TE OGH 1986/12/2 10Os163/86

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Veröffentlicht am 02.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Dezember 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedrich, Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch sowie Dr.Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian Hermann L*** und andere Angeklagte wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten L*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 24.September 1986, GZ 23 Vr 2826/84-58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch die Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil - das auch andere, teils zwei weitere, am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligte, Angeklagte betreffende Entscheidungen enthält - wurde der Angeklagte Christian Hermann L*** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Der Angeklagte L*** bekämpft allein den Schuldspruch wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB (Punkt I A 1 b cc des Urteilssatzes) - in welchem er schuldig erkannt wurde, am 14.Oktober 1984 in Linz den Walter W*** (den er schon bei einer vorausgegangenen tätlichen Attacke leicht verletzt hatte, nach Beendigung der deshalb erfolgten Polizeiintervention wiederum) durch Zuschlagen mit einem Barhocker (nunmehr) an sich schwer verletzt, nämlich ihm einen Bruch des linken Arms (genauer: einen offenen Bruch der linken Elle - siehe S 49/I) zugefügt zu haben - mit Nichtigkeitsbeschwerde aus der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Wohl ist jene Passage im erstgerichtlichen Urteil, wonach die Verantwortung des Angeklagten, W*** habe sich selbst durch Losschlagen auf den Barhocker verletzt, durch mehrere Aussagen widerlegt sei (US 23), unzutreffend. Angesichts des Umstandes, daß das Schöffengericht im Anschluß daran aber in ausführlicher Erörterung des Beweiswertes der Aussagen sämtlicher über das Tatgeschehen vernommenen Personen darlegte, warum es der Aussage des Zeugen W*** folgte, nicht aber jener der Zegen K*** und F*** (im Urteil unrichtig: F***) sowie des Angeklagten, zeigt sich jedoch, daß das gerügte Versehen in der einleitenden, nicht näher substantiierten, bloß floskelhaften Wendung keine entscheidende Tatsache betrifft.

Das Erstgericht beachtete den Umstand, daß der Zeuge F*** ein Neffe des Verletzten ist, sehr wohl (US 24), legte aber auch des weiteren dar, aus welchen Erwägungen es dennoch der den Angeklagten entlastenden Aussage dieses Zeugen nicht zu folgen vermochte (US 24 und 26). Damit kam es seiner Begründungspflicht nach. Die Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde, wonach kein vernünftiger Grund für eine entlastende Aussage dieses Zeugen bestünde, die somit dieser Aussage dennoch positiven Beweiswert zuzuerkennen bestrebt sind, stellen sich demnach als im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehene und daher unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar.

Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers findet die Konstatierung, daß W*** wegen der gegenständlichen Art Anzeige erstattete, sehr wohl im Akteninhalt Deckung, denn von der Bundespolizeidirektion Linz wird in der in der Hauptverhandlung verlesenen (S 442/I) Anzeige an das Gericht (ON 5) ausdrücklich berichtet, daß W*** Anzeige wegen der gegenständlichen Tat erstattete (S 45 und 46/I). Von einer Aktenwidrigkeit kann somit keine Rede sein; die auf dieser Prämisse aufgebaute weitere Argumentation des Beschwerdeführers fällt somit in sich zusammen.

Rechtliche Beurteilung

Die Bezugnahme des Schöffengerichtes auf eine rachsüchtige Wesensart des Angeklagten (US 24) ist keineswegs, wie der Beschwerdeführer vermeint, eine Scheinbegründung, denn das Erstgericht leitete diese Konstatierung aus den (unbekämpften) Feststellungen über das Verhalten des Angeklagten anläßlich anderer Vorfälle ab (US 24 iVm US 10 und 13-15). Der Umstand, daß der Angeklagte bei seinen tätlichen Attacken nicht immer eine gleichartige Begehungsweise einhielt, vermag daran nichts zu ändern. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist auch jene Ausführung im erstgerichtlichen Urteil, wonach W*** ausgesagt habe, der Angeklagte habe ihm eine Anzeigeerstattung vorgeworfen (US 24), keineswegs "aktenwidrig" (gemeint: offenbar unzureichend begründet). Dazu genügt es, auf die Angaben des W*** den erhebenden Polizeibeamten gegenüber zu verweisen, wonach der Angeklagte erklärte, W*** werde es büßen, weil er ihn angezeigt habe (S 46/I), einen Umstand, den W*** auch in seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 14.November 1984 hervorkehrte (S 55/I). Der Aussage des Zeugen W*** in der Hauptverhandlung (S 413 ff/I) ist nicht zu entnehmen, daß er von diesen Bekundungen abgerückt wäre.

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen wurde im Urteil die Aussage des Zeugen W***, wonach er einen Aschenbecher zwar zum Schlag erhoben, dann aber auf die Bartheke "geknallt" habe (US 25), keineswegs "uminterpretiert". Der Zeuge W*** hatte nämlich vorerst erklärt, den Aschenbecher, mit dem er "aufgezielt" hatte, wieder "hingestellt" oder "zurückgestellt" zu haben (S 413, 414/I) - wobei schon im Hinblick darauf, daß sich der Vorfall an der Bar abspielte (vgl. S 411 und 416/I), ersichtlich nichts anderes gemeint sein konnte als ein Hinstellen auf den Tresen - und korrigierte ledigich, daß es sich nicht um ein normales Zurückstellen, sondern um ein (offenbar heftiges) "Wegschießen" handelte, das ein Zerspringen zur Folge hatte (S 415/I). Mit der gerügten Passage wird daher der Aussageinhalt durchaus seinem dem Gesamtzusammenhang entsprechenden Sinn gemäß wiedergegeben. Mit dem Hinweis des Beschwerdeführers, daß ein Bruch jener Art, wie ihn W*** erlitt, auch dann möglich sei, wenn mit Schwung gegen einen harten Gegenstand geschlagen werde, wird kein Nichtigkeitsgrund im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO dargetan. Ein solcher läge nur dann vor, wenn vom Gericht gezogene Schlußfolgerungen nach den Denkgesetzen überhaupt nicht bestehen könnten, nicht aber dann, wenn diese Schlußfolgerungen möglich, obwohl daneben aber auch andere, jene allerdings deswegen keineswegs ausschließende, an sich denkbar sind (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , E 144, 145, 147, 148-151 zu § 281 Abs. 1 Z 5).

Davon letztlich, daß es "technisch bzw. medizinisch undenkbar" wäre, daß der Schlag mit einem Barhocker nicht auch zu einer Kopfverletzung des W*** geführt hätte, kann keine Rede sein, handelte es sich doch bei der festgestellten Abwehrhaltung des linken Armes über den Kopf quer zur Körperhochachse (US 12) um eine geradezu typische zur Verhinderung des Auftreffens eines zum Schlag benutzten Körpers auf den Kopf geeignete Abwehrhaltung. Aus den angeführten Gründen erweist sich somit die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*** als offenbar unbegründet, weshalb sie bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO). Über die von diesem Angeklagten erhobene Berufung wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E09708

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00163.86.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19861202_OGH0002_0100OS00163_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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