TE OGH 1986/9/24 3Ob59/86

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Veröffentlicht am 24.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei nicht protokollierte Firma "B*** K***", Inhaberin Anneliese L***, 6900 Bregenz, Kaiserstraße 8, vertreten durch Dr. Franz Bernhard, Dr. Melchior Bechter, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die verpflichtete Partei protokollierte Firma "B***" B*** R*** Kindermodeversand, 6900 Bregenz, Thumbstraße 9-11, vertreten durch Dr. Walter Derganz, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Erwirkung einer Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 21. April 1986, GZ. 2 R 140/86-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 10. Februar 1986, GZ. 4 Cg 1210/85-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 10.198,65 als weitere Exekutionskosten bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin S 927,15 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit gerichtlichem Vergleich vom 13. Dezember 1985, 4 Cg 1210/85 des Landesgerichtes Feldkirch, verpflichtete sich die verpflichtete Partei ua., ab 15. Jänner 1986 im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "B*** Kindermodeversand" "nur" in der Weise zu verwenden, daß zur Bezeichnung "B***" in gleicher Größe die Worte "B*** R*** Kindermodeversand" gesetzt wird, welche Verpflichtung sich auf den Bereich des Bundeslandes Vorarlberg und das angrenzende Ausland beziehen solle.

Die betreibende Partei behauptete in ihrem Exekutionsantrag, daß der Verpflichtete entgegen diesen Verpflichtungen im Februar 1986 einer Frau M*** Christian ein Kuvert mit zwei Prospekten und einem Aufforderungsschreiben geschickt habe, das in großer Schrift das Wort "B***" ohne den Zusatz "R*** B*** Kindermodeversand" enthalte. Eben diese Merkmale enthielten auch einer der beigelegten Prospekte und die Anforderungskarte. Darüberhinaus verstoße der Verpflichtete auch sonst in wiederholter Form gegen die im Vergleich übernommene Verpflichtung.

Die betreibende Partei beantragte mit einem beim Titelgericht eingebrachten Antrag, gemäß § 355 EO über den Verpflichteten eine Geldstrafe von S 20.000,-- zu verhängen.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution, überließ aber die Verhängung der Geldstrafe dem Exekutionsgericht.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde. Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß die von der betreibenden Partei konkret behaupteten Verhaltensweisen des Beklagten keinen Verstoß gegen den Exekutionstitel darstellten. Die Verwendung des Wortes "B***" ohne Zusatz sei nicht untersagt, sondern lediglich die Bezeichnung "B*** Kindermodeversand" dürfe nicht ohne den im Vergleich vereinbarten Zusatz im geschäftlichen Verkehr benützt werden.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteige.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern oder ihn aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist begründet.

Gemäß § 7 Abs.1 EO darf die Exekution nur bewilligt werden, wenn aus dem Exekutionstitel unter anderem auch Gegenstand, Art und Umfang der geschuldeten Unterlassung zu entnehmen sind. Dabei darf jedoch ein Exekutionstitel, der ein Unterlassungsgebot enthält, nicht allzu eng ausgelegt werden, weil es oft praktisch unmöglich ist, alle nur denkbaren Eingriffshandlungen zu beschreiben (Heller-Berger-Stix 193). In einem solchen Fall gehen zwar alle Unklarheiten über den Umfang des Unterlassungsgebotes zu Lasten der betreibenden Partei (Heller-Berger-Stix 187); was aber nach dem aus der Formulierung der Unterlassungsverpflichtung im Exekutionstitel klar ersichtlichen Zweck derselben eindeutig unter das Verbot fällt, rechtfertigt eine Exekutionsbewilligung, auch wenn es zwar nicht gerade um einen ganz buchstäblichen Verstoß wohl aber um eine weitgehend gleichartige und nach der Zweckorientierung des Exekutionstitels daher gleichwertige Handlung geht (vgl. Entsch. wie SZ 43/199, ÖBl 1978, 154, ÖBl 1985, 49).

Als eindeutiger Zweck des vorliegenden Vergleiches läßt sich demselben zweifellos entnehmen, daß die verpflichtete Partei im geschäftlichen Verkehr die Verwendung der von der betreibenden Partei für ihren Konkurrenzbetrieb benützten Bezeichnung "B***-K***" (so z.B. ihre Bezeichnung in der Vergleichsausfertigung) in der Weise zu unterlassen hat, daß er jeweils dem Wort "B***" in gleicher Größe die Worte "B*** R*** Kindermodeversand" hinzuzufügen hat, um so eine Verwechslung der beiden Unternehmen zu erschweren.

Die von der betreibenden Partei vorgelegten inkriminierten Geschäftsunterlagen zeigen folgendes Bild:

Das Kuvert enthält auf der Vorderseite nach den Worten "Frühling/So 86 Collection" gleichsam wie eine Überschrift das Wort "B***" in auffallend großer Schrift und in wesentlich kleinerer Schrift links unten die Worte "B*** R*** B*** Kindermode-Versand" nebst der Anschrift der verpflichteten Partei. Der 1. Prospekt enthält an verschiedenen Stellen jeweils das Wort "B***" und dann gegen Ende eine Postkarte, in der die Anschrift des Unternehmens, bei dem der "B***-Katalog" angefordert werden könne, mit "B*** Kinder-Mode-Versand Postfach 175 A 6901 Bregenz" ohne jeden Zusatz auf den Namen der verpflichteten Partei angegeben ist.

Der 2. Prospekt ist auf der ersten Seite ähnlich dem Kuvert gestaltet, enthält aber gegen Ende zwei Postkarten mit der Adresse "B*** R*** B*** Kindermode-Versand Postfach 175

6901 Bregenz", wobei das Wort "B***" etwa gleich groß ist wie die jeweiligen Anfangsbuchstaben der Folgeworte, sodaß letztlich doch noch der Eindruck einer in etwa gleichen Größe aller Wörter entsteht. Das Anforderungsschreiben enthält auf der einen Seite ein Kinderbild und das Wort "B***", auf der anderen Seite wird die Anschrift des Unternehmens, bei dem der "B***-Katalog" angefordert werden könne, jedoch wie im 2. Prospekt geschrieben. Werden diese nach den Behauptungen der betreibenden Partei gemeinsam versendeten Unterlagen in ihrem Gesamteindruck betrachtet und gewertet, dann stellen sich das Kuvert und der 1. Prospekt eindeutig als Verstoß gegen den Vergleich dar. Am Kuvert kommen das Wort "B***" und das Wort "Kinder-Modeversand" vor, das eine Wort einmal in großer Schrift, einmal in kleiner Schrift, das andere in kleiner Schrift. Blickfang ist das großgeschriebene Wort "B***". Der Zusatz "R*** B*** Kindermodeversand" ist an anderer Stelle und in viel kleinerer Schrift angebracht, was gegen den Exekutionstitel verstößt. Der 1. Prospekt enthält in seinem Anforderungsschreiben genau das, was selbst nach der zu engen Auslegung des Exekutionstitels durch das Gericht zweiter Instanz einen auf der Hand liegenden Verstoß darstellt.

Hingegen würden der 2. Prospekt und das gesonderte Anforderungsschreiben wegen der jeweils noch zu tolerierenden Formulierung der Firmenanschrift der verpflichteten Partei für sich allein betrachtet gerade noch keinen Verstoß gegen den Vergleich bedeuten. Das auch hier auf der jeweils ersten Seite verwendete Wort "B***" taucht nämlich hier nicht als Kurzbezeichnung eines Unternehmens auf sondern wird nur über einem großen Kinderbild angebracht. Dasselbe gilt für die wiederholt neben Kinderbildern oder Kleidungsstücken vorkommenden Worte "B***" oder die im zweiten Prospekt vorkommenden Worte "FOR B***" und "B*** AND B***" (zwei englische Ausdrücke).

Der angefochtene Beschluß war daher im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 74, 78 EO, 50, 40, 41 ZPO.

Anmerkung

E09170

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00059.86.0924.000

Dokumentnummer

JJT_19860924_OGH0002_0030OB00059_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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