TE OGH 1986/8/21 12Os121/86

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Veröffentlicht am 21.08.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.August 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Eduard M*** wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 28. Mai 1986, GZ 22 Vr 5086/85-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Eduard M*** des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 3.April 1984 in Innsbruck vordem Exekutionsgericht anläßlich der Ablegung des offenbarungseides zu 7 c E 8751/83 durch die eidliche Angabe freiberuflich als Kunst- und Werbegraphiker tätig zu sein und ca. 6.000 bis 7.000 S Einkommen zu haben, wobei er verschiweg, daß er beim Malermeister Otto S*** als Malergeselle beschäftigt war und dort ein wöchentliches Nettogehalt von 2.274 S zuzüglich Spesen bezog, einen in den Gesetzen vorgesehenen Eid vor Gericht falsch geschworen hat.

Der Schuldspruch wird vom Angeklagten mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4 und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Strafausspruch vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft mit Berufung angefochten.

Als Verfahrensmangel im Sinne des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes rügt der Angeklagte die Abweisung seines in der Hauptverhandlung am 28.Mai 1986 gestellten Antrages auf Einvernahme der Gerichtsbediensteten, die das Protokoll vom 3.April 1984 schrieb sowie des Zeugen Dr. G***, Richter des Bezirksgerichtes Innsbruck, zum Beweis dafür, daß der Angeklagte einen Eid gar nicht abgelegt hat (S 100). Dieser Antrag wurde vom Erstgericht mit der Begründung abgewiesen, daß erwiesen sei, daß der Angeklagte das Eidesformular unterschrieben hat und dies zur Tatbestandsmäßigkeit genüge (S 101). Ergänzend wird in der Urteilsbegründung dazu noch ausgeführt, daß der Einwand des Angeklagten, er habe einen Eid nicht abgelegt (Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung S 99) sei unerheblich, zumal es feststehe, daß der Angeklagte das (sogenannte) Eidesformular unterschrieben hat. Aus dem Inhalt des Formulars aber gehe hervor, daß der Angeklagte den Eid vor einem Richter abgelegt hag (S 112).

Rechtliche Beurteilung

Durch die Abweisung des Beweisantrages wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten verletzt. Die in der Begründung des Abweisungsbeschlusses ausgesprochene Rechtsansicht, daß die Unterfertigung des Eidesvormerkes zur Erfüllung des Tatbestandes genüge, ist unrichtig. Nach § 288 Abs. 2 StGB macht sich vielmehr unter anderem des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht schuldig, wer einen in den Gesetzen vorgesehenen Eid (§ 47 EO) vor Gericht falsch schwört. Es genügt somit nicht die Unterfertigung des Vermögensverzeichnisses und des Protokolls über die öffentliche Tagsatzung zur Leistung des Offenbarungseides. Strafbar ist nur der vor dem Richter abgelegte falsche Eid (vgl. Leukauf-Steininger 2 § 288 StGB RN 18, 23, 24 und 25). Mit der im Urteil nachgetragenen Begründung, aus dem Formular gehe hervor, daß der Angeklagte den Eid vor einem Richter abgelegt hat, verstößt das Erstgericht gegen das Verbot vorgreifender Beweiswürdigung. Denn der Beweisantrag zielte auf den Nachweis ab, daß der Angeklagte keinen Eid vor einem Richter abgelegt hat, also auf die Widerlegung der Richtigkeit des Protokolls über die Eidestagsatzung. Bei dieser Sachlage konnte keineswegs von vornherein ausgeschlossen werden, daß die Vernehmung der beantragten Zeugen und zwar des Richters und der Schriftführerin, die bei der Tagsatzung als anwesend angeführt waren, verwertbare Ergebnisse bringen werden. Erst nach Vernehmung der genannten Zeugen wäre das Gericht in der Lage, unter Würdigung aller Beweisergebnisse zu beurteilen, ob der Angeklagte vor Gericht einen Eid abgelegt hat oder nicht.

Ohne daß auf den weiters geltend gemachten Begründungsmangel des Urteils (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) eingegangen werden mußte, war der Nichtigkeitsbeschwerde sofort Folge zu geben und das angefochtene Urteil aufzuheben, weil sich bereits in der nichtöffentlichen Beratung gezeigt hat, daß wegen des vorliegenden Verfahrensmangels die Anberaumung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidbar ist (§ 285 e StPO).

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und der Staatsanwalt auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E08839

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00121.86.0821.000

Dokumentnummer

JJT_19860821_OGH0002_0120OS00121_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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