TE OGH 1986/10/14 5Ob154/86

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Veröffentlicht am 14.10.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf P***, Hauseigentümer, Märzstraße 148, 1140 Wien, vertreten durch Dr.Gerhard Munk, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Paul J***, Angestellter,

Degengasse 63/15-16, 1160 Wien, vertreten durch Dr.Roland Hubinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Wiederherstellung des Vorzustandes, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29. April 1986, GZ.41 R 1278/85-19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 23.September 1985, GZ.5 Cg 852/84-16, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den Rekurs des Klägers unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung:

Der Beklagte ist Mieter der im Haus des Klägers in Wien 16., Degengasse 63, gelegenen Wohnung top.Nr.15 und 16.

Mit der am 7.März 1983 erhobenen Klage begehrte der Kläger vom Beklagten die Entfernung einer in der Wohnung des Beklagten errichteten Trennwand und einer Badewanne, die Vermauerung eines hergestellten Mauerdurchbruches und den Wiedereinbau der in der Küche vorhanden gewesenen Sitzbadewanne. Der Beklagte habe entgegen der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarung, wonach Änderungen innerhalb des Mietgegenstandes der schriftlichen Zustimmung des Vermieters bedürften die aus dem Klagebegehren ersichtlichen Veränderung vorgenommen. Da der Beklagte sich trotz wiederholter Vorhalte weigere, den Vorzustand wieder herzustellen, sie die Klagsführung erforderlich.

Im Zuge des Verfahrens brachte der Kläger noch ergänzend vor, mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 9.1.1984 sei ihm die Beseitigung der baulichen Veränderungen und Wiederherstellung des konsensmäßigen Bauzustandes aufgetragen worden. Das Klagebegehren werde daher auch auf diesen Rechtsgrund gestützt (AS 30).

Der Beklagte stellte die Durchführung der genannten Arbeiten in seiner Wohnung ohne schriftliche Zustimmung des Klägers außer Streit und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil ihm der Kläger als Hauseigentümer im Jahre 1978 mündlich die Zustimmung zur Veränderung der Wohnung, insbesondere zur Errichtung eines Badezimmers erteilt habe. Die Arbeiten seien baubehördlich noch nicht genehmigt; der Kläger habe die Unterzeichnung des Einreichplanes verweigert. Der Beklagte habe auch schon einen Antrag im außerstreitigen Verfahren wegen Zustimmung zu den baulichen Veränderungen gestellt.

Demgegenüber bestritt der Kläger, mündlich eine Zustimmung zu baulichen Veränderungen gegeben zu haben.

Das Erstgericht ließ die beantragten Beweise über die behauptete mündliche Zustimmung des Klägers sowie darüber zu, ob die Arbeiten von einem konzessionierten Unternehmer durchgeführt worden seien und unterbrach das Verfahren auf Antrag des Beklagten gemäß § 41 MRG bis zur rechtskräftigen Erledigung des anhängigen Schlichtungsstellenverfahrens.

Mit Beschluß vom 23.9.1985 (ON 16 dA) eröffnete das Erstgericht das zwischenweilig fortgesetzte und geschlossene Verfahren wieder und erklärte es neuerlich bis zur rechtskräftigen Erledigung des vom Beklagten neu anhängig gemachten Schlichtungsstellenverfahrens auf Ersetzung der mangelnden Zustimmung des Vermieters zu den Verbesserungsarbeiten gemäß § 41 MRG für unterbrochen. Das Gericht zweiter Instanz hob aus Anlaß des vom Kläger dagegen erhobenen Rekurses den angefochtenen Beschluß des Erstgerichtes als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es sprach dazu aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das neue besondere Außerstreitverfahren in den Angelegenheiten des § 37 Abs.1 MRG habe eine wesentliche Erweiterung der Zuständigkeit des Außerstreitrichters gebracht. Darnach werde vor allem die Entscheidung über die Verpflichtung des Vermieters, vom Mieter beabsichtigten Veränderungen am Bestandgegenstand zuzustimmen, umfassend dem Wirkungsbereich des Außerstreitrichters in dem besonderen Verfahren nach § 37 MRG zugeordnet. Nur vertragliche Ansprüche seien im Rechtsweg durchzusetzen. Duldungsansprüche des Hauptmieters nach § 9 Abs.1 MRG ebenso wie Unterlassungsansprüche des Vermieters seien hingegen vom Außerstreitrichter zu entscheiden (Würth-Zingher 2 , Anm.5 zu § 9 MRG und Anm.14 zu § 37 MRG, Krejci in Korinek-Krejci, HBzMRG, 259; OGH 11.3.1986, 5 Ob 7/86). Der Unterlassungsansrpuch wie auch der hier gegenständliche Entfernungs- und Wiederherstellungsanspruch gründeten sich darauf, daß der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters Veränderungen durchgeführt habe, die nach § 9 MRG von der Zustimmung des Vermieters abhängig seien. Der Unterschied dieser Begehren bestehe darin, daß bei letzteren die Veränderungen bereits ausgeführt seien. Der materiellrechtliche Bereich des § 9 MRG sei daher in beiden auf Antrag des Vermieters eingeleiteten Verfahren zu prüfen. Wenn nun die Literatur und Rechtsprechung die Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens für den Unterlassungsanspruch bejahe, bestünden keine Bedenken auch den Entfernungs- und Wiederherstellungsanspruch, bei denen die gleichen materiellrechtlichen Fragen des § 9 MRG zu untersuchen seien, auch im außerstreitigen Verfahren zu behandeln. Dies umso mehr, als das außerstreitige Verfahren nach § 37 MRG auch Leistungsansprüche kenne und überdies nur im außerstreitigen Verfahren auch die Interessen der anderen Mieter des Hauses, auf die nach § 9 MRG Bedacht zu nehmen sei, berücksichtigt werden könnten.

Aus diesen Gründen sei die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses und des diesem vorangegangenen Verfahrens aus Anlaß des Rekurses von Amts wegen wahrzunehmen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Eine Überweisung der Rechtssache ins außerstreitige Verfahren sei wegen der gemäß § 39 Abs.1 MRG obligatorisch in Wien vorgeschaltenen Schlichtungsstelle ausgeschlossen gewesen. Die auf die §§ 528 Abs.2, 526 Abs.3, 500 Abs.3,

502 Abs.4 Z 1 ZPO gestützte Zulassung des Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens für Entfernungs- und Wiederherstellungsansprüche, in welchen die gleichen materiellrechtlichen Fragen des § 9 MRG zu untersuchen seien. Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Ob ein Rechtsschutzantrag im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren abzuhandeln ist, muß - wie der Rechtsmittelwerber zutreffend ausführt - nach dem Wortlaut des Entscheidungsbegehrens und den zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen beurteilt werden (vgl. Fasching, Lehrbuch, Rz 101; SZ 48/3; MietSlg.34.340 ua). Ergeben sich im Zuge des Verfahrens - auch mit Berücksichtigung des Sachvorbringens des Beklagten - Tatsachen, aus denen die Unzulässigkeit des Rechtsweges erkennbar wird, so muß das Gericht dies von Amts wegen bis zum Eintritt der Rechtskraft wahrnehmen (Fasching, aaO, Rz 101).

Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch unzweifelhaft schlüssig ins außerstreitige Verfahren verwiesen sind (§ 1 AußStrG), gehören auf den streitigen Rechtsweg (vgl. EvBl.1982/61 = MietSlg.33.574/19; MietSlg.34.706/18, 34.340 ua).

Der erkennende Senat des Obersten Gerichthofes billigt wohl die vom Rekursgericht vertretene Rechtsmeinung, daß die für "Veränderung (Verbesserung) des Mietgegenstandes (§ 9)" normierte Verweisung ins Außerstreitverfahren (§ 37 Abs.1 Z 6 MRG) auch für Entfernungs- und Wiederherstellungsbegehren in Fällen gilt, in welchen der Mieter Veränderungen (Verbesserungen) die nach § 9 MRG der Zustimmung des Vermieters bedürfen, ohne dessen Zustimmung vornimmt, das Rekursgericht hat jedoch im vorliegenden Fall nicht beachtet, daß dies für vertragliche Ansprüche des Mieters, die die Vornahme bestimmter baulicher Veränderungen am Mietobjekt zum Gegenstand haben, nicht gilt (vgl. MietSlg.36.483 und 36.486). Da der Kläger dem Klagebegehren die Behauptung zugrunde gelegt hat, der Beklagte habe entgegen der im Mietvertrag vereinbarten schriftlichen Zustimmung die baulichen Veränderungen ohne Einholung dieser Zustimmung vorgenommen, und der Beklagte demgegenüber eingewendet hat, der Kläger habe ihm 1978 die Zustimmung zu diesen Arbeiten mündlich erteilt, liegen dem hier geltend gemachten und vom Beklagten bestrittenen Rechtsschutzbegehren vertragliche Ansprüche auf Unterlassung der Veränderungen zugrunde, die ausschließlich auf den (streitigen) Rechtsweg gehören. Das Rekursgericht ist daher zu Unrecht zur Ansicht gelangt, der vorliegende Anspruch sei im außerstreitigen Verfahren abzuhandeln.

Es mußte daher dem Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes aufgehoben und diesem die Entscheidung über den Rekurs des Klägers unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen werden. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E09195

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00154.86.1014.000

Dokumentnummer

JJT_19861014_OGH0002_0050OB00154_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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