TE OGH 1986/9/9 2Ob4/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Alfred S***, Maschinenbau- und Elektrotechniker, 5020 Salzburg, Bayerhamerstraße 27, vertreten durch Dr. Kurt Eckmair und Dr. Reinhard Neureiter, Rechtsanwälte in Wien, und der beigetretenen Nebenintervenienten 1.) Firma W*** & P*** AG, 1160 Wien, Odoakergasse 35, 2.) Josef D***, Monteur, 5071 Wals Nr. 274, beide vertreten durch Dr. Eugen Wiederkehr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1.) G*** W*** Versicherungsanstalt, 8011 Graz,

Herrengasse 18-20, 2.) Elfriede R***, Angestellte, 5112 Lamprechtshausen Nr. 292, beide vertreten durch Dr. Reinhold Glaser, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Zurückweisung der Nebenintervention, infolge Rekurses der Nebenintervenienten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 12.November 1984, GZ 1 R 264, 268/84-57, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 3.Februar 1980, GZ 4 Cg 315/83-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger wurde bei einem am 10. April 1980 erfolgten Verkehrsunfall als Insasse des von der Zweitbeklagten gelenkten und gehaltenen, bei der erstbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW schwer verletzt. Er stützt seine Schadenersatzansprüche im Leistungs- und Feststellungsbegehren auf die Bestimmungen des ABGB über die Verschuldenshaftung sowie die Bestimmungen des EKHG. Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung. Nicht die Zweitbeklagte, sondern Josef D*** habe mit einem von der Firma W*** & P*** AG, Wien, gehaltenen PKW den Unfall durch Mißachtung des Vorranges der Zweitbeklagten verschuldet. Josef D*** und die Firma W*** & P*** AG, Wien, traten dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers als Nebenintervenienten mit der Begründung bei, sie hätten ein rechtliches Interesse am Obsiegen des Klägers, weil sie "bei Verifikation der völlig haltlosen Einwendungen der beklagten Parteien hinsichtlich eines allfälligen Mitverschuldens des Josef D*** am Unfall regreßpflichtig wären" bzw. auch eine direkte Haftung gegenüber dem Kläger gegeben wäre. Die beklagten Parteien sprachen sich gegen die Zulässigkeit der Nebenintervention aus.

Das Erstgericht erklärte die Nebenintervention mit Beschluß vom 3. Dezember 1980 für zulässig und fällte nach Durchführung des Verfahrens sein Urteil auf der Grundlage eines Verschuldens der Zweitbeklagten am Unfall dahin, daß dem Kläger mit Ausnahme eines Schmerzengeldmehrbegehrens der Klagsbetrag zuerkannt und die solidarische Haftung der beklagten Parteien für die zukünftigen Unfallsfolgen, bei der erstbeklagten Partei eingeschränkt auf die Versicherungssumme, ausgesprochen wurde.

Das Gericht zweiter Instanz gab den vom Kläger und den beklagten Parteien erhobenen Berufungen in der Hauptsache nicht, dagegen dem Rekurs der beklagten Parteien gegen die Zulassung der beiden Nebenintervenienten Folge und wies deren Nebenintervention zurück; den erstgerichtlichen Kostenzuspruch an die Nebenintervenienten änderte es in eine Abweisung des Kostenersatzbegehrens ab. Es sprach aus, daß gegen sein Urteil "die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig", gegen den Zurückweisungsbeschluß aber gemäß § 528 Abs 2, § 502 Abs 4 Z 1 ZPO der Rekurs zulässig sei. Den Zurückweisungsbeschluß begründete es damit, daß der gegenständliche Rechtsstreit die Rechtssphäre der Nebenintervenienten nicht berühre und der Sachentscheidung über diesen Streit in einem Prozeß des Klägers oder der beklagten Parteien gegen die Nebenintervenienten weder eine Rechtskraft- noch Bindungswirkung zukomme. Das gegen einen Gesamtschuldner erwirkte Urteil wirke nicht gegen andere allfällige Gesamtschuldner, sodaß die später belangten Gesamtschuldner mit keiner Einwendung gegen den Bestand der Forderung präkludiert würden. Bei einer Schadenersatzpflicht mehrerer Gesamtschuldner könne je nach der Sachlage die nach § 1304 ABGB vorzunehmende Abwägung gegenüber den mehreren Schädigern verschieden ausfallen. Bei Inanspruchnahme nur eines von mehreren allfälligen Schädigern könne also nicht etwa über die Beurteilung der übrigen nach freier Überzeugung mitbefunden und daran eine Gesamtschau angeschlossen werden. Die Verurteilung der beklagten Parteien im vorliegenden Prozeß sage nichts über den Ausgang eines von ihnen gegen die Nebenintervenienten einzuleitenden Verfahrens aus, vielmehr müßten alle im vorliegenden Verfahren entschiedenen Rechtsfragen neuerlich aufgerollt werden. Das von den Nebenintervenienten dargelegte Interesse bedeute sohin nicht mehr als ein wirtschaftliches Interesse und reiche somit zur Begründung der Nebenintervention nicht aus.

Gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß erheben die Nebenintervenienten Rekurs mit dem Antrage auf Abänderung dahin, daß ihre Nebenintervention zugelassen und dem Kläger die Kosten dieser und des Rekursverfahrens auferlegt werden. Zur Begründung führen sie aus, das Rekursgericht habe ihr rechtliches Interesse an der Nebenintervention zu Unrecht verneint, weil der vorliegende Urteilsspruch für die Unfalls- und Verfahrensbeteiligten sowie ihren Haftpflichtversicherer Rechtswirkungen entfalte, die über das gegenständliche Verfahren hinausgingen. So seien nunmehr in einem von der Zweitbeklagten gegen die Nebenintervenienten eingeleiteten Rechtsstreit einverständlich die Beweisergebnisse des vorliegenden Verfahrens zugrundegelegt und dadurch Einsparungen erzielt worden, wodurch ihr rechtliches Interesse an der Nebenintervention erwiesen sei. Auch durch Ausübung des Fragerechtes trage ein Nebenintervenient zur erschöpfenden Behandlung des Prozeßstoffes bei. Es sei ihnen der Beweis gelungen, daß sie für die gegenständlichen Unfallsfolgen weder gegenüber dem Kläger noch gegenüber der Zweitbeklagten hafteten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Das berufungsgerichtliche Urteil wurde in der Hauptsache nicht angefochten und ist daher in Rechtskraft erwachsen. Durch das rechtskräftige Obsiegen des Klägers, welchem die Nebenintervenienten beigetreten waren, ist auch für sie jener Prozeßerfolg eingetreten, den sie durch ihre Intervention anstrebten. Der Klärung der Frage, ob sie ein rechtliches Interesse an der Nebenintervention hatten, kommt daher keine Bedeutung mehr zu. Ihre einzige Beschwer liegt in der sie belastenden Kostenentscheidung zweiter Instanz. Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Sinne bereits in seiner Entscheidung SZ 44/144 ausgesprochen, daß bei rechtskräftigem Obsiegen der Streitpartei, welcher der Nebenintervenient beitrat, von diesem die Frage, ob sein Beitritt zulässig gewesen wäre, in dritter Instanz nicht mehr aufgerollt werden kann und nur noch für die Kostenentscheidung von Bedeutung wäre, im Kostenpunkt aber gemäß § 528 Abs 1 (nunmehr Abs 1 Z 1) ZPO eine Anfechtung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig ist. Diese Rechtsansicht wurde auch in der Entscheidung 7 Ob 533/76 = EvBl. 1976/225 vertreten. Lediglich in dem Fall, daß das Berufungsgericht die Berufung mangels eines noch bestehenden rechtlichen Interesses des Nebenintervenienten zurückgewiesen hatte, wurde die Zulässigkeit eines Rekurses (§ 519 Z 1 a.F. ZPO) bejaht, weil das Berufungsgericht auch das Rechtsschutzinteresse des Nebenintervenienten hinsichtlich seiner erstinstanzlichen Verfahrenskosten hätte berücksichtigen müssen (EvBl. 1971/218). Aus den vom Obersten Gerichtshof behandelten ähnlichen Fällen läßt sich für die Nebenintervenienten nichts gewinnen. Die Entscheidung EvBl. 1964/86 = 6 Ob 770/63 bezieht sich auf einen ebenfalls die erstinstanzlichen Verfahrenskosten betreffenden rekursgerichtlichen Rückverweisungsbeschluß. In den Fällen der Entscheidung EvBl. 1960/292, 1 Ob 685/78, 3 Ob 651/79 und 5 Ob 773/80 handelte es sich im Unterschied zum hier vorliegenden Fall um noch laufende, also nicht rechtskräftig beendete Verfahren, die Entscheidung 8 Ob 226/76 schließlich hat sich ohne eigenständige Begründung auf die vorzitierten Entscheidungen EvBl. 1971/218 = 5 Ob 216/70 und 7 Ob 533/76 berufen.

Da die Nebenintervenienten hier also nur noch durch die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes beschwert sind, eine Anfechtung derselben somit aber gemäß § 528 Abs 1 Z 1 ZPO in dritter Instanz unzulässig ist, war ihr Rechtsmittel zurückzuweisen.

Anmerkung

E09003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00004.85.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19860909_OGH0002_0020OB00004_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten