TE OGH 1986/8/14 12Os99/86

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Veröffentlicht am 14.08.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.August 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Dimitrios H*** wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9. April 1986, GZ 29 Vr 498/86-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dimitrios H*** des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB (I des Urteilsspruches) und des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs. 1 StGB (II des Urteilsspruches) schuldig gesprochen, weil er am 10.September 1985 in St. Johann in Tirol Luz M***-R*** mit

Gewalt

I) außer dem Fall der Notzucht zum außerehelichen Beischlaf

genötigt hat, indem er sie gegen ihren Willen in Rückenlage auf ein Sofa drückte, sie an den Händen festhielt und mit seinem Glied in ihre Scheide eindrang,

II) außer den Fällen des §§ 201 bis 203 StGB zur Unzucht nötigte, indem er ihr die Arme auf den Rücken bog, sie auf ein Bett drückte und an ihr den Analverkehr durchführte.

Der Schuldspruch wird vom Angeklagten mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4 und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Strafausspruch mit Berufung angefochten.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, daß durch die Nichterledigung des schriftlich gestellten Beweisantrages vom 1.April 1986 auf Vernehmung des Zeugen Eduard R. F*** Verteidigungsrechte des Angeklagten beeinträchtigt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO setzt jedoch voraus, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde. Auf einen Antrag der vor der Hauptverhandlung überreicht, in der Hauptverhandlung aber nach Inhalt der Verhandlungsschrift nicht wiederholt wurde, kann daher dieser Nichtigkeitsgrund nicht gestützt werden (Mayerhofer-Rieder 2 § 281 Z 4 StPO E 1).

Weil im vorliegenden Fall in der Hauptverhandlung der relevierte Beweisantrag nicht gestellt wurde (ON 21) - der schriftliche Beweisantrag (ON 19) wurde in der Hauptverhandlung nicht wiederholt - wird der angerufene Nichtigkeitsgrund nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Ziffernmäßig gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO rügt der Angeklagte, daß die Aussagen der Zeugen Ernst M***-R*** und Maria A***, die das Erstgericht zur Begründung seiner

Beweiswürdigung mit herangezogen habe, nicht für die Glaubwürdigkeit der den Urteilsfeststellungen zugrundegelegten Aussagen der Zeugin Luz M***-R*** spreche, denn die Zeugin Maria A*** habe selbst zugegeben, daß sie sich aufgrund von Sprachschwierigkeiten mit der Belastungszeugin Luz M***-R*** nicht zweifelsfrei verständigen konnte, Ernst M***-R*** hinwieder konnte den Tag - nach seiner Aussage ein Montag - an dem ihm seine Frau von dem Vorfall erzählte, nicht näher bezeichnen. Die Glaubwürdigkeit der Tatzeugin Luz M***-R*** schließlich sei nur unzureichend mit dem glaubwürdigen und verläßlichen persönlichen Eindruck begründet worden.

Mit diesen Ausführungen versucht der Beschwerdeführer tatsächlich nur in einer im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Urteile des Schöffengerichtes unzulässigen Weise die Beweiswürdigung des Gerichtes anzufechten - das sich sehr ausführlich mit der Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin Luz M***-R*** auseinandergesetzt hat (S 125 ff), ohne logische Begründungsmängel des Urteils dartun zu können. Auch die Ausführungen in der Beschwerde gegen die Begründung des Urteils, warum der Verantwortung des Angeklagten kein Glauben geschenkt wurde, richtet sich im Ergebnis nur gegen die unanfechtbare Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Denn es wird nur der Versuch unternommen, auszuführen, daß auch andere als die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse aus den Beweisergebnissen gezogen hätten werden können, ohne darzulegen, aus welchen Erwägungen die vom Erstgericht ausführlich gegebene Begründung der Unglaubwürdigkeit der Verantwortung des Angeklagten den Gesetzen der Logik widersprechen sollte.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem angeführten Nichtigkeitsgrund noch bemängelt, daß die Aussage der Zeugin Maria A*** im Vorverfahren (ON 19) in der Hauptverhandlung verlesen wurde, obwohl die Voraussetzungen des § 252 Abs. 1 Z 1 StPO nicht vorlagen, führt er ebenfalls den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht dem Gesetz gemäß aus, denn ein (behaupteter) Verstoß gegen § 252 StPO steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (Mayerhofer-Rieder aaO § 252 StPO E 125). Mangels eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf persönliche Einvernahme der Zeugin Maria A*** - der gemäß § 252 StPO erfolgten Verlesung der Aussage dieser Zeugin in der Hauptverhandlung (S 114) wurde nicht widersprochen - liegt schon aus diesem Grund kein Verfahrensmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO vor.

Die nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO sofort zurückzuweisen.

In sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs. 6 StPO waren die Akten zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten dem Oberlandesgericht Innsbruck zuzuleiten.

Anmerkung

E08841

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00099.86.0814.000

Dokumentnummer

JJT_19860814_OGH0002_0120OS00099_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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