TE OGH 1986/9/25 12Os102/86

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Veröffentlicht am 25.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.September 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinhauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Anton S*** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 (zweiter Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 30.April 1986, GZ 10 d Vr 557/85-56, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Hammerer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Anton S*** (zu 1) des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 (zweiter Fall) StGB und (zu 2) des Vergehens (richtig: der Vergehen) nach § 45 Abs. 1 lit. a und lit. b WeinG 1961 schuldig erkannt.

Darnach hat er in Engabrunn in der Zeit von 1981 bis 1985

1. gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die Abnehmer seiner Weine, insbesondere Franz R***, Johann S***, Erika F*** und Margarete Z***, durch Täuschung über die Tatsache, daß die von ihm verkauften Weine durch Zusatz von Diäthylenglykol verkehrsunfähig und daher wertlos waren, zu Handlungen, nämlich zum Ankauf von mindestens 475.000 Liter Wein, verleitet, wodurch andere, nämlich die Letztverbraucher des Weines, an ihrem Vermögen um insgesamt 5,225.000 S geschädigt wurden;

2. weitere 710 Liter Wein durch Zusatz von Diäthylenglykol verfälscht und diesen verkehrsunfähigen Wein zum Verkauf bereitgehalten.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 62 Abs. 1 und Abs. 2 WeinG 1985 wurden mehrere im Urteilsspruch näher bezeichnete Weinmengen eingezogen. Mit seiner nur gegen den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges (Punkt 1 des Urteilssatzes) gerichteten, auf die Z 4 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde strebt der Angeklagte die Beurteilung des bezüglichen Tatverhaltens (bloß) als Vergehen nach § 45 Abs. 1 (lit. a und lit. b) WeinG 1961 an; dies indes zu Unrecht.

Zufolge der Subsidiaritätsklausel des § 45 Abs. 1 WeinG 1961 kommt eine Beurteilung als Vergehen nach lit. a und/oder lit. b dieser Gesetzesstelle nur dann in Betracht, wenn die Tat nicht (nach den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes 1975 oder) nach einer anderen Bestimmung (hier nach jener des Betruges) mit strengerer Strafe bedroht ist. Erfüllt die Tat demnach alle (objektiven und subjektiven) Tatbestandsmerkmale des strenger strafbedrohten (gewerbsmäßigen schweren) Betruges, dann bleibt für eine Anwendung der Strafbestimmung des § 45 Abs. 1 lit. a und/oder lit. b WeinG 1961 (ebenso wie nunmehr für jene des § 61 Abs. 1 Z 1 und/oder Z 3 WeinG 1985 idgF) kein Raum (vgl. Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 2 1171; SSt. 48/5; 12 Os 28/86; zuletzt mit ausführlicher Begründung 9 Os 93/86).

Für die Annahme eines Betruges hinwieder ist entscheidend, ob der Täter durch Täuschung über Tatsachen andere zu einer Vermögensverfügung verleitet hat, die sie oder Dritte am Vermögen schädigt. Eine solche Schädigung am Vermögen liegt vor, wenn die Vermögenslage des Opfers nach der Tat ungünstiger ist als zuvor (Leukauf-Steininger, Kommentar 2 § 146 RN 33), was grundsätzlich nach einem konkreten objektiv-individuellen Maßstab zu beurteilen ist (Kienapfel BT II § 146 Rz. 175, 186). Maßgebend ist dabei der effektive Verlust an Vermögenssubstanz. Geschädigt ist darnach, wer für die Hingabe eines wirtschaftlichen Wertes kein entsprechendes Äquivalent erhält (Kienapfel aaO § 146 Rz. 164, 186; Leukauf-Steininger aaO § 146 RN 33; Liebscher in Wr. Kommentar § 146 Rz. 21, § 147 Rz. 10; SSt. 40/37; SSt. 48/5; 12 Os 28/86; 9 Os 93/86 uam). Eben das war aber vorliegend nach den Feststellungen des Schöffengerichtes - von welchen bei der rechtlichen Beurteilung auszugehen ist - der Fall: Haben doch die über die wahre Beschaffenheit des erworbenen Getränks getäuschten Käufer eine Flüssigkeit (unter der Bezeichnung "Wein") geliefert erhalten, die durch die Beigabe von Diäthylenglykol als "Wein" gänzlich entwertet und keinesfalls als solcher, sondern allenfalls bloß zur Essigerzeugung verwendbar war (US 13). Die gelieferte Ware war mithin für die Käufer - die Wein erwerben wollten, nicht aber eine Flüssigkeit zur Essigerzeugung - weder als Wein noch sonst in zumutbarer Weise wirtschaftlich verwertbar; für den von ihnen bezahlten Preis erhielten sie vielmehr eine Ware, die gegenüber jener, die sie erwerben wollten, ein (wertloses) "aliud" darstellte, womit sie aber - ursächlich bedingt durch die vom Beschwerdeführer gebrauchte Täuschung - an ihrem Vermögen, und zwar um die volle Höhe des bezahlten Preises, effektiv geschädigt wurden. Der objektive Tatbestand des Betruges (mit einem 100.000 S übersteigenden Schaden) ist demnach erfüllt. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang beigefügt, daß bei der vorliegend gegebenen Fallkonstellation (Lieferung eines wertlosen "aliud" unter der Vorgabe, es handle sich dabei entsprechend der Käufererwartung um

Wein) die Bezugnahme auf die Entscheidungen 12 Os 175/80 (=

SSt. 52/20) und 9 Os 148/79 (= JBl. 1981, 217) - von welchen das Erstgericht meint, daß ihnen nicht gefolgt werden könne, während sie der Beschwerdeführer zur Stützung seines Rechtsstandpunkts ins Treffen führt - am Kern dessen vorbeigeht, worauf es vorliegend in rechtlicher Hinsicht ankommt: Ging es doch in den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen nach den jeweiligen Urteilsfeststellungen nicht um die Lieferung einer als "Wein" wertlosen Flüssigkeit, sondern um den Verkauf von Wein, der zwar falsch bezeichnet oder durch Beigabe von unerlaubten Zusätzen verfälscht, aber jedenfalls als Wein brauchbar war. Daß aber ein Wein nach den Bestimmungen des Weingesetzes verkehrsunfähig ist, bedeutet noch nicht, daß er damit auch in jedem Fall völlig wertlos sein muß.

In subjektiver Hinsicht hat das Schöffengericht festgestellt, daß der Beschwerdeführer um all jene Umstände, welche die objektive Tatseite des Betruges ausmachen, wußte; darnach kannte er insbesondere die Wertlosigkeit der gelieferten Flüssigkeit als "Wein" und verkaufte er diese (als Wein) trotz dieses Wissens (US 9, 13), wobei er sich dadurch unrechtmäßig bereichern wollte (US 10, 14). Auf der Grundlage dieser Urteilskonstatierungen ist demnach auch der subjektive Tatbestand des Betruges erfüllt. Ausgehend von den tatrichterlichen Sachverhaltsfeststellungen haftet somit der Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens als Betrug ein Rechtsirrtum nicht an und es gehen die dagegen ins Treffen geführten Argumente, insbesondere (auch) soweit sie auf die subjektive Verbrauchererwartung nach bestimmter Qualität und auf die Frage einer sensorischen Verbesserung von Wein abstellen, fehl. Lassen sie doch außer acht, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer unter der Vorgabe, es handle sich um Wein, gelieferten Ware eben nicht um Wein (wenn auch minderer Qualität), sondern um ein bloß als "Wein" ausgegebenes, in Wahrheit aber für die Weinkäufer wirtschaftlich wertloses "aliud" gehandelt hat, das diese, wenn sie den wahren Sachverhalt gekannt hätten, nicht erworben hätten. So gesehen war aber auch die vom Beschwerdeführer angestrebte und vom Erstgericht abgelehnte Beweisaufnahme - aus rechtlicher Sicht - nicht geboten, stellte sie doch lediglich auf die Frage einer sensorischen Verbesserung von Wein ab, um welches Produkt es hier aber nach dem Gesagten gar nicht geht.

Somit kann weder der Verfahrensrüge (Z 4) noch der Subsumtionsrüge (Z 10) ein Erfolg beschieden sein, weshalb die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 148 zweiter Strafsatz StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die mehrfache Qualifikation des Betruges, die Begehung durch längere Zeit über das Ausmaß der Gewerbsmäßigkeit hinaus, das Zusammentreffen zweier Delikte und den hohen, die Wertgrenze von 100.000 S um das rund 52fache übersteigenden Schaden; als mildernd hielt es dem Angeklagten das teilweise Geständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die teilweise Schadensgutmachung durch Rücknahme mit Diäthylenglykol versetzter Weine zugute. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe und deren bedingte Nachsicht an.

Auch diesem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu. Die Berufung vermag keine weiteren, nicht schon vom Erstgericht berücksichtigten mildernden Umstände aufzuzeigen. Da der Angeklagte einen Betrug in Abrede stellte, kann von einem umfassenden (reumütigen) Geständnis im Sinn des § 34 Z 17 StGB nicht gesprochen werden. Daß der Angeklagte sein strafbares Verhalten (bereits) im Jahr 1983 eingestellt habe, trifft nach dem Inhalt des Schuldspruchs nicht zu; darnach hat er vielmehr die Betrugshandlungen bis zum Jahr 1985 fortgesetzt (vgl. US 2 sowie insbesondere US 10 ff). Ebensowenig kann von einer Tatbegehung durch eine besonders verlockende Gelegenheit, die der Berufungswerber darin erblicken zu können vermeint, daß die Kontrollen der Organe der Weinaufsicht mangelhaft gewesen seien, die Rede sein. Schuldspruchfremd ist schließlich der Einwand, er habe lediglich "verkehrsfähigen Wein durch Zusätze geschmacklich verbessert", ohne aus diesen Manipulationen einen Vermögensvorteil erzielen zu können, weil er nur beabsichtigt habe, den "Kunden ein einwandfreies und vollmundiges Produkt zu liefern". Entgegen dem Berufungsvorbringen kann letztlich der Umstand, daß die Straftaten längere Zeit hindurch fortgesetzt wurden, trotz der dem Angeklagten angelasteten gewerbsmäßigen Tatverübung bei der Ausmessung der verwirkten Strafe nicht gänzlich außer Betracht bleiben.

Ausgehend von den somit bereits in erster Instanz im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen erweist sich aber, auch angesichts der Höhe des verschuldeten Schadens, das vom Schöffengericht gefundene Strafmaß als schuldangemessen, weshalb dessen Reduktion nicht in Betracht gezogen werden konnte. Im Hinblick auf dieses Strafmaß scheidet eine bedingte Strafnachsicht ex lege aus, sodaß auf das bezügliche Berufungsvorbringen nicht weiter einzugehen ist.

Es war demnach insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E09481

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00102.86.0925.000

Dokumentnummer

JJT_19860925_OGH0002_0120OS00102_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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