TE OGH 1986/6/26 12Os53/86

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Veröffentlicht am 26.06.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Juni 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger (Berichterstatter), Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann K*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 22.Februar 1985, GZ 21 Vr 2542/83-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug als Vertreter der Generalprokuratur, des Angeklagten Johann K*** und des Verteidigers Dr. Lechenauer zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 362 StPO wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Angeklagte wird mit seinen Rechtsmitteln auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann K*** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt, weil er Ende November 1982 in Zell unter dem Aichelberg/BRD den Friedrich R*** unter der Vorgabe, ein redlicher, zahlungsfähiger und zahlungswilliger Automieter zu sein, und unter Verschweigung des Umstandes, daß gegen ihn in Österreich ein Konkursverfahren anhängig war, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur mietweisen Überlassung eines PKWs VW-Polo verleitet hat, wodurch Friedrich R*** infolge Nichtbezahlung der Mietwagenkosten an seinem Vermögen einen 100.000 S übersteigenden Schaden in der Höhe von 22.302,57 DM erlitten hat.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Johann K*** mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch sowie die Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche werden mit Berufung angefochten.

Rechtliche Beurteilung

Nach der öffentlichen Verhandlung über die Nichtigkeitsbeschwerde haben sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Urteil zugrundeliegenden Tatsachen ergeben, die auch nicht durch einzelne vom Obersten Gerichtshof etwa angeordnete Erhebungen zu beseitigen gewesen wären (§ 362 Abs. 1 StPO). Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen gründete der Angeklagte im Mai 1979 in Annaberg, Salzburg, ein Holzschlägerungsunternehmen mit dem er jedoch nur Verluste erwirtschaftete, sodaß er am 13.Oktober 1982 beim Landesgericht Salzburg den Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahren stellte und über sein Vermögen in der Folge am 4.November 1982 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Der Angeklagte setzte auch nach Eröffnung des Konkursverfahrens seine Tätigkeit als Holzakkordant in der BRD fort. Als er am 23.November 1982 mit seinem PKW Marke Mercedes 230 auf der Fahrt nach Österreich in der BRD auf der Autobahn eine Panne hatte, ließ er das Fahrzeug von der Firma R*** Ges.m.b.H. in Zell unter dem Aichelberg abschleppen und nahm sich noch am gleichen Tage für die Dauer der Reparatur einen Leihwagen der Marke VW-Polo. Nach Beendigung der Reparatur an seinem PKW Mercedes wurde dem Angeklagten am 11.Dezember 1982 die Höhe der Rechnung (7.500 DM) telefonisch durchgegeben. Der Angeklagte behielt jedoch diesen VW-Polo weiterhin und kümmerte sich nicht um die Bezahlung der Reparaturkosten, sodaß dieser PKW Marke Mercedes zur Hereinbringung der Reparaturkosten über Antrag der Fa. R*** versteigert, wobei ein Erlös von 5.000 DM erzielt wurde. Erst am 13. Juli 1983 konnte das angemietete Fahrzeug in Annaberg sichergestellt und der Firma R*** zurückgegeben werden. Für diesen Zeitraum hätte der Angeklagte an Mietkosten (Kilometergeld und Tagegeld) einen Betrag von 22.302 DM bezahlen müssen. Wiederholte Mahnungen der Fa. R*** blieben erfolglos; der Angeklagte hatte auch angeboten, diesen VW-Polo um 13.000 DM zu kaufen, bezahlte in der Folge aber weder die Mietwagenkosten noch den genannten Kaufpreis. Das Konto des Angeklagten bei der V*** BAD R*** hatte in der Zeit vom 20.November 1981 bis Dezember 1982 stets einen Schuldenstand von mehr als 10.000 DM.

Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß der Angeklagte bei Anmietung des PKWs ernstlich für möglich gehalten hat, daß er die Mietwagenkosten nicht werde bezahlen können und sich mit der Schädigung der Fa. R*** abfand. Die Annahme dieses bedingten Schädigungsvorsatzes begründete es damit, daß der Beschwerdeführer zur Zeit der Anmietung des Fahrzeuges zahlungsunfähig war, keine größeren Einkünfte aus seiner Tätigkeit in der BRD, welche vom Konkursverfahren nicht betroffen war, zu erwarten hatte, das in Österreich anhängige Konkursverfahren verschwieg und keine Anzahlung bei Anmietung des Fahrzeuges leistete (S 219).

Diese Begründung vermag zwar im Regelfalle für die Annahme eines im Zeitpunkt der Anmietung gegebenen (bedingten) Vorsatzes hinreichen, doch hätte es im vorliegenden Falle einer näheren Erörterung bedurft, daß der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt über ein Fahrzeug verfügte und nur aufgrund eines unvorhergesehenen Defekts bei jenem Mechaniker, bei welchem er dieses Fahrzeug reparieren ließ, einen PKW - wie das Erstgericht ausdrücklich feststellte - nur für die Dauer der Reparatur mietete und daß sich - aus dem Blickwinkel des Angeklagten gesehen - für diese vorgesehene Mietdauer der PKW Mercedes des Angeklagten beim Vermieter befand, somit für diesen ein entsprechendes Äquivalent vorhanden war, wobei auch auf den Wert dieses Fahrzeugs einzugehen gewesen wäre. Alle diese - sich teils aus der Aktenlage, teils aus den Feststellungen des Erstgerichtes sich ergebenden - Umstände lassen jedenfalls die Annahme eines Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Antrages als zumindest zweifelhaft erscheinen. Denn es kann nach Lage des Falles ohne detailliertes Eingehen auf die erwähnten Umstände nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß sich die Notwendigkeit, das Auto weiter zu benützen, erst nach erfolgter Anmietung ergab, somit der Vorsatz, das Auto weiter ohne Bezahlung der entsprechenden Kosten zu benützen, im Nachhinein gefaßt wurde, was im Ergebnis einen Betrug ausschließen würde. Für die Annahme der (allenfalls möglichen) späteren Zueignung des Fahrzeuges im Sinne des § 133 StGB mit allen möglichen Konsequenzen fehlt es derzeit an jeglicher Feststellungsgrundlage.

Zur Klärung dieser Fragen war daher im außerordentlichen Verfahren die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugunsten des Angeklagten zu verfügen.

Dieser war mit seinen Rechtsmitteln auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E09098

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00053.86.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19860626_OGH0002_0120OS00053_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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