TE OGH 1986/9/16 2Ob612/86

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Veröffentlicht am 16.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragsteller 1. Johann L***, Postbeamter, Loibersdorf 1, 4210 Unterweitersdorf, vertreten durch Dr. Adalbert Resch, Rechtsanwalt in Linz, und 2. Angela L***, Hausfrau, Bindergasse 16, 4230 Pregarten, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Erstantragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 26. März 1986, GZ. 13 R 42/86-42, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Freistadt vom 5. Dezember 1985, GZ. F 10/84-36, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Bestätigung des Punktes 1 des Beschlusses des Erstgerichtes wendet, zurückgewiesen.

Im übrigen, also hinsichtlich der Bestätigung des Punktes 2 sowie der Abänderung der Punkte 3 und 4 des erstgerichtlichen Beschlusses wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden insoweit dahin abgeändert, daß die Aufteilungsanträge zur Gänze, also auch hinsichtlich des auf dem Grundstück Nr.329 stehenden, im Jahre 1970 erbauten Wohnhauses samt einer Teilfläche aus dem umliegenden Gartengrundstück, zurückgewiesen werden.

Die Zweitantragstellerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller hatten schon vor der Eheschließung von den Eltern des Erstantragstellers das "Haslinger-Gut" EZ 83 KG Unterweitersdorf übergeben erhalten. Sie errichteten auf der je zur Hälfte in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft während ihrer Ehe ein neues, nicht ganz fertig gestelltes Wohnhaus, das ihnen als Ehewohnung diente. Der Erstantragsteller wohnt in diesem Wohnhaus, ist Postbeamter und bewirtschaftet (im Nebenerwerb) derzeit die Landwirtschaft. Die Zweitantragstellerin wohnt in einer Mietwohnung. Die Kinder der Antragsteller sind bereits selbsterhaltungsfähig und auf die Wohngelegenheit im gegenständlichen Haus nicht angewiesen. Jeder der Antragsteller begehrte, ihm die gesamte Liegenschaft ins Alleineigentum zu übertragen.

Das Erstgericht stellte in Punkt 1. seines Beschlusses fest, daß die Landwirtschaft EZ 83, KG Unterweitersdorf, mit Ausnahme des auf dem Grundstück Nr.329 stehenden, im Jahre 1970 errichteten Wohnhauses nicht der Aufteilung gemäß den §§ 81 ff EheG unterliege, und wies die sich darauf beziehende Antragstellung zurück. Mit Punkt 2. wies es dem Erstantragsteller das auf dem Grundstück 329 errichtete Wohnhaus samt einer Teilfläche aus dem umgebenden Gartengrundstück einschließlich aller darin befindlicher Fahrnisse ins Alleineigentum zu. In Punkt 3. wurde der Erstantragsteller schuldig erkannt, der Zweitantragstellerin eine Ausgleichszahlung von S 611.340,50 zu bezahlen. Mit Punkt 4. trug das Erstgericht der Zweitantragstellerin auf, allen Grundbuchshandlungen zur Übertragung der Teilfläche laut Punkt 2. an den Erstantragsteller ihre Zustimmung zu erteilen. Der Erstantragsteller wurde verpflichtet, der Pfandrechtseinverleibung zur Sicherung der Ausgleichszahlung zuzustimmen.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, das landwirtschaftliche Gut sei im Sinne des § 82 Abs.1 Z.1 EheG in die Ehe eingebracht worden und unterliege daher nicht der Aufteilung. Im übrigen handle es sich um ein Unternehmen, das auch gemäß § 82 Abs.1 Z.2 EheG der Aufteilung nicht unterliege. Der diesbezügliche Aufteilungsanspruch sei daher zurückzuweisen. Das neue Wohnhaus habe zwar auch der Bewirtschaftung der Landwirtschaft gedient und sei daher Teil des Unternehmens, es habe aber hauptsächlich das Wohnbedürfnis der Familie befriedigt und sei als Ehewohnung jedenfalls aufzuteilen. Da die Zweitantragstellerin eine Mietwohnung habe, sei sie zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses nicht auf das Wohnhaus angewiesen, weshalb dieses dem Erstantragsteller, dem es als Wohngelegenheit diene, zuzuweisen gewesen sei. Dies einerseits deshalb, weil der Erstantragsteller das Haus als Wohnung benötige, andererseits, weil die Zweitantragstellerin erklärt habe, sie verfüge über keine finanziellen Mittel, aus denen sie eine allfällige Ausgleichszahlung bestreiten könnte. Da das Haus, zu dessen Errichtung beide Antragsteller im gleichen Maß beigetragen hätten, einen Wert von S 1,222.681,-- habe, sei die Ausgleichszahlung mit der Hälfte dieses Betrages zu bemessen gewesen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Erstantragstellers teilweise Folge. Es bestätigte die Punkte 1. und 2. des erstgerichtlichen Beschlusses, änderte die Punkte 3. und 4. aber dahin ab, daß die Ausgleichszahlung mit S 550.000,-- festgesetzt wurde. Das Gericht zweiter Instanz erachtete, der landwirtschaftliche Betrieb sei unter Unternehmen, das nicht der Aufteilung unterliege, so daß dem Rekurs, soweit er sich gegen Punkt 1. wende, nicht Folge zu geben sei. Die Ehewohnung unterliege indes der Aufteilung. Es bestehe kein Anlaß, von der vom Erstgericht vorgenommenen Zuteilung des Hauses an den Erstantragsteller abzugehen, zumal weil die Zweitantragstellerin zu erkennen gegeben habe, daß sie auf die Zuweisung keinen Wert lege, weil sie ihr Wohnbedürfnis anderweitig befriedige und sie außerstande sei, eine Ausgleichszahlung aufzubringen. Als Ausgleichszahlung entspreche ein Betrag von S 500.000,-- der Billigkeit.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Erstantragstellers. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß ihm, Erstantragsteller, die gesamte Liegenschaft gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von max. S 550.000,-- übereignet werde, hilfsweise das Wohnhaus laut Punkt 2. des Beschlusses des Erstgerichtes gegen eine Ausgleichszahlung von max. S 200.000,--, allenfalls das Wohnhaus dem Erstantragsteller zu 60 % und der Zweitantragstellerin zu 40 % ins Eigentum zuzuweisen oder festzustellen, daß die gesamte Liegenschaft einschließlich des Wohnhauses nicht der Aufteilung unterliege. Die Zweitantragstellerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, soweit damit die Bestätigung des Punktes 1. des Beschlusses des Erstgerichtes bekämpft und die Zuteilung der gesamten Liegenschaft an den Erstantragsteller angestrebt wird, unzulässig. Die Vorschrift des § 232 Abs.1 erster Satz AußStrG ist nämlich nur auf Beschlüsse des Rekursgerichtes anzuwenden, die über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse entscheiden, also auf Entscheidungen über den Aufteilungsgegenstand, nicht aber auf andere Entscheidungen des Rekursgerichtes, die nicht über die Sache selbst ergehen, sondern bloß das Aufteilungsverfahren betreffen. Zu den zuletzt genannten Beschlüssen zählen auch verfahrensbeendende Entscheidungen, mit denen aus formellen Gründen nicht über die Sache selbst entschieden wird. (EvBl. 1980/52; JBl. 1981; 429; JBl.1981, 483; EvBl.1982/96; EFSlg. 44.794). Das Rekursgericht bestätigte den verfahrensbeendenden Beschluß des Erstgerichtes, mit dem der Aufteilungsantrag teilweise mit der Begründung zurückgewiesen wurde, daß er sich auf Gegenstände beziehe, die von der Aufteilung ausgenommen seien. Bei dem Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz, mit dem der Punkt 1. des erstgerichtlichen Beschlusses bestätigt wurde, handelt es sich daher nicht um eine Entscheidung über die Aufteilung, gegen die ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 232 Abs.1 AußStrG zulässig und eine Revisionsrekursbeantwortung gemäß § 231 AußStrG vorgesehen ist (EFSlg. 44.789). Das einseitige Rechtsmittel wäre nur im Fall einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung oder einer begangenen Nichtigkeit als außerordentlicher Revisionsrekurs nach § 16 Abs.1 AußStrG zulässig (JBl.1981, 483; EvBl.1982/96; 3 Ob 597/83). Die Rechtsmeinung der Vorinstanzen, auch ein landwirtschaftlicher Betrieb sei ein Unternehmen im Sinne des § 82 Abs.1 Z.3 EheG, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EFSlg.43.761 ua), ebenso, daß auch Kleinbetriebe der Aufteilung nicht unterliegen (EFSlg.46.343 ua). Ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 16 Abs.1 AußStrG liegt daher nicht vor, weshalb der Revisionsrekurs, soweit mit ihm die Bestätigung des Punktes 1. des Beschlusses des Erstgerichtes bekämpft wird, zurückzuweisen war. Im übrigen ist der Revisionsrekurs berechtigt.

Gemäß § 82 Abs.1 Z.3 EheG unterliegen Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, nicht der Aufteilung. Daß nach ständiger Rechtsprechung auch ein landwirtschaftlicher Betrieb ein Unternehmen in diesem Sinne ist und der Unternehmensgröße keine Bedeutung zukommt, wurde bereits oben dargelegt. Es besteht keinerlei Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Auch das auf der landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft befindliche neu errichtete Haus gehört zur Landwirtschaft. Bei Beurteilung der Frage, ob es als Ehewohnung trotzdem gemäß § 82 Abs.2 EheG der Aufteilung unterliegt, sind die in dieser Gesetzesstelle enthaltenen Worte "auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist" von Bedeutung. Der Wortlaut des Gesetzes erweckt zwar den Anschein, daß das Benützungsbedürfnis nur auf den Hausrat bezogen ist, der erkennende Senat schließt sich jedoch der in einer Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vertretenen Ansicht an, daß es sich um eine sprachliche Nachlässigkeit des Gesetzgebers handelt und die Ehewohnung von der Aufteilung nur dann gemäß § 82 EheG nicht ausgenommen ist, wenn ein Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist (EFSlg. 38.863, SZ 56/193; 1 Ob 698/85 ua, vgl. auch Schwind, Eherecht 2 318). Die Bestimmung des § 82 Abs.2 EheG hat nur zur Anwendung zu kommen, wenn vitale Fragen der Existenz auf dem Spiel stehen, also etwa eine länger dauernde Obdachlosigkeit drohen würde (SZ 57/193 ua; Schwind EheRecht 2 318). Die Zweitantragstellerin gesteht zu, auf die Benützung der Ehewohnung nicht angewiesen zu sein, weil sie eine andere Wohnung zur Verfügung hat. Der Erstantragsteller behauptete nicht, daß er die Ehewohnung zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses benötige. Er strebt wohl nach wie vor die Zuweisung der gesamten Liegenschaft an, räumt im Revisionsrekurs aber ein, daß er die Wohnung zwar zur Bewirtschaftung der Landwirtschaft benützen möchte, an ihr aber ohne Zuweisung der gesamten Landwirtschaft nicht interessiert zu sein und die Wohnung daher bloß zur Befriedigung seiner Wohnbedürfnisse nicht benötige. Somit unterliegt aus diesen Gründen auch das auf der landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft befindliche Haus nicht der Aufteilung, weshalb die Aufteilungsanträge der Parteien auch insoweit zurückgewiesen werden mußten.

Da die Zweitantragstellerin mit ihrem Antrag auf Bestätigung des angefochtenen Beschlusses nicht durchdrang, stehen ihr für die Revisionsrekursbeantwortung - auch soweit diese zulässig war - keine Kosten zu. Der Erstantragsteller verzeichnete keine Kosten.

Anmerkung

E09130

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00612.86.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19860916_OGH0002_0020OB00612_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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