TE Vfgh Erkenntnis 2001/9/24 V43/01 ua

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Veröffentlicht am 24.09.2001
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Index

L3 Finanzrecht
L3704 Ankündigungsabgabe

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs4
AnkündigungsabgabeO Zeltweg §2 Abs4, §4 Abs1
AnkündigungsabgabeO Leoben 1992 §2 Abs6, §4 Abs5
FAG 1997 §14 Abs1 Z13
F-VG 1948 §8 Abs5

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Festlegung von Ankündigungsabgabe auch für Werbematerial in der Ankündigungsabgabeverordnung einer Gemeinde aufgrund Überschreitung der finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung der Gemeinden zur Besteuerung von Ankündigungen; keine landesgesetzliche Ermächtigung; Außerkrafttreten der Verordnung durch Entfall der bundesgesetzlichen Grundlage für Anzeigenabgaben und Ankündigungsabgaben aufgrund der FAG-Novelle 2000

Spruch

§2 Abs6 sowie §4 Abs5 der Ankündigungsabgabeordnung 1992 des Gemeinderates der Gemeinde Leoben vom 12. Dezember 1991, Zl. 11 St 3/404-1991, kundgemacht durch Auflegung zur öffentlichen Einsicht im Stadtamt Leoben und Kundmachung der Auflegung vom 13. Dezember 1991 bis 30. Dezember 1991, waren gesetzwidrig.

Die Steiermärkische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die im gegebenen Zusammenhang in Betracht zu ziehenden Bestimmungen der Ankündigungsabgabeordnung 1992 des Gemeinderates der Gemeinde Leoben vom 12. Dezember 1991, Zl. 11 St 3/404-1991, im folgenden: Leobner Ankündigungsabgabeordnung, hatten - samt Überschrift - folgenden Wortlaut (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen, welche durch die zur Leobner Ankündigungsabgabeordnung ergangenen Novellen nicht berührt wurden, sind hervorgehoben):

"§1

Abgabepflicht

Alle öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadtgemeinde Leoben unterliegen einer Abgabe nach den Bestimmungen dieser Abgabeordnung.

§2

Gegenstand der Abgabe

(1) Steuergegenstand der Abgabe bildet jede Art der Mitteilung von Tatsachen oder Umständen, die der Ankündigende bekanntmachen will und an deren allgemeiner Bekanntheit der Ankündigende ein Interesse hat.

(2) Als Ankündigung im Sinne des §1 gelten alle Ankündigungen in Druck, Schrift, Bild, insbesondere auch durch Licht oder Schallwirkungen oder die durch besondere Apparate ohne Unterschied der Art ihrer Herstellung oder Herstellungsstoffes, die an oder auf öffentlichen Verkehrsanlagen (Verkehrs- oder Erholungsflächen, Eisenbahnen, Flußläufen u.dgl.) oder in öffentlichen Räumen und Anlagen oder mittels Luftfahrzeugen oder Luftfahrgeräten hervorgebracht, angebracht, ausgestellt, vorgenommen werden oder wahrgenommen werden können. ...

(3) Öffentlich im Sinne dieser Abgabeordnung sind auch Ankündigungen auf Privatliegenschaften, in Privaträumen oder in dem über dem Gebiet der Stadtgemeinde Leoben gelegenen Luftraum, wenn sie öffentlich wahrgenommen werden können.

(4) Privaträume sind öffentlichen Räumen gleichzustellen, wenn sie dem allgemeinen Zutritt offenstehen. ...

(5) Als öffentliche Räume gelten auch die in Leoben verkehrenden Verkehrsmittel.

(6) Als öffentliche Ankündigungen gelten ferner alle Ankündigungen, ausgenommen periodische Medienwerke oder Druckwerke (§1 Abs1 Z. 5, BGBl. Nr. 314/1981), die durch Druck oder in anderer Art vervielfältigt werden und in Form der Versendung oder Verteilung verbreitet bzw. bekanntgemacht werden, wie Flugzettel (Postwurfsendungen, Prospektbeilagen in Zeitungen u.dgl.), Prospekte, sonstige Werbeschriften u.dgl.

§3

Abgabebefreiungen

(1) Von der Abgabe sind befreit:

1. Ankündigungen, die vom Bund, von den Ländern, den Gemeinden, den Gemeindeverbänden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften in Besorgung ihrer gesetzlichen bzw. öffentlichen Aufgaben veranlaßt werden, unter der Voraussetzung, daß die mit der Ankündigung verbundenen Veranstaltungen u.dgl. ausschließlich auf Rechnung und Gefahr dieser Körperschaften durchgeführt werden. ...

§4

Ausmaß der Abgabe und Bemessungsgrundlage

(1) Die Abgabe beträgt für Ankündigungen, für die ein Entgelt zu leisten ist, 20 v.H. des gesamten vom Ankündigenden zu leistenden Entgeltes, jedoch unter Ausschluß der Abgabe und der Umsatzsteuer.

(2) Bei Ankündigungen der im Abs1 bezeichneten Art sind die Kosten der Herstellung der Ankündigungen nicht in die Bemessungsgrundlage einzurechnen. ...

(3) Für Ankündigungen durch Plakate und ähnliche Ankündigungsmittel, die durch Hand-, Maschinschrift, Anstrich, Druck oder in anderer Weise hervorgebracht werden, für deren Anbringung, Ausstellung oder Vornahme kein Entgelt zu entrichten ist, beträgt die Abgabe für jedes Stück und jeden angefangenen 1/4 Quadratmeter der Ankündigungsfläche S 2,50 je angefangenem Kalendermonat. ...

(3a) Für Ankündigungen durch die unentgeltliche Verteilung bzw. Verbreitung von Flugzettel, Prospekten und sonstige Werbeschriften einschließlich allfällig angebrachter Rand- und Zusatzwerbungen beträgt die Abgabe bis zu einem Format von A3 (1.250 cm²) je 100 Stk. S 70,--. ...

(4) Für die Vornahme von Ankündigungen durch Rand- bzw. Zusatzwerbung auf Plakaten und sonstigen Werbemittel sind die Bestimmungen des §4 Abs1 bzw. §4 Abs15 analog anzuwenden.

(5) Für Ankündigungen, die durch Druck oder in anderer Art vervielfältigt werden und durch Versendung oder Verteilung (§2 Abs6) verbreitet bzw. bekanntgemacht werden, beträgt die Abgabe 20 v.H. vom Entgelt. Entgelt ist die gesamte Vergütung, die für die Verbreitungs-, Verteilungskosten u.dgl. aufgewendet wird.

(6) Für Ankündigungen, die durch Lichteinwirkung optisch hervorgebracht werden, beträgt die Abgabe für jeden angefangenen Quadratmeter der Ankündigungsfläche und angefangenen Tag S 1,--.

(7) ..."

II. 1.1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu Zl. B1869/99 eine Beschwerde gegen einen (Vorstellungs)Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft für die Vornahme von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadtgemeinde Leoben während eines bestimmten Zeitraumes (1. Jänner 1993 bis 31. Dezember 1993) eine Ankündigungsabgabe sowie ein Säumniszuschlag in bestimmter Höhe zur Entrichtung vorgeschrieben. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wurde keine Folge gegeben.

Begründend führt die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß die beschwerdeführende Gesellschaft im Vorschreibungszeitraum im Gebiet der Stadtgemeinde Leoben Hausverteilungen von Werbematerial und Prospekten gegen Entgelt vorgenommen habe; für derartige öffentliche Ankündigungen sei eine Abgabe (20 vH des gesamten, vom Ankündigenden zu leistenden Entgeltes, unter Ausschluß der Abgabe und der Umsatzsteuer) zu entrichten (§4 Abs1 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung).

1.2. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der §§2 Abs6 und 4 Abs5 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung entstanden. Der Gerichtshof hat daher das Beschwerdeverfahren mit Beschluß vom 26. Februar 2001 unterbrochen und von Amts wegen ein Verordnungsprüfungsverfahren hinsichtlich der eben genannten Bestimmungen eingeleitet.

1.3. Weder die Steiermärkische Landesregierung noch die Stadtgemeinde Leoben oder die im Anlaßverfahren beschwerdeführende Partei haben im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung erstattet.

2.1. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt auf Grund des dg. Beschlusses vom 18. Juni 2001 gemäß Art139 Abs1 B-VG festzustellen, daß §2 Abs6 sowie §4 Abs5 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung gesetzwidrig waren, in eventu die genannten Bestimmungen als gesetzwidrig aufzuheben. Zur Begründung führt er in seinem Antrag aus, daß er über eine (dg. zu Zl. 96/17/0250 protokollierte) Beschwerde gegen einen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung zu entscheiden habe, mit dem der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der beteiligten Stadtgemeinde Leoben (betreffend Ankündigungsabgabe) keine Folge gegeben wurde; im übrigen stützt sich der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Begründung seines Antrages ausschließlich auf den hg. Beschluß vom 26. Februar 2001, B1869/99.

2.2. Auch in diesem Verfahren wurde weder von der Steiermärkischen Landesregierung noch von der Stadtgemeinde Leoben oder der im Anlaßverfahren beschwerdeführenden Partei eine Äußerung erstattet.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat (in sinngemäßer Anwendung der ''187 und 404 ZPO iVm §35 VerfGG) die Verordnungsprüfungsverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

1.1.a) Zur Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens führte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß wörtlich folgendes aus:

"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß die Beschwerde zulässig ist und er daher über sie in der Sache zu entscheiden haben wird. Hiebei hätte er anscheinend auch §2 Abs6 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung sowie den - die Höhe der Ankündigungsabgabe für Druckwerke iS dieser Bestimmung regelnden - §4 Abs5 leg.cit. anzuwenden. Der angefochtene Bescheid stützt sich zwar hinsichtlich der Höhe der Abgabe auf §4 Abs1 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung; der Verfassungsgerichtshof geht aber vorläufig davon aus, daß die Prozeßvoraussetzungen auch hinsichtlich des §4 Abs5 leg.cit. gegeben sind, da diese Bestimmung die Bemessungsgrundlage und das Ausmaß der Abgabe für Ankündigungen gemäß §2 Abs6 leg.cit. regelt und daher von der belangten Behörde der Abgabenvorschreibung zugrunde zu legen gewesen wäre. Eine Norm ist vom Verfassungsgerichtshof dann anzuwenden und damit präjudiziell iSd Art140 bzw. Art139 B-VG, wenn die Behörde diese Bestimmung angewendet hat oder aber - wie offenbar in diesem Verfahren - anzuwenden gehabt hätte."

b) Da das Verordnungsprüfungsverfahren nicht ergeben hat, daß die vorläufige Annahme des Gerichtshofes, er habe die in Prüfung gezogenen Bestimmungen anzuwenden, unzutreffend wäre und auch sonst keine Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß der Verwaltungsgerichtshof die von ihm angefochtenen Bestimmungen im Anlaßbeschwerdefall anzuwenden hat.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag zulässig.

2.1. Die Erwägungen, die den Gerichtshof zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens veranlaßt hatten, legte er in seinem Prüfungsbeschluß wie folgt dar:

"Nach §14 Abs1 des - im Beschwerdefall maßgebenden - FAG 1989, BGBl. 687/1988, gehörten zu den ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben u.a. 'Abgaben von Anzeigen in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken' (Z6) sowie 'Abgaben von Ankündigungen' (Z12). Während letztere nach §14 Abs2 leg.cit. als ausschließliche Gemeindeabgaben eingestuft und durch §15 Abs3 Z4 leg.cit. in das freie Beschlußrecht der Gemeinden überstellt waren, waren die Anzeigenabgaben Landesabgaben, deren konkreten finanzverfassungsrechtlichen Typus festzulegen nach §8 Abs2 F-VG in die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung fiel.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, die Z6 des §14 Abs1 FAG (1989) stehe zur Z12 dieser Bestimmung im Verhältnis der lex specialis (vgl. VfSlg. 14.269/1995 bzw. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2000, B1459/99, zu den entsprechenden Bestimmungen des FAG 1997). Der Gerichtshof bleibt - vorläufig - bei dieser Rechtsprechung. Es ist somit davon auszugehen, daß der Begriff 'Anzeige' lediglich einen Sonderfall des Oberbegriffes 'Ankündigung' darstellt, Anzeigen (in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken) somit als spezieller Fall von Ankündigungen anzusehen sind. Im zitierten Erkenntnis VfSlg. 14.269/1995 hat der Verfassungsgerichtshof auch die Auffassung vertreten, daß dem Begriff der Ankündigung im abgabenrechtlichen Sinn das Moment der Öffentlichkeit immanent sei, und zwar so, daß es nicht darauf ankomme, ob es sich dabei um das Vorgehen des Ankündigenden oder um die beabsichtigte Wirkung der Ankündigung handle. Wenn der Gerichtshof in diesem Zusammenhang auf sog. Postwurfsendungen verwiesen hat (aaO, S. 307), so freilich nur zu dem Zweck, um eine mögliche Variante des Momentes der Öffentlichkeit beispielhaft zu belegen. Eine Aussage des Inhaltes, daß Postwurfsendungen jedenfalls Gegenstand von Ankündigungsabgaben seien, hat der Gerichtshof damit nicht getroffen; dies schon deswegen nicht, weil auch dem Begriff der Anzeigen - die, wie erwähnt, bloß einen Sonderfall der Ankündigungen bilden - das Moment der Öffentlichkeit immanent ist.

2.2. Gemäß §2 Abs6 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung gelten als öffentliche Ankündigungen all jene Ankündigungen, die durch Druck oder in anderer Art vervielfältigt werden und in Form der Versendung oder Verteilung verbreitet bzw. bekanntgemacht werden, wie Flugzettel (Postwurfsendungen, Prospektbeilagen in Zeitungen und dgl.) sowie Prospekte und sonstige Werbeschriften. Im bereits erwähnten hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2000, B1459/99, hat sich der Verfassungsgerichtshof - betreffend das Kärntner Anzeigenabgabegesetz, LGBl. 19/1997, - mit der Frage beschäftigt, ob eine Abgabe für Druckwerke, die ausschließlich aus Anzeigen bestehen oder als solche eine einzige Anzeige darstellen (Werbeprospekte, Werbekataloge und dgl.), bei denen somit bei Wegdenken bzw. Entfall der Werbung kein Druckwerk mit eigenständigem Inhalt mehr verbleibt, und die als Massensendungen durch die Post oder - wie auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren - durch andere Unternehmen gegen Entgelt verbreitet werden, auf Grund der allgemeinen finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung zur Erhebung von 'Abgaben von Ankündigungen' oder aber auf Grund der speziellen finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung zur Erhebung von 'Abgaben von Anzeigen in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken' ausgeschrieben werden könne. Der Verfassungsgerichtshof kam in diesem Erkenntnis - unter eingehender Würdigung der historischen Entwicklung auf dem Gebiet der Anzeigenabgaben und Ankündigungsabgaben sowie unter Bezugnahme auf Judikatur und Literatur - zu dem Ergebnis, daß Druckwerke, die ausschließlich aus Anzeigen bestehen oder als solche eine einzige Anzeige darstellen (Werbeprospekte, Werbekataloge und dgl.), Anzeigen iSd §14 Abs1 Z7 (des damals maßgeblichen) FAG 1997 seien."

2.2. In Anbetracht dieser Rechtsprechung - von der abzugehen der Verfassungsgerichtshof keine Veranlassung sieht - bleibt der Gerichtshof bei der - im Prüfungsbeschluß vorläufig vertretenen - Auffassung, daß durch §2 Abs6 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung in gesetzwidriger Weise Druckwerke, die ausschließlich aus Anzeigen bestehen oder als solche eine einzige Anzeige darstellen (Werbeprospekte, Werbekataloge und dgl.), bei denen somit bei Wegdenken bzw. Entfall der Werbung kein Druckwerk mit eigenständigem Inhalt mehr verbleibt, und die als Massensendungen durch die Post oder durch andere Unternehmen wie eine Massensendung gegen Entgelt verbreitet werden, als Ankündigungen iSd §14 Abs1 Z12 FAG 1989 (= §14 Abs1 Z13 FAG 1993) besteuert werden. Da solche Anzeigen aber unter den speziellen Tatbestand der "Anzeigen in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken" zu subsumieren sind, wären sie einer Besteuerung durch die Gemeinde - da es sich bei den "Abgaben von Anzeigen in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken" um eine ausschließliche Landesabgabe handelt (§14 Abs1 Z6 iVm §14 Abs2 e contrario FAG 1989 bzw. §14 Abs1 Z7 iVm §14 Abs2 e contrario FAG 1993) - nur dann zugänglich, wenn das Land diese Abgabe gemäß §8 Abs5 F-VG 1948 den Gemeinden in das freie Beschlußrecht übertragen hätte. Da dies der Steiermärkische Landesgesetzgeber jedoch nicht getan hat, hat die Gemeinde Leoben durch die Besteuerung von Druckwerken, die ausschließlich aus Anzeigen bestehen oder als solche eine einzige Anzeige darstellen, eine Zuständigkeit wahrgenommen, die ihr finanzausgleichsrechtlich nicht eingeräumt war; §2 Abs6 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung erweist sich daher als gesetzwidrig.

3. §4 Abs5 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung setzt ausschließlich für Ankündigungen gemäß §2 Abs6 leg.cit. die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe fest. Dieser Absatz steht also insofern mit §2 Abs6 leg.cit. in einem untrennbaren Zusammenhang, als er durch die Aufhebung des §2 Abs6 leg.cit. seinen Sinn verliert, weshalb er sich ebenfalls als gesetzwidrig erweist.

4. Auf Grund des am 31. Mai 2000 ausgegebenen Bundesgesetzes, BGBl. I 29/2000, mit dem u.a. das FAG 1997 geändert und eine Werbeabgabe eingeführt wird, entfallen ab 1. Juni 2000 in §14 und §15 FAG 1997 die die Anzeigenabgaben und die Ankündigungsabgaben betreffenden Bestimmungen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies bereits im hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2000, G19/00 u.a. Zlen., so interpretiert, daß durch den Wegfall dieser speziellen finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigungen die darauf beruhenden Besteuerungsrechte der Länder und Gemeinden unwirksam geworden sind. Die Leobner Ankündigungsabgabeordnung, welche nach dem Wortlaut ihrer Präambel seit dem Gemeinderatsbeschluß vom 7. Mai 1998, Zl. 11 St 3/110 - 1998, auf das FAG 1997 gestützt ist, und damit auch die in Prüfung gezogenen Normen sind daher mit Ablauf des 31. Mai 2000 iSd Art139 Abs4 B-VG außer Kraft getreten. Der Verfassungsgerichtshof hatte somit auszusprechen, daß die §§2 Abs6 und 4 Abs5 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung gesetzwidrig waren.

5. In Anbetracht dessen war auf den (in eventu gestellten) Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, §2 Abs6 sowie §4 Abs5 der Leobner Ankündigungsabgabeordnung als gesetzwidrig aufzuheben, nicht mehr einzugehen, da dieser lediglich für den Fall gestellt wurde, daß der Verfassungsgerichtshof zur Ansicht gelangen sollte, die angefochtenen Verordnungsstellen seien bislang nicht außer Kraft getreten.

6. Die Verpflichtung der Steiermärkischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieser Feststellung im Landesgesetzblatt erfließt aus Art139 Abs5 B-VG und §60 Abs2 (iVm §61) VerfGG.

IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Ankündigungsabgaben, Anzeigenabgaben, Finanzverfassung, Abgabenwesen, Abgaben Gemeinde-, Beschlußrecht, Finanzausgleich, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:V43.2001

Dokumentnummer

JFT_09989076_01V00043_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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