, daß die gerügte Formverletzung - läge sie vor - auf die Entscheidung keinen den Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 345 Abs. 3 StPO).

In den Ausführungen zur Z 5 rügt der Angeklagte Dr.H***, daß seinem Verteidiger "trotz unzähliger Anträge" nicht sämtliche Verhandlungsprotokolle bis zum Schluß der Hauptverhandlung zur Verfügung gestellt worden seien.

Die Rüge scheitert schon daran, daß ein Rechtsanspruch auf Zustellung einer Protokollabschrift nicht besteht (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , § 271 Nr. 28 a). Nur der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß insoweit auch die Z 4 des § 345 Abs. 1 StPO nicht zum Tragen kommt. Ist doch gemäß §§ 271, 343 Abs. 1 StPO nur die gänzliche Unterlassung der Protokollsführung mit Nichtigkeit bedroht, wogegen es sich bei der im vierten Absatz des § 271 StPO vorgesehenen Frist um eine Mahnfrist handelt, an deren Überschreitung keine prozessualen Folgen geknüpft sind (EvBl 1968/37).

Daß endlich - wie die Beschwerde unsubstantiiert andeutet - das gesamte Protokoll nicht einmal noch mit Beginn der Ausführungsfrist für die Rechtsmittel gegen das Urteil vorlag, findet in den Akten (vgl namentlich Band XXII, ON 856, 856 a, 857, 859 und 862) keine Stütze und muß hierauf daher nicht weiter eingegangen werden. Gleichfalls unbegründet sind die sich auf die Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO berufenden Beschwerdeeinwände.

Auszugehen ist davon, daß die Strafprozeßordnung im § 312 die Individualisierung der Tat (nach Ort, Zeit, Gegenstand und dergleichen) zwecks Ausschaltung der Gefahr der neuerlichen Verfolgung und Verurteilung wegen der gleichen Tat und deren Konkretisierung (durch Aufnahme der den einzelnen Deliktsmerkmalen entsprechenden tatsächlichen Gegebenheiten) zwecks Überprüfbarkeit der Subsumtion verlangt, nicht aber eine Spezialisierung durch Anführung auch von solchen Umständen des Einzelfalles, die weder für die Schuldfrage noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung sind (EvBl 1985/134 ua).

Diesen Voraussetzungen wird durch die Bezeichnung des Flugblattes bzw der Broschüre, mit dem bzw für die der Beschwerdeführer "werben ließ" - der Beschwerde zuwider - im Kontext der Hauptfrage II durchaus Genüge getan, wobei die dahin abzielende Fragestellung, ob Dr.H*** "als sogenannter Bundesführer der Partei ANR" und "maßgebliches Entscheidungsorgan des Vereines ANR" sich "durch Aktivitäten

innerhalb dieser Vereinigung bzw Partei .... betätigte, indem er im

... genannten Flugblatt .... werben ließ ....." keinen Zweifel daran

läßt, daß nicht etwa nach einer bloßen Duldung oder Zulassung einer Werbung, sondern nach einer aktiven Tätigkeit in Gestalt einer Veranlassung gefragt wurde, und - wie oben dargetan - eine detaillierte und erschöpfende Beschreibung der Einzelakte, durch welche Dr.H*** die erwähnte Werbung veranlaßte, nicht erforderlich war.

Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer auch die seiner Meinung nach die Beurteilung durch die Geschwornen "suggestiv vorwegnehmende Kommentierung von Textstellen" der betreffenden Ausgaben der periodischen Druckschrift "Richtung" in den Hauptfragen III und VI.

Denn angesichts dessen, daß die betreffenden Passagen (Hauptfrage

III: "... indem er namens der von ihm geleiteten Vereinigung ANR

folgende dem nationalsozialistischen Gedankengut entlehnte Grundsätze

und Praktiken zur Anwendung brachte und publizistisch propagierte

..."; Hauptfrage VI: "... indem er eine gegen die staatliche

Eigenständigkeit der Republik Österreich gerichtete, auf den nationalsozialistischen Anschlußgedanken gegründete politische Zielvorstellung formulierte ...." unmittelbar an die Bezeichnung der gesetzlichen Merkmale des § 3 g VerbotsG (Betätigung im nationalsozialistischen Sinne) anschließen und von der Beschreibung der jeweiligen Textstellen optisch deutlich abgesetzt sind, stellen sie unzweifelhaft eine Elemente der rechtlichen Beurteilung enthaltende, abstrahierende Zusammenfassung der in der Folge einzeln angeführten Wiederbetätigungshandlungen dar. Von der in diesen anklagekonformen Fragen (§ 312 StPO) zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht der Staatsanwaltschaft aber durfte sich der Schwurgerichtshof keineswegs durch ein Abgehen von der Anklage distanzieren. Seine allenfalls davon abweichende Rechtsmeinung konnte er vielmehr nur in Form von Eventualfragen, in der Rechtsbelehrung oder nach § 337 StPO im Urteil zum Ausdruck bringen (KH 3412 ua, Mayerhofer-Rieder, aaO § 312 Nr. 2). Im übrigen wäre die Aufnahme der betreffenden Teile des Anklagetenors nur dann als Verstoß gegen die Vorschriften über die Fragestellung mit Nichtigkeit bedroht, wenn sie geeignet gewesen wäre, die Geschwornen - insbesondere durch Vermittlung des Eindrucks, eine Prüfung der erwähnten Auffassung der Staatsanwaltschaft stünde ihnen nicht mehr zu - zu beirren. Hievon kann vorliegend aber keine Rede sein, weil die gerügte Fassung der genannten Fragen den Geschwornen in keiner Weise nahelegte - siehe oben -, eine eigenständige Prüfung bestimmter Aspekte der Schuldfragen zu unterlassen und sich in dieser Hinsicht der Anklagebehörde anzuschließen. (Tatsächlich sind die Laienrichter, wie aus deren Niederschrift hervorgeht - siehe die Erwägungen zu den Hauptfragen III und VI, insbesondere aber auch die Abweichung vom Standpunkt der Staatsanwaltschaft zur Hauptfrage IV - ihrer Verpflichtung zur umfassenden, auch die selbständige Interpretation von Äußerungen in sich schließenden Prüfung der ihnen gestellten Fragen nachgekommen).

Ebensowenig wie die Bestimmung des § 312 StPO wurde vorliegend die Norm des § 313 StPO verletzt. Denn Zusatzfragen mit Bezug auf eine Rechtfertigung des Tatverhaltens des Beschwerdeführers "entsprechend den von der österreichischen Rechtsordnung anerkannten Grundsätzen" der Wahrung der Nationalität sowie des Bestandes und des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen waren nicht indiziert.

Auszugehen ist davon, daß das im Artikel 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, BGBl 1978/591, anerkannte Recht aller Völker auf Selbstbestimmung kein Individualrecht darstellt, dessen Wahrnehmung ein nach dem Verbotsgesetz tatbildmäßiges Verhalten rechtfertigen könnte und daß überpersönliche Rechtsgüter und politische Zielsetzungen weder notwehr- noch (auch nicht im Sinne eines übergesetzlichen rechtfertigenden Notstandes) notstandsfähige Güter sind (vgl 9 Os 18/68; SSt 13/84; EBRV 1971, 75; Kienapfel in ÖJZ 1975/146 und in AT I, Z 12, RN 10; Nowakowski im WK § 3, RZ 8; Leukauf-Steininger, Komm 2 , § 3, RN 77).

Weshalb aber Art. 19 des Staatsgrundgesetzes vom 21.Dezember 1867, RGBl 142, das Volksgruppengesetz (BGBl 1976/396) und das Internationale Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (BGBl 1972/377 samt dem Durchführungsgesetz vom 3.Juli 1973, BGBl Nr 390) Zusatzfragen der reklamierten Art indizieren sollten, kann der insoweit unsubstantiierten Beschwerde nicht entnommen werden und entzieht sich diese damit einer sachbezogenen Erörterung. Zusammenfassend ist hiezu lediglich zu sagen, daß keines dieser Gesetze einen Grund normiert, aus welchem eine verbotsgesetzwidrige Betätigung gerechtfertigt sein könnte, noch auch die Ableitung eines solchen Rechtfertigungsgrundes im Wege eines Analogieschlusses zuläßt.

Ist dies aber so, dann durfte den Geschwornen auch eine Zusatzfrage nach allfälliger irrtümlicher Annahme eines Sachverhalts, welcher die Rechtswidrigkeit der Tat aus solchen Gründen ausgeschlossen hätte, von vornherein nicht gestellt werden.

Die behaupteten Verletzungen der Fragestellung und damit der Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO haften mithin dem Urteil nicht an.

Der aus der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO erhobenen Beschwerde zuwider wurde vorliegend den Geschwornen auch eine richtige Rechtsbelehrung erteilt.

Die gerügte Information der Laien, derzufolge § 3 g Abs. 1 VerbotsG nach Art einer Generalklausel jede nicht unter die - in der Rechtsbelehrung wiedergegebenen - §§ 3 a bis 3 f dieses Gesetzes fallende Art nationalsozialistischer Betätigung erfasse und durch Handlungen verschiedenster Art verwirklicht werden könne (S 10 und 11 der Rechtsbelehrung), wird der (bewußt großen) Reichweite des Tatbildes gerecht; sie ist keineswegs irreführend und steht mit der ständigen Rechtsprechung in Einklang (vgl EvBl 1979/154; EvBl 1972/238; EvBl 1968/68; siehe dazu auch Heller-Loebenstein-Werner, II/111 und 115). Demnach wurde zutreffend auf das gesetzliche Verbot (§ 3 VerbotsG), sich - sei es auch außerhalb nationalsozialistischer Organisationen - für die N*** und deren Ziele zu betätigen (10 Os 136/78), sowie auf den Zweck des Gesetzes hingewiesen, die demokratisch-freiheitliche Entwicklung Österreichs zu schützen und zu sichern, jene niederzuhalten, die "den Nationalsozialismus, wie er sich in Österreich von 1938 bis 1945 etabliert hatte", wiedererwecken wollen, und jedwede nationalsozialistischen Umtriebe im Keim zu ersticken (S 7 und 11 der Rechtsbelehrung; so schon 7 Os 287/59). Hiemit wurde dem Beschwerdevorbringen zuwider auch der innere Zusammenhang des Tatbildes mit den Zielen und Erscheinungsformen des "historischen Nationalsozialismus" hinreichend deutlich gemacht. Davon, daß - wie der Beschwerdeführer vermeint - den Geschwornen ein nach § 1 Abs. 1 StGB unzulässiger Analogieschluß auf die Strafbarkeit eines nationalsozialistischer Betätigung nur ähnlichen Verhaltens nahegelegt worden wäre, kann somit keine Rede sein. Daß auch Aktivitäten, in denen eine ausdrückliche Verwendung von im historischen Nationalsozialismus gebräuchlichen Organisationsformen und Bezeichnungen aus Gründen der Tarnung vermieden wird, eine nach § 3 g Abs. 1 VerbotsG strafbare Betätigung im nationalsozialistischen Sinne darstellen können, findet im Gesetzeswortlaut Deckung und erfordert keinen Rückgriff auf Analogie (vgl Rittler II 2 , S 355).

Der vom Beschwerdeführer vermißten Erläuterung des "Gesamtbegriffes" des Nationalsozialismus bzw dessen typischen Zielsetzungen bedurfte es nicht, weil die Frage danach eine solche nach (jetzt schon) historischen politischen Ideengehalten ist, insoweit also ins Tatsächliche reicht und für die Verdeutlichung derartiger relevanter Umstände (nur) die gemäß § 323 Abs. 2 StPO abzuhaltende Besprechung vorgesehen ist (SSt 53/60).

Der Beschwerdeeinwand, die vom Schwurgerichtshof zum Teil in Form einer beispielsweisen Aufzählung erteilte Rechtsbelehrung sei einerseits dazu geeignet, den Geschwornen die Komplexität des "Gesamtbegriffes" Nationalsozialismus zu verhüllen und andererseits so ungenau, daß die Grenzen des Tatbildes nicht erkannt werden könnten, geht fehl; denn einerseits kommt es für den Bereich des § 3 g VerbotsG - was oben bereits angedeutet wurde und in der Folge noch näher dargelegt wird - auf einen Gesamtbegriff des Nationalsozialismus gar nicht an und andererseits ist es auch nicht Aufgabe der Rechtsbelehrung, die Geschwornen darüber aufzuklären, was zur Herstellung der Tatbestandsmäßigkeit nicht (mehr) ausreicht (12 Os 120/84).

Aus dem Gesetzestext ist keineswegs im Sinne der Beschwerdeausführungen abzuleiten, daß eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn nur in einem "die Gesamtheit der Ideologie des Nationalsozialismus" bejahenden Verhalten bestehen kann.

Vielmehr muß in Übereinstimmung mit der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung angenommen werden, daß auch eine nicht das gesamte nationalsozialistische Gedankengut umfassende Betätigung im nationalsozialistischen Sinn tatbildlich nach § 3 g Abs. 1 VerbotsG ist und daß dies auch für die propagandistische Verwendung politischer Schlagworte gilt, wenn diese in einer Weise gebraucht werden, in der die verpönten Zielsetzungen und Wertvorstellungen des Nationalsozialismus, nämlich die Durchsetzung jeder einzelnen seiner in rücksichtsloser Unterordnung der Interessen des Gemeinwesens vertretenen Thesen in einem System der Gewalttätigkeit, zum Ausdruck kommen, mögen auch die dahinterstehenden Ideen bereits früher von anderen Parteien, von diesen jedoch unter Beachtung der unabdingbaren Grundsätze eines demokratisch-freiheitlichen Staates vertreten und vom Nationalsozialismus aus deren Programm entlehnt worden sein (7 Os 132/59).

Eine solche Ansicht läßt sich auch - anders als die Beschwerde meint - gewiß nicht auf die (von ihr nur unvollständig zitierten) Ausführungen Ermacoras im Handbuch der Menschenrechte und Grundfreiheiten (dort S 299) gründen, weil jener aaO den in den §§ 3 a und 3 b Verbotsgesetz verwendeten Begriff "Nationalsozialistische Organisation" definiert, wogegen im § 3 g Abs. 1 Verbotsgesetz auf die (auch nicht organisierte) Betätigung im nationalsozialistischen Sinn abgestellt wird. Vielmehr zeigt gerade die von Ermacora und in der Beschwerde - in Einklang mit §§ 3 und 3 d Verbotsgesetz - relevierte Vielfalt der Ziele der NSDAP, ihrer Wehrverbände, Gliederungen usw, daß dementsprechend auch eine Wiederbetätigung mit verschiedenen Zielsetzungen und auf mannigfache, einer abschließenden Beschreibung der denkbaren Betätigungsakte gar nicht zugänglichen Weise vorgenommen werden kann.

Kein Fehler der Rechtsbelehrung ist ferner darin zu erblicken, wenn sie ganz allgemein und in der beispielsweisen Aufzählung das äußere Tatbild der letztgenannten Gesetzesstelle im Sinne der ständigen Rechtsprechung schon dann als erfüllt ansieht, wenn der Täter in propagandistisch vorteilhafter Art den oben aufgezeigten Intentionen des Gesetzgebers zuwider auch nur einzelne für den Nationalsozialismus typische - siehe oben - Ideen zum Ausdruck bringt, wie dies etwa nach der Rechtsprechung durch die Rechtfertigung oder Verharmlosung der Massenvernichtung von Juden, die Glorifizierung der Person Hitlers (als Leitfigur dieses Gewaltsystems), die Verherrlichung der Ereignisse um die (von den Angeklagten unter Bagatellisierung des massiven politischen und militärischen Drucks der Nationalsozialisten auf die damalige österreichische Regierung tendenziös als "Anschluß" bezeichnete) Annexion Österreichs im Jahre 1938 und durch die Verunglimpfung von Österreichern geschieht, die während des Kampfes um Wien im April 1945 durch Widerstand innerhalb der Deutschen Wehrmacht einen Beitrag zur Beseitigung des nationalsozialistischen Regimes geleistet haben und deshalb verfolgt wurden (vgl EvBl 1980/149; EvBl 1979/154; EvBl 1972/238; EvBl 1969/230; EvBl 1968/68).

Unbedenklich ist unter den in der Belehrung ohnedies angeführten Voraussetzungen (S 11 und 15 der Rechtsbelehrung) auch die Aufzählung von Handlungen, die für sich allein noch nicht typisch im Sinne einer nationalsozialistischen Betätigung wären, wenn sie - wie hier - objektiv und nach der Zielsetzung des Täters Teilakte eines insgesamt nach § 3 g Abs. 1 Verbotsgesetz tatbestandsmäßigen Gesamtverhaltens sind (9 Os 12/62, teilweise veröffentlicht in RZ 1962/251).

Die Anführung von Beispielen (von tatbildmäßigen Handlungen) in der (schriftlichen) Rechtsbelehrung ist - abgesehen von der unter Umständen sogar gebotenen Zitierung höchstgerichtlicher Fall-Judikatur - zwar im allgemeinen nicht tunlich, schlechthin Nichtigkeit begründend ist ein solcher Vorgang jedoch nicht (SSt 45/9). Eine Nichtigkeit (§ 345 Abs. 1 Z 8 StPO) kommt vielmehr erst dann in Betracht, wenn die Rechtsbelehrung durch die gegebenen Beispiele (oder durch ein Vorgreifen auf die Lösung der Tatfrage) die Eignung erlangt, bei den Geschwornen unrichtigen Vorstellungen über die (konkret wesentliche) Rechtslage Eingang zu verschaffen und sie namentlich durch eine richtungsweisend fixierte Darstellung rechtlich bedeutsamer Tatsachen zu einer bestimmten - dieser Schilderung entsprechenden - rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes zu beeinflussen (SSt 45/9). Das trifft jedoch in Ansehung der gegenständlichen Rechtsbelehrung keineswegs zu; läßt sie doch durch die den Beispielen vorangestellten Hinweise speziell auf § 3 Verbotsgesetz und ganz allgemein auf den Zweck dieses Gesetzes (siehe oben) so wie insbesondere angesichts des Wortlautes ihrer Einleitung keinen Zweifel daran offen, daß die in der Folge angeführten Tätigkeiten zwar als tatbildlich "in Frage kommen", im Einzelfall aber noch auf ihre objektive Zielrichtung wie auch auf den ihnen zugrundeliegenden Vorsatz zu prüfen sind (vgl dazu im besonderen die Rechtsbelehrung zu den in Punkten 10 und 12 der Aufzählung erwähnten Parolen und Liedern). Keineswegs wird darin zum Ausdruck gebracht, daß eine Tätigkeit, die einem der Beispiele in concreto entspricht auch nur das Tatbild erfüllen muß; demnach kann auch keine Rede davon sein, daß der Schwurgerichtshof durch eindringliche Bezugnahme auf den im Einzelfall zu beurteilenden Sachverhalt der Fragebeantwortung durch die Geschwornen (unzulässig) vorgegriffen und jene solcherart ihrer Aufgabe zur selbständigen Prüfung des Anklagevorwurfs scheinbar enthoben hätte (vgl SSt 45/9); auch dieser Beschwerdeeinwand des Angeklagten Dr.H*** hält sohin einer Überprüfung nicht stand.

Die (nach Ansicht des Schwurgerichtshofes) in der Lehre umstrittene Frage, ob ein im Sinne des § 3 g Abs. 1 VerbotsG tatbildliches Verhalten "auch an sich" gefährlich sein muß (S 15 unten und verso der Rechtsbelehrung), wurde in der Rechtsbelehrung ausdrücklich und in Übereinstimmung mit der Judikatur (EvBl 1972/238) dahin klargestellt, daß eine konkrete Gefährdung staatlicher Interessen für den Tatbestand nicht erforderlich ist. Zu der für die Rechtsanwendung der Geschwornen bedeutungslosen - weil bloß dogmatischen - Aussage, daß § 3 g Abs. 1 VerbotsG ein (rein) abstraktes Gefährdungsdelikt normiert, bei dessen Beurteilung auf Tatbestandsmäßigkeit die Gerichte - anders als bei potentiellen ("abstrakt-konkreten") Gefährdungsdelikten (wie etwa §§ 178, 179 StGB) - der Prüfung, ob eine Verletzung staatlicher Interessen auch nur typischerweise zu befürchten war, überhaupt enthoben sind, weil die Gefährlichkeit einer solchen Tat generell präsumiert wird (vgl Rittler I 2 , S 85 sowie Nowakowski in WK, Vorbemerkungen zu §§ 3 bis 5 StGB, RZ 20 und 23; Leukauf-Steininger, Komm 2 , § 17 RN 11) bestand kein Anlaß.

Es sind aber auch die Ausführungen (auf S 15) der Rechtsbelehrung, wonach zur Erfüllung der inneren Tatseite des erwähnten Verbrechens (bedingter) Vorsatz des Täters genügt, durch seine Betätigung die im Frühjahr 1945 geschaffene staatliche Ordnung in Österreich dadurch zu untergraben, daß er die Ziele des Nationalsozialismus, wie sie in den Jahren 1938 bis 1945 in Österreich ihre Auswirkung fanden, zu verfolgen und zum neuen Leben zu erwecken sucht (vgl RZ 1982, 251), ausreichend. Sie bedurften - nach dem Gesagten - der vom Beschwerdeführer Dr.H*** vermißten Ergänzung, wonach der Vorsatz des Täters den Gesamtbegriff des Nationalsozialismus umfassen müsse, nicht. Ein über die Verwirklichung des Tatbildes hinausreichender, (im Sinne einer überschießenden Innentendenz) erweiterter Vorsatz ist zur Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich. Vielmehr genügt in subjektiver Hinsicht schon bedingtes Wollen, sich im Sinne auch nur eines der typischen Ziele des Nationalsozialismus (oder mehrerer Tendenzen, denen erst dann, wenn sie gemeinsam vertreten werden, nationalsozialistischer Charakter zukommt) zu betätigen, wobei eine solche Betätigung - wie oben erwähnt - auch in einem sich aus Teilakten zusammensetzenden, im Konnex zu beurteilenden Gesamtverhalten bestehen kann. Zu dieser Auffassung steht die den Geschwornen erteilte Belehrung auch in Ansehung der subjektiven Tatseite nicht in Widerspruch. Die Ausführungen im unmittelbaren Anschluß an die oben wiedergegebene Beschreibung des Vorsatzes, dieser sei "damit" darauf gerichtet, "in der weiteren Folge gegen demokratische Einrichtungen zu sein und der Idee des Nationalsozialismus ganz allgemein Hilfestellung zu leisten, auf sie aufmerksam zu machen oder sie zu propagieren" (S 15 unten), können - im Sinnzusammenhang betrachtet - keineswegs dahin mißverstanden werden, daß der Vorsatz sich nicht auf die Tathandlung beziehen müsse, sondern sich in einer "allgemeinen politischen Gesinnung" erschöpfen könne. Einem solchen Mißverständnis wurde überdies durch den Hinweis auf die Vorsatzdefinition des § 5 Abs. 1 StGB vorgebeugt (S 5 und 15 der Rechtsbelehrung). Auch für den Laien erkennbar wurde zudem mit den Worten "in der weiteren Folge" nicht auf der Tathandlung zeitlich nachfolgende Vorgänge Bezug genommen, sondern auf logische Konsequenzen des Tatbestandsvorsatzes. Schließlich konnte es aber auch zu keinem Mißverständnis führen, wenn ein abermaliger Hinweis auf die Auswirkungen des Nationalsozialismus in den Jahren 1938 bis 1945 auf Österreich unterblieb. Wird doch schon in den einleitenden Bemerkungen zur subjektiven Tatseite auf den "historischen" Nationalsozialismus Bezug genommen und damit hinreichend klargestellt, daß spätere, sich mit dem Nationalsozialismus befassende Passagen der Rechtsbelehrung vom gleichen Begriffsinhalt und -umfang ausgehen.

Nicht erkennbar ist die vom Beschwerdeführer behauptete Inkongruenz der Belehrungen zur äußeren und zur inneren Tatseite; seiner Behauptung, die Aufzählung tatbildlicher Verhaltensweisen lasse im Gegensatz zur Belehrung über den Vorsatz nicht erkennen, daß ein Bezug auf die in den Jahren 1938 bis 1945 verwirklichten Ziele des Nationalsozialismus vorausgesetzt werde, ist erneut entgegenzuhalten, daß die beispielsweise angeführten Tätigkeiten keineswegs als stets - also auch bei Fehlen des entscheidenden Tatbestandsmerkmales des § 3 g Abs. 1 VerbotsG ("im nationalsozialistischen Sinne") - tatbildlich, sondern nur als für die Verwirklichung des äußeren Tatbestandes in Frage kommend bezeichnet werden und daß der Zusammenhang mit den vorangehenden Verweisungen auf § 3 g VerbotsG und den Gesetzeszweck evident ist. Der Ausschluß des Vorsatzes bei Tatbildirrtum - wozu auch Irrtum über ein normatives Tatbildmerkmal gehört - geht an sich bereits aus der in der Rechtsbelehrung ohnehin zitierten Vorsatzdefinition des § 5 Abs. 1 StGB hervor (Leukauf-Steininger, Komm 2 § 7 RN 10 bis 12). Daß die Geschwornen ungeachtet des Fehlens weiterer Erläuterungen in diesem Zusammenhang keineswegs einem Mißverständnis unterlegen sind, sondern insbesondere die Frage, ob Dr.H*** die Möglichkeit der Tatbildverwirklichung irrtümlich nicht erkannt habe, geprüft, jedoch verneint haben, ergibt sich auch aus dem Inhalt der gemäß § 331 Abs. 3 StPO angefertigten Niederschrift (vgl Mayerhofer-Rieder, aaO § 345 Abs. 1 Z 8 Nr. 68, 69). Darnach haben die Laienrichter dem Angeklagten Dr.H*** nämlich die Kenntnis vom verbotenen Inhalt der in der Hauptfrage II erwähnten Broschüre sowie Tendenzen zur "Verschleierung im Sinne der taktischen Legalität und den Versuch der Verharmlosung" unterstellt (siehe deren Erwägungen zu den Hauptfragen III und VI).

Im übrigen hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt, worin der von ihm behauptete Tatsachenirrtum "in Ansehung geschichtlicher Abläufe" konkret bestanden haben soll; wollte er damit auf von ihm selbst geäußerte Zweifel an den Angaben über die Zahl der jüdischen Opfer nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen anspielen, so ist ihm zu erwidern, daß damit jedenfalls keinerlei Irrtum über die Tatsache der (auf die rassische Idee zurückzuführenden) Massenvernichtung von Angehörigen dieser Menschengruppe durch das nationalsozialistische Regime an sich indiziert ist (vgl seine Verantwortung Band XVI, S 483 bis 486, 489). Nur ein derart weitgehender (grundsätzlicher) Irrtum wäre allenfalls geeignet gewesen, ihm die nationalsozialistische Zielrichtung des von der Hauptfrage II erfaßten Verhaltens zu verschleiern, welche darin zu erblicken ist, daß die betreffenden Gewaltmaßnahmen verharmlost oder überhaupt in Zweifel gezogen wurden (siehe hiezu die folgenden Ausführungen zur Rechtsrüge des Angeklagten Dr.H***).

Rechtsrichtig ist auch die den Geschwornen erteilte Belehrung, wonach die Bestimmung des § 3 g Abs. 1 VerbotsG durch Art 10 und 11 MRK keineswegs derogiert worden ist. Unter dem Gesichtspunkt der in diesen Konventionsartikeln normierten Rechte auf freie Meinungsäußerung sowie auf Versammlungs- und Vereinsfreiheit sind nämlich das Verbot des § 3 VerbotsG und die Sanktion des § 3 g Abs. 1 VerbotsG durch die jeweils im zweiten Absatz der zitierten Artikel enthaltenen Ausnahmebestimmungen gedeckt, denen zufolge die Ausübung der erwähnten Freiheiten und Rechte unter anderem den im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung in einer demokratischen Gesellschaft notwendigen gesetzlichen Einschränkungen unterworfen werden kann (EvBl 1980/191; 9 Os 30/70). Zutreffend zeigt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang lediglich auf, daß die Rechtsbelehrung insoweit fälschlich von "Vorbehalten zu Bestimmungen der Konvention" (Art. 64 MRK) statt von Gesetzesvorbehalten spricht. Dieses Vergreifen im Ausdruck bewirkt allerdings keinen Mangel der Rechtsbelehrung, der zu einem für den Wahrspruch bedeutsamen Mißverständnis der Geschwornen Anlaß gegeben haben könnte. Im übrigen ist - der Ansicht des Beschwerdeführers zuwider - jedes in erster Instanz zuständige Gericht zur Anwendung eines gehörig kundgemachten Gesetzes ungeachtet allfälliger Bedenken hinsichtlich seiner Verfassungskonformität verhalten; denn gemäß Art. 89 Abs. 2 und 140 Abs. 1 B-VG steht es nur dem Obersten Gerichtshof oder einem (anderen) zur Entscheidung in zweiter Instanz berufenen Gericht zu, wegen solcher Bedenken einen Antrag auf Aufhebung des betreffenden Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen (vgl erneut EvBl 1980/191).

Soweit der Angeklagte Dr.H*** schließlich eine Belehrung der Geschwornen über "in Frage kommende Rechtfertigungs- und Strafausschließungsgründe, insbesondere im Hinblick auf eine Rechtfertigung typischerweise zur Wahrung der Nationalität und des Selbstbestimmungsrechtes geeigneter Handlungen sowie auf die im Verfassungsrang stehenden Bestimmungen des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung BGBl 1972/377 samt BGBl 1973/390" vermißt, übersieht er, daß der Schwurgerichtshof Zusatzfragen nach solchen Rechtfertigungsgründen - im Sinne der obigen Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z 6 StPO zu Recht - nicht stellte, die Rechtsbelehrung aber nur an die Geschwornen tatsächlich gerichtete Fragen zu betreffen hat und auch nur in diesem Umfang angefochten werden kann (Mayerhofer-Rieder, aaO § 345 Z 8 Nr 20 bis 24).

Dem einleitenden Vorbringen zu der vom Angeklagten Dr.H*** gegen den Schuldspruch A/AA/I/1 (Wahrspruch zur Hauptfrage II) erhobenen Rechtsrüge nach § 345 Abs. 1 Z 11 lit a StPO, laut welchem die Werbung für die Broschüre "Historische Tatsache Nr 1 - Starben wirklich 6 Millionen? - Endlich die Wahrheit" im Flugblatt "Der Nordwest-Aktivist" angesichts der grundsätzlichen Zulässigkeit der Kritik (auch) an zeitgeschichtlichen Behauptungen der Literatur der "Kriegsgegner" nicht dem § 3 g Abs. 1 VerbotsG zu unterstellen gewesen wäre, mangelt jede Berechtigung. Denn schon im Werbetext gelangen nicht etwa nur Zweifel an bestimmten Detailaussagen zeitgeschichtlicher Literatur über die nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen gegen Juden - etwa hinsichtlich der Anzahl der Opfer oder hinsichtlich der Zweckbestimmung und Ausstattung einzelner Konzentrationslager - zum Ausdruck; vielmehr wird durch die Erwähnung der "alliierten Propaganda über die angebliche Judenvernichtung" eindeutig die historische (nicht einmal vom Angeklagten selbst in der Hauptverhandlung bestrittene) Tatsache der massenweisen Ermordung von Angehörigen dieser Bevölkerungsgruppe als möglicherweise nur auf einer Propagandalüge ("Sechs-Millionenlüge") beruhend in Frage gestellt und derart über eine bloße Rechtfertigung, Entschuldigung, Verharmlosung oder Beschönigung dieser Gewaltakte weit hinausgegangen. Schon der Text des Flugblattes läßt sohin die im Interesse der geschichtlichen Wahrheit gebotene objektive Wertung der Ereignisse vermissen (9 Os 179/69).

Er ist vielmehr als völlig einseitige, propagandistisch vorteilhafte Stellungnahme im Sinne des ("historischen") Nationalsozialismus aufzufassen (vgl EvBl 1980/149; EvBl 1979/154) und reicht mithin für sich allein zur Erfüllung des Tatbestandes des § 3 g Abs. 1 VerbotsG hin. Dazu kommt aber noch, daß auch der in die Hauptfrage I (auf welche die Hauptfrage II ausdrücklich Bezug nimmt) aufgenommene, dem Tatbild des § 3 g Abs. 1 VerbotsG entsprechende Inhalt der Broschüre - in welcher die historische Tatsache der Judenverfolgung und -vernichtung unter Verletzung des Gebotes wissenschaftlicher Objektivität teils beschönigt und verharmlost, teils glattweg geleugnet wird - vom Angeklagten Dr.H*** zu vertreten ist, weil dieser deren Empfehlung durch das Flugblatt "Der Nordwest-Aktivist" nach der im Wahrspruch zum Ausdruck gelangten Ansicht der Geschwornen nicht nur geduldet, sondern veranlaßt hat (siehe dazu die obige Stellungnahme zur Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO). Denn eine einschränkende Auslegung des Begriffes der "Betätigung" im § 3 g Abs. 1 VerbotsG dahin, daß zwar die propagandistisch vorteilhafte Darstellung von nationalsozialistischen Maßnahmen und Zielsetzungen in Druckwerken, nicht jedoch die Veranlassung der Werbung für solche in Kenntnis des Inhaltes tatbildlich ist, kann weder mit dem Wortlaute der Bestimmung noch mit deren Zielsetzung vereinbart werden, wonach jedwede Betätigung für Ziele des Nationalsozialismus strafrechtlich zu erfassen ist (vgl Heller-Leobenstein-Werner III 19).

Indem der Beschwerdeführer Dr.H*** weiters unter Hinweis auf den angeblich unbeanstandet gebliebenen Verkauf der Broschüre im Buchhandel der Werbung im Rahmen dieses Flugblattes Gefährlichkeit "im Sinne einer Bestimmung mit dem gleichen Strafrahmen wie Totschlag" abspricht, bestreitet er lediglich den Eintritt einer konkreten Gefährdung, deren es jedoch zur Tatbestandsverwirklichung (siehe oben) gar nicht bedarf (EvBl 1972/238).

Angesichts ihrer typisch nationalsozialistischen Zielrichtung hätte die für den Nationalsozialismus vorteilhafte Darstellung seiner Gewaltmaßnahmen den Tatbestand des § 3 g Abs. 1 VerbotsG selbst dann erfüllt, wenn sie isoliert geblieben wäre. Denn in solchen Fällen ist zur Tatbildverwirklichung "komplexes Handeln" - welches in der Rechtsrüge in Abrede gestellt wird - nicht erforderlich (vgl EvBl 1979/154; EvBl 1972/238; 9/Os 179/69).

Darauf, daß vorliegend aber ohnehin über ein aus Einzelakten zusammengesetztes (insoweit sehr wohl "komplexes") Gesamtverhalten abzusprechen war, wird noch im folgenden eingegangen werden.

In seiner den Schuldspruch A/AA/I/3/a und b betreffenden Rechtsrüge befaßt sich der Angeklagte Dr.H*** mit dem Sinngehalt der dort angeführten Textstellen des von ihm namens der von ihm geleiteten Aktion Neue Rechte mehrmals in der periodischen Druckschrift "Richtung" veröffentlichten "Grundsatzprogramms" und der weiteren inkriminierten Veröffentlichungen in dieser periodischen Druckschrift. Ersteres Programm enthält ein Bekenntnis "zur biologischen Substanz und ererbten Veranlagung des Menschen, zur biologischen Verschiedenheit von Menschen, Völkern und Rassen, zum elitären Prinzip der Natur und zur politischen Vertretung dieses Bekenntnisses" ferner "zur deutschen Nation als politisch bindender Einheit", die Forderung nach "nationaler Einheit und Freiheit für die ganze deutsche Nation auf ihrem gesamten Lebensraum einschließlich jetzt fremdbesetzter Gebiete" und nach Ausrichtung jeder politischen Entscheidung auf die Anliegen der gesamten "deutschen Nation sowie die entschiedene Ablehnung des Begriffes einer österreichischen Nation unter Bekenntnis zum deutschen Charakter dieses Gebietes". In den übrigen Publikationen wird unter Betonung des Strebens "für die nationale Einheit und Freiheit unseres deutsches Volkes" gegen die am 26. Oktober stattfindenden "üblichen verlogenen Jubelfeiern dieses (des österreichischen) Staates" polemisiert, für einen Boykott der "Lügenfeiern" des "Systems" im Jahre 1980 anläßlich des 25-jährigen Bestandes des "Diktates von Wien" eingetreten und das "Anschlußverbot" des solcherart charakterisierten Staatsvertrages 1955 als gegen das deutsche Volk gerichtet, als dem Selbstbestimmungsrecht der Völker widersprechend und als menschenrechtswidrige Einschränkung der Souveränität des deutschen Volkes bezeichnet; ferner werden der deutschen Einheit dienliche Aktionen - insbesondere im Sinne eines "Kampfes gegen die Lüge einer österreichischen Nation" - für den Tag der deutschen Einheit (17.Juni) als "Kampftag der nationalen Bewegung" gefordert.

Die rechtliche Prüfung des Wahrspruchs in Ansehung der objektiven Tatseite durch Vergleich der in Fragestellung und Wahrspruch aufgenommenen Textstellen mit dem angewendeten Gesetz (Mayerhofer-Rieder aaO § 345 Abs. 1 Z 11 lit a Nr 5) darf sich nicht - wie der Beschwerdeführer vermeint - auf die Beurteilung beschränken, ob einzelne Formulierungen schon bei isolierter Betrachtung bereits als typischer Ausdruck nationalsozialistischer Ideologie anzusehen sind oder ob sie auch Vertretern anderer politischer Richtungen und Bewegungen zugeschrieben werden könnten.

Denn neben Einzelhandlungen, die schon bei solcher Betrachtungsweise als typische Betätigung im Sinne des Nationalsozialismus zu erkennen sind, kann auch ein komplexes Handeln den Tatbestand des § 3 g Abs. 1 VerbotsG verwirklichen, selbst wenn einzelne Teilakte des betreffenden Gesamtverhaltens für sich allein noch nicht als typisch nationalsozialistische Handlungen angesehen werden können (9 Os 12/62, teilweise abgedruckt in RZ 1962/251). Gerade ein solches Gesamtverhalten, nämlich die jahrelang fortgesetzte Indoktrinationstätigkeit des Angeklagten Dr.H*** als Bundesführer der Partei "ANR" bzw maßgebliches Entscheidungsorgan des gleichnamigen Vereins, war aber Gegenstand der gegen den Genannten erhobenen Anklage. Auch aus der Fragestellung an die Geschwornen geht - ungeachtet der Aufsplitterung des dem Angeklagten vorgeworfenen Gesamtverhaltens in gesonderte Teilakte desselben betreffende Fragen - die Einheit des Verhaltenskomplexes auf Grund der diesen Fragen gemeinsamen Betonung der Wirksamkeit des Angeklagten im Rahmen und namens der "ANR" sowie seiner führenden Stellung in dieser Vereinigung hervor. Das im Wahrspruch festgestellte Grundsatzprogramm enthält - im Zusammenhang gelesen - genau jene Thesen, die der Nationalsozialismus zur Rechtfertigung seiner Gewaltmaßnahmen gegen Juden und andere "rassisch minderwertige" (im nationalsozialistischen Jargon deswegen als "Untermenschen" bezeichnete) Völker herangezogen hat. Wird in ihnen doch nicht nur ein Bekenntnis "zur biologischen Verschiedenheit von Menschen, Völkern und Rassen" abgelegt, sondern im Anschluß daran auch für das "elitäre Prinzip der Natur" eingetreten, die (nach nationalsozialistischer Diktion) "unwertes Leben" gnadenlos ausmerzt. Es stellen ferner die Forderung nach einer Orientierung aller politischen Entscheidungen nach Anliegen der deutschen Gesamtnation, die Betonung des (vom NS-Regime gewaltsam verwirklichten) Rechtes dieser Nation auf "Lebensraum" (einschließlich "fremd besetzter" Gebiete) sowie die Ablehnung der demokratischen und eigenstaatlichen Entwicklung Österreichs (nach dem Zweiten Weltkrieg) als nur dem "System" und den Großmächten nützlich, verbunden mit gleichzeitiger Kritik an dem gegen das deutsche Gesamtvolk gerichteten "Anschlußverbot" eine Sammlung von nationalsozialistischen Programmpunkten entsprechenden Parolen in einer dem Sprachgebrauch der Nationalsozialisten deutlich angenäherten Form dar, deren Verbreitung das Tatbild des § 3 g Abs. 1 VerbotsG erfüllt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß verschiedene dahinterstehende Ideen in der Vergangenheit von anderen Parteien ebenfalls vertreten wurden und einzelne davon sogar heute noch in Programmen demokratischer Parteien enthalten sind; denn es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, daß es zum einen durchaus nationalsozialistischer Propaganda entsprach, allzeit anerkannte politische Thesen - die also heute wie früher in ihrer von den Nationalsozialisten nicht verfälschten Aussage Gültigkeit haben und demnach niemals typisches Gedankengut des Nationalsozialismus geworden sind - in das eigene Parteiprogramm aufzunehmen (so schon 7 Os 132/59) und daß zum anderen diese politischen Aussagen früher (vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus) nicht von jener brutalen Unterordnung der Ziele des Gemeinwesens getragen waren, mit der der Nationalsozialismus einzelne Punkte fremder Programme (zB den erwähnten "Anschlußgedanken") inhaltlich umgeformt ein für alle Mal in Mißkredit gebracht hat.

Eine über die obige Untersuchung inkriminierter Textstellen auf ihren objektiven Gehalt (vgl Mayerhofer-Rieder, aaO § 345 Abs. 1 Z 11 lit a Nr 5) hinausgehende Prüfung des Wahrspruchs auf inhaltliche Richtigkeit hat im Nichtigkeitsverfahren zu unterbleiben; insbesondere ist die Bejahung des nach § 3 g Abs. 1 VerbotsG vorausgesetzten Tätervorsatzes durch die Geschwornen einer Anfechtung entzogen (RZ 1960/27; 9 Os 12/62, teilweise veröffentlicht in RZ 1962, 251).

Zur vom Beschwerdeführer behaupteten (teilweisen) Derogation des § 3 g Abs. 1 VerbotsG durch die Art 10 und 11 MRK sowie durch Bestimmungen des Internationalen Übereinkommens über alle Formen rassischer Diskriminierung und des seiner Durchführung dienenden Bundesverfassungsgesetzes BGBl 1973/290 ist bereits im Rahmen der Ausführungen zur Rechtsbelehrung (§ 345 Abs. 1 Z 8 StPO) und zur Fragestellung (§ 345 Abs. 1 Z 6 StPO) Stellung genommen worden.

Für die Geltendmachung von Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs- und anderen Strafausschließungsgründen sowie Strafaufhebungsgründen - allesamt Institutionen des materiellen Rechts - sowie von anderen als prozessualen Verfolgungshindernissen läßt § 345 Abs. 1 Z 11 lit b StPO (anders als § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO) selbst dann keinen Raum, wenn eine dahingehende Zusatzfrage gestellt und (verneinend) beantwortet worden ist (Mayerhofer-Rieder aaO § 345 Z 11 lit b Nr 4 und 5). Nicht nur soweit der Angeklagte eine - gar nicht Gegenstand einer Zusatzfrage gewesene - Rechtfertigung durch von der österreichischen Rechtsordnung anerkannte Grundsätze der Wahrung der Nationalität und des Bestandes sowie des Selbstbestimmungsrechtes von Nationen behauptet, sondern auch insofern, als er sich gegen die Verneinung der Zusatzfrage I nach Vorliegen eines nicht vorwerfbaren Rechtsirrtums im Sinne des § 9 StGB wendet, fehlt es mithin dem bezüglichen Vorbringen an der prozeßordnungsgemäßen Darstellung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes.

Demnach erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr.H*** zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt, im übrigen aber als unbegründet.

Zur Beschwerde des Michael W***:

Soweit dieser Angeklagte (unter den Z 1 und 4 des § 345 Abs. 1 StPO) die unterbliebene abermalige Beeidigung der Geschwornen im neuen Kalenderjahr rügt, wird er - um Wiederholungen zu vermeiden - auf das hiezu oben im Rahmen der Behandlung der Beschwerde des Angeklagten Dr.H*** Gesagte verwiesen. Ergänzend ist dazu nur noch zu bemerken, daß die unterbliebene Beeidigung ohne Einfluß auf die den Geschwornen gemäß § 33 Geschwornen- und SchöffenlistenG obliegende Pflicht ist, ihre Tätigkeit nach Maßgabe des Gesetzes bis zum Schluß der Verhandlung fortzusetzen, wenngleich sich deren Dauer über den Zeitraum hinaus erstreckt, für den die Dienstliste angelegt ist (EvBl 1953/367).

Nicht im Recht ist er auch mit seiner - der Sache nach damit die Z 11 lit a des § 345 Abs. 1 StPO relevierenden; vgl Mayerhofer-Rieder aaO § 342 Nr 5 sowie SSt 52/51 - Behauptung, der Schuldspruch sei "gegenüber der Hauptfrage X erweitert" worden, wobei - nach seinem Vorbringen - zudem unbeachtet geblieben sei, daß ihm die Anklage überhaupt kein strafbares Verhalten im Rahmen des Vereines "ANR" zur Last gelegt habe (inhaltlich § 345 Abs. 1 Z 7 StPO).

Unterscheidet sich doch die Fassung des Urteilssatzes (Schuldspruch A/AA/I/2) von der Formulierung der ihm zugrundeliegenden Hauptfrage X nur insoweit, als in letztere - wohl um überflüssige Wiederholungen zu vermeiden - der bereits in den vorangehenden Hauptfragen enthaltene Hinweis auf die Organisationsformen der "ANR" (als Verein bzw als Partei) nicht aufgenommen worden ist, was für die rechtliche Unterstellung der Tat und für den anzuwendenden Strafsatz ohne Bedeutung ist. Die Frage, ob der Angeklagte für die "ANR" als Verein oder als Partei tätig wurde, betrifft zudem kein Detail, dessen Anführung in der Hauptfrage X es zur Individualisierung der Tat bedurft hätte; im übrigen ergeben sich aus dem Akteninhalt keinerlei Hinweise darauf, daß bestimmte Tathandlungen nur im Rahmen des Vereins ANR, andere wieder ausschließlich innerhalb der gleichnamigen Partei gesetzt worden sind. Folgerichtig wurde daher - dem Beschwerdevorbringen zuwider - auch in der Anklageschrift dem Angeklagten W*** Betätigung im nationalsozialistischen Sinn im Rahmen einer einzigen - allerdings unter verschiedenen Bezeichnungen auftretenden und konstituierten - Vereinigung zum Vorwurf gemacht (Band XI S 5 in der laut Band XX S 311 modifizierten Fassung).

Entgegen der unter der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO erhobenen Beschwerdebehauptung stellt es keinen Verstoß gegen die Bestimmung des § 312 Abs. 1 StPO dar, daß in die Hauptfrage X die der modifizierten Anklageschrift entnommene Formulierung aufgenommen wurde, der Angeklagte W*** habe durch dieses (unter Punkt A/I/4 g der Anklage bezeichnete) Verhalten die Bundesführung der ANR zur eindeutigen Orientierung von Praxis und Struktur dieser Vereinigung an nationalsozialistischem Gedankengut zu bestimmen gesucht. Denn obschon der Hinweis auf diese Zielrichtung weder zur Anführung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung noch zur deutlichen Bezeichnung der Tat erforderlich war, diente sie doch der Verdeutlichung des in diese Richtung zielenden Anklagevorwurfs (Band XI S 19, 337 ff), dessen Prüfung den Geschwornen durch die Stellung der Hauptfrage X auferlegt wurde. Eine solche Präzisierung, welche angesichts der großen Reichweite des Tatbestandes des § 3 g Abs. 1 VerbotsG durchaus zweckmäßig erscheint, legte den Geschwornen auch keineswegs die Beantwortung dieser Hauptfrage in einem bestimmten Sinne nahe.

Soweit der Angeklagte W*** unter der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO wegen des Fehlens von Erörterungen über die Begriffe des Nationalsozialismus und des Tatsachenirrtums sowie wegen der Anführung von Beispielsfällen den Vorwurf unvollständiger (im Sinne von unrichtiger) Rechtsbelehrung erhebt, wird er zunächst auf das oben zur entsprechenden Rüge des Angeklagten Dr.H*** Gesagte verwiesen. Zusätzlich und zusammenfassend sei noch bemerkt, daß die - überdies durch Hinweise auf § 3 VerbotsG und auf das Ziel dieses Gesetzes ergänzten, in der Rechtsbelehrung enthaltenen Beispiele in ihrer Gesamtheit durchaus geeignet waren, den Geschwornen eine Vorstellung von der richtigen Auslegung des § 3 g Abs. 1 VerbotsG zu vermitteln (vgl 9 Os 12/62, teilweise abgedruckt in RZ 1962, 251). Eine die Geschwornen beeinflussende einseitige Stellungnahme zum konkreten Anklagevorwurf ist hierin nicht zu erblicken, zumal vom Schwurgerichtshof ausdrücklich gesagt wurde, daß die beispielsweise aufgezählten Verhaltensweisen als tatbildliche Tätigkeiten nur "in Frage kommen", den (äußeren) Tatbestand des § 3 g Abs. 1 VerbotsG also zwar erfüllen können, aber nicht erfüllen müssen, wobei überdies zutreffend auf das Erfordernis wenigstens bedingt vorsätzlicher Tatbegehung hingewiesen wurde (vgl erneut die Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z 8 StPO hinsichtlich des Beschwerdeführers Dr.H***).

Wenn der Angeklagte W*** vermeint, die Rechtsbelehrung hätte aus Anlaß seiner Verantwortung auch darauf eingehen müssen, daß ein Tatbildirrtum (wie er ihn behauptet habe) den Vorsatz ausschließe, übersieht er, daß Gegenstand der Rechtsbelehrung nur Rechtsumstände, nicht aber Fragen sein können, die sich aus dem Beweisverfahren - hier: aus der Verantwortung des Beschwerdeführers - ergeben und daß Instruktionen dieser Art der gemäß § 323 Abs. 2 StPO vom Vorsitzenden mit den Geschwornen abzuhaltenden (mündlichen) Besprechung vorbehalten sind (vgl Mayerhofer-Rieder aaO § 345 Z 8 Nr 14 und 15).

Seiner Rechtsüge (§ 345 Abs. 1 Z 11 lit a StPO) zuwider ist es keineswegs entscheidend, daß der als "Anordnung Nr 1/78" bezeichnete Entwurf von internen Vorschriften der "ANR" von deren Bundesführung nicht erörtert, geschweige denn in Kraft gesetzt worden ist, weil ein bestimmter Erfolg der Betätigung im nationalsozialistischen Sinne kein Tatbestandsmerkmal des § 3 g Abs. 1 VerbotsG darstellt.

Im übrigen sucht der Beschwerdeführer die Tatbestandsmäßigkeit des ihm im Wahrspruch angelasteten Verhaltens durch isolierte Beurteilung einzelner Formulierungen in Zweifel zu setzen. Eine solche Betrachtungsweise wird jedoch der (sich aus der gehäuften Bezugnahme auf nationalsozialistisches Gedankengut in der "Anordnung Nr 1/78" ergebenden) Einheitlichkeit des Tatgeschehens, bestehend in der Verflechtung von Antisemitismus, Verherrlichung eines "Führers des deutschen Volkes", Verankerung des Führerprinzips, Betonung des Primats der Bewegung und des deutschen Vaterlandes, militärischer Tendenz, Anlehnung an nationalsozialistische Organisationsformen und Bezeichnungen, nicht gerecht. Daraus, daß einzelne dieser Formulierungen - isoliert betrachtet - noch nicht als typische Betätigung im Geiste des Nationalsozialismus der in den Jahren 1938 bis 1945 in Österreich zur Auswirkung gelangten Prägung anzusehen wären, zumal sie auch anderen politischen Richtungen zugeschrieben werden könnten, ergibt sich solcherart keineswegs die Unrichtigkeit deren Gesamtbeurteilung in diesem Sinne durch den Wahrspruch. Nur ein aus dem Inhalt des Wahrspruchs selbst hervorgehender Rechtsirrtum der Geschwornen kann jedoch Gegenstand der Rechtsrüge nach § 345 Abs. 1 Z 11 lit a StPO sein (Mayerhofer-Rieder aaO § 345 Z 11 lit a Nr 1, 2, 5 und 7 bis 9).

Auch der auf die Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Rüge, die Hauptfrage X betreffe eine erfolglos gebliebene Bestimmung nach § 12 (zweite Täterschaftsform) StGB, welche nur als Versuch nach § 15 (Abs. 2, zweiter Fall) StGB strafbar sein könne, kommt keine Berechtigung zu. Denn tatbildlich nach § 3 g Abs. 1 VerbotsG ist jede dem Verbot, sich für die NSDAP oder deren Ziele irgendwie zu betätigen (§ 3 VerbotsG), zuwiderlaufende, nicht schon durch §§ 3 a bis 3 f VerbotsG erfaßte Betätigung im nationalsozialistischen Sinne (vgl EvBl 1979/154; EvBl 1972/238; RZ 1962, 251). Der nicht auf einen Erfolg abgestellte Begriff der "Betätigung" läßt es zu, jegliches ihm entsprechendes Verhalten, also auch das tätige Bemühen des Einzeltäters, die Führung einer Vereinigung zur Orientierung am nationalsozialistischen Gedankengut zu bestimmen, als vollendetes Delikt selbst dann anzusehen, wenn der von ihm gewünschte, zur Verwirklichung des Tatbildes gar nicht erforderliche Erfolg nicht eintritt. Die im Wahrspruch dem Angeklagten W*** zur Last gelegte Aktivität zum Zweck einer Orientierung der ANR an nationalsozialistischem Gedankengut wurde daher zutreffend als vollendetes Verbrechen nach dieser Gesetzesstelle beurteilt.

Es kommt daher auch der Beschwerde dieses Angeklagten keine Berechtigung zu.

Zur Beschwerde des Gottfried Heinrich K***:

Als Verbrechen im Sinne des § 3 g Abs. 1 VerbotsG werden diesem Angeklagten Aktivitäten in der unter der Bezeichnung "Aktion neue Rechte - ANR" auftretenden und unter dieser Benennung sowohl als Verein als auch als politischer Partei konstituierten Vereinigung sowie als Aktivist der "AUS - Ausländer Halt-Bewegung" zur Last gelegt. Als Aktivist der ANR und Leiter der Basisgruppe Nordwest hat er - dem Schuldspruch A/AA/I/1 zufolge - mit dem Angeklagten Dr.H*** im Juni 1976 in Wien im Flugblatt "Der Nordwest-Aktivist" für das Druckwerk mit dem Titel: "Historische Tatsache Nr 1 - Starben wirklich 6 Millionen? - Endlich die Wahrheit", mit einem Aufruf werben lassen, der jedem an der "alliierten Propaganda über die angebliche Judenverfolgung" Interessierten den Erwerb der Broschüre gegen Überweisung eines Unkostenbeitrags auf ein Konto mit dem Kennwort "Sechs-Millionen-Lüge" empfahl, sowie ferner (laut Punkt A/AA/II/3 des Urteilstenors) mit Dr.Martin N*** und Dr.Hermann P*** im Jahre 1979 in Niederösterreich der paramilitärischen Ausbildung dienende gemeinsame Geländeübungen von Sympathisanten der "ANR" und der Gruppe aus dem 9. Wiener Gemeindebezirk abgehalten, wobei er die allgemein aus Tarn- und Drillichanzügen bestehende Uniformierung für seine Person durch eine Schirmkappe mit Totenkopfsymbol ergänzt hatte. Die ihm angelastete Tätigkeit im Rahmen der "Ausländer-Halt-Bewegung" (zufolge dem Schuldspruch A/CC/II) ab Ende des Jahres 1981 bis einschließlich der ersten Jahreshälfte 1983 in Wien bestand in gezielter Indoktrination von Jugendlichen, insbesondere von Fußballfans dieser Altersgruppe, um sie für die Formierung einer an nationalsozialistischem Gedankengut orientierten Gruppe zu gewinnen.

Mit seinem einleitenden, Urteilsnichtigkeit wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit des Verbotsgesetzes behauptenden Vorbringen führt der Angeklagte K*** die Nichtigkeitsbeschwerde nicht gesetzmäßig aus: Gemäß Art 89 Abs. 1 B-VG steht die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze den Gerichten grundsätzlich nicht zu; die Anwendung einer gehörig kundgemachten strafgesetzlichen Vorschrift durch ein Erstgericht kann mithin grundsätzlich keinen materiellen Nichtigkeitsgrund herstellen.

Soweit der Beschwerdeführer aber in diesem Zusammenhang ein Vorgehen des Obersten Gerichtshofes nach Art 89 Abs. 2 B-VG anregt - für einen Antrag fehlt ihm die formelle Legitimation; vgl EvBl 1980/191 - genügt es ihm zu erwidern, daß sich der Senat hiezu nicht veranlaßt sah.

In seinen - sachlich als Verfahrensrüge nach § 345 Abs. 1 Z 5 StPO zu beurteilenden - auf die "Ablehnung" des Sachverständigen für Zeitgeschichte Univ.Doz. Dr.J*** durch einen Teil der Mitangeklagten (Band XX, S 398 bis 404; vgl Band XX, S 441 bis 443) bezugnehmenden Ausführungen übersieht der Angeklagte K***, daß er selbst sich den betreffenden Prozeßerklärungen der Mitangeklagten nicht angeschlossen (Band XX, S 402), deren Vorbringen also nicht zu seinem eigenen gemacht hat. Demzufolge kann er sich auch im Rechtsmittelverfahren nicht hierauf berufen; soweit e

Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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