TE OGH 1986/10/21 10Os125/86

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Veröffentlicht am 21.10.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedrich, Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch und Dr.Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Hinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Josefine L*** wegen des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 5. Dezember 1985, GZ 23 Vr 3027/83-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr.Nurscher, der Angeklagten Josefine L*** und ihres Verteidigers Dr. Schar zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 4.Oktober 1949 geborene Geschäftsfrau Josefine L*** des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG schuldig erkannt.

Darnach hat sie im Sommer 1983 in Innsbruck in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften und Laufbilder - die (43) Titel sind im Urteil detailliert angeführt - zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten sowie anderen angeboten und überlassen.

Hinsichtlich weiterer Druckwerke und einer Videokassette (insgesamt 59 Titel) enthält das Urteil auch einen Teilfreispruch der Angeklagten; ein Mitangeklagter wurde zur Gänze freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Während die Freisprüche in Rechtskraft erwachsen sind, bekämpft die Angeklagte das Urteil mit einer auf die Gründe der Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Was die Abweisung des Antrages auf Einvernahme der Zeugen Dr. Wolfgang F***, Mag. Wolfgang P*** und Helmut H*** (S 98, Punkt 7. und 8.) anlangt, die zum Beweis dafür geführt worden sind, daß ein Teil der beschlagnahmten Hefte gerade erst angeliefert und von der Angeklagten noch nicht zum Verkauf bereit gehalten, trotzdem aber beschlagnahmt und in die gleichen (gemeint wohl: die selben) Schachteln eingepackt worden sei, in welchen er angeliefert worden war, so ist der vom Erstgericht hiefür gegebenen Begründung (US 27, 30) durchaus beizupflichten. Denn der von der Beschwerdeführerin gar nicht bestrittene (S 96) Umstand, daß sie sämtliche beschlagnahmten Hefte bereits mit Preisetiketten versehen hatte, konnte vom Erstgericht durchaus schlüssig und lebensnah dahin gewürdigt werden, daß eine spätere Kontrolle der Druckwerke auf ihren unzüchtigen Inhalt hin gar nicht mehr vorgesehen war (US 27). Damit aber, daß die Ware überhaupt noch nicht ausgepackt gewesen wäre oder daß sie selbst die Hefte nach deren Auspreisung, jedoch vor der Beschlagnahme wieder in die Schachteln zurückgelegt hätte (sie also für Dritte erkennbar noch nicht zum Zwecke des Verkaufs ausgelegt gewesen wären, was ein Indiz für das behauptete Vorhaben einer späteren Kontrolle hätte sein können) und die Hefte in diesem Zustand von der Gerichtskommission beschlagnahmt worden seien, hat sich die Angeklagte nicht verantwortet. Über das behauptete bloß innere Vorhaben der Angeklagten, die bereits ausgepackten und ausgepreisten Magazine doch noch nachträglich auf ihren strafrechtlich relevanten Inhalt zu untersuchen, hätten jedoch die Zeugen naturgemäß keine Angaben machen können.

Auch die Abweisung des Antrages (S 98, Punkt 5. und 6.) auf Beischaffung bestimmter Strafakten des Landesgerichtes Innsbruck, deren Einholung wegen der angeblich daraus ersichtlichen unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung gleichartigen pornographischen Materials zum Beweise für den von der Angeklagten ins Treffen geführten Rechtsirrtum und dessen Entschuldbarkeit beantragt worden war, erfolgte zu Recht. Die Strafakten AZ 27 Vr 3025/83, 31 Vr 3026/83 und 31 Vr 331/84 des Landesgerichtes Innsbruck betrafen nämlich, wie vom Obersten Gerichtshof erhoben wurde (§ 285 f StPO), weder die Angeklagte selbst noch hat sie sich etwa damit verantwortet, auf Grund anderweitig erlangter Kenntnis von Inhalt und Gegenstand jener Strafverfahren - soweit dies zeitmäßig (Tatzeit Sommer 1983) überhaupt in Betracht gekommen wäre - in einem entschuldbaren Rechtsirrtum über die tatbildmäßige Unzüchtigkeit der den Gegenstand dieses Strafverfahrens bildenden pornographischen Erzeugnisse gewesen zu sein. Die in der Beschwerde in diesem Zusammenhang enthaltene allgemeine Polemik über die angeblichen Schwierigkeiten, denen sich einschlägige Händler bei der Beurteilung der strafrechtlichen Relevanz pornographischer Artikel wegen der behaupteten uneinheitlichen Rechtsprechung (des Landesgerichtes Innsbruck) auf diesem Sektor gegenüber sähen, ist daher mangels Bezugnahme auf den konkreten Verfahrensgegenstand und die diesbezügliche Verantwortung der Angeklagten unbeachtlich. Die Verfahrensrüge ist demnach unbegründet.

Gleichfalls zu Unrecht wendet die Angeklagte ein (Z 5), der Ausspruch des Gerichtshofes, "warum diese Hefte unter das Pornographiegesetz fallen", sei begründungslos, da die (auf US 13) angeführten "Schlagworte" nicht als Begründung angesehen werden können. Diesem Vorwurf zuwider hat sich das Jugendschöffengericht ausführlich mit jedem einzelnen der beanstandeten Verfahrensgegenstände befaßt und detailliert angegeben, warum es in den betreffenden Punkten zu einem Schuldspruch gekommen ist (US 14 bis 25). Diese Darlegungen, deren Richtigkeit von der Beschwerdeführerin in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten wird, lassen den Grund der jeweiligen Beanstandung eindeutig erkennen. Von einer Mangelhaftigkeit, einem völligen Fehlen oder einer Substanzlosigkeit der Begründung des betreffenden Urteilsausspruches kann somit nicht die Rede sein.

Nicht im Recht ist die Beschwerdeführerin ferner insoweit, als sie - nominell gestützt auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, der Sache nach aber einen Feststellungsmangel im Sinn der Z 9 lit b dieser Gesetzesstelle relevierend - einwendet, in Heften zwar lesbische Szenen gesehen zu haben, einem entschuldbaren Rechtsirrtum über das Verbot solcher Darstellungen aber deshalb unterlegen zu sein, weil diese von der "Vorzensur" (gemeint wohl: Vorprüfung) der Zulieferfirma unbeanstandet geblieben sind, während andere Abbildungen sehr wohl durch schwarze Punkte unkenntlich gemacht oder auch ganze Seiten herausgerissen worden waren. Das Erstgericht hat sich mit dieser Verantwortung der Angeklagten nämlich ausdrücklich auseinandergesetzt und ausgeführt, daß sie sich auf eine solche Vorprüfung schon deshalb nicht verlassen durfte, weil sie anläßlich früherer Kontrollen gleichartiger Lieferungen der Fa. A*** - trotzdem - unzüchtige Darstellungen habe feststellen und aus den Heften herausreißen müssen (US 27). Ihre diesbezüglichen Einwendungen sind daher unbeachtliche Kritik an der tatrichterlichen Beweiswürdigung.

Ein in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin angestellter Vergleich der in den von ihr feilgehaltenen Druckwerken enthaltenen "reinen Textstellen" mit Werken der Weltliteratur ist schon darum unzulässig, weil die verfahrensgegenständlichen Magazine nach den Urteilsannahmen bloß auf sich selbst reduzierte vulgäre Schilderungen von Sexualvorgängen beinhalten. Insoweit geht demnach die (damit der Sache nach erhobene Rechts-)Rüge (Z 9 lit a) fehl. Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b schließlich reklamiert die Beschwerdeführerin einerseits die Entschuldbarkeit eines ihr zuzubilligenden Rechtsirrtums und andererseits die Anwendung des § 42 StGB

Auch diese Einwendungen versagen.

Mit zutreffender Begründung hat das Jugendschöffengericht dargetan, warum es der Angeklagten einen allfälligen Rechtsirrtum zum Vorwurf gemacht hat (US 29 f). Von einer unklaren oder schwankenden Rechtsprechung, wie sie die Beschwerdeführerin behauptet, kann seit der Grundsatzentscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 6.Juni 1977, 13 Os 39/77 (EvBl 1977/186 = RZ 1977/95) nicht die Rede sein. Die Angeklagte als Betreiberin eines sogenannten Sex-Shops war verpflichtet, sich mit den einschlägigen Bestimmungen des Pornographiegesetzes sowie ihrer - nunmehr seit Jahren gefestigten - Auslegung vertraut zu machen und ferner die angelieferte Ware (ungeachtet einer allfälligen Vorprüfung durch den Großhändler) grundsätzlich auch selbst einer Kontrolle zu unterziehen (vgl. 11 Os 96/84 u.a.). In der Verletzung dieser umfassenden Erkundigungs- und Überprüfungspflicht liegt das Verschulden der Angeklagten, die sich darum auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum jedenfalls nicht berufen kann.

Die Anwendung der Bestimmung des § 42 StGB hinwieder würde aber insbesondere das Vorliegen konkreter Umstände voraussetzen, die fallbezogen im Rahmen des typisierten Schuld- und Unrechtsgehalts des in Rede stehenden Deliktes die inkriminierte Tat deliktsspezifisch als unter der Norm liegend erscheinen lassen (ÖJZ-LSK 1984/5 zu § 42 StGB). Davon kann aber hier schon wegen der größeren Anzahl der den Gegenstand des Schuldspruchs bildenden Druckwerke und Laufbilder nicht gesprochen werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Jugendschöffengericht verhängte über die Angeklagte nach § 1 Abs 2 PornG, § 37 StGB eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen (für den Fall der Uneinbringlichkeit 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), bestimmte die Höhe des Tagessatzes mit 300 S und sah diese Strafe gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Gemäß § 3 Abs 1 PornG und § 33 Abs 1 MedienG wurden die schuldspruchgegenständlichen Laufbilder und Druckwerke für verfallen erklärt bzw. eingezogen.

Bei der Strafbemessung wertete das Gericht keinen Umstand als erschwerend, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten.

Gegen diesen Strafausspruch richtet sich ihre Berufung mit dem Begehren, die Geldstrafe nach Anzahl und Höhe der Tagessätze zu ermäßigen.

Die Berufung ist unbegründet.

Dem bisher ordentlichen Lebenswandel und dem zwar nicht bei den Strafbemessungserwägungen, aber doch in den Entscheidungsgründen ausdrücklich erörterten und offen gelassenen, daher im Zweifel zu Gunsten der Angeklagten anzunehmenden Umstand, daß sie die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen hat (§ 34 Z 12 StGB), wurde durch Anwendung der Bestimmung des § 37 StGB und der darnach mit 180 Tagessätzen (bei einem gesetzlichen Strafsatz bis zu einem Jahr Freiheits- und daneben noch angedrohter Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen) bemessenen, noch dazu bedingt nachgesehenen Geldstrafe im Ergebnis gebührend Rechnung getragen. Eine weitere Mäßigung dieser Strafe kommt wegen der Vielzahl der vom Schuldspruch erfaßten unzüchtigen Erzeugnisse nicht in Betracht und würde das ohnedies nicht unmittelbar zu verspürende Strafübel außerdem jeglicher Effektivität entkleiden.

Die festgesetzte Höhe des Tagessatzes mit 300 S entspricht hinwieder den vom Erstgericht festgestellten persönlichen Verhältnissen und der nach den Umständen des Falles zutreffend eingeschätzten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Angeklagten. Der Berufung konnte daher in keiner Richtung ein Erfolg beschieden sein.

Anmerkung

E09452

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00125.86.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19861021_OGH0002_0100OS00125_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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