TE OGH 1986/9/18 8Ob583/86

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Veröffentlicht am 18.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Christoph E***-S***, Student,

2371 Hinterbrühl, Obere Bachgasse 9, vertreten durch Dr. Rudolf Gimborn, Rechtsanwalt in Mödling, wider den Antragsgegner Dipl.Ing. Johann S***, Geschäftsführer, 2371 Hinterbrühl, Obere Bachgasse 9, vertreten durch Dr. Reinhold Kloiber, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Festsetzung eines Benützungsentgeltes, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 20. März 1986, GZ. 47 R 43, 44/86-21, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Mödling vom 11. November 1985, GZ. 2 Nc 38/85-14 und 15, teilweise bestätigt und zum Teil aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird - soweit er sich gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet, mit welchem der Beschluß des Erstgerichtes ON 15 bestätigt wurde - zurückgewiesen.

Im übrigen - soweit er den Beschluß des Rekursgerichtes betreffend die erstgerichtliche Entscheidung ON 14 zum Gegenstand hat - wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Beschluß des Erstgerichtes vom 1. Februar 1985, 2 Nc 72/83-31, wurde nachstehende Benützungsregelung betreffend die Liegenschaft Obere Bachgasse 9, 2371 Hinterbrühl, die je zur Hälfte im Eigentum der Parteien steht, getroffen:

Die Wohnung bestehend aus Veranda, Vorraum, Küche, Bad, WC, Kinderzimmer, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bodenraum und die anschließenden Dachbodenräume, weiters die von der Oberen Bachgasse und dem Wohngebäude begrenzte Gartenfläche werden dem Antragsteller zur alleinigen Benützung zugewiesen. Die Garage wird beiden Parteien zur gemeinsamen Benützung mit je einem PKW oder LKW zugewiesen. Die Benützung der Hoffläche als Zugang bzw. Zufahrt zu den Gebäuden der Liegenschaft wird beiden Parteien eingeräumt. Die zweite Wohnung bestehend aus Windfang, Heizraum, Diele, Küche, Speis, Wohnplatz, Eßplatz, im Erdgeschoß, sowie Arbeitsraum, Kinderzimmer, Schlafzimmer, Kammer, 2 Schrankräume und Bad, Brauseraum, WC und Diele im Obergeschoß und sämtliche übrigen Gebäude der Liegenschaft Obere Bachgasse 9, nämlich die Bürogebäude, Werkstätten und Schuppen, sowie die an der Parkstraße angrenzende Baulagerfläche werden dem Antragsgegner zur alleinigen Benützung zugewiesen. Der Antragsteller wurde darüber hinaus ermächtigt, binnen 6 Monaten auf eigene Kosten einen nur für die ihm zugewiesene Wohnung geltenden Elektrozähler sowie einen Zulauf für die Gartenwasseranlage samt Absperrhahn und Entleerungsventil in dem ihm allein zugewiesenen Bereich der Liegenschaft einzurichten. Dem Antragsteller wurde weiters die Berechtigung eingeräumt, bis zur fristgerechten Fertigstellung der vorstehenden Installationen den Windfang und den Heizraum von der dem Antragsgegner zugewiesenen Wohnung nur zur Wartung und zur Ablesung des im Windfang befindlichen Elektrozählers sowie zur Bedienung des Absperrhahnes und Entleerungsventils der Gartenwasseranlage zu betreten. Der Antragsteller wurde auch weiters befugt, mit seiner Familie im Krisenfall den in der dem Antragsgegner zugewiesenen Wohnung gelegenen, vom Eßplatz aus erreichbaren Schutzraum mitzubenützen.

Das Erstgericht verpflichtete nun mit dem Beschluß vom 11. November 1985, 2 Nc 38/85-14, den Antragsgegner zur Zahlung eines monatlichen Benützungsentgeltes von S 2.325,-- samt 10 % Umsatzsteuer an den Antragsteller und wies das auf die Bezahlung eines monatlichen Benützungsentgeltes von insgesamt S 10.000,-- gerichtete Mehrbegehren ab. Über den Antrag auf Feststellung, daß der Antragsgegner 80 % der auflaufenden Betriebskosten der gesamten Liegenschaft zu übernehmen habe, wurde nicht entschieden. Mit dem Beschluß vom gleichen Datum ON 15 sprach das Erstgericht über die Gebühren des Sachverständigen Heinz H*** ab.

Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses des Antragsgegners den Ausspruch des Erstgerichtes über das monatliche Benützungsentgelt von S 2.325,-- s.A. und aus Anlaß des Rekurses des Antragstellers jenen über die Abweisung des Mehrbegehrens als nichtig auf, wies den darin zum Ausdruck gebrachten Antrag zurück und ergänzte den Beschluß des Erstgerichtes dahin, daß es den Antrag, dem Antragsgegner 80 % der laufenden Betriebskosten aufzuerlegen, zurückwies. Der Sachverständigen-Gebührenbestimmungsbeschluß wurde bestätigt. Das Gericht zweiter Instanz stellte aus dem Akt 2 Nc 72/83 fest, daß der Antragsteller die in diesem Verfahren durchgeführte Benützungsregelung im wesentlichen so angestrebt hatte, wie sie dann auch durchgeführt wurde. Auf dieser Grundlage kam es auch zur oben dargelegten Benützungsregelung laut Beschluß vom 1. Februar 1985, 2 Nc 72/83-31. Aus § 18 AußStrG folge, daß auch Verfügungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit der materiellen Rechtskraft fähig sind. Demnach könnte von der rechtskräftig getroffenen Benützungsregelung nur dann abgegangen werden, wenn sich die in dieser Beschlußfassung zugrunde liegenden Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Eine solche Änderung der Verhältnisse sei aber vom Antragsteller nicht einmal behauptet worden. Der Antragsteller habe in seinem Antrag lediglich vorgebracht, daß die Regelung der Benützung der Liegenschaft rechtskräftig erfolgte und dem Antragsteller nur 20 bis 25 % der gesamten Liegenschaftsfläche und der gesamten Bestandsräumlichkeiten zugewiesen worden seien, weshalb vom Antragsgegner ein Nutzungsentgelt zu bezahlen sei. Aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt sei eine Änderung der Sachlage, die ein Abgehen von der rechtskräftigen Vorentscheidung rechtfertigen könnte, nicht zu entnehmen. Es gehe daher nicht an, ohne Vorliegen geänderter Verhältnisse praktisch eine Änderung der Benützungsregelung dergestalt zu begehren, daß nunmehr dem Antragsteller zum Ausgleich für die Zuweisung einer geringeren Gesamtfläche ein Benützungsentgelt zugesprochen wird. Dadurch, daß das Erstgericht dem Antragsteller nunmehr ein Benützungsentgelt zusprach, habe es gegen die materielle Rechtskraft des Beschlusses vom 1. Februar 1985, 2 Nc 72/83-31, verstoßen. Ein solcher Verstoß begründe auch im außerstreitigen Verfahren Nichtigkeit. Aus Anlaß der zulässigerweise die Sachentscheidung des Erstgerichtes bekämpfenden Rekurse beider Parteien seien die bezogenen Punkte als nichtig aufzuheben und der Antrag auf Zuspruch eines Benützungsentgeltes zurückzuweisen gewesen. Statt einer Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht zur Erledigung des Antrages auf Auferlegung der Betriebskosten von 80 % sei analog § 496 Abs. 3 ZPO mit einer Erledigung durch das Rekursgericht selbst durch Wahrnehmung der Rechtskraft des Beschlusses 2 Nc 72/83-31, vorgegangen worden.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, in welchem er alle Punkte der dargestellten rekursgerichtlichen Entscheidung bezeichnet, in Wirklichkeit aber Ausführungen nur dazu erstattet, daß seiner Ansicht nach von einer rechtskräftigen Benützungsregelung im Sinne der Darlegungen des Rekursgerichtes nicht gesprochen werden könne. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden:

Rechtliche Beurteilung

Aus § 18 AußStrG folgt, daß auch Entscheidungen im außerstreitigen Verfahren der materiellen und formellen Rechtskraft fähig sind (EFSlg. 39.800, 28.234; JBl. 1974, 268; SZ 44/82, SZ 44/180; 1 Ob 640/83 ua.; Ott, Rechtsfürsorgeverfahren 260 f.). Auch im außerstreitigen Verfahren ist die materielle Rechtskraft einer Entscheidung in jeder Lage des Verfahrens - wie hier das Rekursgericht daher zutreffend erkannte - von Amts wegen zu beachten. Ein Verstoß gegen sie bildet einen Nullitätsgrund (EFSlg. 39.800; ÖA 1981, 96; EFSlg. 32.652; JBl. 1974, 268;

SZ 23/276 ua.). Nur gegenüber nachträglichen Tatbestandsänderungen hält die materielle Rechtskraft nicht stand (JBl. 1974, 268;

EvBl. 1968/32; 1 Ob 640/83 ua.).

Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller - worauf das Rekursgericht ebenfalls zutreffend verweist - bereits zu 2 Nc 72/83 eine Benützungsregelung der gemeinsamen Liegenschaft beantragt. Diese wurde im wesentlichen so durchgeführt, wie er sie anstrebte. Unter einer Benützungsregelung zwischen Miteigentümern ist die Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache oder ihrer körperlich begrenzten Teile zur ausschließlichen oder gemeinsamen, auf Dauer oder zumindest auf längere Zeit gedachten Benützung an die Teilhaber und die allfällige Festlegung einer Entgeltleistung für eine ihren Anteil übersteigende Benützung zu verstehen (Jensik, Miteigentum, Wohnungseigentum, 18, SZ 54/163). Wenn daher das Außerstreitgericht auf der Grundlage bloßer Aufteilungskriterien seine Entscheidung traf, weil der Antragsteller ein Benützungsentgelt für das Ergebnis der Benützungsregelung nicht beanspruchte, kann er nach in seinem Sinn erfolgter rechtskräftiger Aufteilung bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen nicht nachträglich die Festlegung einer Entgeltleistung durchsetzen; dem steht die rechtskräftige Benützungsregelung im oben dargestellten Sinn entgegen. Soweit sich der Rekurs auf den vom Rekursgericht bestätigten Beschluß über die Sachverständigen-Gebühren bezieht, ist er schon zufolge § 14 Abs. 2 AußStrG unzulässig (vgl. auch E. 46 Manz'sche Große Gesetzesausgabe zum Außerstreitgesetz).

Es war somit wie im Spruch zu erkennen.

Anmerkung

E09227

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00583.86.0918.000

Dokumentnummer

JJT_19860918_OGH0002_0080OB00583_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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