TE OGH 1986/10/14 2Ob8/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede P***, Pensionistin, Terz 2, 3195 Kernhof, vertreten durch Dr. Rudolf W. Volker, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagten Parteien 1.) Dusan K***, Maschinenarbeiter, Wiclefstraße 9, D-1000 Berlin 21, 2.) V*** DER V*** Ö***, Schwarzenbergplatz 7, 1030 Wien, beide vertreten durch Dr. Robert Plass, Rechtsanwalt in Leoben, wegen S 41.787 s.A., infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 31. Oktober 1985, GZ 7 R 166/85-12, womit das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 12. Juni 1985, GZ 5 Cg 502/84-7, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin erkannt, daß das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt wird.

Die Klägerin hat den beklagten Parteien die mit S 6.851,81 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 550,16 Umsatzsteuer und S 800,- Barauslagen) und die mit S 3.352,72 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten S 282,97 Umsatzsteuer und S 240,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 10. April 1981 wurde Josef P***, ein Sohn der Klägerin, bei einem vom Erstbeklagten mit einem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten Fahrzeug verursachten Verkehrsunfall getötet. Im Vorprozeß 5 Cg 115/83 des Kreisgerichtes Leoben wurde der Klägerin für ihr durch den Tod des Sohnes entgehende Unterhaltsleistungen eine monatliche Rente von S 2.000 zugesprochen. Mit der nunmehr vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, auf Grund der ihr gegenüber den beklagten Parteien zuerkannten monatlichen Rente von S 2.000 sei ihr die vom Pensionsversicherungsträger früher zu ihrer Witwenpension gewährte Ausgleichszulage - ebenso wie die zur Waisenpension eines ihrer Kinder gewährte Ausgleichszulage - entzogen worden und es sei auch zum Verlust verschiedener Begünstigungen, wie Befreiung von Rezeptgebühren, Telefongrundgebühr usw. gekommen, wodurch sie einen monatlichen Einkommensverlust von insgesamt S 928,60 erleide, den ihr die beklagten Parteien im Wege einer Erhöhung der monatlichen Rente zu ersetzen hätten.

Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung, weil im Hinblick auf die Unterhaltsleistungen des Sohnes der Klägerin ein Anspruch ihrerseits auf Bezug der Ausgleichszulage usw. schon seinerzeit nicht bestanden habe.

Das Erstgericht traf die auf den S. 4 bis 6 der Ausfertigung seines Urteiles enthaltenen Feststellungen und wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin habe seinerzeit wegen ihrer Bedürftigkeit monatliche Unterhaltsleistungen ihres Sohnes und dadurch ein Gesamteinkommen in einer Höhe erzielt, welches nach den einschlägigen Richtlinien die Gewährung einer Ausgleichszulage zur Witwenpension ausgeschlossen habe. Sie könne daher von den Schädigern nicht den Ersatz dieses unberechtigt aus öffentlichen Geldern erlangten Einkommens verlangen.

Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im Sinne der Entscheidung EvBl 1967/178 sei bei der Berechnung des durch den Tod des Unterhaltspflichtigen Entgangenen auch eine zufolge Gewährung der Witwenpension aberkannte Ausgleichszulage zu berücksichtigen, gleichgültig, ob diese ohne Vorliegen der sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezogen worden sei oder nicht. Da die auf die Waisenpension des Thomas P*** entfallende Ausgleichszulage offenbar der Klägerin gewährt worden sei, fehle es dieser auch diesbezüglich nicht an der aktiven KlagslegitimatiON Somit seien aber Feststellungen zur Höhe des Unterhaltsentganges erforderlich. Im Hinblick auf die gegen die Entscheidung EvBl 1967/178 in der Lehre vorgebrachten Bedenken erscheine der Ausspruch eines Rechtskraftvorbehaltes gemäß § 519 Abs 1 Z 3 und Abs2 ZPO erforderlich.

Im Rekurs der beklagten Parteien wird vorgebracht, die Ausgleichszulage sei der Klägerin vom Sozialversicherer nicht wegen des Todes ihres unterhaltspflichtigen Sohnes, sondern deswegen entzogen worden, weil der Sozialversicherer erst damals Kenntnis vom Fehlen der Voraussetzungen für den Bezug der Ausgleichszulage erhalten habe. Die Leistungen des Sohnes hätten richtigerweise gemäß § 292 Abs3 ASVG von vornherein voll berücksichtigt werden müssen, in welchem Falle eine Ausgleichszulage nie gewährt worden wäre. Die beklagten Parteien seien für die Klagsansprüche nicht haftbar.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis gerechtfertigt.

Gemäß § 1327 ABGB ist dann, wenn "aus einer körperlichen Verletzung der Tod erfolgt, den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetze zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, zu ersetzen". Nach ständiger Judikatur beschränkt sich der nach dieser Gesetzesstelle gewährte Ersatzanspruch auf das, was die Hinterbliebenen aus dem Titel des gesetzlichen Anspruches auf Unterhalt vom Unterhaltsverpflichteten verlangen konnten. Maßgebend für die Berechnung des Entganges sind dabei letztlich die tatsächlich erbrachten, Unterhaltscharakter aufweisenden Leistungen, soferne sie nicht auffallend über das gesetzliche Maß des Unterhaltes hinausgehen, also noch einigermaßen im Verhältnis zu diesem stehen (ZVR 1963/234; SZ 44/39; SZ 54/17; 8 Ob 65,66/85 u.a.).

Vorliegendenfalls wurde im Vorprozeß festgestellt, daß der Klägerin durch den Tod ihres Sohnes dessen ihr vordem erbrachten monatlichen Unterhaltsleistungen im Werte von S 2.000 entgehen. Zu deren Ersatz sind die beklagten Parteien im Sinne des § 1327 ABGB verpflichtet. Sie wurden demgemäß auch rechtskräftig zur Zahlung einer monatlichen Rente in der Höhe dieses Unterhaltsentganges von S 2.000 verurteilt. Einen höheren Unterhaltsbeitrag als ihn der Unterhaltsverpflichtete bei Lebzeiten dem Unterhaltsberechtigten schuldete bzw. annähernd innerhalb des gesetzlichen Ausmaßes tatsächlich leistete, hat der Schädiger nicht zu ersetzen. Kommt es auf Grund der Schadenersatzleistung des Schädigers zufolge bestehender gesetzlicher Vorschriften zum Wegfall gesetzlicher Begünstigungen des Hinterbliebenen, dann liegt hierin kein Unterhaltsentgang, der dem Schädiger gemäß § 1327 ABGB angelastet werden könnte. Es handelt sich vielmehr - soferne die gesetzlichen Begünstigungen früher rechtmäßig in Anspruch genommen worden waren - um einen von der vorgenannten Gesetzesstelle nicht mehr erfaßten weil außerhalb ihres Schutzbereichs gelegenen "mittelbaren" Schaden. Für einen solchen wird nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung nicht gehaftet (vgl. Reischauer in Rummel ABGB Rz 8, 9 zu § 1295 mit Literaturhinweisen; EvBl 1973/174; SZ 46/31, SZ 50/34, SZ 56/199 u.v.a.).

Die klagsgegenständlichen Ansprüche stellen somit grundsätzlich "mittelbare" Schäden dar, welche von den beklagten Parteien nicht zu ersetzen sind. Dem Rekurs war daher Folge zu geben und im Sinne des § 519 Abs3 letzter Satz ZPO das erstgerichtliche Urteil wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E09333

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00008.86.1014.000

Dokumentnummer

JJT_19861014_OGH0002_0020OB00008_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten