TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/14 2004/06/0229

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Veröffentlicht am 14.07.2005
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde 1. der JK jun., 2. der JK sen., beide in G, beide vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in 8530 Deutschlandsberg, Kirchengasse 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. November 2004, Zl. FA13B-12.10 F 145-04/4, betreffend Antrag auf Baueinstellung bzw. auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages (mitbeteiligte Parteien: 1. WN in G;

2. Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit einem Schreiben vom Juni 2003 beantragten die Beschwerdeführerinnen durch ihren damaligen Vertreter die Einstellung des Betriebes der Biogasanlage des W.N. auf dem westlich von ihrem Grundstück gelegenen Grundstück LN 1168, EZ 67, KG P., zu veranlassen sowie hinsichtlich dieser Anlage und der gelagerten Biotonnen auf den Grundstücken der EZ 67, KG P., einen Beseitigungsauftrag zu erlassen.

In der Folge erging folgende Erledigung des Bürgermeisters

der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. Juli 2003:

"Sehr geehrter Dr. O...!

Nach Ansicht der Marktgemeinde G sind die oben angesprochenen Bewilligungen bereits seit Jahren rechtskräftig erteilt, sodass von Seiten der Baubehörde kein Handlungsbedarf besteht.

Die Bauverhandlung wurde öffentlich und ortsüblich kundgetan und Frau J... K..., wohnhaft 8522 P...straße 13, als Nachbarin per Rsb (Quittung vom 02.04.1998) ordnungsgemäß geladen.

     Wie aus der Verhandlungsschrift vom 16.04.1998 hervorgeht,

waren jedoch weder Frau J... K... sen., noch Frau J... K... jun.

zur Ortsverhandlung erschienen, obwohl beide vom Bauvorhaben W...

N... Kenntnis gehabt haben mussten.

Sowohl der Baubescheid vom 07.05.1998, Zl. ..., als auch der Endbescheid (Benützungsbewilligung) vom 29.03.1999, Zl. ..., sind in Rechtskraft erwachsen.

Unabhängig davon ist ein entsprechendes Verfahren bei der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg eingeleitet worden.

Mit freundlichen Grüßen

Der Bürgermeister" (es folgt die Unterschrift).

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerinnen hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 9. August 2004 mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerinnen wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung, die nicht als Bescheid bezeichnet sei, im Zweifel zu verneinen sei (Hinweis auf den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A). Im Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde komme kein normativer Charakter zum Ausdruck, zumal in diesem Schreiben lediglich eine "Ansicht" der Marktgemeinde mitgeteilt werde. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müsse sich der normative Inhalt auch aus der Form der Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen könnten nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Dem zufolge habe die Berufungsbehörde die eingebrachte Berufung gegen die Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. Juli 2003 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Aus verfahrensökonomischen Gründen werde darauf hingewiesen, dass hinsichtlich des ursprünglich am 18. Juni 2003 von den Beschwerdeführerinnen gestellten Antrages noch eine bescheidmäßige Erledigung zu erfolgen habe.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in dem hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, zum Ausdruck gebracht, dass das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter einer Erledigung unerheblich ist, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinn des § 58 Abs. 1 AVG 1950 gewertet werden. In jedem Fall aber, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist nach diesem Beschluss die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, nach der für sich allein gesehenen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich.

Wenn die Behörden im vorliegenden Fall die Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. Juli 2003 im Sinne dieser Judikatur nicht als Bescheid qualifiziert haben, kann ihnen nicht entgegen getreten werden. Insbesondere lässt ihr Inhalt, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, Zweifel darüber aufkommen, dass der Bürgermeister dabei bescheidmäßig entscheiden wollte. Die Formulierungen dieser Erledigung (vgl. insbesondere die Anrede "Sehr geehrter Dr. O...!" und die Abschlussfloskel "Mit freundlichen Grüßen" wie auch der übrige Inhalt lassen eine Deutung der Erledigung, dass ein normativer Abspruch vorgenommen wurde, nicht zu. Der Bürgermeister belehrte die Beschwerdeführerinnen vielmehr darüber, dass in der Angelegenheit eine mündliche Verhandlung stattgefunden hätte und rechtskräftige Bescheide erteilt worden seien, und teilte mit, dass für die Baubehörde kein Handlungsbedarf bestehe.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Juli 2005

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Baurecht Planungswesen Einhaltung der Formvorschriften

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004060229.X00

Im RIS seit

20.09.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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