TE OGH 1986/11/25 5Ob143/86

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Veröffentlicht am 25.11.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Elisabeth Q***, Pensionistin,

Marschallgasse 11, 8020 Graz, wider den Antragsgegner Hans R***, Pensionist, Marschallgasse 11, 8020 Graz, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Festsetzung des Anteils an den Gesamtkosten des Hauses nach § 37 Abs 1 Z 9 MRG, infolge Revisionsrekurses des Mieters Karl S***,

Direktor, Marschallgasse 11, 8020 Graz, vertreten durch Dr. Hella Ranner, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 25.Mai 1986, GZ 3 R 106/86-14, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 12.Juni 1985, GZ 8 Msch 10/85-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung haben der Rechtsmittelwerber und der Vermieter selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Mieterin Elisabeth Q*** hat mit ihrem Antrag auf Überprüfung der Nutzflächen und Feststellung des Verteilungsschlüssels für die Gesamtkosten des Hauses (§ 17 Abs 1 MRG) die Sache bei der Gemeinde anhängig gemacht. An dem Verfahren beteiligte sich der Mieter Karl S***, der einer Einbeziehung des ihm zur Benützung überlassenen Raumes im Kellergeschoß des Hauses Marschallgasse 11 in 8020 Graz in die Nutzflächenberechnung mit dem Einwand entgegentrat, er benütze diesen 39 m 2 großen Raum schon seit 10 Jahren nicht mehr als Werkstätte sondern als Abstellraum.

Die Entscheidung der Gemeinde, die unter Einbeziehung des ehemals als Werkstätte und derzeit als Abstellraum verwendeten Bestandobjektes mit 39 m 2 Nutzfläche den Aufteilungsschlüssel nach § 17 MRG im Verhältnis der Nutzfläche der einzelnen Mietgegenstände zur Nutzfläche aller vermieteten, vom Vermieter benützten oder trotz ihrer Vermietbarkeit nicht vermieteten Mietgegenstände des Hauses festsetzte und den Anteil des Mieters Karl S*** für den Abstellraum im Keller mit 2,55 % bestimmte, trat außer Kraft, als dieser Mieter am 26.März 1985 in der Frist des § 40 Abs 1 MRG das Gericht anrief. Zu seiner Wohnung im 2. Stock des Hauses gehöre auch der Kellerraum, den er und seine Frau einige Zeit als Atelier und Gewerberaum verwendeten, seit 10 Jahren aber nur mehr wie ein Kellerabteil zu privaten Lagerzwecken benützten. Eine geschäftliche Nutzung finde nicht statt und sei auch gar nicht möglich, weil das Arbeitsinspektorat dies nicht dulde. Der Kellerraum sei bei der Aufteilung der Gesamtkosten des Hauses nicht zu berücksichtigen. Der Vermieter wendete ein, der Raum sei vom Mieter zur Produktion und gewerblichen Lagerung verwendet worden. Er habe einer Umwidmung nicht zugestimmt. Daß der Mieter seine geschäftliche Tätigkeit in dem Raum aufgegeben habe, ändere nichts an der Eignung für Geschäftszwecke.

Das Erstgericht setzte den neuen Verteilungsschlüssel für die Gesamtkosten des Hauses unter Einbeziehung des Werkstättenraumes im Kellergeschoß (Nutzfläche 39 m 2 ; Anteil an den Gesamtkosten 2,55 %) mit den Anteilen der einzelnen Mietgegenstände fest. Es stellte fest, daß der Kellerraum dem Mieter Karl S*** vom Vermieter zur Adaptierung nach den gewerblichen Bedürfnissen des Mieters überlassen wurde, daß sich im Raum ein Wasserauslaß mit Waschbecken und Spiegel befindet, die Werkstätte eine funktionsfähige Heizquelle und neben der natürlichen Beleuchtung durch drei Kellerfenster Neonlicht aufweist, daß der Mieter 1971 einen Schiffboden verlegen ließ und den Raum von 1960 bis zur Zurücklegung seiner Gewerbeberechtigung im Jahr 1975 als Werkstätte zur Herstellung von Plüschtieren verwendete. Die Gewerbebehörde kontrollierte den Raum und fand keinen Anlaß zur Bemängelung. Im Keller befinden sich zwei Stellagen, drei Stockerl, leere Kisten, 18 Sessel, eine bemalte Truhe, ein Wandschrank, ein weiterer Kasten, vier Tische, ein Fensterflügel, Schier, Schiträger und Kübel. Zur Lagerung von Brennmaterial hat der Mieter Karl S*** ein Kellerabteil zur Verfügung. Am 1.April 1985 teilte das Arbeitsinspektorat mit, das Bestandobjekt entspreche wegen der zu geringen Raumhöhe, dem 1,9 Meter unter angrenzendem Niveau liegenden Boden, Eindringen von Bodenfeuchtigkeit und zu gering gehaltener natürlicher Beleuchtungsfläche nicht den Vorschriften der Arbeitnehmerschutzverordnung. Einer gewerblichen Nutzung und der Beschäftigung von Arbeitnehmern in dem Raum könne nicht zugestimmt werden.

Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt rechtlich dahin, die Nutzfläche des Kellerraumes sei nach § 17 Abs 2 MRG zu berücksichtigen, weil er als Geschäftsraum verwendet wurde und diese Eigenschaft nicht verloren habe, wenn der Mieter seine geschäftliche Tätigkeit nicht mehr ausübe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Mieters Karl

S*** nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Kellerräume seien nach § 17 Abs 2 MRG bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen, wenn sie nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet seien. Diese Eignung sei nach dem Zustand der Kellerräume zu beurteilen. Es komme weder auf die subjektive Absicht der Vertragsteile, noch auf die tatsächliche Verwendung noch auf verwaltungsrechtliche Bestimmungen des Arbeitnehmerschutz-, Gewerbe- oder Baurechtes an. Der Kellerraum sei dem Mieter vom Vermieter zu geschäftlichen Zwecken überlassen, vom Mieter adaptiert und bis 1975 zu einer geschäftlichen Tätigkeit verwendet worden. Schon daraus ergebe sich die objektive Eignung des Raumes zu Geschäftszwecken, wobei eine Verwendung als Lagerraum ausreiche.

Gegen diesen bestätigenden Sachbeschluß richtet sich der zugelassene Revisionsrekurs des Mieter Karl S***, der die Änderung der Sachentscheidung dahin anstrebt, daß der im Kellergeschoß gelegene Raum mit 39 m 2 Nutzfläche bei der Erstellung des Verteilungsschlüssels ausgeschaltet wird. Der Vermieter beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rüge einer Aktenwidrigkeit versagt, weil es nicht darauf ankommt, ob der Kellerraum schon bei der Überlassung mit der gemieteten Wohnung zu geschäftlichen Zwecken Verwendung fand oder erst später im Jahre 1960 im Einvernehmen zwischen dem Mieter und dem Vermieter die Änderung des Verwendungszweckes als Werkstätte für die gewerbliche Tätigkeit des Mieters bei Ausübung seiner Gewerbeberechtigung für das Spielzeugherstellerhandwerk nach der vom Mieter vorzunehmenden Adaptierung vereinbart wurde und es auch nicht von Bedeutung ist, ob für den Kellerraum (gesondert) Mietzins bezahlt wurde. Weder aus dem früheren Betriebskostenschlüssel nach § 4 Abs 1 MG, der an das Verhältnis der gesetzlichen Mietzinse anknüpfte, noch aus § 16 Abs 1 Z 1 MRG ist für den Standpunkt des Rechtsmittelwerbers etwas zu gewinnen. Im Rahmen der Neuordnung des Mietrechts mußte auch ein von den früheren Bestimmungen abweichender Verteilungsschlüssel für die Gesamtkosten des Hauses gefunden werden, den § 17 MRG ohne Rücksicht auf die Verwendung zu Wohn- oder Geschäftszwecken nur mehr aus dem Verhältnis der Nutzfläche der einzelnen Mietobjekte zur Summne der Nutzfläche aller Mietobjekte einschließlich der vom Vermieter benützten und der trotz Vermietbarkeit nicht vermieteten Mietgegenstände gewinnt. Jeder Mietgegenstand wird ungeachtet seines Zustandes und seiner Art gleich behandelt (Palten in Korinek-Krejci, HBzMRG, 393). Nach § 17 Abs 2 MRG ist die in Quadratmetern auszudrückende Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines sonstigen Mietgegenstandes (§ 1 Abs 1 Satz 1 MRG). Kellerräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, sind bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. Damit folgt das Mietrechtsgesetz den Vorbildern des § 16 Abs 2 WGG, aber auch des § 2 Abs 2 Z 7 MG idF MRÄG BGBl. 1967/281, die gleichfalls Kellerräume als Zubehör einer Wohnung nutzflächenirrelevant sein ließen, wenn sie nicht zu Wohnzwecken ausgestattet sind, etwa als Kellerstüberl, Hobbywerkstatt oder Sauna eingerichtet wurden, aber Keller (und Dachboden) nutzflächenrelevant machten, wenn solche Räume selbständig zu Betriebs-, Geschäfts- oder Wohnzwecken nutzbar sind oder als Zubehör mit einem betrieblichen, gewerblichen oder sonstigen geschäftlichen Nutzungsgegenstand räumlich oder rechtlich verbunden sind (Eckharter-Hauswirth-Meinhart-Rollwagen, Die Nutzfläche im Wohnrecht, 56). Die Widmung zu Geschäftszwecken führt dazu, daß auch sonst neutrale Räume, wie Kellerräume, in die Nutzfläche einzubeziehen sind, auch wenn es sich nur um Lagerräume handelt (Eckharter-Hauswirth-Meinhart-Rollwagen, aaO, 78 und 42). Auch der Rechtsmittelwerber stellt nicht in Abrede, daß im Jahre 1960 die Widmung des Kellerraumes im Einvernehmen mit dem Vermieter dahin geändert wurde, daß er als Werkstättenraum für die gewerbliche Tätigkeit des Mieters adaptiert und verwendet werde. Die einseitige Aufgabe der Verwendung des Geschäftsraumes durch den Mieter als Folge der Zurücklegung seines Gewerbescheines mit dem 7.November 1975 hebt die objektiv zu beurteilende Eignung des Kellerraumes zu Geschäftszwecken nicht auf. Aber auch dem Schreiben des Baupolizeiamtes des Magistrates Graz vom 13.Mai 1985 ist nur zu entnehmen, daß die Verwendung eines Kellerraumes für betriebliche Zwecke als Lagerraum ohne baubehördliche Bewilligung unzulässig und verwaltungsrechtlich strafbar ist und daß Ausnahmen von den Vorschriften des § 30 Abs 2 (Bodenniveau von Arbeitsräumen) und § 31 Abs 3 (Höhe von Arbeitsräumen) der Steiermärkischen Bauordnung zulässig sind. Nach den im Tatsachenbereich getroffenen Feststellungen ist der 39 m 2 große Raum im Keller, der vom Mietvertrag des Rechtsmittelwerbers umfaßt wurde und den er zu geschäftlichen Zwecken benutzen durfte, objektiv zumindest zu gewerblicher Lagerung geeignet und daher in die Nutzfläche einzubeziehen (§ 17 Abs 2 MRG). In der Zugrundelegung dieser Einbeziehung bei der Ermittlung des neuen Gesamtkostenverteilungsschlüssels durch die Vorinstanzen liegt keine rechtsirrtümliche Gesetzesanwendung.

Der Sachbeschluß der zweiten Instanz ist zu bestätigen. Ein Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung findet in diesem Verfahren nach § 37 Abs 3 Z 19 MRG nur ausnahmsweise dann statt, wenn solche Kosten mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht wurden. Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Sonst hat grundsätzlich die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung jede Partei selbst zu tragen. Andere Kosten scheinen in den Kostenverzeichnissen der Parteien nicht auf.

Anmerkung

E09607

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00143.86.1125.000

Dokumentnummer

JJT_19861125_OGH0002_0050OB00143_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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