TE OGH 1986/7/3 14Ob84/86

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Veröffentlicht am 03.07.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dr. Martin Mayr und Dr. Walter Geppert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef W***, Kraftfahrer, Krems, Mondlgasse 3, vertreten durch Dr. Kurt Strizik, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagte Partei Manfred S***, Kraftfahrer, Ebensee, Bleichstattgasse 1, vertreten durch Dr. Dieter Wille, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen restl. S 73.836,40 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Wels als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. September 1985, GZ 17 Cg 16/84-41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Bad Ischl vom 29. November 1983, GZ Cr 77/83-10, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.597,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.200,-- Barauslagen und S 308,85 Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte vom Beklagten die Zahlung eines restlichen Lohns von S 144.450,-- sA mit der Behauptung, er sei beim ihm vom 21. Oktober 1982 bis 29.März 1983 als Kraftfahrer in Saudiarabien beschäftigt gewesen. Die Parteien hätten einen monatlichen Grundlohn von S 8.000,-- und zusätzlich einen Tageslohn von S 1.150,-- vereinbart. Dem Kläger stehe aus diesem Arbeitsverhältnis ein Entgelt von insgesamt S 229.450,-- (einschließlich je S 4.000,-- an Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Urlaubsentschädigung) zu. Er habe vom Beklagten nur Akontozahlungen von S 85.000,-- erhalten, so daß ihm noch ein restlicher Entgeltanspruch in der Höhe des Klagsbetrages zustehe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete den Mangel der passiven Klagslegitimation ein. Der Kläger sei bei der D*** T*** mbH (in Hinkunft kurz Fa.D*** genannt) und nicht bei ihm beschäftigt gewesen. Die Klagsforderung sei auch der Höhe nach nicht berechtigt, weil der Kläger nach dem Wissen des Beklagten nur einen Betrag von etwa S 74.000,-- zu bekommen habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es nahm ein Arbeitsverhältnis zwischen den Streitteilen sowie einen noch aushaftenden Entgeltanspruch in der Höhe des Klagsbetrages an. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung teilweise ab. Es bestätigte den Zuspruch eines Teilbetrages von S 73.836,40 sA, wies aber das Mehrbegehren von S 70.613,60 sA (insoweit unbekämpft) ab. Die zweite Instanz führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf folgende noch wesentliche Feststellungen:

Der Kläger trat Ende Juni 1982 als Kraftfahrer in die Dienste der Firma D*** ein und arbeitete zunächst in Österreich. Ab Mitte Juli 1982 führte er Fahrten für seine Arbeitgeberin in Saudiarabien aus. Die Partner dieses Arbeitsvertrages hatten ein in Österreich auszuzahlendes monatliches Fixum von S 8.000,-- sowie ein weiteres in Saudiarabien auszuzahlendes monatliches Entgelt von S 35.000,-- netto vereinbart. Infolge einer ungünstigen Geschäftsentwicklung hatten die LKW-Fahrer oft keine Arbeit; die in Saudiarabien auszuzahlenden Entgeltbeträge wurden teils schleppend, teils gar nicht gezahlt.

Der Beklagte war Fuhrparkleiter und Disponent der Firma D*** in Dammam. Er beabsichtigte, in Saudiarabien selbständig im Transportgeschäft tätig zu werden, und vereinbarte mit seiner Arbeitgeberin, daß er zwei LKW-Züge anmieten und auf eigene Rechnung betreiben werde. Obwohl die Eigentümerin dieser LKW-Züge, welche diese Fahrzeuge an die Firma D*** verleast hatte, ihre Zustimmung verweigerte, betrieb der Beklagte im Herbst 1982 die beiden LKW-Züge bereits auf eigene Rechnung.

Am 20.Oktober 1982 kam es zwischen dem Kläger und Adolf S***, dem Geschäftsführer der Firma D***, bei einem Telefongespräch zu einer Auseinandersetzung über die schleppende Entgeltzahlung und in deren Verlauf zu einer (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Der Beklagte, der dieses Gespräch mitverfolgt hatte, bot dem Kläger mit den Worten "wenn Du willst, kannst Du für mich fahren" an, für ihn zu arbeiten. Der Kläger willigte in dieses Anbot ein. Beide Prozeßparteien gingen davon aus, daß die Entgeltvereinbarung, die der Kläger mit seiner ehemaligen Arbeitgeberin getroffen hatte, auch für das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis gelten solle. Der Kläger gab am nächsten Tag den LKW-Zug, mit dem er bisher gefahren war, ab und übernahm einen jener (beiden) LKW-Züge, die auf Rechnung des Beklagten betrieben wurden. Er wurde am 21.Oktober 1982 in Österreich bei der Krankenkasse als Kraftfahrer angemeldet; die Anmeldung trug als Bezeichnung des Arbeitgebers den Abdruck der Firmenstampiglie: "S*** Transport-Vermittlung".

Der Beklagte flog am 19.Dezember 1982 nach Österreich, wogegen der Kläger in Saudiarabien blieb und Aufträge durchführte, die ihm vom arabischen Sponsor des Beklagten erteilt wurden. Der Beklagte hatte den Kläger vor seinem Abflug auf diese Vorgangsweise hingewiesen.

Im März 1983 begab sich der Beklagte wieder nach Saudiarabien. Der vom Kläger gelenkte LKW-Zug wurde am 21.März 1983 vom Geschäftsführer des Eigentümers in Verwahrung genommen, weil der mit der Firma D*** abgeschlossene Leasingvertrag mit Jahresende abgelaufen war. An diesem Tag kam es auch zur Beendigung des zwischen den Prozeßparteien abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses. Der Kläger hatte vom Beklagten in der Zeit vom 21.Oktober 1982 bis 20. März 1983 lediglich Akontozahlungen in der Höhe von insgesamt S 85.000,-- bis zum Dezember 1982 erhalten.

Der Kläger erstellte eine mit 27.März 1983 datierte Abrechnung über seine offenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien. Er bezifferte diese mit 23.086 Saudi Rial; davon zog er einen erhaltenen Betrag von 7.862 Saudi Rial ab, so daß ein Guthaben zu seinen Gunsten von 15.224 Saudi Rial verblieb. Dieser Betrag entsprich S 73.836,40. Die Berechnungsweise wurde vom Kläger schriftlich festgehalten. Er fügte die Worte bei: "Bekomme von Herrn S*** 15.224 Saudi Rial; S 73.836,40". Diese Urkunde wurde sodann vom Beklagten unterfertigt. Der Kläger fügte später, ohne daß darüber eine Vereinbarung getroffen worden wäre, folgenden Zusatz in die Urkunde ein: "S + 4.000,-- Urlaubsgeld; + S 4.000,-- Weihnachtsgeld". Er hielt ferner die Anschrift und die Telefonnummer des Beklagten in der Urkunde fest.

Am 13.April 1983 unterfertigte die Ehefrau des Beklagten, Elisabeth S***, eine Arbeitsbestätigung, wonach der Kläger in der Zeit vom 21.Oktober 1982 bis 22.Februar 1983 als Kraftfahrer mit einer monatlichen Entlohnung von S 12.000,-- beschäftigt gewesen und das Arbeitsverhältnis wegen Firmenauflösung beendet worden sei. Als Arbeitgeber wurde die Firma S***-Transportvermittlung, Ebensee, angeführt.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß auf das Arbeitsverhältnis der Prozeßparteien wegen des von beiden Parteien zugestandenen Fehlens einer ausdrücklichen Wahl des österreichischen Rechts und der ausschließlichen Tätigkeit des Klägers im Ausland gemäß dem § 44 Abs 1 IPRG das in Saudiarabien geltende islamische Scheriatsrecht anzuwenden sei. Da dieses Recht für den Bereich des Arbeitsrechts keine Regelungen treffe, sei die königliche Verordnung vom 15.November 1969, Zl M/21, anzuwenden. Deren Bestimmungen, besonders den Artikeln 70 bis 80 dieser Verordnung, könne entnommen werden, daß das saudiarabische Arbeitsrecht vom Grundsatz "pacta sunt servanda" getragen sei, soweit nicht gegen zwingendes saudiarabisches Recht verstoßen werde. Die Verordnung enthalte keinen Hinweis darauf, daß der Abschluß eines Vergleichs über das dem Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch zustehende Entgelt unzulässig wäre. Es sei somit davon auszugehen, daß der Kläger nach dem Inhalt der Vereinbarung vom 27.März 1983 zur Abgeltung aller noch aus dem Arbeitsverhältnis offenen Entgeltforderungen den Betrag von S 73.836,40 vom Beklagten zu bekommen habe.

Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, allenfalls es im klagsabweisenden Sinn abzuändern. Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Frage der Anwendung des ausländischen Rechts wurde vom Berufungsgericht richtig gelöst. Da dessen Ausführungen überdies in der Revision nicht bekämpft werden, genügt es, auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichts zu verweisen. Diese ist noch dahin zu ergänzen, daß für den Beklagten selbst für den - vom Berufungsgericht nicht erörterten - Fall, daß das saudiarabische Recht auf österreichisches Recht zurückverweisen sollte (nach dem § 5 Abs 1 IPRG umfaßt die Verweisung auf eine fremde Rechtsordnung, hier § 44 IPRG, auch deren Verweisungsnormen) nichts gewonnen wäre, weil nach österreichischem Recht die Vereinbarung der Parteien vom 27. März 1983 als ein Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB zu qualifizieren wäre, der den Beklagten als Arbeitgeber des Klägers zur Zahlung des Vergleichsbetrages verpflichten würde. Der in der Rechtsrüge vertretenen Auffassung, die vom Berufungsgericht "festgestellte" Anmeldung des Klägers im Vermittlungsbüro der Ehefrau des Beklagten stehe der Annahme einer Verpflichtung des Beklagten aus der Vereinbarung vom 27.März 1983 entgegen, kann nicht zugestimmt werden. Der Beklagte brachte vor den Untergerichten nur vor, der Kläger sei nicht sein Arbeitnehmer, sondern jener der Firma D*** gewesen; daß der Kläger Arbeitnehmer eines Vermittlungsbüros seiner (des Beklagten) Ehefrau gewesen sei, wurde von ihm nicht behauptet. Die bloße Anmeldung des Klägers bei der österreichischen Krankenkasse durch Elisabeth S*** ist aber auf den Bestand des festgestellten Arbeitsverhältnisses der Prozeßparteien und auf die ebenfalls festgestellte Zusage des Beklagten, den Klagsbetrag an den Kläger zu zahlen, ohne Einfluß. Der Beklagte hat in den Vorinstanzen den Bestand der nun zugesprochenen Forderung des Klägers von rund S 74.000,-- auch der Höhe nach nicht bestritten; er hat lediglich seine Passivlegitimation in Abrede gestellt und behauptet, die Firma D*** sei als Arbeitgeber des Klägers zur Zahlung dieses Betrages verpflichtet. Da sich dieser Einwand als unrichtig erwies und der Beklagte sich zur Zahlung des Betrages von S 73.836,40 sA als restliches Arbeitsentgelt an den Kläger verpflichtete nachdem er vorher monatelang die Dienste des Klägers in Anspruch genommen hatte, steht die Klagsforderung in diesem Umfang (auch) nach saudiarabischem Recht zu.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E08413

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00084.86.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19860703_OGH0002_0140OB00084_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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