TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/26 2004/11/0050

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Veröffentlicht am 26.07.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs3 Z5;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Mag. Dr. Christian Janda, Rechtsanwalt in 4550 Kremsmünster, Hauptstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. Februar 2004, Zl. VwSen-520386/9/Bi/Gam, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 21. August 2003 wurde die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für Kraftfahrzeuge der Klassen A und B auf die Dauer von drei Monaten, gerechnet "ab dem Eintritt der Vollstreckbarkeit dieses Bescheides" gemäß §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 und 3, 7 Abs. 3 Z. 5 und 29 Abs. 3 FSG entzogen (Spruchpunkt I; Spruchpunkt II ist hier nicht mehr gegenständlich). Die Erstbehörde nahm als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer am 17. Juni 2003 einen PKW in Linz an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt habe, wobei anlässlich einer von der Polizei durchgeführten Kontrolle festgestellt worden sei, dass am Kraftfahrzeug ein offensichtlich anderes und nicht typengenehmigtes Fahrwerk eingebaut sei und das Kraftfahrzeug eine Bodenfreiheit von lediglich 4 cm aufweise. Die erforderliche Mindestbodenfreiheit von 11 cm sei daher erheblich unterschritten worden. Im Gutachten des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Verkehrstechnik, vom 6. August 2003 sei vom technischen Amtsachverständigen festgestellt worden, dass die Bodenfreiheit von nur 4 cm eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstelle. Es liege daher eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG vor.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Februar 2004, der in Ansehung von Schreibfehlern mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 11. Mai 2004, VwSen- 520386/18/Bi/Be, berichtigt wurde, wurde die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung (im hier gegenständlichen Umfang) abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid "vollinhaltlich" bestätigt. Die belangte Behörde verdeutlichte in der Begründung des angefochtenen Bescheides, dass aus der Verwendung des gegenständlichen Kraftfahrzeuges durch den Beschwerdeführer im Hinblick auf die geringe Bodenfreiheit im Bereich des Achsquerträgers eine Gefährdung der Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges gegeben sei, wie im Sachverständigengutachten schlüssig dargelegt worden sei. Dass der Beschwerdeführer - seiner Behauptung nach - auf seiner Fahrt von Kremsmünster nach Linz "ohne gröbere Vorkommnisse" gelangen konnte, sei nicht geeignet, das Gutachten in Zweifel zu ziehen, der Beschwerdeführer sei diesem Gutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Der Beschwerdeführer habe daher eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG verwirklicht. Im Rahmen der Wertung des Verhaltens des Beschwerdeführers berücksichtigte die belangte Behörde die Gefährlichkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers, vor allem weil durch plötzlich auftretende und nicht einkalkulierbare Bodenunebenheiten durch Spurrillen, z.B. auf Abbiegestreifen oder bei Baustellenumleitungen auch im Stadtverkehr durch mögliches Aufsitzen des Fahrwerks am Boden eine erhebliche Gefahr für das Entstehen von Unfällen bestehe. Der offensichtliche Ehrgeiz des Beschwerdeführers, seinen PKW "innen und außen aufzumotzen", sei nur so lange zu tolerieren, als damit nicht Gefahr für andere Straßenbenützer verbunden sei. Dass der Beschwerdeführer das typengenehmigte Fahrwerk, für das er keine Plakette gemäß § 58 KFG 1967 mehr bekommen habe, auf ein anderes ebenso für die Verwendung im Straßenverkehr untaugliches ausgetauscht und das Fahrzeug danach gelenkt habe, zeige seine im Hinblick auf die mögliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer sorglose Einstellung. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer im Jahr 2000 ein nicht zum Verkehr zugelassenes und mangelbehaftetes Kraftfahrzeug, ohne im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung zu sein, und im Jahr 2001 ein nicht zum Verkehr zugelassenes und nicht haftpflichtversichertes Kraftfahrzeug gelenkt. Auch wenn ein Wohlverhalten des Beschwerdeführers in der seit dem Vorfall vom 17. Juni 2003 verstrichenen Zeit zu berücksichtigen sei, bedürfe es einer Nachdenkpause für den Beschwerdeführer in der Dauer von weiteren drei Monaten ("die nicht unterschreitbare Mindestentziehungszeit gemäß § 25 Abs. 3 FSG") ab Rechtskraft des Berufungsbescheides, um die Einstellung des Beschwerdeführers grundlegend zu ändern.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG bildet es eine für die Verkehrsunzuverlässigkeit des Betreffenden maßgebliche bestimmte Tatsache, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, dessen technischer Zustand und weitere Verwendung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit (§ 58 Abs. 1 KFG 1967) darstellt, sofern die technischen Mängel dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen. Für die - bei Beurteilung, ob eine Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers anzunehmen ist, erforderliche - Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind gemäß § 7 Abs. 4 deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (darunter gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 die Verkehrszuverlässigkeit) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Gemäß § 25 Abs. 3 leg. cit. ist bei der Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungszeit von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Insoweit der Beschwerdeführer gegen die angefochtene Entscheidung zunächst einwendet, die belangte Behörde hätte "gemäß § 51e VStG" eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, in welcher der Beschwerdeführer jedes "zweckdienliche Vorbringen erstatten" hätte können, an den Sachverständigen "Fragen hätte stellen können" und sich dann nochmals "äußern hätte können", vermag er es nicht, die Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensmangels darzutun.

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Zweifel, dass die Bodenfreiheit seines Personenkraftfahrzeuges "im Bereich der Achsquerträger (2 dünne Stäbe)" lediglich 4 cm betrug.

Der Sachverständige führte in seinem Gutachten vom 21. Jänner 2004 unter anderem aus:

"Im Gutachten vom 17.6.2003 Nr. 1716 wurde eine minimale Bodenfreiheit von 40 mm festgestellt. Der tiefste Punkt war beim Achsträger innen. Der Achsquerträger vorne ist die Verbindung des Rades gemeinsam mit dem Federbein der Karosserie. Der eigentliche Punkt, der zur Kennzeichenabnahme am 17.6.2003 führte, ist die minimale Bodenfreiheit des Fahrzeuges im Bereich der Achsquerträger von 40 mm. In diesem Bereich besteht eigentlich immer die Gefahr, dass speziell bei Unebenheiten der Fahrbahn (Spurrillen, einseitige Abfräsungen des Fahrbahnbelages, Vertiefungen bei Kanalschächten usw.) das Fahrzeug speziell in diesem Bereich (Achsquerträger sowie Fahrschemel) aufsitzt und somit das Fahrzeug nicht mehr lenkfähig ist und somit es zu einem unkontrollierten Ausbrechen des Fahrzeuges kommen kann. Des weiteren ändert sich die Fahrwerksgeometrie des Fahrzeuges (Spur und Sturz) derart, dass der Sturz des Fahrzeuges mit Sicherheit nicht mehr auf die vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen Sollwerte eingestellt werden kann. Die Folge ist ein erhöhter Reifenverschleiß sowie eine schlechtere Bodenhaftung des Fahrzeuges. ..."

Begründete Bedenken an den Ausführungen des Sachverständigen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf. Damit kann die Beurteilung der belangten Behörde, die auf dem Gutachten des Sachverständigen beruht, dass aus der Verwendung des Kraftfahrzeuges mit einer derart minimalen Bodenfreiheit eine erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgeht, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Hiebei ist es nicht relevant, dass es sich, wie der Beschwerdeführer vorbringt, um ein "Schraubfahrwerk" handelt, bei dem lediglich Schrauben geringfügig verdreht werden müssen, um "die Genehmigungsfähigkeit herzustellen". Es ist auch nicht relevant, an welcher Stelle des Fahrzeuges diese geringe Bodenfreiheit besteht, weil es - ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen - nicht ausgeschlossen werden kann, dass einem Hindernis (hier: höher als 4 cm), das sich auf der Fahrbahn befindet, nicht rechtzeitig ausgewichen werden kann und es zur Kollision beim Überfahren des Hindernisses kommt. Das Argument des Beschwerdeführers, dass der minimale Bodenabstand, da er beim Achsquerträger vorliege, im Rahmen der Federbewegungen des Rades konstant bleibe, käme nur dann zum Tragen, wenn der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug das Hindernis voll mit dem Rad überfährt und nicht etwa - was nie ausgeschlossen werden kann -

das Rad knapp daneben vorbeirollt. Im Einklang mit den Ausführungen der belangten Behörde ist daher vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG auszugehen.

Dennoch ist die Beschwerde, was die Dauer der Entziehung anlangt, im Ergebnis begründet: Die belangte Behörde hat den erstinstanzlichen Bescheid unverändert bestätigt, mit welchem die Entziehung in der Dauer von drei Monaten "gerechnet ab dem Eintritt der Vollstreckbarkeit dieses Bescheides" ausgesprochen wurde. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung wurde nicht ausgeschlossen. Die Entziehungsdauer von drei Monaten ist somit ab der Zustellung des angefochtenen Bescheides zu rechnen, welche am 4. März 2004 an den Beschwerdeführer erfolgte. Somit hat die belangte Behörde im Ergebnis eine Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers in der Dauer von rund 11 1/2 Monaten angenommen. Berücksichtigt man das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid selbst festgestellte Wohlverhalten des Beschwerdeführers nach dem gegenständlichen Vorfall und beachtet weiters, dass der Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde gleichfalls im angefochtenen Bescheid anklingen lässt - umgehend den gesetzeskonformen Zustand am Fahrzeug herstellte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch für drei Monate verkehrsunzuverlässig war. Damit kam eine Entziehung der Lenkberechtigung selbst für die in § 25 Abs. 3 FSG vorgesehene Mindestentziehungsdauer von 3 Monaten nicht mehr in Betracht. Die Entziehung der Lenkberechtigung erweist sich daher insoweit als rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Juli 2005

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004110050.X00

Im RIS seit

31.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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